Verteidigungsministerin Lambrecht / dpa

Christine Lambrecht über Sicherheitsfragen - „Staaten benötigen Streitkräfte als letztes Instrument“

Im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hat die zuletzt viel gescholtene Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht eine sicherheits- und verteidigungspolitische Grundsatzrede zu einer Nationalen Sicherheitsstrategie gehalten, an der die Ampelregierung derzeit feilt. Es wäre die erste ihrer Art in der Geschichte der Bundesrepublik. Im Mittelpunkt ihrer Äußerungen: Die Bundeswehr und der Ukraine-Krieg.

Cicero Cover 05-24

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat eine verteidigungsfähige Bundeswehr als zentrale Instanz für die Daseinsvorsorge bezeichnet. „Allein mit Bedächtigkeit, mit dem Rückgriff auf bewährte bundesrepublikanische Traditionen werden wir in Zukunft nicht mehr sicher leben können. Mit unseren alten Selbstbildern ist die Zukunft unserer Kinder und Enkel in Frieden und Freiheit nicht mehr zu garantieren“, sagte Lambrecht am Montag in Berlin in einer Grundsatzrede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Sie schlug vor, einmal im Jahr im Bundestag und an anderen Orten einen „Tag der nationalen Sicherheit“ abzuhalten. Politik und Gesellschaft sollten dann Aspekte von der inneren Sicherheit bis zu den Nachrichtendiensten, von der Diplomatie bis zur Entwicklungspolitik und vom Verfassungsschutz bis hin zur militärischen Bedrohungslage diskutieren. Wer eine Zukunft in Frieden und Freiheit wolle, der müsse jetzt umsteuern und die militärische Sicherheit als ganz zentrale Aufgabe begreifen und „dann auch danach handeln“, so Lambrecht. Deutschland habe sich daran gewöhnt, die eigenen Streitkräfte ausschließlich als Akteure bei Krisen, Einsätzen im Ausland oder in der Amtshilfe wie beim Hochwasser zu sehen. Diese Zeit sei vorbei.
 

Das könnte Sie auch interessieren: 


„Der Ukraine-Krieg hat allen, auch uns friedensgewohnten Deutschen gezeigt, dass Staaten Streitkräfte als letztes Instrument benötigen, nämlich immer dann, wenn ein Feind entschlossen ist, Einmarsch, Vernichtung, Mord und Vertreibung mit zu seinen Mitteln zu machen“, so Lambrecht. Das geschehe nun in unserer unmittelbaren Nähe. Lambrecht: „Die Ukraine heute existiert nur deswegen, weil sie sich militärisch wehren kann. Wir müssen daraus die Lehre ziehen: Wir selbst brauchen starke, kampfbereite Streitkräfte, damit wir uns und unser Bündnis zur Not verteidigen können.“

Gleichzeitig hat sich Lambrecht distanziert zur Forderung der ukrainischen Regierung nach einer Lieferung westlicher Kampfpanzer geäußert. Bei einem Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in der vergangenen Woche in Ramstein habe sie ihren US-Kollegen Lloyd Austin darauf angesprochen und dabei keinen Kurswechsel festgestellt, wie sie am Montag deutlich machte. „Ich habe da zumindest diese Wahrnehmung nicht gehabt, dass es da ein Umdenken in den USA gibt dazu“, sagte Lambrecht. „Noch kein Land hat Schützen- oder Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert, und wir haben uns darauf verständigt, auch mit unseren Partnern, dass wir da keine deutschen Alleingänge machen“, sagte Lambrecht zuvor bei der Veranstaltung. Sie sprach von einem „ständigen Austausch“, bei dem Deutschland an Vereinbarungen festhalte.

Hören Sie auch den Cicero-Podcast mit Guido Steinberg: „Wir haben das strategische Denken verlernt“

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Jochen Rollwagen | Mo., 12. September 2022 - 18:25

"Noch kein Land hat Schützen- oder Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert"

Bei den T-72 könnte man das noch mit gutem Willen als Anwalts-Rabulistik (die Dame ist glaube ich Jurist*In) durchgehen lassen, da sie sowjetischer Bauart sind und "lediglich" westlich "upgegradet" wurden.

Beim polnischen PT-91 hilft hingegen auch kein Juristen-Wischiwaschi mehr. Der ist definitiv "westlicher Bauart". Außer Frau Lamprecht verortet Polen noch in der UDSSR, was durchaus sein könnte.

Aber das ist heute so bei Politiker*Innen. Die reden halt irgendwas daher.

Eh wurscht.

Karl-Heinz Weiß | Mo., 12. September 2022 - 19:57

Antwort auf von Jochen Rollwagen

Ich bin kein Fan von Frau Lambrecht, aber sie weist zurecht auf die Haltung der anderen NATO-Staaten hin. Dieser Aspekt kommt seit Wochen in der deutschen Berichterstattung zu kurz. Gleiches gilt für die Union, die über Jahrzehnte das Ansehen der Bundeswehr herabgewürdigt hat. Wer sich in den Unionszeiten zur Bundeswehr verpflichtet hat, stand mehr als deutlich unter Rechtfertigungszwang. Auch zur Merkel-Verzwergung der BW fehlt eine klare Distanzierung durch Friedrich Merz.

Romuald Veselic | Mo., 12. September 2022 - 18:32

aus seinem rosaroten Wunsch-Traum und merkt, dass Sonnenblumenfelder u politische Korrektheit keinen Aggressor abschrecken o stoppen. Olivenzweige u weiße Friedenstauben sind Instrumente der inszenierten Harmlosigkeit, worüber das Böse lacht, bevor es in "Action!" übergeht.

Wann begreift man endlich, dass Frieden ist nur 1 Zustand zwischen 2 Kriegen.

Nun sollte man nur noch benennen, wer oder was „das Böse“ ist, das hier Kriege befördert und provoziert, währenddessen SEHR gut an diesen verdient und im Anschluss aus seiner sicheren Position herauskommt und die Trümmer an sich reißt und ausplündert.
Keine Idee?
Oder fehlt nur der Mut, das seit min. 77 Jahren offensichtliche zu benennen und das Unsagbare auszusprechen?

Wolfgang Borchardt | Mo., 12. September 2022 - 19:20

die die ihr überantwortete Truppe als "letztes Instrument" sieht, hat Deutschland lange gewartet. Und Soldaten und Soldatinnen wird's freuen, nukn auch öffentlich als "letztes Rad am Wagen" gelten zu dürfen. Nein, bewaffnet zu sein, ist das erste, nicht das letzte Mittel. Die Welt ist nicht so, dass man wehrlos dastehen sollte. Siehe Wilhelm Busch, "Bewaffneter Friede" ; deutlich kürzer als Clausewitz und auch von einer termingejagten Ministerin zu bewältigen

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 12. September 2022 - 19:44

Ein „nationaler Tag der Sicherheit“ soll es jetzt richten, was Jahrzehnte gerade von der SPD dem Volk als „Friedensdividende“ verkauft wurde. Das dort eingesparte Geld wurde als solidarischer Friedensakt in der Welt verteilt, während in unserem Land nicht nur die Verteidigung marode ist. Die Bundeswehr reiht sich da nahtlos ein. Es fehlt, wie an anderen Stellen, das Engagement und die Leistungsbereitschaft. Der gerade von den linken Parteien viel gepriesene soziale Zusammenhalt funktioniert nur in der Wohlstandsgesellschaft, die auf einen großzügigen Staat zurückgreifen kann.
Was in dieser, wie in den Vorgängerregierungen fehlt, ist eine Strategie, die nicht von kurzfristigen Einflüssen gesteuert wird. Sie muss möglichst alle Eventualitäten beinhalten und kontinuierlich fortgeführt werden. Eine eintägige Bundestagsdebatte reicht da nicht aus.

Sabine Lehmann | Mo., 12. September 2022 - 19:58

Frau Lambrecht, und Sie gehören nicht dazu. Ihre Plattitüden und Phrasen können auch in Ihrer Rede vor diesem Plenum nicht darüber hinweg täuschen, dass Sie außer wohlfeiler Reden nichts zustande gebracht haben. Früher zählte das Erreichte, heute reicht angeblich das Erzählte. An ihren Taten sollen sie gemessen werden und derer sehe ich keine, auch und ganz insbesondere bei Ihnen nicht. Sie sind und bleiben eine Fehlbesetzung, wie so viele andere Ihrer Kollegen im aktuellen Kabinett. Möchten Sie Deutschland etwas Gutes tun, treten Sie einfach zurück, besser gestern als heute!

Tomas Poth | Mo., 12. September 2022 - 21:32

... kampfbereite Streitkräfte, damit wir ....
Na endlich wird's kapiert.
Und wir dürfen uns nicht blank geben für die Ukraine.
Für die Grünen gibt es dann Elektro-Panzer :-))

Werner Peters | Mo., 12. September 2022 - 21:35

Die Ministerin will für D eine Führungsrolle. Vor allem in der Verteidigung. Solang die nicht mal das 2% Ziel einhalten, sollten sie besser die Klappe halten anstatt laut rum zu tönen.

Fritz Elvers | Mo., 12. September 2022 - 22:15

Ronald Reagen kam vom Film und von daher war es nicht verwunderlich, dass ihn der Film "The Day After" dazu gebracht haben soll, mit Gorbi gemeinsam den Atomkrieg auszuschließen, so die Legende. Einen „Tag der nationalen Sicherheit“, womöglich mit viel Lametta, können wir uns schenken, weil es sie nicht gibt.
Was es allerdings geben könnte, wären Verhandlungen, auch mit einem noch so brutalen und irren Störenfried. Er muss ja auch selbst mit seiner Vernichtung rechnen.

Ein Ansatz könnte sein, China einzubinden. Denn China ist auf hochwertige Produkte aus USA und EU angewiesen. Ohne Rohstoffe können diese aber nicht produziert werden.

Einen „Tag der nationalen Sicherheit“, womöglich mit Volksfest, kann kann sich die Ein-Wetter-Taft-Dame eigentlich nur von Russland abgeschaut haben, dort findet er täglich statt.

Markus Michaelis | Mo., 12. September 2022 - 23:18

Ich finde es gut Meinungen und Politik anzupassen in einer dynamischen Welt. Auch eine multilaterale Friedenspolitik, die auf internationale Regelsysteme abzielt kann ein gutes Ziel sein - muss es aber nicht. Was ich nicht gut fand, ist die Verhärtung der Fronten in den Diskussionen. Der Ukrainekrieg ist ein europäischer Tabubruch, aber im Weltmaßstab nichts so besonderes. DIE Weltgemeinschaft, die geschlossen gegen wenige schwarze Schafe steht, war bisher immer mehr Fantasie oder eine Variation der (mehr unilateralen) Pax-Americana. Andere Länder können ganz anders denken und das auch militärisch begleiten.

Alles kann seine Berechtigung haben und sollte diskutiert werden, und dazu sollten wir den Rahmen weiter fassen, der diskutierbar ist. Vielleicht ist Frau Lambrechts Vorstoß ein Schritt dahin - was gerade nicht automatisch heißt, dass wir jetzt im Denken und konkret militärisch aufrüsten. Aber ohne Schaum vor dem Mund diskutieren sollte man es können.

Bernhard Kaiser | Di., 13. September 2022 - 06:20

„Der Ukraine-Krieg hat allen, auch uns friedliebenden Deutschen gezeigt, dass Staaten Streitkräfte als letztes Instrument benötigen, nämlich immer dann, wenn ein Feind entschlossen ist, Einmarsch, Vernichtung, Mord und Vertreibung mit zu seinen Mitteln zu machen“
Zur Erinnerung, die Amerikaner haben 2014 einen Putsch in der Ukraine inszeniert, den demokratisch gewählten Präsidenten Janukowitsch aus dem Amt gejagt und ein faschistisches Regime (Svoboda) in Kiev installiert mit der Folge seines seither andauernden Terrorkriegs Ukrainischer NAZI Regimenter (Azov, Rechter Sektor, Division Galizien usw.) gegen die Bevölkerung im Donbass und anderen Teilen der Ukraine mit bisher über 14 000 meist zivilen Opfern! Der Donbass ist inzwischen vollständig unter Russischer Kontrolle und die Menschen stehen Schlange an den Einbürgerungsbüros um einen Russischen Pass zu erhalten während die Ukrainische Artillerie weiterhin zivile Ziele einschließlich Atomkraftwerken (Saporischschja) beschießt!

Gabriele Bondzio | Di., 13. September 2022 - 09:38

Bei einer Anfrage von Hunko (Linke) wird ja deutlich, dass die mit der Ukraine geschlossene Endverbleibvereinbarung (VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH), "im Gegensatz zu den USA, keinen Passus enthält, der den Einsatz z.B. deutsche Panzerhaubitzen gegen Ziele innerhalb der völkerrechtlichen Grenzen der Russischen Föderation untersagt."
(Quelle/ Deutsche Waffenlieferungen: Weder Weitergabe an rechtsradikale Kampfverbände noch Angriffe auf Russland untersagt).

Einschließlich der Weitergabe deutscher Waffensysteme an rechtsextreme Kampfverbände wie z.B. das Asow-Regiment.

Hunko stellt fest (nach langen Kämpfen den Passus Dienstgebrauch aufzuweichen):
„Die vage Endverbleiberklärung hat enormes Eskalationspotential für diesen Krieg."

Der Vorgang zeigt auch mir, dass angesichts der Nichteinschränkungen (Waffenlieferung) auf die reine Verteidigung ukrainischen Teritoriums. Eine sehr gefährliches Spiel der BR mit dem Feuer ist.

Zumal auch viele Waffen in dunklen Känälen verschwunden sind

Ernst-Günther Konrad | Di., 13. September 2022 - 09:44

Ich blende einmal kurz die historischen Hintergründe des Urkainekrieges in ihrer Entstehung aus und versuche mal die aktuelle Lage und die gegensätzlichen Meinungen dazu aufzuzeigen.
Die einen sagen, das ist alles Putins schuld, er ist völkerrechtswidirg einmarschiert und erneut Krieg ins Land gebracht. Ja, das kann man so verkürzt sehen und deshalb wäre es in der Konsequenz natürlich auch richtig, dieses Land nach Kräften zu unterstützen und das mit allem, was wir zur Verfügung stellen können. Das Argument, UK verteidigt die Demokratie kann man behaupten, bleibt aber jeden Beweis schuldig, galt UK schon lange als nationalistischer korrupter Staat. Man kann auch sagen, weil UK so ist, verteidigen sie im Grunde nur sich selbst und nicht die Demokratie. Man kann argumentieren, es ist nicht unser Krieg, nicht der Krieg der EU, allenfalls der der USA, die dort erheblich Einfluss hat. Deshalb sind die Sanktionen unsinnig, weil sie uns schaden. Wie lösen wir diesen Gegensatz auf?

Achim de Jong | Di., 13. September 2022 - 10:35

Ich, 66 Jahre alt, war aus Überzeugung in den 70er Jahren W15 Wehrpflichtiger, und habe die Bundeswehr life erlebt: Was für ein verkackter Schrotthaufen. Ich war Fahrer im Sanitätsbereich eines Pionierbataillons. Mein LKW war älter, als ich. Beim ersten Manöver löste sich der Russ im Motor und das Motorola wurde mit dem Diesel verbrannt. Schulung an der Maschine: Null. Übungen zu Kleinreparaturen und Radwechsel: Null. Schiessübungen am Gewehr G3: vernachlässigbar. Ausrüstung und Kleidung: Minderwertig.
Mein Freund war bei einer Flakeinheit. Diese konnte aber nur Flugzeuge bekämpfen, die langsamer als 500 km/Stunde waren.
Als sie Soldaten aus Afghanistan zurückkehrten war nicht mal ein Minister da, um sie zu begrüßen. Wer für die BRD kämpft, muss bescheuert sein.

Heidemarie Heim | Di., 13. September 2022 - 11:45

Vielleicht eher für die ebenso abgewirtschafteten deutschen Gesundheitsämter! Überlege seit gestern "Soll ich oder soll ich nicht?" seit der "Grundsatzrede für schlichte Gemüter" unserer fachfremden Verteidigungsministerin der Dritten.
Da gilt es also nach Jahrzehnten Kalten Krieges gegen WEN noch mal? Ach ja, und Afghanistan, WER holte sich da noch mal vor uns eine blutige Nase(?), Lehren zu ziehen. Darauf muss man erst mal kommen angesichts unserer ach so friedlichen Weltgeschichte und noch friedfertigeren, bis an die Zähne bewaffneten Herrscher, die natürlich nur spielerisch ein Auge auf Gebiete ihres ehemaligen Großreichs werfen. Nieder mit der Kolonialherrschaft!!! Ach so, unsere woken sind gerade mit was anderem beschäftigt als mit dem weißen alten Mann in Moskau. Erwähnte ich, dass wir immer einen Soldaten in der Familie hatten, ich in einer BW-Siedlung aufwuchs, meine Ü40-Ehe in zig Militärstandorten verbrachte und mir die Hutschnur hochgeht wenn ich solchen Mist höre?! MfG