Das umstrittene Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz
Schweinsgesichter und andere Fratzen: Ausschnitt des umstrittenen Großgemäldes des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Kasseler Friedrichsplatz / dpa

Politischer Eklat bei der Documenta Fifteen - Antisemitismus: Jetzt also doch?!

Gegen die Documenta Fifteen wurden seit Jahresbeginn immer wieder Antisemitismus-Vorwürfe vorgebracht. Bisher hielten einige diese für unbegründet - doch jetzt, nur wenige Tage nach der Eröffnung der Weltkunstausstellung, sorgt das Kunstwerk eines indonesischen Künstlerkollektivs auf dem zentralen Friedrichsplatz in Kassel wegen antisemitischer Darstellungen für einen Eklat. Wie konnten die Organisatoren das zulassen?

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Welche eine Ironie. Tagelang waren in den Vorbesichtigungstagen der Documenta Fifteen Journalistinnen und Journalisten über die Ausstellung gegangen, um wie Detektive in Kassel nach Spuren des Antisemitismus zu suchen, der den Documenta-Machern im Vorfeld vorgeworfen worden waren. Kritisch diskutiert wurde das Bild mit dem Titel „Guernica Gaza“ aus der Präsentation der Künstlergruppe Eltiqa aus dem Gaza-Streifen – doch Picassos Guernica zum x-ten Mal als Chiffre für die Schrecken des Krieges zu zitieren, ergibt vielleicht kein gutes Bild, aber ist nicht wirklich skandalisierbar. Ansonsten lautete die Diagnose: nichts gefunden.

Dennoch hielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Schau am Samstag in Kassel eine Rede, die die Antisemitismus-Vorwürfe einfach als berechtigt darstellte. Die Kunstfreiheit sei ein wichtiger Pfeiler demokratischer Gesellschaften, habe aber auch ihre Grenzen, so Steinmeier. Kritik an israelischer Politik sei erlaubt. „Doch wo Kritik an Israel umschlägt in die Infragestellung seiner Existenz, ist die Grenze überschritten“, so der Bundespräsident.

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Christoph Kuhlmann | Mo., 20. Juni 2022 - 17:01

Vor wenigen Tagen stand noch ein empörter Artikel über die Steinmeier Rede im Cicero in der dieser vor Antisemitismus warnte und jetzt das. Übelste Schmierereien mit antisemitischen Karikaturen, welche en Widerlichkeit den Stürmer noch übertreffen werden uns hier als zeitgenössische Kunst präsentiert. Das ist ein immenser Schaden a) für die Kunst und die Kultur in Deutschland aber auch der Herkunftsländer der Künstler. Das Image der betroffenen Nationen leidet darunter enorm. Man muss die Bilder gesehen haben. Hier eines aus der Hessenschau: https://www.hessenschau.de/kultur/antisemitische-bildsprache-auf-banner…

Karl-Heinz Weiß | Mo., 20. Juni 2022 - 17:17

Das Bild, das in der islamischen Welt von Israel und der Geschichte des Zionismus vermittelt wird, sollte hinlänglich bekannt sein. Ist es deshalb nicht reichlich naiv, von Aktionskünstlern "wertfreie" Darstellungen zu erwarten ?
Offenbar nicht, denn wir haben auch die jahrelange Verächtlichmachung der ukrainischen Kultur in Russland nicht zur Kenntnis genommen. Und davon kann sich auch der derzeitige Hauptkritiker nicht ausnehmen.

Alexander Brand | Di., 21. Juni 2022 - 13:06

Antwort auf von Karl-Heinz Weiß

nicht nur Sie mit meinem Kommentar. Denken Sie, daß Sie diese Debatte "wertfreie" sehen? Das was Sie und die anderen Kommentatoren schreiben ist das Ergebnis Ihrer (deutschen?) Sozialisierung. Für Menschen die außerhalb Europas sozialisiert wurden, ist es sehr schwer nachzuvollziehen, warum man bei gewissen Themen so reagiert wie man reagiert.

Schotten dicht, Debatte, Diskussion unmöglich bzw. nicht gewollt. Wem nutzt das, wenn man über Probleme nicht spricht?

Warum ist es Antisemitismus, wenn man Mißstände anspricht? Das ist doch völliger Blödsinn und soll nur dazu führen, daß Debatten im Keim erstickt werden!

Es gibt bezogen auf Israel Mißstände die schon sehr lange dringend angesprochen werden müßten, denn es sind u.a. diese Mißstände die dazu führen das Israel außerhalb der VSA/Europas so gesehen wird wie Sie es beschreiben.

Was Sie zur Ukraine schreiben ist meiner Auffassung nach nichts anderes als anti-Russen Propaganda die mit der Realität nichts zu tun hat.

Günter Johannsen | Mo., 20. Juni 2022 - 17:28

Nun also doch:
Linker Antisemitismus dreht den Spieß um
und will von sich selbst ablenken!
Passagen von Marx-Texten über Juden lesen sich zuweilen wie Texte von hitlergetreuen Nazis. Das Judentum sei "ein allgemeines gegenwärtiges antisociales Element. In der jüdischen Religion liege die Verachtung der Theorie, der Kunst, der Geschichte, des Menschen als Selbstzweck". Selbst "das Weib wird verschachert".
Wenn es nach Linken-Genossinnen geht: " wenn wir die Reichen erst erschossen haben ..."?! … oder …: „alle AfDler in die Gaskammer“, dann sind Kommunisten „rotlackierte Nazis“! Echte Demokraten wollen sowas nicht, aber Verleumder*innen dürfen trotzdem nicht ungestraft davon kommen! Auch nicht unter dem Deckmantel der Kunst!

gabriele bondzio | Mo., 20. Juni 2022 - 17:30

Man(n) Frau sehe um den Eiertanz eines Relif an einer Kirche (Wittenberg), das dem Volk nicht mehr zugemutet werden kann.
Obwohl es aus längst vergangenen Tagen stammt.

Und hier wird, seitens der "documenta", ein aktuelles Bild der Beleidigung von jüdischen Bürgern, unter Kunstfreiheit ausgestellt.

"Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart." (Curt Goetz)

Ironie ist, wenn man einen Beitrag wie den Ihren mit einem Zitat schließt, das Menschen auffordert, ihren Verstand zu benutzen. Leider bleibt einem angesichts der Thematik das Lachen im Halse stecken...

Für mich nach wie vor nicht nachvollziehbar, diese selektive Empörung über extrem widerwärtige - und leider zeitlose - antisemitische Darstellungen. Als jemand, der rechten, linken und religiösen Antisemitismus gleichermaßen verurteilt, würde ich mir wünschen, dass sowohl das o.g. "Kunstwerk" in Kassel als auch das "Judensau"-Relief in Wittenberg entfernt werden - und zwar umgehend!

Herr Kuhlmann: ja, Frau Elke Buhr, die Autorin des von Ihnen erwähnten Artikels, in dem die Rede des Bundespräsidenten als "Skandal" bezeichnet wurde, muss nun ihre Worte essen. Vielleicht lernt sie etwas daraus...

miteinander in Verbindung gebracht, Frau Bondzio! Bei heute lebenden Juden ist das mit dem Antisemitismus irgendwie ganz anders. Dann ist es entweder Kunst oder Satire. Irgendwann wird uns diese mittelalterliche, dekadenten Heuchelei gewaltig auf die Füße fallen. Eigentlich ist das schon längst der Fall, aber noch ignorieren wir den Schmerz.

Dominik Roth | Mo., 20. Juni 2022 - 21:08

das Bild ist einfach nur abgrundtief hässlich. Wer schaut sich sowas freiwillig an?

F.G. Alte | Mo., 20. Juni 2022 - 22:10

Ich hoffe, dass sich der Cicero nach Kräften schämt, so einer Antisemitismus-Verharmloserin wie Elke Buhr ein Podium geboten zu haben. Dieser Artikel war der Skandal, nicht Steinmeiers Rede. Die ganze linksintellektuelle Schickeria befleißigt sich eines nicht mehr subtilen, sondern inzwischen brachialen Antisemitismus einschließlich unserer KSM Roth. Da helfen auch ihre jetzigen wolfeilen reden nichts mehr.

Ich hoffe wie Sie. Aber ich hoffe auch, daß der „Cicero“ den ersten Artikel von Frau Buhr nicht löscht. Als Dokument des intellektuellen Scheiterns.

Dem Griff ins Klo folgt ein Griff ins Bidet - da vergreife ich mich abermals in die Stürmerblattnummer: Nancy Faeser als 'Monopol'-Chefredakteurin, Elke Buhr als Ministerin des Innern und für Heimat, Sven K. von Burgsdorff als Ruhrtriennale-Curateur, Nkosi Z. Mandela als Munich Security Conference Head, Erika Steinbach als Bundeswehr Diversity Management Secretary, Albert Speer als Klimaminister. - Wer will noch mal, wer hat noch nicht?

Roth zeigte sich etwas irritiert über das bei der documenta gezeigte Bild der indonesischen "Künstler" und versuchte, das Ganze unter "Kunstfreiheit" zu verkaufen. Konträr dazu ihre Haltung zum Berliner Schloss: "In einer anderen Frage öffentlich gezeigter Botschaften zeigte sich Roth vor kurzem nicht so zurückhaltend. Kurz nach ihrer Amtseinführung polemisierte die grüne Staatsministerin in einem Interview mit dem Tagesspiegel gegen die Inschrift an der Kuppel des Berliner Schlosses, die mehrere Bibelverse zitiert, und gegen das Kreuz auf der Kuppel: Ihr sei „schleierhaft“, wie man so eine Kuppelinschrift machen könne, meinte Roth: „Und dann setzt man auch noch ein Kreuz oben drauf als Beleg der großen Weltoffenheit. Also, da will ich ran" (Auszug aus einem TE-Artikel). Muss man sich bei einem solchen Personal noch über irgendetwas wundern?

So äußerte sich Claudia Roth zu dem in Frage stehenden "Kunstwerk" in Kassel:

"Die Menschenwürde, der Schutz gegen Antisemitismus wie auch gegen Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit sind die Grundlagen unseren Zusammenlebens, und hier findet auch die Kunstfreiheit ihre Grenzen", erklärte sie. Die documenta müsse das "umgehend gegenüber den Kuratoren und Künstlern deutlich machen und die notwendigen Konsequenzen ziehen", so Roth.

https://www.tagesschau.de/kultur/documenta-antisemitismus-roth-101.html

Das ist eindeutig und logisch absolut konsistent mit ihrer Kritik an dieser widerwärtigen Darstellung in Wittenberg.
Inzwischen wurde das "Kunstwerk" übrigens verhüllt.

Kommentar zu TE erübrigt sich...

Sabine Lehmann | Di., 21. Juni 2022 - 02:19

Sorry, liebe Redaktion, diskutabel war das schon vor der Verhüllung dieses Hetzwerkes nicht. Es sei denn, man verhält sich in Gänze wie die drei Affen:
Nichts sehen, Nichts hören, Nichts sagen.
Oder soll ich annehmen, dass die gesamte Cicero-Redaktion, genau wie diese andere Autorin Buhr(oder so ähnlich) die letzten Wochen von der Außenwelt abgeschnitten war? Nicht wirklich, oder? Zumindest die Tatsache, dass die Hauptakteure dieser documenta das Existenzrecht Israels bestreiten und sich rund um diese "Ruanagroup" überall auf der Welt deren Protagonisten dafür verwenden, jüdische und israelische Künstler gezielt zu boykottieren, "könnte" ja eventuell, aber nur vielleicht und im entferntesten etwas mit Antisemitismus zu tun haben?? Aber nur vielleicht. So mit ganz viel Phantasie und böser Absicht. Selbstredend.
P.S.: Das ist übrigens die 10. Documenta in Folge zu der keine Künstler aus Israel eingeladen wurden. Bestimmt gibt es in Israel gar keine Künstler mehr. Sabine Schormann fragen!

Alexander Brand | Di., 21. Juni 2022 - 07:42

nicht teilen, auch die Kritik am Cicero finde ich völlig daneben.

Viele Reaktionen hier im Forum sind leider typisch deutsch, völlig einseitig und überzogen. Reflexartig wird reagiert, wenn der „richtige“ Knopf gedrückt wird, pawlowscher Reflex, oder eben nur gut anerzogen.

Ich finde das Bild häßlich, das gilt allerdings für moderne „Kunst“ im allgemeinen, sie hat selten etwas mit Kunst im Sinne von Können zu tun. Ich finde auch die Documenta links-überflüssig, aber wer’s mag soll hingehen.

Bitte ein wenig mehr Gelassenheit und Distanz, das geht, wenn man es nur will, und die Debatte entspannt sich dadurch sehr. Künstliche Empörung bringt niemandem etwas denn sie ist nicht sachlich.

@A. Brand: Antisemitismus und Judenhass sind abscheulich, Herr Brand, und keine „künstliche Empörung“. Dinge beim Namen zu nennen, statt sie zu ignorieren, bagatellisieren oder relativieren, ist auch kein „Pawlowscher Reflex“, sondern eine geistige Fähigkeit!
Da diese Fähigkeit allerdings etwas mit Haltung und Rückgrat zu tun hat, muss man sich nicht wundern, dass diese in Deutschland weiträumig abhanden gekommen ist. Denn der von Moslems offen ausgelebte Judenhass auf Deutschlands Straßen wird ja eher zur islamischen „Folklore“ verklärt und massiv von allen Seiten der Politik entweder sogar noch gefördert oder mindestens ignoriert. Dass ausgerechnet und ausschließlich die AfD das thematisch aufgreift, lässt tief blicken in die heutigen deutschen Absurditäten.
All diese Künstler kommen aus islamischen Diktaturen. Die einzige Demokratie in dieser Region ist Israel. Seltsam, dass diese Leute sich da nicht mit ihren eigenen Missständen beschäftigen, sonder mit ihrem angeborenen Judenhass!

Romuald Veselic | Di., 21. Juni 2022 - 08:02

Sie repräsentiert sich selbst.
Islamische "Künstler" aus Indonesien? Was ist daran künstlerisch, was man da abgebildet hat? Wieso werden die Schurken Orgs. wie IS, Taliban, Al-Kaida & Co. nicht künstlerisch thematisiert? Oder die iranischen Kuttenträger, mit ihren vom Hass verzerrten Fratzen?

Die islamischen "Künstler" sollten zuerst ihr eigenes, indonesisches Biotop unter die Lupe nehmen u. es kritisch/schonungslos darstellen. ZB Menschenrechte vor Ort o. wie wird die LBGTIQ-Bewegung in Islamländern bewertet, samt Regenbogenbanner.
Abgesehen davon, wer interessiert sich um solche Kunst? Was sagen die Auktionshäuser dazu resp. die Kunstagenten? Hat schon jemand die Venus im Tschador dargestellt?

Ernst-Günther Konrad | Di., 21. Juni 2022 - 09:21

Es wird jetzt einige Tage in den Msm mal leichte bis mittelschwere Empörung auslösen und das war es. Die Politik beschließt im BT keine finanziellen Unterstützung des BDS und es wird exakt das Gegenteil gemacht. Insofern zeigt das mir, wie verlogen die Politik in vielen Bereichen ist. Wird das irgendwelche personellen Konsequenzen haben? Vielleicht muss Herr Schormann als Bauernopfer zurücktreten? Und was ist mit der Kulturstaatsministerin? Was ist mit dem BP?
Man hat es vorher gewusst und erahnen können, auch wenn die indizierten Bilder erst nach der offiziellen Eröffnung aufgehängt wurden. Und ausgerechnet die AFD - eine angeblich antisemitische Partei mit Juden in ihren Reihen - muss das fordern, was hätte schon vorher vermieden werden können. Das Relief in Wittenberg ist aus dem 13 Jahrhundert, die Bilder in Kassel aus der Jetztzeit, der angeblich aufgeklärten Zeit im Umgang mit Israel und ihrem Volk. Was sagt mir das? Steinmeier, Roth und wie sie alle heißen, alles Heuchler.

Norbert Heyer | Di., 21. Juni 2022 - 12:48

Wir haben in unserer Geschichte viele dunkle Punkte und die wirken bis heute nach: Ein Relief an einer Kirche und jetzt ein Bild auf der Documenta. Habe wenig Ahnung von Kunst, empfinde das betreffende Bild als hässlich - es hat soviel Aufmerksamkeit nicht verdient. Der Streitpunkt Antisemitismus zieht wie ein rotes Band durch alle Jahrzehnte dieser Republik. Zuerst große Scham über unsere Verbrechen und Wiedergutmachung, danach die Frankfurter Häuser-Szene ohne Nennung der Nutznießer, dann Anschläge auf jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe. Im Zuge der Migration kam noch eine zusätzliche Gefährdung, die aber von deutscher Seite kleingeredet wird. Andere Länder haben auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, diese gehen aber damit weitaus unsensibler um. Wir haben eine Verpflichtung gegenüber Israel, aber nicht jeder künstlerische Fehltritt ist dazu angetan, einen Skandal auszulösen. Wir kennen nur weiß oder schwarz, Grau- und Zwischentöne können wir nicht akzeptieren.