Nach den Gewaltexzessen jugendlicher Randalierer versucht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verzweifelt, das Land zu befrieden / dpa

Frankreich - Republik der Fliehkräfte

Nach den brutalen Ausschreitungen jugendlicher Gewalttäter steht Frankreich vor den Trümmern seiner Migrationspolitik. Emmanuel Macron fürchtet um den Ruf seines Landes – und hat keinen echten Plan.

Autoreninfo

Martina Meister ist Korrespondentin in Frankreich für die Tageszeitung Die Welt.

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Wen verurteilen Sie – einen Feind der Nation oder einen jungen Mann, der von einem anderen Leben träumt?“, fragt Frédéric P. überraschend theatralisch den Richter der 13. Kammer des Strafgerichts von Bobigny, als er sich eine Woche nach dem Tod von Nahel M., der bei einer Polizeikontrolle erschossen wurde, für die mutwillige Beschädigung des Rathauses seiner Heimatstadt verantworten muss. Der 19-Jährige ist einer von 500 meist jungen Menschen, ein Drittel von ihnen minderjährig, die während der fünf Tage dauernden Aufstände Ende Juni allein im Departement Seine-Saint-Denis verhaftet und zu großen Teilen in Schnellverfahren verurteilt wurden.

Frédéric P. behauptet, in der zweiten, schlimmsten Nacht der Aufstände sein Hochhaus in Bobigny nur verlassen zu haben, um die Ereignisse zu filmen. Der neue Ärger hatte im nordwestlich von Paris gelegenen Nanterre begonnen, wo die Polizei das 17-jährige Opfer bei einer Verkehrskontrolle erschossen hatte. Nun schien ganz Frankreich in Flammen zu stehen. 553 Orte waren betroffen, darunter auch Städte und Kommunen, die nie zuvor Schauplatz von städtischer Gewalt geworden waren. 

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Urban Will | Mi., 9. August 2023 - 09:06

Unsinn, zu glauben, mit Geld ließe sich dieses Problem lösen. Religiöser Fanatismus und Leistungsverweigerung,bzw. Gleichgültigkeit sind tiefgehende kulturelle Eigenarten. Wer trotz klar erkennbarer Verhältnisse in den Herkunftsländern glaubt, diese per Grenzübertritt zu beenden, für den gibt es eigentlich keine passende Beschreibung mehr...
Deutschland geht gerade den gleichen Weg und in wenigen Jahrzehnten wird dieses seit Jahrzehnten von Idioten und Blindgängern (ehemals Bürgerliche, die sich von Merkel am Nasenring durch die Manege ziehen ließen),bzw. klaren Überzeugungstätern (Links–Grün, die Deutschland und seine Kultur mehr hassen als alles andere) regierte Land am Boden sein.
Aber gut, es nützt nichts, darauf hinzuweisen, es ist der Wille der Mehrheit der Wählerschaft, sonst hätten wir andere Regierungen, bzw. eine andere Politik.
Der Spott seitens einiger osteuropäischer Länder ist mehr als berechtigt.
Und unser erhobener moralischer Zeigefinger ein Symbol d Lächerlichkeit.

Michael Bahr | Mi., 9. August 2023 - 09:11

Sie schreiben, die Chance, dass der zu einer Haftstrafe verurteilte Frédéric P. das Gefängnis als Patriot verlassen werde, tendiere gegen Null. Stimmt. Doch was hätte man tun sollen? Einen beweiskräftig straffällig gewordenen Gewalttäter nicht bestrafen? Er war erwiesenermaßen daran beteiligt ein Rathaus in Flammen zu setzen. Dafür darf man ruhig in Gefängnis. Die Botschaft, die von einer Nichtbestrafung solcher Leute ausgesendet würde, wäre fatal. Mag sein, dass es sich um eine Art Teufelskreis handelt. Aber durch ein "Augen zu" der Jusitz ist nichts zu gewinnen.

Ja natürlich muss man den Straftäter einsperren. Und gleichzeitig verhindern, dass er sich hinterher - wenn er wieder aus dem Gefängnis kommt - weiter unangemessen verhält. Einfach durch mehr Strenge in der Gesellschaft gegen die kleinsten Verfehlungen. Noch nicht eingebürgerte "Zeitgenossen" sofort abschieben. Vielleicht wäre es auch eine Lösung, wenn man erst nach 20 Jahren Aufenthalt eine Einbürgerung bekommen kann. Dann könnte man Straftäter jederzeit abschieben.

Maria Arenz | Mi., 9. August 2023 - 09:26

daß "der junge Mann , der doch nur von einem anderen Leben träumt", sein Jurastudium abgebrochen hat. An fehlenden Chancen hat es also offensichtlich nicht gelegen. In Frankreich wurde den Kindern von Immigranten von Anfang an die französische Staatsbürgerschaft zuerkannt, auch der Spracherwerb klappte in den Écoles maternelles sehr viel besser als bis heute in deutschen Kitas. Wenn sich trotzdem so viele Nachkommen der Einwanderer aus muslimisch geprägten früheren Kolonien nicht als Franzosen fühlen, liegt es vielleicht doch daran, daß sie aufgrund der herkunftsbedingt anderen Sozialisitaion ihrer Eltern keine Franzosen sind. Was Menschen sich zugehörig fühlen läßt, ist eben nicht einseitig mit einer Bringschuld der Aufnahmegesellschaft zu leisten, sondern bedarf auch erheblicher Assimilierungsanstrengungen der "Neuen". Was vor allem Araber und Afrikaner vielfach überfordert. Die 60 % Stimmen für Erdogan bei "unseren" Türken senden ja dieselbe Botschaft.

@Frau Arenz, Sie benennen das zentrale Problem: die muslimisch geprägten Familien können mit französischer Lebensweise oft wenig anfangen. Seit das Thema "Religiöse Überzeugungen " an Gewicht gewonnen hat, tritt dieses Problem sogar deutlicher als früher hervor. Die westliche Anbetung der "Singulärität“ ist damit schlecht vereinbar. Dank der aggressiven Vorgehensweise von Erdogan stehen die damit verbundenen Probleme Deutschland in den nächsten Jahren noch bevor.

Maria Arenz | Mi., 9. August 2023 - 09:49

Zur Entschuldigung der Randale wurde ja auch wieder auf das viel zu brutale Vorgehen der französischen Polizei hingewiesen. Das ist in Deutschland nun aber in den mit der Milch der rot- grünen Denkungsart regierten Ballungszentren Berlin, NRW, Bremen und Hamburg gerade gegenüber Migranten nicht so- im Gegenteil. Vor allem dort aber, wo sie es gewohnt sind, mit Samthandschuhen angefaßt zu werden, lassen sie ihrem Testosteron-Überschuß besonders gern freien Lauf und die Sau raus, daß es derselben nur noch graust.

Naumanna | Mi., 9. August 2023 - 10:13

"das Kind ist in den Brunnen gefallen". Die Asylpolitik Europas, ganz besonders Frankreichs, ist gescheitert. Asylpolitik ist auch das falsche Wort, denn ein verschwindend geringer Anteil der Menschen, die aus Afrika kommen, ist wirklich asylberechtigt. Ein radikales Umdenken ist gefragt. Menschen aus Asien, die sich in Europa ansiedeln, machen in der Regel keine Probleme. Es sind immer wieder dieselben "Kandidaten", die sich weder integrieren wollen noch können. Natürlich haben die Osteuropäer Recht mit ihrer Einschätzung der Lage. Frankreich muss radikal umdenken, oder es wird von der Grande Nation nicht viel übrig bleiben, was jammerschade wäre. Sicherlich ist alles auch eine Folge der Kolonialisierung vergangener Zeiten. Aber jetzt muss die Zukunft angesteuert werden in Europa. Offensichtlich kann falsch verstandene "Menschenfreundlichkeit" auch in ihr Gegenteil umschlagen. Neue Gesetze müssen her, die es erlauben, Straftäter sofort in aufnahmewillige Länder auszuweisen.

Markus Michaelis | Mi., 9. August 2023 - 11:42

andere auch nicht. Man kann sicher viele einzelne Punkte benennen, die man anders machen sollte - ob das dann zu irgendwas führt, oder nicht, hängt von jeweils vielen anderen Dingen ab, die niemand überblicken kann.

Dazu, wie Dinge zu bewerten sind, gibt es viele Ideale, wie die Republik, Menschenrechte, Gerechtigkeit, Verantwortung, Solidarität etc., abe konkret sagt das meist wenig - jeder liest daraus andere Dinge.

Was stimmt: auch andere Gesellschaften haben solche Probleme, Frankreich ist einfach ein wenig bunter und vielfältiger. Ich war gerade auf einem französischen Dorffest - sehr nette Atmosphäre, die Mehrheit (besonders der Jüngeren) war glaube ich weniger "urfranzösisch", zumindest dort noch relativ wenig Schwarze, aber auch keine kleinste Minderheit mehr, die "Urfranzosen" auch von bürgerlich bis sonstwas. Sehr nette Atmosphäre.

Das heißt aber nicht, dass alles funktioniert - das Misstrauen zwischen Menschen lauert immer, es gibt sehr verschiedene Gruppen.

Markus Michaelis | Mi., 9. August 2023 - 11:52

Wir zählen oft Werte wie Demokratie, Menschenrechte etc. auf, so als ob die klar das natürliche menschliche Zusammenleben beschrieben. Jede Abweichung von einer friedlichen, guten Gesellschaft wird dann darin begründet, dass irgendwelche Übeltäter oder Feindgruppen diese Grundwerte unterlaufen.

Ich glaube, dass ist ein falscher Ansatz. Menschen sind schon in sich nicht widerspruchsfrei, in Gesellschaften schon gar nicht - selbst, wenn wir dieselben Ziele haben, haben wir keine Ahnung, wie wir sie erreichen. Vertrauen und Gerechtigkeitsgefühle sind schnell verletzt und schaukeln sich auf. Grundprägungen sind sehr verschieden.

Ich würde mehr davon ausgehen, dass Gesellschaften von Natur aus große Fliehkräfte haben und wir, gerade in offenen, vielfältigen Gesellschaften, irgendwie an Kunstgriffen arbeiten, um das zusammenzuhalten. Monarchie, Volk oder Religion sind bei uns etwas out - irgendeine Erzählung muss man aber wohl haben? Gerechtigkeit alleine scheint eine Sackgasse, weil zu ver

Henri Lassalle | Mi., 9. August 2023 - 15:32

ist eine treffende Bezeichnung der realen Situation. Das Problem war und ist die Masse der Migranten. Ein Beispiel: Das Abkommen mit Algerien von 1968 erlaubt einreisenden Algeriern eine bevorzugende Behandlung in Sachen Aufenthaltsrecht / Arbeitsgenehmigung. Die Folge war Masseneinwanderung aus diesem Land. Dann eine zuweilen ungeordnete Familienzusammenführung. Frankreich ist kein ausgeprägtes rassistisches oder fremdenfeindliches Land, aber es zeigt defensive Reflexe, die in seiner bürgerlichen Kultur verhaftet sind. Franzosen werden bei der Jobvergabe bevorzugt (möglichst weisser Hautfarbe) und sie müssen gut integriert sein. Das Gleiche gilt bei der Wohnungssuche. Viele Jugendliche leben ohne Perspektive in den tristen Wohnsilos und werden leicht eine Beute für kriminelle Dienstleistungsanbieter, zumeist Drogen. Ohne Arbeit, schlecht ausgebildet, entwickeln viele verklärende Nostalgien bezüglich ihres Heimatlandes, aber zurück wollen sie auch nicht.

Christa Wallau | Mi., 9. August 2023 - 16:04

Die Römer wußten es schon:
Man muß eine gefährliche Entwicklung früh erkennen und sie s o f o r t bekämpfen, sonst gelingt es nicht mehr, sie zu stoppen.
Dies gilt für körperliche Krankheiten ebenso wie für gesellschaftliche.

Wenn sich z. B. ein Krebs im Organismus eines Menschen verbreitet (= Metastasen gebildet) hat, gibt es keine Chance mehr auf Heilung.
So ist es auch mit migrantischen Parallelwelten in einem Land: Sobald sie eine gewisse Größe erreicht haben, sind sie nicht mehr zu entfernen - es sei denn mit drastischsten Mitteln, die sich niemand wünschen kann.

Es hat in Deutschland (so wie vermutlich auch in Frankreich) genügend Warner gegeben, welche die Gefahren einer ungeregelten und unkontrollierten Einwanderung früh und eindringlich beschrieben haben. Aber anstatt auf sie zu hören, hat man sie als Fremdenfeinde und Rassisten diffamiert.

Man erntet eben, was man gesät hat.

Oder: Wer nicht hören will, muß fühlen!

Werner Zillig | Mi., 9. August 2023 - 16:47

"Die Linken beklagen, dass die Banlieues abgeschrieben wurden ..."

Das fällt für mich unter die Rubrik "erwartbare Sprüche klopfen". Warum kommt in der französischen Regierung niemand auf den naheliegende Möglichkeit: Die, die so beredt wie beliebig in diese Richtung klagen, dürfen sich drei echte Problemsiedlungen aussuchen, sie bekommen finanzielle Unterstützung -- deren Höhe zu diskutieren und auf den Rest des Landes hochzurechnen ist -- und dann sollen sie mal vormachen, wie das geht, das mit der Verbesserung der Verhältnisse. Diesen Vorschlag würde ich im übrigen auch gerne auf Deutschland anwenden.

Sorry! Bearbeitungsmöglichkeit wie bei Facebook wäre schön. :-) "... niemand auf *die* naheliegende Möglichkeit ..."

kado | Mi., 9. August 2023 - 19:17

Zu "das Kind ist in den Brunnen gefallen". Die Asylpolitik Europas, ganz besonders Frankreichs, ist gescheitert. Asylpolitik ist auch das falsche Wort, denn ein verschwindend geringer Anteil der Menschen, die aus Afrika kommen, ist wirklich asylberechtigt“
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Wenn der Schengenvertrag nicht von allen eingehalten wird funktionieren offene Grenzen nicht.
Schon UK wollte sich mit Quoten nicht mehr bevormunden lassen, das führte zum Bexit, auch wollte der Zweitgrösste Nettoeinzahler nicht mehr viel mehr einzahlen, als sie von der EU zurück bekamen.
Viel zu langsam dämmert es in der EU und vorallem bei den Grünen, D ist kein Schlaraffenland, haben die Arbeit, Wohnungen für Mill und woher nimmt man das Geld bei 2,3 Bill Staatsschulden, wollen die etwa das Asozialste machen, den Kindern weitere Bill Schulden vererben, erhoffen die sich etwa von denen gewählt zu werden ?
Ganz langsam wacht man nicht nur in den östlichen BL auf, sondern jetzt auch in NRW, BW,…
s. ff

kado | Mi., 9. August 2023 - 19:19

Ganz langsam wacht man nicht nur in den östlichen BL auf, sondern jetzt auch in NRW, BW,… auf, die nicht mehr auf die massive Manipulation hereinfallen, einige glauben immer noch, wenn man etwas nur oft genug wiederholt, halten es viele für wahr, das klappte schon in der DDR nicht, die Genossen wollten den Leuten schon man einreden, die Diktatur des Proletariats sei die höchste Form der Demokratie, geglaubt haben das unter 20 % Fanatiker, jetzt gibt es wieder eine „Einheitsfront“
(die zittern nur alle vor dem Machtverlust), so dumm ist die Masse aber nicht, immer weniger haben die spätrömische Dekadenz auch in den westlichen BL (auch dort gibt es inzwischen viel Armut in vielen Gebieten), die wählen inzwischen auch die, die ihren geleisteten Eid einhalten, den Nutzen für D zu mehren, Schaden abwenden.
Es darf nicht sein, das man besonders in D ohne Arbeit mehr bekommt, als zu Hause mit Arbeit, sonst wirkt das wie ein Magnet mit „Willkommen“, also zuerst einmal die Umstellung auf Sachle

kado | Mi., 9. August 2023 - 19:25

.....
jetzt gibt es wieder eine „Einheitsfront“
(die zittern nur alle vor dem Machtverlust), so dumm ist die Masse aber nicht, immer weniger haben die spätrömische Dekadenz auch in den westlichen BL (auch dort gibt es inzwischen viel Armut in vielen Gebieten), die wählen inzwischen auch die, die ihren geleisteten Eid einhalten, den Nutzen für D zu mehren, Schaden abwenden.

Es darf nicht sein, das man besonders in D ohne Arbeit mehr bekommt, als zu Hause mit Arbeit, sonst wirkt das wie ein Magnet mit „Willkommen“, also zuerst einmal die Umstellung auf Sachleistungen, man braucht keine Einwanderung in unsere kranken Sozialsysteme.
Asserdem werden die „Fachkräfte“ in ihrer Heimat viel nötiger gebraucht.