Daniel Stelter / Robert Recker

Daniel Stelter im Gespräch mit Daniel Gräber - Cicero Podcast Wirtschaft: „Die Qualifizierten wollen nicht nach Deutschland“

Die Bundesregierung will Fachkräfte ins Land holen, doch es kommen vor allem Geringqualifizierte. Warum die Bundesrepublik für gut ausgebildete Migranten nicht attraktiv ist, erklärt der Makroökonom und Cicero-Kolumnist Daniel Stelter im Gespräch mit Daniel Gräber.

Daniel Gräber

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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Deutschland hat ein demografisches Problem. Denn die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in Rente. Es werden Arbeitskräfte und Beitragszahler fehlen. Wie kann man auf diese Herausforderung reagieren? Makroökonom und Strategieberater Daniel Stelter nimmt im Cicero-Podcast Wirtschaft die unterschiedlichen Lösungsansätze unter die Lupe.

Eine Möglichkeit wäre, dass die Leute länger arbeiten. „Das will die Politik nicht. Aber das wäre eigentlich der normale Ansatz, weil wir erfreuen uns alle einer längeren Lebenserwartung. Da wäre es auch nur fair, wenn man von dieser längeren Lebenserwartung auch ein paar Jahre mehr arbeitet“, sagt Stelter, den Cicero-Leser von seiner Kolumne „Wohin mit Ihrem Geld?“ kennen.

Weil Politiker eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ihren Wählern nicht zumuten wollten, analysiert Stelter im Gespräch mit Daniel Gräber, setzten sie stattdessen auf den zweiten Lösungsansatz: Einwanderung. „Das setzt aber voraus, dass die Zuwanderer qualifiziert sind und dass sie Zuwanderer eben auch wirklich erwerbsbeteiligt sind. Das heißt, dass sie arbeiten, Geld verdienen, Sozialbeiträge zahlen.“ Aber genau das erreiche die derzeitige deutsche Migrationspolitik nicht.

Daniel Gräber und Daniel Stelter
Daniel Gräber und Cicero-Kolumnist Daniel Stelter / A. Berghäuser, R. Recker

 

 

Nach Deutschland wanderten vor allem Geringqualifizierte ein, sagt der Ökonom. Und es gelinge nicht, sie für anspruchsvollere Jobs weiterzubilden. „Wenn wir ehrlich sind, ist das der Punkt, wo wir noch mehr versagen. Also wir versagen nicht nur bei der Steuerung der Zuwanderung, sondern wir sind auch völlig gescheitert bei der Qualifikation derjenigen, die schon hier sind.“

Für hochqualifizierte Einwanderer sei Deutschland nicht attraktiv, stellt Daniel Stelter nüchtern fest. „Wenn Sie nach Deutschland blicken und sagen: Ich komme dahin als Single, habe die höchste Abgabenbelastung innerhalb der OECD. Und wenn ich heirate und Kinder habe, dann habe ich es mit einem schlechten und verfallenden Bildungssystem zu tun, wo Leistung nicht mehr zählt. Außerdem habe ich noch das Problem, dass die Abgaben weiter steigen müssen, weil sie sehr viel alte Leute haben und nicht vorgesorgt haben. Und übrigens, die Digitalisierung hat auch nicht funktioniert. Dann glaube ich nicht, dass die Qualifizierten hierher wollen.“

Das Gespräch wurde am 7. Juli 2023 aufgezeichnet. 

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Stefan Jarzombek | Fr., 28. Juli 2023 - 18:36

Was wollen die echten Fachkräfte hier auch für sich selbst bewirken? Mein Haus, mein Auto, mein Boot? Nicht mehr als Ansporn attraktiv, da mittlerweile unerreichbar. Heute lebt derjenige der nichts arbeitet zwangsläufig nicht viel schlechter als die Arbeitenden. Im Gegenteil, geradezu eine Vollalimentierung findet zur Freude mancher Leute hierzulande statt. Ein echter Anreiz fehlt eben.
Eine selbstbestimmte Zukunft können sie sich ob der beruflichen Ausnutzung ihrer Arbeitskraft, oder der hohen Lebeshaltungskosten abschminken, denn selbst gut ausgebildete "Biodeutsche" möchten sich für einen Hungerlohn nicht mehr aufreiben unter anderem für die Finanzierung von massenhaft Kostgängern, die eben nicht Willens sind sich ordentlich einzubringen.
Die Politik setzt falsche Zeichen und die falschen kommen, dann lieber keine Einwanderung.
Was hält die Regierung davon ab, erstmal die eigenen Arbeiter adäquat zu bezahlen und Anreize zu schaffen, daß sich Arbeit wieder lohnt ?

Tomas Poth | Fr., 28. Juli 2023 - 19:14

Da hat der Hr. Stelter noch Lernbedarf, die AfD ist nicht ausländerfeindlich, eine glatte Lüge und übernommenes Vorurteil, die AfD spricht sich für das kanadische Modell aus!

Ansonsten alles ziemlich richtig, nur unsere RotGrünen Traumtänzer und Wunschdenker wollen davon nichts wissen.

Das die Abgaben/Steuern steigen liegt ja auch gerade an der verkorksten Migration, die Masse der Migranten trägt sich nicht durch ihre eigene Leistung sondern wird subventioniert.

Henri Lassalle | Fr., 28. Juli 2023 - 20:23

Migranten: Manche Arbeitgeber stellen sich vor, der Migrant sei sofort einsetzbar; bei vielen Arbeitgebern ist das auch aus Rentabilitätsgründen unabdingbar. Das ist aber meistens nicht der Fall. Eine Integration dauert ohnehin ca. zwei Jahre, selbst für EU-Ausländer wenn man Österreicher und Schweizer ausnimmt. Talente zieht es in die USA, aus linguistischen Gründen, aber auch weil sie in dem grossen Land der Zukunftstechnologien mehr Chancen sehen. Welche Vorteile hat Deutschland? Es gibt überdies ein zusätzliches Problem: Ich vernehme oft, Deutsche Arbeitgeber seien in Gehaltsfragen sehr zurückhaltend, sie wollen high potentials, aber bitte schön zum Billigtarif - zumal es Ausländer sind. Talente informieren sich, die wissen, was in den einzelnen möglichen Zielländern an beruflichen Möglichkeiten läuft und möchten Karrierechancen maximal nutzen, auch finanziell.

Albert Schultheis | Fr., 28. Juli 2023 - 21:44

Was der Ökonom Stelter im Grunde sagt, ist, dass in Deutschland alle ökonomischen, sozialen, demographischen Weichen völlig falsch gestellt sind und dass die politische Klasse nicht einmal in der Lage ist, diesen Befund überhaupt zu verstehen, geschweige denn dagegen etwas Sinnvolles zu unternehmen. Daher werden ganz lapidar qualifizierte Menschen von Draußen nicht zu uns wollen und diejenigen Deutschen, die gut qualifiziert sind, werden zunehmend abwandern - viele Firmen schon seit vielen Jahren! Unterm Strich bedeutet das für Eltern von Kindern, befähigt euren Nachwuchs so, damit sie in der Lage sind aufgrund von Sprachkenntnissen, Weltgewandtheit und Qualufikation Deutschland den Rücken zu kehren. Für gesunden Patriotismus ("Ich bleibe hier und Kämpfe um mein Land!") ist es längst zu spät! Denn die Zustände werden mit jedem Tag schlechter bzw unser Land gehört schon längst nicht mehr uns. Was Stelter geflissentlich unterschlägt, ist die Zersetzung von Rechtsstaat und Demokratie.