Die amerikanische und die chinesische Flagge
Wie tief ist der Riss? Die amerikanische und die chinesische Flagge auf gebrochenem Grund / picture alliance

Neue Weltordnung - America first

Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs zeigt sich, dass Wladimir Putin die Weltlage völlig falsch eingeschätzt hat. Weder haben die Vereinigten Staaten das Interesse an Europa verloren, noch hat sich China an der Seite Russlands auf einen Machtkampf gegen Amerika eingelassen. Im Gegenteil: Peking setzt auf Wiederannäherung mit Washington. Die Hegemonie der USA bleibt deshalb vorerst bestehen.

Autoreninfo

George Friedman, 74, ist einer der bekanntesten geopolitischen Analysten der Vereinigten Staaten. Er leitet die von ihm gegründete Denkfabrik   Geopolitical Futures  und ist Autor zahlreicher Bücher. Zuletzt erschien „Der Sturm vor der Ruhe: Amerikas Spaltung, die heraufziehende Krise und der folgende Triumph“ im Plassen-Verlag.

So erreichen Sie George Friedman:

In den zurückliegenden Wochen hat der russische Präsident Wladimir Putin immer wieder behauptet, die Vereinigten Staaten würden versuchen, eine neue Weltordnung durchzusetzen. Eine Weltordnung, bei der Russland, China und Europa sowie die kleineren Mächte von Amerika kontrolliert werden sollen. Es ist verlockend, dies als die Tiraden eines Führers im Krieg abzutun, aber es steckt mehr dahinter. Sollte Washington tatsächlich eine unipolare Welt anstreben, würde dies allerdings eine Planung voraussetzen, die der amerikanischen Realität zuwiderläuft. Vielmehr versucht Putin ganz offenbar, sich damit abzufinden, dass Moskau bei der Planung des Krieges in der Ukraine die Verfasstheit der Welt völlig missverstanden hat.

Insbesondere hat Russland die amerikanische Raffinesse missverstanden. Die Vereinigten Staaten setzten weder größere eigene militärische Kräfte ein, um Russlands Vormarsch zu blockieren, noch leisteten sie der Preisgabe eines Teils der Ukraine Vorschub. Die Vereinigten Staaten realisierten die Bedrohung, die von Russland an der Grenze zur Nato ausging – das heißt, einen neuen Kalten Krieg –, und sie verstanden die Ukraine besser als Russland. Also schickten sie große Mengen an Waffen ins Kriegsgebiet, die in ihrer Wucht und Ausgeklügeltheit nicht zu übertreffen sind. Amerika führte einen indirekten Schlag nach dem anderen aus.

Moskaus fatale Fehleinschätzung

Moskau verstand auch nicht die Beziehungen der USA zu Europa. Immer wieder beklagten die Europäer, Washington habe seine europäischen Verpflichtungen aufgegeben. Dass dies nie der Fall war, hielt weder amerikanische Thinktanks davon ab, diese Legende zu bestätigen. Noch brachte es Russland davon ab, an sie zu glauben. In Friedenszeiten konnten die USA auf die Bindekraft der früheren Beziehungen zu Europa verzichten, sie konnten das Gezänk um Handelsregeln und um die russische Energieabhängigkeit weitgehend ignorieren. Doch als der Krieg ausbrach, wandelte sich das Verhältnis schnell. Deutschland zum Beispiel wusste den russischen Treibstoff offenbar doch nicht so sehr zu schätzen wie die amerikanischen Sicherheitsgarantien. 

Den Europäern war klar, dass Russland ihnen schaden könnte, und sie vertrauten den Russen nicht wirklich. Aber wenn es hart auf hart kam, wussten sie, dass die amerikanischen Interessen in Europa liegen. Putin war, glaube ich, fassungslos, als er erfuhr, dass die Deutschen auf der Seite der Amerikaner standen. Ihm fehlte ein differenziertes Verständnis dafür, dass es verschiedene Arten von Macht gibt – und dass die von Russland projizierte Macht zu stumpf war, um zu funktionieren. Putin verstand nicht, wie wichtig es ist, unsicher zu erscheinen.

Der größte Fehler Putins betrifft jedoch die Beziehungen der USA zu China, einem Land in einer tiefen Wirtschaftskrise. Moskau konnte China weder schaden noch helfen. Die Vereinigten Staaten können beides tun: helfen, indem sie die Investitionen erhöhen und mehr Waren kaufen. Und schaden, indem sie beispielsweise den Verkauf bestimmter Mikrochips blockieren. Peking glaubte, dass es die Amerikaner nicht brauchte, um sich zu erholen, und es war davon überzeugt, dass Washington durch die chinesische Seemacht und die damit verbundene Stärke eingeschüchtert werden könnte. Stattdessen musste Peking zur Kenntnis nehmen, dass seine Drohungen rund um Taiwan und in anderen Gebieten einfach nur noch mehr Schiffe und Waffen auf den Plan riefen, die gegen es eingesetzt werden konnten. Und die Nützlichkeit eines Bündnisses mit Russland wurde durch die Erkenntnis erschüttert, dass die USA gleichzeitig in der Ukraine und im Südchinesischen Meer militärisch reagieren können.

Xi JInping wusste seine Verluste zu begrenzen

All dies hätte auf der Hand liegen müssen, und ich denke, China war sich der Fähigkeiten der USA besser bewusst als Russland. Der chinesische Präsident Xi Jinping wusste, wann er seine Verluste begrenzen musste. Putin dagegen hat immer wieder nachgelegt. Mein Eindruck scheint am Wochenende von einem Sprecher des 20. Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas bestätigt worden zu sein, dessen Aussagen von der chinesischen Zeitung Global Times wie folgt wiedergegeben wurden: 

„Wenn eines der wichtigsten Ereignisse in den internationalen Beziehungen der vergangenen 50 Jahre die Wiederherstellung und die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen China und den USA sind, die beiden Ländern und der Welt zugutekamen, dann ist das Wichtigste in den internationalen Beziehungen der nächsten 50 Jahre, dass China und die USA den richtigen Weg finden, miteinander auszukommen. Der Schlüssel zum richtigen Umgang zwischen China und den USA sind gegenseitiger Respekt, friedliche Koexistenz und die von Generalsekretär Xi Jinping vorgeschlagene Win-Win-Kooperation. Die gemeinsamen Interessen zwischen China und den USA überwiegen bei weitem die Unterschiede, und eine solide und stabile Beziehung zwischen China und den USA dient den gemeinsamen Interessen der beiden Völker.“

Wir sind daran gewöhnt, dass China den Vereinigten Staaten Drohungen entgegenschleudert. Jetzt sucht es nach Wegen, den USA entgegenzukommen. Peking hat das ebenso subtile wie brutale Verhalten der USA in der Ukraine zur Kenntnis genommen und beschlossen, dass ein Bündnis mit den USA, wie locker oder zeitlich begrenzt auch immer es sein mag, viel attraktiver ist.

Es ist also keine Überraschung, dass Putin die USA als eine Kraft sieht, die versucht, eine unipolare Welt zu schaffen, denn in mancher Hinsicht ist die Welt bereits unipolar. Die Vereinigten Staaten sind die größte Volkswirtschaft der Welt, ungeachtet ihrer aktuellen Probleme. Sie verfügen auch über ein hochentwickeltes Militär, das in der Lage ist, überwältigende Kräfte einzusetzen, eine Armee im Krieg mit neuen Waffen auszubilden und die Welt mit subtiler Gewalt zu gestalten. Die amerikanische Macht ist nicht absolut, und sie kann überflügelt werden. Aber sie ist beweglich genug, um nacheinander zu handeln, wenn zeitgleiches Handeln unmöglich ist. Einfach ausgedrückt: Die Vereinigten Staaten sind die mächtigste wirtschaftliche und militärische Kraft in der Welt – wenn sie sich entscheiden zu handeln. Untätigkeit kann von Männern wie Putin als Schwäche ausgelegt werden. Die USA haben gelernt, dass sie mit der ihnen innewohnenden Macht genug Zeit haben, um zu reagieren.

Amerikas Verachtung gegenüber seinen Präsidenten

Die amerikanische Öffentlichkeit sieht die Vereinigten Staaten oft als schwach und schlecht geführt an. Es besteht die Tendenz, Joe Biden, Donald Trump, Barack Obama, Bill Clinton und George W. Bush als Kriminelle oder Idioten oder beides abzustempeln. Die gleichen Vorwürfe wurden auch gegen Andrew Jackson, Abraham Lincoln und Franklin Roosevelt erhoben. Die Verachtung gegenüber den Oberbefehlshabern ist eine Voraussetzung, um eine Tyrannei zu verhindern, auch wenn sie ihre Nachteile hat. Die America-First-Bewegung, die sich gegen eine Beteiligung der USA am Zweiten Weltkrieg aussprach, beeinträchtigte Roosevelts Entscheidungsfähigkeit. Sie hatte unmittelbare Auswirkungen auf Pearl Harbor und verursachte einen schmerzhaften Kriegseintritt der USA, der für die Japaner natürlich in einer Katastrophe endete.

Die Wahrnehmung der amerikanischen Schwäche ist weltweit verbreitet, auch unter den Amerikanern. Unterschätzt zu werden hat seine Vorteile, ebenso wie eine Öffentlichkeit, die ihrem Präsidenten nicht traut. Aber nur enorm mächtige Nationen können sich dieses Misstrauen gegenüber einem Regierungschef leisten. Die zurückliegenden Monate waren kein Beweis dafür, dass die Vereinigten Staaten eine neue Weltordnung aushecken. Sie haben uns vielmehr gelehrt, dass Russland schwächer wird, dass China seine Beziehungen zu den USA vorsichtig gestaltet. Und dass die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene internationale Architektur zwar komplexer geworden ist, aber im Wesentlichen bestehen bleibt. Es ist eine unipolare Welt.

Das könnte Sie auch interessieren:

In Kooperation mit

GPF

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Norbert Heyer | Do., 20. Oktober 2022 - 08:54

Viel was Besseres konnte Amerika nicht passieren: Durch den Einmarsch der Russen in die Ukraine hat sich die bisherige Weltordnung wieder neu stabilisiert. Die USA versorgen die Ukraine mit modernsten Waffen, die sie sich von der EU bezahlen lassen. Wir sind von billiger Energie angeschnitten, bekommen von den USA jetzt Gas zu Apotheker-Preisen. Gleichzeitig trägt die geförderte Politik der Trampolinexpertin dazu bei, das Verhältnis zu Russland für Jahrzehnte zu zerstören. Die EU verarmt, wirtschaftliche Konkurrenz wird abgewürgt, Polen und die Ukraine scheinen die neuen Lieblinge der USA zu sein und das aufstrebende China merkt, dass noch etwas zur Weltmacht fehlt und kuscht. Gleichzeitig erholt sich der Dollar, allein der Dominanz der USA geschuldet. Menschliche Opfer oder Tragödien berühren sie auch nicht, die Ukraine scheint bereit, alle jungen Männer zu opfern. Das ist der erste Krieg der USA, der - dank Putin - nur positive Effekte für Amerika hat und ein Ende ist nicht in Sicht.

das Ziel unserer Freunde in Washington war bezüglich EU und NATO immer: "Keep the US in, keep the Russians out, and keep Germany down!" - Diese Strategie ist zu 100% aufgegangen! Und sie wurde allein durch den erfolgreichen Putsch in Kiew, den anschließend angezettelten Bürgerkrieg und jetzt Krieg mit Russland erzielt. Dabei ist kein einziger amerikanischer Soldat gefallen. Nebenbei wurde Deutschlands Nabelschnur - als false flag operation - von Biden zerbombt. Mission accomplished! Dass Deutsche jetzt auch noch Russland beschuldigen, sie hätten den Krieg angefangen bzw Putin hätte die Peiplein zerstört, das setzt dem ganzen die Krone der Perfidie auf! Von wegen "amerikanische Raffinesse"! Das ist brutalster, machtpolitischer Zynismus - "Fuck the EU!" Ein kriegerischen Akt nicht nur gegen Russland, sondern besonders auch gegen das deutsche Volk - ich wage nicht zu sagen gegen Deutschland, denn unsere Regierung in Berlin klatschte doch noch Beifall, als Nordstream explodierte!

Gabriele Bondzio | Do., 20. Oktober 2022 - 09:10

nach dem anderen aus."

Dem Satz ist zuzustimmen, werter Herr Friedman.
Sie repräsentieren das eine Lager in den USA.
Nun las ich gerade einen Text, in dem ein anderer, hochrangiger Beamter, Jack F. Matlock, sich folgendermaßen äußert:

„Wenn China anfangen würde, eine Militärallianz mit Kanada und Mexiko zu organisieren, würden die USA das nicht tolerieren. Wir würden uns auch nicht auf abstrakte Prinzipien von internationalem Recht beschränken lassen. Wir würden das verhindern. Mit jedem Mittel, das wir haben. Jedes Land, das die Macht dazu hat, würde das tun. (…) Putin handelt so, wie jeder russische politische Verantwortliche unter diesen Umständen handeln würde. Der Umsturz in Kiew im vergangenen Februar hat Leute in den Sicherheitsapparat gebracht, die vehement antirussisch sind und die politisch so weit rechts stehen, dass man sie ohne Übertreibung Neonazis nennen kann. Die gewaltsame Übernahme von Regierungsgebäuden hat im Westen der Ukraine begonnen. Nicht im Osten.“

Sie schreiben von dem gleichen Matlock, der von sich behauptete:
"By his own account, Matlock became captivated by Russia..." (Quelle Wikipedia)

und der bis heute aus seinem Verständnis für Putin kein Geheimnis macht.

Ich weiss natürlich, auf welchen "Seiten" Sie das gefunden haben - da, wo man noch immer überwiegend eine gute Meinung von "Herrn" Putin hat.

Aber egal: Matlock, EHEMALS hochrangiger Beamter unter Reagan, argumentiert, der Krieg sei zu verhindern gewesen, hätte die Ukraine alle Forderungen Putins erfüllt.
Und, wie Sie schon schrieben, in der Ukraine regierten Nazis, und nicht der Jude Selensky.

Das ist, ehrlich gesagt, nur höchstpeinlich, kommt aber bei den Lesern der besagten Seiten natürlich bestens an.

Und denen geht es bekanntlich nicht immer und unbedingt um Fakten...

Dass es sich bei Matlock um jemanden handelt, der bereits zum Zeitpunkt des von Ihnen verlinkten Interviews, also 2014, bereits seit 23 (in Worten: dreiundzwanzig) Jahren nicht mehr im diplomatischen Dienst war, hat Sie nicht davon abgehalten, ihn als „hochrangigen Beamten“ zu verkaufen. Vermutlich soll dieser Etikettenschwindel den Ausführungen etwas mehr Glaubwürdigkeit und Gewicht verleihen. Nun ja, Ihre Hütchenspielertricks sind nicht neu.
Zur Sache: Einerseits erklärt Matlock, der Westen habe den Kalten Krieg nicht gewonnen - und schon im nächsten Satz stellt er fest: „Wir haben den Kalten Krieg zwei oder drei Jahre vor dem Kollaps der Sowjetunion beendet.“ Der bevorstehende wirtschaftliche Kollaps der sozialistischen Planwirtschaft ist also kein Sieg des westlichen Modells?
Befragt nach der Ost-Ukraine, halluziniert Matlock, wie gesagt 2014: „Die Russen wollen diese Region nicht wirklich. Das sind wirtschaftliche Katastrophengebieten. Sie wären eine enorme Last.“ Tja…

Nicht nur er spricht aktuell so, ebenso Pat Buchanan und viele andere in den USA. Was spielt es dafür eine Rolle wie lange deren Amtszeiten schon zurück liegen?

Wann hatten Sie dann ihre letzte Amtszeit als Botschafter oder anderen außenpolitischen Funktionen, um sich Detailkenntnisse und -einsichten zu erwerben?
Das einzige was man aus ihrem Kommentar entnehmen kann ist Vasallentreue zur US-Interventionspolitik und damit zum Elend, daß diese verursacht. Und natürlich ihr Russenhaß wegen des kriegerischen Einmarsches in die Ukraine, der verständlich ist aber nicht weiterhilft.

Versuchen Sie es doch mal mit der Forderung nach sofortiger Waffenruhe und Verhandlungen, um das Morden und Zerstören zu beenden.
Das ist wäre der Weg, um den Menschen in der Ukraine, neben der derzeitigen zivilen Hilfe, wieder Sicherheit und Zukunft zu geben und weiteren Tod und Zerstörung zu ersparen.

Dirk Weller | Do., 20. Oktober 2022 - 14:36

Antwort auf von Gerhard Lenz

Fakt ist :
Verständnis für die russischen Ängste und Sorgen bezüglich der Nato-Osterweiterung (egal ob unter Jelzin oder Putin) hatten bereits u.a. auch Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher, Egon Bahr, Robert McNamara oder George Kennan.
In der Regel gepaart mit der Warnung vor einer militärischen Reaktion Russlands.

Fakt ist auch, dass Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Egon Bahr auch noch nach der Krim-Annexxion Verständnis für Putins Vorgehen zeigten und es erklärten.
( heute noch in den Archiven der Leit-Medien nachzulesen )

Bestimmt auch alles Ihrer Meinung nach einseitig informierte und faktenresistente „Putin-Versteher“.
Oder etwa doch hochrangige anerkannte Politiker, die schlicht in der Lage waren komplexere geostrategische Zusammenhänge zu verstehen ?
(was heute bei einem Großteil der „Politik-Journalisten“ und Politiker leider nicht mehr der Fall ist)

ich nehme den nachfolgenden Kommentar von Herrn Lenz zu Ihrem dazu, der Vollständigkeit halber und meine, dass Canada vor den USA geschützt wird durch das Commonwealth und also England, weshalb sich die USA evtl. besondere Mühe mit ihren Beziehungen zu England und zur EU geben.
Sie haben genaugenommen nur auf Deutschland und evtl. ein bisschen Österreich besonderen Einfluss. Deutschland gilt als DER Verlierer UND Verursacher des 2. Weltkrieges.
Italien würde sich das selbst als Weltkiegsverlierer verbitten.
Frankreich "hustet" den USA eher etwas, als sich unterzuordnen.
Die USA können keinen Krieg, welcher Art auch immer gegen Europa gewinnen.
Die Politik Polens scheint mir, trotz allen Verständnisses etwas kurzsichtig geraten.
Vorrang hätte m.E. die Integration in die EU und die Allianz der Nord/Ostseestaaten haben müssen, vor Allianzen mit der Ukraine, sprich evtl. USA.
Ich verstehe vieles nicht.
Ich wundere mich, wenn Herr Friedmann so offen den Vorrang der USA in der Welt behauptet

Deutschland zählt sicher dazu und andere Staaten; sogar eine Schutzmacht könnte ich ausmachen.
Wie dem auch sei oder wieviele es auch seien, man sollte davon absehen, dies zum Aufbau von Welt-Macht-Konglomeraten auszubauen.
Verständlich sind immer Allianzen in unmittelbarer Nachbarschaft und es wird immer auch historisch Phasen der Überlegenheit einzelner Gruppen über andere geben.
Man darf sich ganz sicher verteidigen, man muss aber evtl. Bürgerkriege nicht zu Weltkriegen aufblähen und Verteidigung bedeutet nicht die Missachtung anderer/ Sicherheits/interessen.
Es gibt viele Perspektiven auf ein und denselben Sachverhalt und es kann im Einzelnen dauern, bis divergierende Interessen in eine friedliche Balance gebracht werden können.
Ich kann also Herrn Friedman nicht einfach so widerlegen; man muss miteinander sprechen.
Eines allerdings kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Wie kann Herr Friedman von einer Art "US-Rafinesse" sprechen?
Pfeifen das nicht die Spatzen von den Dächern?

Gerhard Lenz | Do., 20. Oktober 2022 - 09:20

So eindeutig, wie Herr Friedmann das zu sehen glaubt, ist die Lage wohl nicht.

Wahrscheinlich pflegt Putin seit geraumer Zeit seinen Wahn, zumindest Teile der Sowjetunion jetzt seinem Russland einzuverleiben. Wahrscheinlich kam ihm die Abwahl Trumps in die Quere. Denn der trommelt zwar lautstark, gilt aber insgeheim als Bewunderer Putins. Und orientierte seine Außenpolitik strikt an finanziellen Interessen. Man kann vermuten, dass sich ein Trump mit Waffenlieferungen zurückgehalten hätte - es sei denn, sie hätten ordentlich Geld in die Kassen der Waffenkonzerne gespült.

Herr Friedmann vergreift sich übrigens im Ton, wenn er vom "brutalen Vorgehen der USA in der Ukraine" spricht. Wo, bitteschön, handeln die USA brutal? Oder ist das "another translation error?", so wie jüngst der Satz von der "Rückeroberung" der Ukraine?
Hat Putin China falsch eingeschätzt? Putin hätte wissen müssen: Für China zählt nur der eigene Nutzen. Da es den an der Seite Russlands augenscheinlich nicht gibt...

Karl-Heinz Weiß | Do., 20. Oktober 2022 - 10:35

Durchaus möglich, dass Putin durch das jahrelange Lavieren von Schröder und Merkel zu falschen Einschätzungen gekommen ist. China verfolgt seine Machtpolitik wesentlich effektiver und konsequenter und legt momentan nur einen Zwischenschritt ein. Die Illusion, Deutschland als wirtschaftsstärkstes europäisches Land könne "blockfrei" agieren, ist seit dem 24.2.22 Geschichte.

Albert Schultheis | Do., 20. Oktober 2022 - 10:42

Ich bin tief enttäuscht über diesen Beitrag von Friedman, den ich ansonsten als Rationalisten sehr schätze. Wenn es überhaupt einen "neuen Kalten Krieg" gibt, dann geht dieser allein von den Betonköpfen in Washington, alles andere zu behaupten - nach einer einseitigen, bedingungslosen, friedlichen Auflösung des Sowjetimperiums durch Gorbatschow - ist einfach absurd. Russland hat die "amerikanische Raffinesse" keineswegs missverstanden, die darin lag, den gewählten, russlandfreundlichen Präsidenten der Ukraine gewaltsam mit der Hilfe ukrainischer Nazis hinwegzuputschen und dort einen Bürgerkrieg gegen die russischstämmige Bevölkerung anzuzetteln und in der Folge die nationalistische Soldatesca systematisch finanziell, logistisch, militärisch aufzurüsten und an NATO-Netzwerke anzubienden. Besagte "amerikanische Raffinesse" bestand genau in dem Kalkül, dass man Putin dahin treiben würde, wo er nicht mehr würde anders reagieren können, als mit dem Angriff auf die Ukraine. Reine Perfidie!

Martin Falter | Do., 20. Oktober 2022 - 10:45

im Kopf und in den Händen, trifft auf Realität in 2022!

Selten hat sich ein Kriegstreiber so verschätzt in seinem Einfluss und Stärke wie der Pudel.

Zahlen müssen allerdings hauptsächlich die Ukrainer und dann später die Russen dafür.

zahlen muss Europa. Wieder mal kann man da nur sagen. Die meisten Flüchtlinge die bei uns seit Jahren anlanden sind "Kollateralschäden" aus den Kriegen der USA. Bluten wegen des Ukrainekrieges und das strunzdumme agieren unserer Regierung müssen derzeit hier die Bürger durch Inflation und horrende Energiepreise. Nicht wenige bangen um ihren Arbeitsplatz und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Aber hey hauptsache wir zwingen Russland in die Knie frohlocken die ewig Gestrigen (Goebbels und Annalenajünger). Fazit, von der derzeitigen EU Kommission und unserer Regierung könnten die Schildbürger noch was lernen aber ich vermute selbst denen wäre das zu dumm und zu blöd was in EU Schilda und bei uns abgeht.

Zahlen müssen allerdings die Ukraine... Sehen Sie das wirklich so werter Herr Falter und dann die Russen? Das ist doch nicht Ihr Ernst? Die Russen mit Sicherheit nicht. Deutschland zahlt bereits mit Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge auf Kosten der eigenen Bürger. Verarmung, Wohnungsnot, Kälte, Preise für Energie, Grundnahrungsmittel klettern tgl. in astronomische Höhen und, und, und. Selnskyj fordert von der EU den Wiederaufbau der Ukraine, allerdings einer smarten Ukraine. Deutschland hob bereits den Finger. Was versprachen Scholz und Baerbock? Wir helfen der Ukraine so lange sie uns braucht. Die Prioritäten wurden gesetzt.
Biden spricht für seine Bürger Amerika first, Scholz spricht für seine Bürger Deutschland last.

Sebastian Niemeyer | Do., 20. Oktober 2022 - 11:05

Amerika ist die mit Abstand stärkste Nation auf diesen Planeten und China wird auf absehbare Zeit nicht den Hauch einer Konkurrenz darstellen.

Soweit so richtig.

Allerdings ist die USA alles in allen extrem viel schwächer, als zum Beispiel in den 60er Jahren.

Es gibt eben keinen einzelnen extrem starken Gegenspieler mehr, der die Kraft der USA ins Verhältnis setzen könnte.

So sehen die USA übermächtig aus. Aber es gibt ein Indiz, woran wir sehen können, wie das Verhältnis der USA zur Welt ist.

Der Dollar...

Der Dollar verliert alles in allen an Status. Schauen wir uns die Dollar-Dominanz an den Weltreservewährungen an, so sehen wir, dass der Status des Dollars zerfällt.

Möglicherweise, machen sich die Effekte einiger Entscheidungen eines gewissen Nixon bemerkbar....

Es könnte auch sein, dass die Machtausübung der USA seit 2001 überdehnt ist und sich daher Misstrauen breit macht.
Sanktionen schaffen Feinde.

Beste Grüße

Von der fragwürdigen Stärke der USA konnte sich doch die ganze Welt vor wenigen Monaten in Kabul überzeugen! Schon vergessen? Das war schlimmer als ein zweites Saigon! Ich sage voraus: das 3. Saigon von Kiew wird noch viel, viel schlimmer ausfallen und die, die jetzt so zynisch Beifall klatschen und sich im Waffenliefern überbieten, die werden einen sehr bitteren Preis zahlen!

Gisela Fimiani | Do., 20. Oktober 2022 - 12:53

Herrn Friedmans Beitrag: Smoke and Mirrors. Es gibt glücklicherweise in den USA noch Stimmen, die klug, weitsichtig und überaus geschichtshistorisch argumentieren. Friedman ist der große Relativierer und Anpasser. Hier soll niemand zum Denken animiert werden.

Walter Bühler | Do., 20. Oktober 2022 - 12:57

Ja, so denken wohl die US-Amerikaner. Das ist der eine Lerngewinn.

Der zweite liegt in dem Satz verborgen: "Unterschätzt zu werden hat seine Vorteile, ebenso wie eine Öffentlichkeit, die ihrem Präsidenten nicht traut. Aber nur enorm mächtige Nationen können sich dieses Misstrauen gegenüber einem Regierungschef leisten."

Daraus folgt: Ohnmächtige Nationen wie die unsere können sich kein Misstrauen gegen ihren Regierungschef leisten - denn das verstärkt nur ihre Schwäche. Ohne monolithische Geschlossenheit sind sie vollends hilflos.

So denken ja jetzt schon Orban, Erdogan, Kaczynski, Lukaschenko, Selinski und Putin, und nach Herrn Friedman könnte es schon sein, dass auch wir das bald lernen müssen.

Demokratie funktioniert nur in einer Weltmacht?

Django Reimhardt | Do., 20. Oktober 2022 - 13:03

So startet Hr. Friedmann
>Sollte Washington tatsächlich eine unipolare Welt anstreben, würde dies allerdings eine Planung voraussetzen, die der amerikanischen Realität zuwiderläuft.<
Und so endet sein Beitrag
>Es ist eine unipolare Welt.<
Damit meint er sicherlich nicht Belutschistan als Machtpol.
Spätestens wenn die Ukrainer es satt haben ihre Haut für dieses Spiel zu Markte tragen zu lassen, werden die Karten wieder neu verteilt.
Solange wird die Welt einen Zermürbungskrieg auf dem Schlachtfeld Ukraine und einen weltweiten Wirtschaftskrieg erleben.
In einem Jahr wissen wir mehr.

Urban Will | Do., 20. Oktober 2022 - 13:53

essen.
Vermutlich geht der US – Administration langsam der Sekt aus, da sie aus dem Feiern nicht mehr heraus kommen.
Alles, was sie wollten, bekommen sie nun auf dem Silbertablett. Nicht nur, dass Russland auf Jahre- siehe u.a. die Aussagen des klugen Herrn Klingbeil- von Europa getrennt sein wird, ein neuer Kalter Krieg steht vor der Haustür steht, was die USA wohl als deutlich lukrativer erkannt haben als so ein lästiger Friede, nein, es wandert auch immer mehr Industrie in die Staaten ab, weil dort – oh Wunder – die Energie billig ist. Den blöden Europäern, die ihnen nicht nur politisch dienlich sind wie doofe Hunde, sondern auch brav die teure Energie abkaufen, nimmt man nun auch ihre industriellen Grundlagen, um sie noch abhängiger zu machen.
Alles natürlich im Sinne der Moral!
Da mögen halt noch ein paar Tausend Ukrainer verrecken, wen kümmerts.
Oben wurde Matlock schon zitiert. Die USA hätten in der Lage Russlands genau das gleiche getan, nämlich Krieg geführt
Welch ein Irrsinn!

Niels-Christian Otzen | Do., 20. Oktober 2022 - 14:28

Leider füllt jede argumentative Entgegnung auf diese Aneinanderreihung von Verherrlichungen und Verniedlichungen des amerikanischen Imperialismus mehr als 1000 Zeichen. Ich kann daher nur noch einmal bitten, den Lesern die religiöse Ekstase von Herrn Friedman in Zukunft zu ersparen.