Für die Bundeswehr soll ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestelt werden. Was viel klingt, schmilzt schnell zusammen, wenn man die Mängel in der Truppe bedenkt / Karsten Petrat

Zustand der Bundeswehr - Truppe im Funkloch

Manche Schilderungen aus dem Alltag deutscher Soldaten klingen wie schlechte Satire, doch erst mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist der desolate Zustand unserer Armee in den Fokus der Politik gerückt. Mit 100 Milliarden Euro soll die Bundeswehr nun wieder fit gemacht werden. Wieso müssen die Soldaten aktuell noch Befehle brüllen? Und was steht alles auf der Einkaufsliste von Generalinspekteur Eberhard Zorn? Eine Bestandsaufnahme der Truppe – und was bei der Sanierung noch schieflaufen kann.

Autoreninfo

Ludger Möllers ist langjähriger Militärexperte und Reporter bei der Schwäbischen Zeitung in Ravensburg. 

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Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man an ein Sandkastenspiel denken. Tatsächlich sind Bundeswehrsoldaten schon sehr nah an der russischen Grenze im Einsatz. In Litauen führt Deutschland einen Nato-Gefechtsverband. Der deutsche Schützenpanzer Marder fährt Seit an Seit zusammen mit Panzern aus den Niederlanden und Norwegen zur Verteidigung des Bündnisgebiets. Was aber macht der Kommandant, wenn er den Partnern seinen Befehl übermitteln will? Er steigt nach oben, macht die Luke auf und ruft „von Turm zu Turm“, wie es im Jargon heißt, rüber zu den Kameraden, was jetzt Sache ist. 

Manche Schilderungen aus dem Alltag der Bundeswehr klingen wie schlechte Satire – oder sie erinnern an das Spielen mit dem in den 1970er Jahren noch verbreiteten olivgrünen Militärspielzeug. Tatsächlich hat die Bundeswehr ein völlig veraltetes Funksystem, das vor feindlichem Abhören nicht geschützt ist. Deswegen müssen die deutschen Befehle „rübergebrüllt“ werden, was sonst über Funk ginge. „Niederländer und Norweger können uns nicht mehr hören oder sind nicht mehr bereit, das Sicherheitsrisiko unverschlüsselter Kommunikation auf sich zu nehmen“, sagt Generalleutnant Alfons Mais, der als Heeresinspekteur für rund 63 000 Soldaten und damit die größte Teilstreitkraft der Bundeswehr verantwortlich ist. 

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Karl-Heinz Weiß | Di., 12. Juli 2022 - 19:44

Das Ansehen der Bundeswehr tendierte seit vielen Jahren gegen Null - auch in den Unionsparteien. Besonders die "von"-Ministerriege überbot sich durch dünkelhaftes Auftreten und die Beauftragung angeblicher Experten. Aber auch die verantwortliche Kanzlerin hatte schon vor ihrem Zapfenstreich den Farbfilm vergessen und sah alles nur rosarot. Wenn jetzt die BW als Berufsarmee ihren angemessenen Platz in der Gesellschaft findet, ist das die eigentliche Zeitenwende. Und da muss nicht nur die SPD, sondern auch die Union über ihren Schatten springen. 116 aus Unfähigkeit und Starrsinn beim Beschaffungsprozess geopferte Starfighterpiloten sind nicht vergessen.

Christoph Kuhlmann | Di., 12. Juli 2022 - 20:15

Dier Bundeswehr ist in den Köpfe der Politiker nicht wirklich zum Krieg führen bestimmt. Sonst würde ihr nicht nach drei Tagen die Munition ausgehen. 20 Milliarden für Kommunikation und moderne EDV klingt für mich nach einer never ending story, die uns Jahrzehnte begleiten wird.

Christa Wallau | Mi., 13. Juli 2022 - 11:45

Antwort auf von Christoph Kuhlmann

daß in Deutschland das die wichtigsten Aufgaben des Staates überhaupt nicht mehr ernst genommen werden, während auf Nebenschauplätzen, wo der Staat eigentlich nichts zu suchen hat (z. B. bei der Geschlechterbestimmung)
die Post abgeht?
Ob das die Bundeswehr ist, das Bildungswesen o. die Polizei - die eigentlichen, einst völlig unbestrittenen Zwecke dieser Einrichtungen sind den Verantwortlichen offenbar gar nicht mehr bewußt. Wehrfähigkeit, hohe Bildungsstandards u. innere Sicherhiet sollen anscheinend irgendwie vom Himmel fallen - jedenfalls sind sinnvolle, wirklich zielführende Investitionen in diese Bereiche unterblieben, während Milliarden für nutzlose Projekte, Experimente u. Berater verplempert wurden.
Daher befinden sich Militär, Schulen u. die Sicherheit (z. B. in öffentl. Einrichtungen wie Schwimmbädern) in dem miserablen Zustand, den sie uns heute bieten.
Schwätzer, Ideologen u. Selbstoptimierer sind bei uns seit langem am Werk - und entsprechend sieht's aus!

Tomas Poth | Di., 12. Juli 2022 - 22:04

Nicht nur die Bundeswehr, unsere Regierungen nebst BVerfG befinden sich seit 2015 im Demokratie-Funkloch!

Chris Groll | Mi., 13. Juli 2022 - 08:23

Antwort auf von Tomas Poth

@Tomas Poth, genau so ist es. Daneben befinden sich aber auch alle Abgeordneten in den Bundes- und Länderpalamenten und alle Institutionen in diesem Demokratie-Funkloch. Einschließlich vieler Bürger.

WD Hohe | Mi., 13. Juli 2022 - 12:00

Verantwortlichkeit de Fakto abgeschafft ist.
Hatte da nicht mal eine Dame... jene die jetzt EU Kommisionspräsidentin ist, ein paar Hundert Millionen für beratende Berater "investiert" und... danach waren zufällig/Arbeitsroutine alle eMails gelöscht ?
Hatte sich immerhin an der Front - in Stöckeln und auf Knien während eines Manövers vor einem 2-Mann-Zelt mit Foto "bewerben" lassen.
Nur Eines von unzähligen Aufführungen Deutscher Scheinpolitik im Staatstheater.de
Leider gar nicht lustig.
Was übrig bleibt ist Zorn und...
Der ohmächtigen Art.
Zu erleiden, zu bezahlen von den - einst von Bundesdiskriminierungs-Beauftragter Frau Ataman bezeichneten - "Kartoffeln" dieses Landes.
Wann, wohin, wo und wie wird die zu befürchtende Lawine.de dereinst zu Tal stürzen.
Schmelzpunkt im Fels nahe kritischem Bereich.

Urban Will | Mi., 13. Juli 2022 - 12:04

zu schreiben, die die Realität der BW widerspiegelt. Es wäre zu surreal, zu unglaubwürdig, zu einfach. Irgendwie braucht auch eine Satire Niveau. Das Bild des vom Turm schreienden Offiziers wird mir nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Getoppt noch von dem hier zitierten Spruch dieser Ministerinnen – Karikatur Lambrecht. So viel hirnlosen Blödsinn so zu verpacken, dass man selbst glaubt, dass es vielleicht jemanden geben könnte, der das ernst nimmt, dass schafft nur jemand, der auch wirklich absolut keine Ahnung vom Thema hat.

Die BW toppt alles, doch muss man die Soldaten nicht nur in Schutz nehmen, man muss sie loben, dass sie all den Irrsinn mitmachen.
Es würde mich sehr interessieren, welche Partei die denn mehrheitlich wählen...

Die 100 Mrd. werden zum großen Teil verbrennen oder gar nicht , bzw. falsch (für „Anti – Rechts“ Irrsinn z.B) ausgegeben, soviel ist sicher. Der Krieg wird lange vorher zu Ende sein. Ab dann werden die Links – Grünen nämlich alles wieder blockieren.