Justitia mit Maske / c Dominik Hermann
Justitia mit Maske / c Dominik Hermann

Cicero-Serie Pandemie und Rechtsstaat - Die Causa Corona III: Aufklärung und Aufarbeitung - ist die Zeit schon reif?

Corona ist vorbei. Sollte man daher nicht einfach vergessen? Nein, sagt die Regensburger Juristin Katrin Gierhake. Rechtsgewissheit, Rechtsfrieden sowie Vertrauen in Personen und Institutionen können nur Bestand haben, wenn Verantwortung übernommen wird.

Katrin Gierhake

Autoreninfo

Katrin Gierhake ist Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Regensburg. 

So erreichen Sie Katrin Gierhake:

Während sich die Politik in Deutschland meistenteils noch immer weigert, die zurückliegende Corona-Krise aufzuarbeiten, werden in der Judikatur immer öfter Stimmen laut, die kritisch hinterfragen, ob der Staat während der Pandemie möglicherweise überzogen hat und ob rechtsstaatliche Prinzipien ausreichend beachtet worden sind.

Cicero nimmt diese wichtige Debatten zum Anlass, um in einer großen Serie mit namhaften Rechtswissenschaftlern die weiterhin offenen Fragen zu diskutieren. Wie verhielt es sich etwa während der Pandemie mit der Gewaltenteilung? Wurde das Grundprinzip der Verhältnismäßigkeit genügend beachtet? Welche Rolle spielt der Staat während der aktuellen Prozesse um mögliche Impfschäden?

Im dritten Teil unserer Serie „Die Causa Corona“ diskutiert die Rechtswissenschaftlerin Katrin Gierhake, die an der Universität Regensburg den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie innehat, die Frage, warum eine Aufarbeitung zwingend notwendig ist, um Mündigkeit zu erreichen und Verantwortung zu übernehmen.  

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Sind wir gut durch die Corona-Krise gekommen, wie allseits behauptet? Hat der Rechtsstaat wirklich funktioniert? Haben die politischen Entscheidungsträger uns, abgesehen von einigen, durch die Dynamik des Geschehens doch sehr verständlichen Fehlern, ordentlich durch die schwierige Zeit gebracht? 

Die im Volksmund üblich gewordene neue Zeitrechnung „vor Corona“, „während Corona“ und „nach Corona“ scheint darauf hinzudeuten, dass etwas Epochales passiert ist, dass ein Einschnitt besonderer Art hinter uns liegt, dass wir nun aber, da „es“ vorbei ist, aufatmen können. Alle scheinen zurückgefunden zu haben in ihren Alltag, froh, dass das verordnete Maskentragen ein Ende hat, froh, dass die Kinder wieder in die Schule gehen können, froh, dass wir wieder im Kreis unserer Lieben Weihnachten feiern und auf dem Adventsmarkt ohne den lästigen 2G-Nachweis Glühwein trinken dürfen. Lasst uns froh und munter sein.

In Festtagsreden wird – wieder in Präsenz – zum Thema „75 Jahre Grundgesetz – Zur Anatomie einer geglückten Verfassung“ gesprochen. Dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts ist es wichtig, zu betonen, dass es für eine zukunftsfähige Verfassung vor allem Menschen brauche, die sich für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzen, Gemeinsinn stiften und mit Andersdenkenden respektvoll im Gespräch bleiben. Das Verfassungsjubiläum sei ein Appell, dass dieser Tage nicht auf das Trennende, sondern auf das Gemeinsame zu setzen sei. Es wirkt fast unwirklich schön, wie hoffnungsfroh der oberste Repräsentant der deutschen Justiz auf die Zukunft blickt. Wer wollte ihm da widersprechen? Und wer wollte Wasser in den ausgezeichneten Wein gießen, der beim festlichen Abendessen hochkarätiger Verfassungsrichter und -richterinnen und Lenker und Lenkerinnen der Republik gewiss ausgeschenkt wird? Wer möchte die Festtagsstimmung mit unangenehmen Erinnerungen trüben?

Fundamentale Fehler

Wir erinnern uns gewiss alle nur sehr ungern an die „während Corona“ medial intensivierten Schockwellen, die über alle verfügbaren Kanäle gewissermaßen als Dauerfeuer herabprasselten, an den Schrecken, den uns Zahlen, Tabellen und Modellierungen einjagten, an bildgewaltig geschürte Urängste, die bis in die Kinderzimmer und Seniorenheime wirkten.

Unangenehm mutet auch die Erinnerung daran an, dass fachkundige, kritische Stimmen schon früh auf nicht vorhandene oder fehlerhaft erhobene Daten, auf mögliche Kollateralschäden der Maßnahmen und auf Mängel beim Zulassungsprozess der neuen Impfarzneien hingewiesen haben. Unangenehm auch, dass führende Juristen schon sehr früh die faktisch bis zur Unkenntlichkeit geschrumpften Grundrechtsgarantien der deutschen Verfassung und die gleich mituntergegangenen verfassungsrechtlichen Argumentationsstandards bedauerten. Unschön ist die Erinnerung auch an die breit ausgerollten medialen Kampagnen, mit denen inhaltlich paradox, aber öffentlich unhinterfragt ein zivilgesellschaftlicher Zusammenhalt durch „gemeinsam gelebte Distanz“ propagiert oder dem „kleinen Pieks“ als größtem Akt der Solidarität gehuldigt wurde. 

Unangenehm ist es ferner, daran erinnert zu werden, dass Gruppen von Andersdenkenden pauschal und ohne jegliches inhaltliche Argument als „sozial- oder staatsfeindlich“ eingeordnet wurden, selbst dann, wenn sie nur gemeinsam spazieren gingen. Unangenehm ist die Erinnerung an staatliche Verordnungen, mit denen diejenigen vom vielbeschworenen gesellschaftlichen Zusammenhang exkludiert wurden, die sich dem solidarischen „Pieks“ nicht unterziehen wollten. Regelungen etwa, die Jugendlichen ein soziales Leben und eine psychisch wie körperlich gesunde Entwicklung vorenthielten, die Studierenden verbaten, die Universität oder die Bibliothek zu betreten, die das gesamte gesellschaftliche Leben und das Reisen ins Ausland an den Nachweis von digitalen „Immunitätsnachweisen“ banden. 

Aus der Perspektive einiger Rechtswissenschaftler haben sich in dieser Zeit zwar fundamentale Schwächen in der Praxis des Verwaltungs- und Verfassungsrechts, der Gerichtsbarkeit, der parlamentarischen Demokratie und des Grundrechtsschutzes gezeigt; aus der Perspektive einiger Epidemiologen und Mediziner fundamentale Fehler in den epidemiologischen Konzepten zum Schutz des besonders gefährdeten Teils der Bevölkerung und in der medizinischen Behandlung von Corona-Patienten; aus der Perspektive einiger Kinder- und Jugendärzte und -psychologen vermeidbare fundamentale Verletzungen des kindlichen Rechts auf gesunde psychosoziale Entwicklung; aus der Perspektive einiger Medienwissenschaftler fundamentales Versagen der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten; aus der Perspektive einiger Medizinstatistiker fundamentale Fehler bei der Datenerhebung und Dateninterpretation durch die verantwortlichen Bundesbehörden. 

Kein Naturereignis

Aber wer rührt schon gerne an schmerzhafte Erinnerungen, und wer konfrontiert sich selbst sowie andere schon gerne mit unangenehmen Wahrheiten und fundamentaler Kritik? All das Leid, die Ängste, Zerwürfnisse und alles Unrecht, alles strukturelle Versagen – sie sind nun Vergangenheit. Und Vergangenes soll man ruhen lassen – so scheint es sich die gesellschaftliche Mehrheit zu wünschen. Nach kollektiver Angst folgt nun kollektives Aufatmen, nach der Ausnahme – endlich wieder – die Normalität. 

Es scheint, als ob das Erlebte begriffen wird, als hätte es sich nicht nur bei dem Virus um ein schicksalhaft über uns gekommenes Naturereignis gehandelt, das dann glücklicherweise irgendwann sein natürliches Gefährdungspotential durch Mutation und erworbene Immunität verloren hat. Sondern auch für die als alternativlos dargestellten Maßnahmen, die in der Konsequenz einer politischen – und damit menschlichen – Willensbildung über uns gekommen sind, wird schlicht „das Virus“ verantwortlich gemacht und seltsamerweise nicht die Entscheidungsträger in der Politik, den Verwaltungen, den Wissenschaftsgesellschaften oder dem Ethikrat. 

Das Unheil wird allein im Virus erblickt, nicht in den wechselnden Ideologien bei seiner Bekämpfung, wie etwa der höchst anmaßenden Idee namens „Zero-Covid“, nach der der Covid-Ausbruch komplett zu beenden sei und deshalb jede Infektion im Fall ihres Auftretens sofort nachverfolgt und so seine Weiterverbreitung verhindert werden sollte. Und auch nicht in den Entscheidungen des „Teams Vorsicht“, das sicherheitshalber die Schulen monatelang geschlossen hielt und dabei wissentlich psychische Ausnahmezustände und größtes Leid über Familien gebracht hat. Statt über menschliche Verantwortung im Umgang mit einer natürlichen Gefahr nachzudenken, wird so getan, als ob auch der Umgang selbst Naturgesetzlichkeiten folgte, die ebenso ergeben auszuhalten waren wie ein über uns hinwegrauschendes Gewitter. 

Das aber ist ein Denkfehler. Eine solche Denkweise verwechselt Unglück mit Unrecht. Während ersteres schicksalhaft über uns kommt, ist für letzteres ein Mitmensch verantwortlich. Dies mag der Grund dafür sein, dass sich immer wieder Stimmen erheben, nicht zuletzt aus der Medizin und den Gesundheitswissenschaften, aber auch aus der Rechtswissenschaft und -praxis, die empirische Aufklärung und juristische Aufarbeitung einfordern. Dem liegt wohl weitenteils die Befürchtung zugrunde, dass der gesellschaftliche Verdrängungsmechanismus nicht langfristig funktionieren wird, dass sich Friktionen und Brüche im gesellschaftlichen Fundament früher oder später Bahn brechen werden, weil auf lange Sicht folgenschwere Schäden angerichtet wurden, dass Rechtsbrüche salonfähig werden und dass sich das Erlebte ohne Aufarbeitung jederzeit, mit jedem neuen Bedrohungsszenario wiederholen könnte. 

Die Frage nach der Verantwortung

Die Frage nach der Verantwortlichkeit ist das Kerngeschäft der Ethik und des Rechts. Während es in der Ethik um die Verantwortung vor sich selbst geht – die entscheidende Instanz dafür ist das Gewissen –, geht es im Recht um die Verantwortung auch anderen gegenüber – die zuständige Instanz ist das Gericht. Das fängt im Kleinen an: Beschädigt man fremdes Eigentum, muss man es wieder richten oder Schadenersatz leisten, geht man eine vertragliche Verpflichtung ein, muss man sie erfüllen, verwirklicht man bewusst und gewollt kriminelles Unrecht, folgt Strafe. Dem Handelnden wird das Bewirkte zugerechnet, wenn sich ausweisen lässt, dass er und niemand anderes dafür verantwortlich ist, dass er selbst der Grund des Bewirkten ist. Die rechtlichen Konsequenzen aus dieser Zuordnung von Verantwortung können sehr unterschiedlich sein, im Zivilrecht etwa die Pflicht zur Vertragserfüllung oder Schadenersatz, im Verwaltungsrecht ein Bußgeld, im Strafrecht Geld- oder Freiheitsstrafe.

Der Grundgedanke ist stets derselbe: Ein menschliches Miteinander ist darauf angewiesen, dass jeder einzelne Akteur mit seinen Handlungen als selbstverantwortlich begriffen wird, dass er sich an seinen Äußerungen und Handlungen festhalten lassen muss. Rechtsgrundsätze wie etwa „Pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) oder auch „Nulla poena sine culpa“ (keine Strafe ohne Schuld) zeigen dies exemplarisch. Das gesamte Rechts- und Staatssystem beruht auf diesem Gedanken. Es ist darauf angewiesen, dass jeder Mitmensch in die dafür notwendige Mündigkeit hineinwächst und begreift, dass er selbst es ist, der Verantwortung trägt und dafür auch geradestehen muss.

Auch im Staatsgefüge gilt dieses Prinzip. Es mag sich der Umfang der Bewirkbarkeit durch die Handlung eines einzelnen vergrößern, je mehr Macht ihm zukommt. Das Prinzip der Verantwortung aber ist dasselbe. Und wann immer Machtstrukturen entstehen, bei denen Verantwortlichkeiten verschwimmen, ignoriert oder gar negiert werden, ist Tür und Tor geöffnet für Machtmissbrauch, also für unverantwortliches Agieren. Staatliches Handeln ist immer auch als rückgebunden an das Handeln verantwortlicher Individuen zu begreifen. 

Es ist deshalb keine Option, das Vergangene ruhen zu lassen. Rechtsgewissheit, Rechtsfrieden und Vertrauen in Personen und Institutionen können nur Bestand haben, wenn Verantwortung übernommen wird. 

Was jetzt zu tun wäre

Ein Aufarbeitungsprozess muss deshalb zutage fördern, inwiefern und an welchen Stellen vermeidbares Leid erzeugt wurde, ob und inwiefern es alternative, weniger schädliche Handlungsmöglichkeiten beim Umgang mit der Virusgefahr gegeben hätte und inwiefern das den Akteuren zum Zeitpunkt ihrer Entscheidungen bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Dazu gehören auch die Ermittlung, Evaluierung und öffentliche Klarstellung der empirischen Fakten, die der staatlichen Tätigkeit zugrunde lagen, wie z.B. im Hinblick auf die medizinische Gefährdungsbeurteilung von Sars-CoV-2 als Krankheitserreger nach anerkanntem und gesichertem Stand der Wissenschaft in den einzelnen Phasen der Pandemie, die Eignung des Testregimes zur Feststellung von Sars-CoV-2-Infektionen, die Eignung der Methoden zur Erhebung von Hospitalisierungen und Todesfällen, insbesondere zur Ermittlung drohender Überlastung der Intensivstationen, die Eignung von Modellrechnungen zur Krankheitslast und zu Todesfällen, die Sicherheit und Wirksamkeit der Covid-19-Impfstoffe (insbesondere: das Nebenwirkungsprofil und die – fehlende – Verhinderung der Transmission des Virus), die Methoden zur Erhebung der relevanten Daten zum Sicherheitsprofil der Impfungen (Erfassung von Nebenwirkungen und Verdachtstodesfällen), Evaluation von Nutzen und Schaden der staatlichen Maßnahmen (z. B. der Untersagung und Beschränkungen von Veranstaltungen, Schließungen von Bildungseinrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Universitäten, Kontaktverbote sowie der 2G- und 3G-Regelungen).

 

Bisherige Folgen der Corona-Serie:

 

Der Aufarbeitungsprozess muss ferner die Strukturen der öffentlichen Entscheidungsprozesse in den Blick nehmen und sie sowohl auf ihre Rechtmäßigkeit als auch auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen. Eine Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz des Kanzlers etwa kann weder die Entscheidung durch das Parlament ersetzen, noch haben die Beschlüsse für sich genommen Bindungswirkung. Ferner sind auch Rechtsverordnungen nicht das richtige Regelungsmittel, um extreme Eingriffe in die Grundrechte der Bürger zu legalisieren; hier gelten der Parlamentsvorbehalt und das Wesentlichkeitsprinzip. 

Und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts müssen sich wieder an den Argumentationsstandards messen lassen, die vor Corona gegolten haben: Die Ziele staatlicher Maßnahmen müssen klar definiert und vor dem Hintergrund valide ermittelter Daten und realistischer Prognoseeinschätzungen erreichbar und vertretbar sein (das war etwa bei der Zero-Covid-Strategie oder der Herdenimmunität durch Impfung bei einem ständig mutierenden Virus von vorneherein unglaubhaft). Die Geeignetheit von Maßnahmen muss dafür auch empirisch überprüft werden (Maskenpflicht an frischer Luft? 2G oder sektorale Impfpflicht bei klarer Evidenz dafür, dass die bedingt zugelassenen Impfungen keinen oder nur minimalen Transmissionsschutz garantieren? Ausgangssperren ab 22 Uhr? Maskenpflicht in Grundschulen, wenn die Kinder dieselbe Maske den ganzen Tag – durchnässt, in der Hosentasche oder gar mit dem Nachbarn vertauscht – tragen?). 

Dabei muss ausgewogen und politisch neutral auf Sachverstand zurückgegriffen werden. Die Erforderlichkeit und Angemessenheit muss vor dem Hintergrund möglicher alternativer, weniger freiheitsintensiver Handlungsmöglichkeiten ergebnisoffen geprüft werden, die Abwägung muss erwartbare Kollateralschäden einbeziehen (psychische Erkrankungen durch monatelange Schulschließungen). Die Justiz kann sich hier nicht dadurch aus der Verantwortung stehlen, dass sie auf den „Einschätzungsspielraum“ des Gesetz-/Verordnungsgebers verweist. Über die empirischen Grundlagen zur Evaluation der rechtlichen Maßnahmen und deren Verfassungsgemäßheit muss die Justiz schon selbst urteilen. 

Eine Gesellschaft im Normalbetrieb

Es muss weiter gefragt werden, wie gewährleistet werden kann, dass in der Politikberatung durch die Wissenschaft ein ausgewogenes und rein sachliches Ringen um die besten Lösungen stattfindet. Die Unabhängigkeit der Beratung etwa durch wissenschaftliche Fachgesellschaften ist sicherzustellen; und ganz gewiss kann Unabhängigkeit nicht für sich in Anspruch nehmen, wer in eine weisungsgebundene Behördenstruktur eingebunden oder auf Finanzierung durch diejenigen angewiesen ist, die er berät. Ferner muss deutlich gemacht werden, dass der öffentliche Diskurs in seiner gesamten Breite zugelassen sein muss und keinesfalls durch Löschung und Diffamierung unliebsamer Stellungnahmen unterdrückt werden darf. 

Normativ setzt Aufarbeitung die Klärung politischer und juristischer Verantwortung voraus. Politische Verantwortung ist dabei von der juristischen Verantwortung zu unterscheiden, kann sich aber in Personalunion auch decken. Juristische Verantwortung hat viele Gesichter: Schadenersatzverpflichtungen etwa bei Impfschäden – auch im Rahmen der Amtshaftung –, juristische Überprüfung der Lockdownentscheidungen samt ihrer Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, und für wirtschaftliche Existenzen. Strafrechtliche Beurteilung von Körperverletzungen durch Impfungen wegen mangelnder Aufklärung über das mögliche Nebenwirkungsrisiko der bedingt zugelassenen Impfstoffe, strafrechtliche und verfassungsrechtliche (Neu-)Beurteilung auch des indirekten Impfzwangs (Nachweispflicht in bestimmten Berufsfeldern, 2G-Regelungen), durch den die Freiwilligkeit der Impfentscheidung durch Androhung von negativen Konsequenzen aufgehoben wurde. Zivilgesellschaftliche Aufarbeitung kann die juristische Aufarbeitung dabei sinnvoll flankieren, etwa dadurch, dass mögliche Fehler und mögliches Unrecht in den Medien öffentlich zur Diskussion gestellt werden, dass Entscheidungsträger öffentlich Verantwortung übernehmen und dass Kritiker rehabilitiert werden. 

Kein Wille, kein Weg

Allerdings ist bei dem Ruf nach Aufarbeitung zu berücksichtigen, dass die gesellschaftliche Situation in Deutschland im Jahr 2023 nicht vergleichbar ist mit „klassischen“ Situationen gesellschaftlicher und juristischer Aufarbeitung. Weder liegt Deutschland physisch in Trümmern, noch gab es eine „friedliche Revolution“ mit einem anschließenden Systemwechsel. Es ist im Gegenteil so, dass große Teile der Gesellschaft wieder auf „Normalbetrieb“ umgestellt haben, dass dieselben Entscheidungsträger weiter im Amt sind, dass auch die Entscheidungsstrukturen, etwa in der Medizin, in der Justiz, in der Politik und in der Wissenschaft fortbestehen. Der erste Schritt in Richtung einer Aufarbeitung muss deshalb die Einsicht in ihre Notwendigkeit sein. Im Glitzerglanz der Weihnachtsmärkte und unter dem Eindruck der denkwürdigen Loblieder auf das 75-jährige Bestehen unserer Verfassung scheint dies recht unwahrscheinlich. Auch der Bundestag hat diese Notwendigkeit bisher nicht gesehen, was daran liegen mag, dass er selbst sich dann seiner Verantwortung stellen müsste. Rufe aus Wissenschaft und Gesellschaft nach Enquetekommissionen und Untersuchungsausschüssen verhallten bisher ungehört. Wo kein Wille, da kein Weg.

Solange das so bleibt, kann sich die Mär halten, dass wir gut durch die Corona-Zeit gekommen sind, dass die Rechtsverletzungen und Schäden unvermeidbar und der „Dynamik“ der Entwicklung geschuldet waren, dass es keine strukturellen Mängel gibt, die es zu beheben gälte, und dass wir uns insgesamt auch weiterhin blind auf unsere Entscheidungsträger und unsere Justiz verlassen können, komme, was wolle.

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Ernst-Günther Konrad | Mi., 6. Dezember 2023 - 08:46

Sie haben fast alle mitgemacht. Die einen stillschweigend, duldend, vielleicht auch widerwillig, aber eben dem lieben Frieden willen und die anderen, die fachlich durchaus wissend alles dafür getan haben, die Pandemielüge aufrecht zu erhalten. Noch heute machen einige mit, während sich andere mehr oder weniger aus der Öffentlichkeit herausgezogen haben. Drosten und Wieler haben das sinkende Schiff verlassen. Spahn verlor sein Amt und Klabauterbach lebt noch heute seine "Pandemie" weiter, in dem er schon wieder versucht Ängste zu erzeugen. Obwohl die ENA inzwischen festgestellt hat, dass die verimpfte Plörre weder immun machte noch wirkte, wird das verschwiegen. Die willfährigen mitmachenden Medien verschweigen dies und sind neben den verantwortlichen Politikern die treibende Kräfte gewesen, Angst und Panik zu verbreiten. Und sie haben es selbst geschrieben. Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg. Und selbst mit einer UNION in der Regierung wäre es nicht anders, die haben auch mitgemacht.

Gerhard Lenz | Mi., 6. Dezember 2023 - 10:07

Für angebliche Fehlentscheidungen, wie sie nur durch die Köpfe der Maßnahmenkritiker, Querdenker und Covidioten geistern? Bei jenen, die im zum Wahn verfestigten Glauben leben, es müsse endlich "abgerechnet" werden, Köpfe müssten rollen?

Die Justiz hat in der Pandemie einen schweren Stand gehabt. Sie musste abwägen zwischen dem Schutz und der Freiheit des Einzelnen. Und dabei auf Fachleute hören - Richter sind ja, anders als Cicero-Foristen - nicht durch die Bank Virologen. Dass die eine oder andere Maßnahme heute überzogen scheint (Schulsschließungen ?) kann man Monate später leicht behaupten. Andererseits lassen sich die vielen Toten - auch in DE - nicht leugnen. Es gab umstrittene Urteile, so z.B. die Genehmigung von Demonstrationen (Leipzig) auf dem Höhepunkt der Pandemie. Es gab Familienrichter, die, gar nicht befugt, Maskenverbote verhängten.

Nur nebenbei: Die Köpfe der Querdenkerbewegung, windige Figuren, saßen irgendwann entweder im Knast, oder verzogen sich nach Tansania.

Lesen Sie mal den Artikel in der welt zur Zwangsmaske bei Kindern und den Ergebnissen einer metastudie britischer und amerikanischer Wissenschaftler. Was kommt heraus: nutzlos, sinnlos.
Aber was will man von einem uneinsichtigen Fanatiker wie ihnen schon anderes erwarten, der lieber dem Politiker und Lügner Lauterbach glaubt als der Wissenschaft.
Und hören sie endlich mit ihren "coronatoten" auf. Die meisten waren sowieso weit über der statistischen Lebenserwartung. Alte Leute sterben halt, das ist so.

Martin Janoschka | Mi., 6. Dezember 2023 - 13:04

Als wenn man etwas aufklären wollte.
Bezeichnend: eine Meta Studie amerikanischer und britischer Wissenschaftler hat ergeben, dass die Zwangsmaske für Kinder und Jugendliche ohne Effekt war, also Kosten nutzen Analyse nicht standhält. Unerwartet kommt das nicht und es zeigt, was man ohne Grund unseren Kindern und Jugendlichen angetan hat. Pisa lässt grüßen.
Und dennoch werden unsere Maßnahmen schwurbler und chef-coropaniker, 2 davon hier im forum, vermutlich wieder anführen, wie toll und wirksam all diese Zwangsmasken und zwangsmassnahmen waren. Naja, hat halt mit Aberglauben zu tun, weniger mit Wissenschaft.
Übrigens, der Artikel dazu steht in der welt. Man muss dafür aber einen Horizont haben, der über das Gesundbeten der falschaussagen und Lügen Lauterbachs hinausgeht.

Heidemarie Heim | Mi., 6. Dezember 2023 - 13:22

Nadelöhr, als dass die von sich so überzeugten Demokraten und Medienschaffenden ihre Fehlentscheidungen zuzugeben bereit sind, sondern zudem wenig bis gar nicht geneigt sind für die sich daraus ergebenden Desaster die Verantwortung zu übernehmen, geschweige daraus persönliche Konsequenzen zu ziehen. Warum auch? Schwamm drüber und finito! Wo gehobelt wird fallen halt nun mal Späne! "Sorry, all ihr Kollateralschäden, aber die Karawane muss nun weiterziehen!"
Und so leben alle glücklich und zufrieden bis an ihr (demokratisches) Ende;). MfG

Bernhard Marquardt | Mi., 6. Dezember 2023 - 16:42

Oberste Richtschnur aller Entscheidungen bildet die Verfassung.
Als deren Hüter hat das BVerfG u.a. die Aufgabe, die bürgerlichen Rechte vor einem übergriffigen Staat zu schützen.
Und nicht, wie es immer häufiger zutage tritt, die Regierung vor den Bürgern.
Wenn dagegen mit der jüngsten Entscheidung zu einem verfassungswidrigen Etat argumentiert wird, so sollte man bedenken, dass der Präsident der BVerfG als ein treuer Vasall von A.Merkel ins Amt befördert wurde, als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, die die besagte Klage eingereicht hat.
Also ein schlechtes Gegenbeispiel, eher eine Bestätigung, wie weit die Parteien bei der Besetzung des BVerfG dort Einfluss gewonnen und so eine effektive Gewaltenteilung untergraben haben.
Durch die Spruchpraxis der vergangenen Jahre hat das BVerfG an Glaubwürdigkeit und Respekt bei der Bevölkerung deutlich eingebüßt. Und wird nicht mehr so recht ernst genommen.
Eine ernste Bedrohung für die Grundlagen einer demokratischen Verfassung.

Armin Latell | Mi., 6. Dezember 2023 - 20:06

dystopische Jahre hinter uns gebracht, weitere liegen vor uns. Das Büchlein "Ich habe mitgemacht", das ich mir gegen das Vergessen gekauft habe, ist beinahe nicht möglich zu lesen, komprimierter, hoch aggressiver verbal ejakulierter Hass auf all diejenigen, die mit den kriminellen Maßnahmen der Politik nicht einverstanden waren und das öffentlich geäußert haben. Von den uniformierten Staatsschlägern ganz zu schweigen. Ein gutes Zeitdokument dieses Staatsverbrechens hat die AfD mit ihrem 2 tägigen Corona Symposium am 11. und 12.11.23 erstellt. Übrigens auch ignoriert von vielen sogenannten alternat. Medien, auch vom Cicero oder TE, nicht nur von den bezahlten Propagandamedien. Frau Gierhake hat das alles sehr sachl. und gut beschrieben, aber es ist exakt so: wo kein Wille, da kein Weg. Kein Wunder, haben doch 85% der Abzocker im Parlament und 100% in der Regierung dieses Verbrechen begangen. Ich verzeihe nichts für immer!