Justitia mit Maske / c Dominik Hermann

Cicero-Serie Pandemie und Rechtsstaat - Die Causa Corona I: Grundrechtsschutz in Krisenzeiten

Hat der Staat während der Pandemie rechtsstaatliche Prinzipien missachtet? Und wenn ja, was folgt daraus? Im ersten Teil unserer Serie „Die Causa Corona“ schreibt Hans-Jürgen Papier über schwerwiegende Grundrechtseingriffe und autokratische Regierungsstrukturen.

Hans Jürgen Papier

Autoreninfo

Der Jurist Hans-Jürgen Papier wurde 1943 in Berlin geboren. Von 2002 bis 2010 war Papier Präsident des Bundes- verfassungsgerichts. Zuletzt erschien von ihm das Buch "Freiheit in Gefahr: Warum unsere Freiheitsrechte bedroht sind und wie wir sie schützen können", Heyne Verlag, 2021

So erreichen Sie Hans-Jürgen Papier:

Während sich die Politik in Deutschland meistenteils noch immer weigert, die zurückliegende Corona-Krise aufzuarbeiten, werden in der Judikatur immer öfter Stimmen laut, die kritisch hinterfragen, ob der Staat während der Pandemie möglicherweise überzogen hat und ob rechtsstaatliche Prinzipien ausreichend beachtet worden sind.

Cicero nimmt diese wichtige Debatten zum Anlass, um in einer großen Serie mit namhaften Rechtswissenschaftlern die weiterhin offenen Fragen zu diskutieren. Wie verhielt es sich etwa während der Pandemie mit der Gewaltenteilung? Wurde das Grundprinzip der Verhältnismäßigkeit zu genüge beachtet? Welche Rolle spielt der Staat während der aktuellen Prozesse um mögliche Impfschäden? 

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Tomas Poth | Mi., 8. November 2023 - 18:05

Zitat:
"Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitserwägungen hätte es auch frühzeitig den zuständigen staatlichen Stellen zur Aufgabe gemacht werden müssen, durch intensivere Sachverhaltsaufklärung und Datenermittlung eine rechtzeitige und aussagekräftige Evaluation zu ermöglichen. Alle diese Fragen bedürfen unbedingt der rechtswissenschaftlichen Aufarbeitung, damit in künftigen ähnlichen Krisenzeiten der Rechtsstaat auch unter juristischen Aspekten besser gewappnet ist."
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Das wurde nicht gemacht, und wird immer noch nicht gemacht! Es wird bewußt unter den Teppich gekehrt, weil alle ehemals Verantwortlichen dies verhindern oder sich wegducken.

H.H..Schweizer | Mi., 8. November 2023 - 18:48

Was in "älteren" Demokratien kein Problem war/ist, stellt den deutschen Bürger vor riesige Pseudoprobleme. Ein echtes und grosses Problem ist für das Land der zunehmende Rechtspopulismus und sein "Sprachrohr "
AfD. Scheint jedoch wenige zu stören.

Django Reinhardt | Do., 9. November 2023 - 11:48

Antwort auf von H.H..Schweizer

.... Hr. Schweizer, dürfen wir hier noch einen Anti-Demokraten, einen RotGrün-Populisten im Forum begrüßen?
Was Sie als Pseudoproblem betrachten, war die zeitweilige Aussetzung unserer Grundrechte, nichts weniger!
Das Volk ist der Souverän und überträgt per Wahl die Regierungsrechte an seine Volksvertreter. Mit jeder Wahl aufs neue.

Gunther Freiherr von Künsberg | Mi., 8. November 2023 - 18:49

bedeutet, dass die Entscheidungsträger nur die Wahl hatten entweder Grundrechtseinschränkungen anzuordnen, die in die Freiheitsrechte der Menschen eingriffen um einem in der Gefährlichkeit unerforschtem Virus zu begegnen und damit dessen möglicherweise gefährlichsten Konsequenzen zu begegnen, weil der Staat die Verpflichtung hat das Leben seiner Bürger gegen Epidemien und Pandemie zu schützen. Um dieser Verpflichtung gerecht zu werden sind Grundrechtseinschränkungen unerlässlich. Die Alternative dazu ist die konsequente Beachtung aller Grundrechte ohne deren Einschränkung mit der von einem Teil der Wissenschaft vorhergesagten Folgen, nämlich nicht nur eine Überlastung der medizinischen Versorgungseinrichtungen, sondern auch eine große Anzahl epidemiebedingter/pandemiebedingter Todesfälle. Da gibt es keinen Mittelweg, weil sich dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit erheblich reduziert. Der Schutz des Lebens erscheint mir wichtiger als der Schutz der Freiheit.

... noch so ein totalitärer, der die falsch dargestellte Gefährdungslage gerne glauben wollte und an diesem Glauben festhält, weil er sich sonst seine eigene Dummheit eingestehen müßte.
Freiheit ist das erstrangig höchste Gut im GG.
Sich vor einem Virus zu schützen macht jeder eigenverantwortlich, mit Beratung und in Abstimmung mit seinem Arzt.
Unsere Regierungen können über die Gesundheitsdienste gerne die freiwillige Bereitschaft mit Beratung und einem Impfangebot unterstützen.
Aussetzung der wesentlichen Grundrechte ist unzulässig!

Gerhard Lenz | Mi., 8. November 2023 - 19:25

Herr Papier, wundere sich niemand, daß er jetzt hier schreibt, hat schon früher behauptet, die Verhältnismäßigkeit der Mittel sei während der Anfangsphase vielleicht noch gewahrt, später jedoch nicht entsprechend gewürdigt worden.
Dass die Datenlage miserabel war, hat sich mittlerweile bis zu Hinz und Kunz durchgesprochen. Daraus allerdings zu schliessen, Maßnahmen wären nicht gerechtfertigt, zeugt nicht von logischer Schlußfolgerung, sondern von Voreingenommenheit. Wenn die Daten nicht hergaben, dass Maßnahmen angebracht waren, so ist das alleine noch kein Indiz, dass sie übertrieben wurden.
Insofern sind auch Herrn Papiers Schlußfolgerungen, der Staat habe es mit dem Schutz seiner Bürger übertrieben und hätte übertrieben in die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten eingegriffen, nicht mehr als eine höchst persönliche Meinung, die man durchaus als abenteuerlich bezeichnen kann. Die Zahl der an Corona Verstorbenen ist zahlenmäßig signifikant, man kann sie nicht "wegtheoretisieren".

"Wenn die Daten nicht hergaben, dass Maßnahmen angebracht waren, so ist das alleine noch kein Indiz, dass sie übertrieben wurden." - Würde mit solch Argumentation ein Richter gegen Sie als Angeklagter ein Urteil/Entscheidung fällen, Sie wären bestimmt nicht begeistert.

"Wenn die Daten nicht hergaben, dass Maßnahmen angebracht waren, so ist das alleine noch kein Indiz, dass sie übertrieben wurden." Sie sind also der Meinung, dass egal, wie die Daten (die, das geben Sie zu, überhaupt nicht vorlagen), man irgendwelche Maßnahmen ergreifen kann und zwar unabhängig davon, ob diese Maßnahmen irgendeinen Effekt haben? Mit Logik und Sachverstand hat das aber nun gar nichts zu tun, oder? Eher mit dem Glauben, dass die Staatsmacht mit dem, was sie tut, immer recht hat? Dass Sie gerade in der gesamten Corona-Diskussion nicht eben mit Sachkenntnis geglänzt haben, wissen alle Cicero-Leser. Dass Sie sich nun auch anmaßen, über ein besseres juristisches Standing verfügen als der Verfassungsrechtler Papier, setzt dem noch die Krone auf. Sehr entlarvend: Ziemlich große Klappe und nichts dahinter.

Heidemarie Heim | Mi., 8. November 2023 - 20:35

So ein richtiger Doppel-Wumms, besser eine volle Breitseite zum Auftakt! Dem Kanzlersprachgebrauch zufolge sozusagen "historisch";). Und trotz schwieriger juristischer Materie zudem verständlich, was einen hohen Wert heutzutage besitzt! Danke Euer Ehren! Leider hat die Mehrheit der Leute das Thema Corona und die bisweilen unsäglichen und völlig albernen Eingriffe in die Rechte der Menschen vom allein auf einer Bank auszuruhen bis hin zu einem einsamen Tod, dem Verbot von Trauerfeiern, Abstand zum Sarg beim letzten Geleit um Abschied zu nehmen, verdrängt und abgehakt. Auch die Politik, die von einer Krise zur nächsten stolpert und wie zur Zeit der Pandemie zwischendurch zu ähnlich totalitären Mitteln tendiert um z.B. Klimaziele zu erreichen und Paternalismus bis ins Badezimmer betrieb (kalt oder am besten gar nicht duschen, der gute alte Waschlappen tue es auch wie wir gelernt haben;-), zeigt kein übermäßiges Interesse, die Dinge in näheren rechtlichen Augenschein zu nehmen. MfG

Ines Schulte | Do., 9. November 2023 - 15:24

Antwort auf von Heidemarie Heim

...haben Sie bereits aufgezählt, Frau Heim.
Für mich war besonders fragwürdig, dass Mitarbeiter von Baumärkten in NRW zum Betreten desselben wohl berechtigt waren, die Personal-Ausweise von Kunden zu kontrollieren und mit dem Impfausweis zu vergleichen? Wenige km weiter auf Niedersachsenseite wurde man ohne alles eingelassen!

Bernhard Marquardt | Do., 9. November 2023 - 02:17

Regierungen und die sie tragenden Parteien definieren eigenmächtig Gemeinwohl je nach Intention.
Ob Volksgesundheit in der Pandemie, Weltklimakrise, Gasversorgung oder Massenmigration.
Und jedes mal werden Grundrechtseingriffe des Staates mit dessen beliebig wechselnden Vorstellungen von Gemeinwohl begründet.
„Diese Fragen sind justiziabel, das heißt gerichtlich überprüfbar.“
Soweit die hehre Theorie.
Das BVerfG sollte u.a. die Grundrechte der Bürger vor einem übergriffigen Staat schützen und nicht den Staat vor den Bürgern. Über Auswahl aller obersten Richter und Generalstaatsanwälte durch Regierungen und Parteigremien wurde die Judikative im Laufe vieler Jahre politisch domestiziert und damit die Gewaltenteilung ausgehebelt.
Die Zeiten großartiger Verfassungsrichter wie Papier, DiFabio, Kirchhoff und anderer sind leider Vergangenheit.
Die mahnende Stimme von Prof. Papier könnte vielleicht eine längst fällige Diskussion zur Unabhängigkeit der Justiz anstoßen.

Ernst-Günther Konrad | Do., 9. November 2023 - 08:58

Mein Vertrauen in das BVerfG ist auf dem Tiefpunkt. Einige Grundsätze des Verfassungsrechts, das ich während des Studiums als noch unabänderlich angesehen habe, wurden gerade unter Corona massiv beschädigt. Das BVerfG hat sich zu keinem Zeitpunkt inhaltlich mit dem Virus beschäftigt. Sie stellen zurecht fest, das keine Evidenz basierten Erkenntnisse vorlagen, manches schon recht früh als unzutreffend, überzogen oder gar gelogen bekannt war und dennoch folgte das Gericht bedingungslos den zweifelhaften Angaben der Regierung. Besonders auffällig ist, das sowohl die Verwaltungsgerichte - als kleine Verfassungsgerichte- und das BVerfG selbst einen der wesentlichsten Rechtswertebegriffe - die Verhältnismäßigkeit - ein ums andere Mal geschliffen hat und umdeutend bis kaum beachtend Grundrechtseingriffe durchgewunken hat, was vor Corona undenkbar gewesen war. Es werden sicher interessante Artikel zu dem Thema kommen, doch die Politik wird sich weiter weigern, die Pandemielüge aufzuarbeiten.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 9. November 2023 - 10:48

so gesagt hätte.
Nicht nur, weil er mein Bundeskanzler ist, sondern auch weil sein Bruder wohl Mediziner ist, hätte ich mir eine bedachtere Ausdrucksweise gewünscht.
Ansonsten gibt der Artikel Wesentliches zur Hand; bin gespannt auf die weiteren Beiträge.
Verantwortlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität wären so meine Punkte.
Je mehr Zeit sich jetzt alle nehmen, desto fruchtbarer sind die Ergebnisse dann für weitere Pandemien, vermute ich mal.

Wolfgang Böhm | Do., 9. November 2023 - 12:08

Wenn auch teils "in schwerer verdaulicher juristischer Sprache" ... aber ein ganz hervorragender Text einer Kompetenten Person zu diesem Thema !!!
Schade dass weder Medien noch Politik oder die Mehrheit der unkritischen Bürger ein Interesse daran haben wird .... wer gibt schon gerne wenn er falsch lag .... vor allem wenn man diese "Meinung" auch noch so vehement und teils hysterisch vertreten hat ?