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Die AfD provoziert, die politische Debattenkultur bleibt auf der Strecke / dpa

Pöbeleien im Bundestag - Vom Verlust der politischen Kultur

Die Reaktionen im Netz auf die Pöbeleien der von der AfD in den Bundestag eingeschleusten „Aktivisten“ sind teilweise erschreckend. Wie kann man derart in seinem Graben eingegraben sein, dass man nicht mehr merkt: Das geht nicht. Fragt sich der Historiker Michael Sommer.

Michael Sommer

Autoreninfo

Michael Sommer lehrt an der Universität Oldenburg Alte Geschichte und moderiert gemeinsam mit Evolutionsbiologe Axel Meyer den Cicero-Wissenschafts-Podcast

So erreichen Sie Michael Sommer:

Demokratie braucht Spielregeln. Nur wenn sich die Akteure im demokratischen Getriebe daran halten, kann sie ihre Hauptaufgabe erfüllen: den politischen Wettbewerb, der potenziell stets ein Kampf auf Leben und Tod ist, in friedliche Bahnen zu lenken. Halten sich die Protagonisten nicht an die Spielregeln, dann werden aus politischen Gegnern wieder Feinde, dann kann schlimmstenfalls Staatsversagen die Folge sein.

Zu besichtigen ist das gegenwärtig in den Vereinigten Staaten, wo sich Präsident Trump nach dem Urnengang, aus dem sein Rivale Joe Biden als knapper, aber eindeutiger Sieger hervorgegangen ist, standhaft weigert, die Fakten anzuerkennen und seine Niederlage einzugestehen. Jetzt droht, möglicherweise noch über den Zusammentritt des Electoral College hinaus, ein wochenlanges Tauziehen, womöglich institutionelles Chaos. Die Transitionsprozeduren, die eigentlich die Machtübergabe an den Nachfolger regeln, können noch nicht greifen, Biden und sein Team sich nicht auf die Amtseinführung am 20. Januar vorbereiten. Taumelt die Supermacht USA in die Unregierbarkeit?

Zwei unversöhnliche Lager

Deutschland, du hast es besser. Oder etwa doch nicht? Gewiss, Politiker haben sich hierzulande stets – wenn auch 2005 erst mit einiger Verzögerung – in den Wählerwillen gefügt. Dabei mag ihnen geholfen haben, dass der aufgrund des deutschen, praktisch nie klare Mehrheiten schaffenden Wahlrechts immer auch interpretierbar ist. Doch die Spaltung der Gesellschaft in zwei unversöhnlich einander gegenüberstehende Lager, die in den USA seit rund 25 Jahren zu beobachten ist, beginnt auch die einstige Konsensdemokratie Bundesrepublik zu belasten.

Seit 2015 hat es keine gesellschaftliche Großdebatte mehr gegeben, bei der nicht relativ schnell links wie rechts der Mitte selektive Wahrnehmungsmuster eingerastet sind, die eine Verständigung über politische Ziele und die Wege zu deren Erreichung praktisch unmöglich gemacht haben: Das war bei der Flüchtlingskrise 2015 und bei den eng mit ihr verknüpften Themen Einwanderung und Integration so; es setzte sich in der Klimadebatte mit ihren umwelt-, energie- und verkehrspolitischen Nebenkriegsschauplätzen fort; und es holt uns abermals, nach kurzem Burgfrieden, in der durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten Krise ein.

Die politische Debatte ist rabiater geworden

Zu verzeichnen ist, dass die Mittel der politischen Auseinandersetzung rabiater geworden sind. Alle Lager haben rhetorisch aufgerüstet. Gewiss: Dass Politiker einander mit Verbalinjurien beharken, ist nichts grundsätzlich Neues und auch nichts per se Verwerfliches. Meister ihres Faches wie der unvergessene Herbert Wehner und das bayerische Urgestein Franz Josef Strauß haben der Politik durchaus einen Dienst erwiesen, wenn sie durch gezielte Tritte unter der Gürtellinie den Unterhaltungswert von Plenardebatten immens gesteigert haben. Neu und in dieser Form präzedenzlos ist, dass man dem Gegner in Worten wie in Taten jegliche Legitimität abspricht, ihn „entsorgen“ möchte und seine Anhänger als „Pack“ verunglimpft. Strauß und Wehner konnten sich angiften, sich am nächsten Tag aber an einen Tisch setzen, um eine Krise aus der Welt zu schaffen. Bei Esken und Weidel, immerhin Chefin der größten Oppositionsfraktion, wäre das undenkbar. Aus politischen Gegnern sind Feinde geworden.

Das Einschleusen von Aktivisten in den Bundestag ist keine Bagatelle

Die schleichende Remilitarisierung des politischen Wettbewerbs hat diese Woche die Einschleusung regierungskritischer „Aktivisten durch AfD-Parlamentarier in den Deutschen Bundestag bewusst gemacht. Geradezu sprachlos machen die Häme, mit der in Teilen der Öffentlichkeit dieser Angriff auf die Würde des Parlaments kommentiert, und die Nonchalance, mit der er als Bagatelle abgetan wurde. Die Gewissensfreiheit gewählter Abgeordneter ist ein Eckpfeiler der Demokratie, ein Grundprinzip, das gerade von Konservativen zu Recht eingeklagt worden ist: in Deutschland zuletzt in den 1980er Jahren, als die damals jungen Grünen mit dem imperativen Mandat herumexperimentiert haben. Es gibt keine noch so wichtige Sachfrage, die einen solch eklatanten Verstoß gegen demokratische Grundregeln legitimiert. Wer sie zur Disposition stellt, rüttelt an der repräsentativen Demokratie insgesamt.

Wie Angehörige eines Stammes 

Unversöhnlichkeit und abnehmende Bereitschaft, andere Meinungen überhaupt anzuhören, sind kein deutsches und auch kein amerikanisches, sondern offensichtlich ein globales Phänomen. Das Internet und die sozialen Medien als selbstreferentielles Repositorium für noch die abseitigsten Standpunkte, Verschwörungstheorien inclusive, wird gern als Ursache angeführt. Ebenso die Globalisierung, die Nachbarn voneinander entfremdet, aber Menschen in entlegenen Teilen der Welt wie Angehörige des eigenen Stammes aussehen lässt. Auseinanderdriftende Lebenswirklichkeiten und sozialer Wandel mögen das Ihre tun, um vergessen zu lassen, dass wir alle dieselbe Sprache sprechen. Wer in der globalen Elite der Anywheres angekommen ist, mag darüber hinwegsehen, dass es da schließlich auch noch die Somewheres gibt, für die Heimat und Traditionen nicht beliebig auswechselbar sind.

Ein Ende des Konsensbogens

An der robusten deutschen Konsensdemokratie sind solche globalen Zumutungen relativ lange wirkungslos abgeprallt. Vieles scheint sich mit der Flüchtlingskrise 2015 geändert zu haben, in der etablierte Politik und Medien bei vielen rechts der Mitte nachhaltig an Kredit verloren haben, mit der Folge, dass sich die AfD dauerhaft im Parteienspektrum etablieren konnte. Dort bezieht sie seither so reflexartig wie verlässlich Gegenposition zum Konsensbogen der übrigen Parteien, der mindestens von der SPD über die Grünen bis zur Union reicht: erst beim Klimaschutz und jetzt bei den Corona-Maßnahmen.

Dass die Parteien der ungefähren Mitte, sekundiert von einer Medienlandschaft, die viel Wert legt auf alle möglichen Diversitäten, es aber an der zentralen, der Meinungsdiversität fehlen lässt, in ihrer Gegnerschaft zur AfD immer weniger voneinander unterscheidbar sind, nimmt man in Kauf. Das Aneinandergekettetsein der Demokraten ist aber eine schwere Hypothek für die Demokratie, weil eine vermeintlich alternativlose, im apodiktischen Basta-Ton formulierte Politik den immer radikaleren Widerspruch der anderen Seite provoziert. Die Debattenkultur bleibt in diesem Teufelskreis der Rechthaberei auf der Strecke. Dass auch die andere Seite gute Gründe haben und dass es vernünftig sein könnte, mit ihr das Gespräch zu suchen, kalkulieren die Streithähne nicht einmal mehr im Potentialis ein.

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Klaus Funke | Fr., 20. November 2020 - 18:03

Freilich, die AfD hat sich blöd benommen. Das musste sie auch zugeben. Aber was die Regierung und die Etablierten jetzt daraus machen, habe ich erwartet. Man brauchte nach dem durchgepeitschten Anti-Bevölkerungsschutzgesetz und den Demos dagegen und vor allem nach der Gewaltorgie der Polizei dringend ein Ventil, einen Buh-Mann und einen weiteren Vorwand, um endlich der AfD so richtig "ans Bein zu pinkeln". Und die AfD war so blöd, um ihnen das pünktlich zu liefern... Es ist alles durchsichtig, albern und primitiv, wie man es eigentlich aus Diktaturen kennt. Der Merkel-Staat zeigt immer mehr sein wahres, heuchlerisches Gesicht.

Man könnte fast fragen: Wozu braucht die AfD den Bundestag, sie hat doch das Cicero-Forum besetzt! Hier bekommt sie grundsätzlich Lob, wenn sie nichts macht, und findet Gnade, ja sogar Bestätigung, hat sie mal wieder ihr besonders destruktives Antlitz gezeigt!
Stattdessen, garantiert auf der Anklagebank: Das "Regime" Merkel, FfF, Extincition Rebellion, und natürlich die Migrationspolitik.
Überhaupt ist doch - schrieb ich schon gestern - die "Kleinigkeit", die da passiert ist, das Ergebnis der Ausgrenzung, die die AfD erfahren hat! Dabei wollten die Braun-Blauen von Anfang an mit denen, die sie als System- und Altparteien und in geeigneter Umgebung auch schon mal als Volksverräter denunzierten, nichts zu schaffen haben - deren Zeit sei endgültig vorbei, tönte man voller Selbstbeweihräucherung.
Ich bin sicher: Selbst wenn die AfD bewaffnete Hooligans in den Bundestag schmuggeln würde, fände sie beim offensichtlich radikalisierten Anhang noch Verständnis, vielleicht gar Zustimmung.

stimmt schon Herr Funke.
Was ich aber vermisse in dem Artikel & in den Kommentaren: Gibt es im Reichstag eigentlich keinen Sicherheitsdienst? Ist es wirklich möglich, dass "Besucher" in Abgeordneten-Büros eindringen könnten? Können "Besucher" ungehindert im Reichstag umherlaufen?
Warum gibt es keine Zugangssperren für gewisse Bereiche im Reichstag (Code, Chip etc.). Jedes (?) Amt, Firma haben solche Zugangsbeschränkungen. Sind keine Kameras auf den Fluren u.ä. angebracht?
Na ja, in D. ist es ja auch möglich in Museen einzusteigen und dort wertvolle Stücke (Goldmünze in Berlin o. Schmuck in Dresden) mitgehen zu lassen.
Wollten nicht Demonstranten vor ein paar Wochen den Reichstag "stürmen"?
D. ist ein offenes Scheunentor, wie auch an den Grenzen. D. gibt mal wieder ein erbärmliches Bild ab.
Aber wir sind ja Bunt & Weltoffen-Hereinspaziert
Salute

...im Berliner Tagesspiegel findet Wasserwerfer und Elektroschocker gegen Anti-Corona-Demos gerade noch ausreichend.Das "Sicherheitsgefühl" dieses totalitären Linksradikalen scheint aber erst mit dem Schießbefehl befriedigt zu sein.Dem Tenor dieses Linksradikalen,seines unterschwelligen Hasses gegen alles Andersdenkende,als dem Linksradikalismus,ist evident.

Markus Michaelis | Fr., 20. November 2020 - 18:17

Ja, wenn die Regeln und Institutionen missachtet werden, wie jetzt von der AFD, ist das ein Schritt Richtung Abgrund. Wir sollten uns aber nicht am Konsens-Deutschland der 90er orientieren. Das war ein historischer Sonderfall und das Ende einer Epoche - das kommt so nicht wieder. Anywheres und Somewheres, Europa, Gobalisierung, Weltoffenheit, Migration, verschiedene Islame, andere Religionen, Ideologien und Atheismus, verschiedenste Nationalbezüge, immer feinere Identitäten und Hautfarben, FFF und Begeisterung für Fußball und Feierabend, Rassismus und Rassimusverdacht an jeder Ecke: das wird man absehbar nicht unter einen Hut bekommen. Steinmeier repräsentiert die geeinte Nation und man merkt in seinen Reden, wie hilflos er im Meer der Gegensätze rudert, hoffend, dass der Konsens gegen Rechts den Rest überbrückt. Das wird nicht der Fall sein.

Michau-Mattern Hermann | Fr., 20. November 2020 - 18:33

mit Herrn Sommer.
Nur eine Kleinigkeit möchte ich anmerken. Man sollte nie mit zweierlei Maß messen. Das führt auch in Eskalationsspiralen. Ich denke da an Gregor Gysi, der sich im Bundestag in die Toilette flüchten musste, Extinction Rebellion oder FFF, die sich im Plenarsaal tot stellten. Alles ziemlich mies. Aber zumeist mit einem Schmunzeln zur Kenntnis genommen.

Als SED-Überlebensretter lebt man wahrscheinlich sehr gefährlich, würde ein "böser" Mensch sagen ... Ich meinerseits verabscheue Gewalt, jedoch gilt auch: "wer zum Schwert greift, kommt durchs Schwert um!" Wer einer Stasi-Partei zum Überleben verhalf und auch deren "Parteischatz" rettete, darf sich über solche schäbigen Methoden nicht wundern, die er selbst für gut hält, wenn es die Andersdenkenden trifft (siehe Leipzig/Hamburg/Berlin)! SED Politiker Gregor Gysi – aus dem Parteitagsprotokoll Dezember 1989: "Es wollen sehr viele Kräfte an das Eigentum der Partei ran...aber ich sage das so deutlich, wir haben auch nichts zu verschenken … Natürlich müssen wir uns Gedanken machen, damit wir, sagen wir mal, ernst genommen werden … daß die Anderen keine Chance haben, politisch-organisatorisch zu sein. … Denn das ist eine Überlebensfrage … Ich zumindest bin da ganz prinzipiell." Fünf Tage später fasste man den Beschluss 4/89: "Maßnahmen zur Sicherung des Parteivermögens der SED-PDS".

Reinhardt O. Cornelius-Hahn | Fr., 20. November 2020 - 18:37

Nach der Lektüre Ihres Ergusses dachte ich, ehrenwerter Herr Sommer, währen Sie nur bei der Alten Geschichte geblieben. Die massiven Probleme, die der globalistische Identitäts- und Nationalitätsschwindel den Menschen und Völkern gebracht hat, regt sich auf über eine Partei, die es gar nicht mehr gegeben hätte, wäre das Versagen der Eliten der "Altparteien" nicht so offenbar. Euro, AKW, Gender, Migration, Zerstörung der Industrie, um nur die wichtigsten Vorgänge zu nennen. Dazu kommt die schlanke, schnelle (scheinbare) Faktensprache, die über 90% der Rezipienten mit Halbwahrheiten FÜTTERT. Das Weglassen insistiert die anderthalbfache Lüge (K. Kraus). Trump ist nicht das Problem, sondern die unwillige, laute Antwort. Die AfD und deren "Gäste" sind nicht das Problem, sondern die Antwort auf Politikversagen. Man müsste sonst glauben, der Dreck in den Großstädten, die kaputte Infrastruktur, die müden, bedrückten Menschen, sie sind das Problem. Der saturierte Klotz im BT braucht den Keil!

Sehr geehrter Herr Cornelius-Hahn,

ich danke Ihnen außerordentlich für diese präzise Analyse. Sie trifft haargenau das eigentliche Problem.

Ich dachte: diese Aktion ( wie andere schon erwähnten, nicht einzigartige Aktion) verursacht den Verlust der politischen Kultur? Dass man der AfD im Bundestag nicht zuhört, demonstrativ ins Höndy schaut oder sie anbrüllt, scheint der politischen Kultur nicht zu schaden.
Aber viel wichtiger: Ist das ihr Hauptproblem angesichts dessen, was gerade geschieht?

Ergänzen möchte ich, dass der Kern der Politik nicht der Kompromiss, sondern der Streit ist. Ein Kompromiss ist da möglich wo beide Seiten gewinnen, doch manchmal ist das nicht möglich. Dann muss man aushalten, dass Leute anderer Meinung sind und wer dann mehr Wähler hat, kann sich durchsetzen. Normalerweise ist es diese Angst vor dem möglichen Machtverlust, der die Politiker in die politische Mitte treibt. Das heißt, die politische Mitte ist der Konsens. Gibt es keinen Konsens, gibt es auch keine politische Mitte. Was bedeutet, dass sich in Deutschland die politische Mitte aufzulösen beginnt. (Die im übrigen nicht da liegt, wo man das gerne hätte) Allerdings glaube ich nicht, dass ein Konsens mit Covidioten und Impfgegnern möglich ist, da der zulasten der Alten gehen würde, die 40% der Bevölkerung ausmachen.

Bernd Muhlack | Fr., 20. November 2020 - 18:53

Am 24.10.2017 fand zur Einführung des neu gewählten Bundestages ein ökonomischer Gottesdienst statt. In der ersten Reihe saßen u. a. Wolfgang Thierse, Kathrin Göring-Eckardt, Alice Weidel, Andrea Nahles sowie Volker Kauder nebeneinander. Die Damen Weidel u Nahles parlierten miteinander, man lachte sogar!
Dass diese beiden alpha-Weibchen austeilen können ist hinlänglich bekannt - aber lachen ging auch!
Wie bei Wehner, Strauß etc.

An einem AfD/sonstwas bashing beteilige ich mich nicht; das sollen andere erledigen, sich daran abarbeiten.

"Dass auch die andere Seite gute Gründe haben und dass es vernünftig sein könnte, mit ihr das Gespräch zu suchen, kalkulieren die Streithähne nicht einmal mehr im Potentialis ein."
Tja Herr Sommer, Ihre Botschaft lese ich wohl, allein mir fehlt der Glaube (Atheist).

"Und jetzt turnen wir den Konsensbogen und gehen zwanglos zum kongruenten Abstimmungsreigen über! Turne bis zur (Wahl)-Urne!

Lockdown, zu Hause?
Scholl-Latours Memoiren & die neue AC/DC!

Andreas Leitenstorfer | Sa., 21. November 2020 - 08:37

Antwort auf von Bernd Muhlack

""Und jetzt turnen wir den Konsensbogen und gehen zwanglos zum kongruenten Abstimmungsreigen über! Turne bis zur (Wahl)-Urne!"

Wer schreibt denn solche Sätze? Ich bin beeindruckt von dem Sprachwitz.

gabriele bondzio | Sa., 21. November 2020 - 09:45

Antwort auf von Bernd Muhlack

von gestern aufwärmen. Aber Ihr Kommentar ist so ausgezeichnet, so dass man(n)/frau ihn unterstützen muss!
1:1 ihrer Meinung
Gruß

Wolfgang Jäger | Fr., 20. November 2020 - 19:08

Es hat wohl in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie eine so radikale Ausgrenzung einer Oppositionspartei gegeben, wie die der AfD in den vergangenen drei Jahren. Im Parlament, in der politischen Zusammenarbeit, in den Medien, im öffentlichen Leben, im Wahlkampf... überall laufen diese Leute mit ihren z.T. berechtigten Anliegen gegen Wände. Es sind nicht nur die Parlamentarier der AfD, die hier ausgegrenzt werden, sondern auch deren Wähler, die Bürger also. Auch wenn sich die Gäste "unzivilisiert" benommen haben, so waren sie nicht die ersten "Aktivisten" im Parlament. Im Jahr 2019 entrollten im Plenarsaal des Bundestags „Fridays for Future“-Aktivisten direkt vor Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ein Plakat mit der Aufschrift „Eure Klimapolitik = Katastrophe“. Manche der 25 Aktivistinnen legten sich auf den Boden und stellten sich tot. Im Juli 2020 gab es eine Flugblattaktion von Green Peace-Aktivisten. Keine veruchte Nötigung? Nein, sie kämpften für die gute Sache. Heuchelei!

Maik Harms | Fr., 20. November 2020 - 19:10

"Teufelskreis der Rechthaberei", das finde ich sehr treffend. Leider denkt jeder erstmal an den anderen, wenn mangelnde Toleranz, Fairness und Sachlichkeit beklagt werden. Der wechselseitige Ausschluss der Legitimität (Volksverräter hier, "Rechte" dort) markiert Gesprächsende und Konfliktbeginn.

Wenn eine Sachdebatte nicht mehr weiterführt - und zurzeit gilt das für mehrere Bereiche- , dann wäre es vielleicht an der Zeit, kritisch und vor allem SELBSTkritisch einen Schritt zurück zu treten und sich der Grundlagen des Zusammenlebens neu zu versichern.

Christa Wallau | Fr., 20. November 2020 - 19:28

... der Rechthaberei auf der Strecke."

So ist es. Sie beschreiben den Vorgang zutreffend, lieber Herr Sommer.
Und genau dies passiert in Deutschland jetzt schon viele Jahre lang.
H i e r die "Rechthaber" (= Merkel + Anhang + alle in der strikten Ablehnung der AfD aneinandergeketteten Altparteien) und d a die als "undemokratisch" bezeichneten, aggressiven Rechten (= AfD/Pegida/Querdenker aller Art).
Dazwischen befindet sich ein Graben, den die "Rechthaber" auf gar keinen Fall jemals für eine Kontaktaufnahme überschreiten wollen - nur über ihre Leichen! Von Anfang an wurde die AfD nicht als Konkurrenzpartei gesehen, sondern als FEIND, der vernichtet werden muß.
So läuft's in DE allmählich auf US-amerikanische Verhältnisse hinaus. Das "Pack" wird aber nicht verschwinden, ebenso wenig wie die Trump-Anhänger in den USA.

Wie also soll es weitergehen?
Bei wem liegt der "Schwarze Peter"?
Worauf hoffen bzw. bauen die "Rechthaber", die ja zahlenmäßig in der absoluten Mehrheit sind?

Zunächst einmal nehme ich zur Kenntnis, dass Sie - im Gegensatz zu einigen Ihrer Mitstreiter hier - erkannt haben, dass Sie Teil einer kleinen Minderheit sind. Das ist schon mal ein Anfang.
Unsere Demokratie gesteht Ihnen das Recht zu, Merkel ganz schlimm zu finden und sogar rassistisch konnotierte Wahnvorstellungen von "Bevölkerungsaustausch" u.ä. zu pflegen. Aber nur weil z. B. Weidel (MdB) die Bundesregierung für "Schweine" bzw. "Marionetten der Siegermaechte des 2. WK" hält und MdEP Krah ankündigt, den "Weg freischießen" zu wollen, heißt das nicht, dass Regeln, Gesetze und Verordnungen für AfD-Abgeordnete und -Anhänger nicht gelten. Das ist eigentlich alles. Ist aber in vielen Köpfen offenbar noch nicht angekommen - wie man hier im Forum besichtigen kann.
Und ab einem gewissen Punkt gilt dann nun mal: Wer nicht hören will, muss fühlen. Das übernehmen dann die Gerichte und die Polizei. Nennt sich Rechtsstaat.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.

sehr gute Analyse der Lage Frau Wallau. Es ist leider so, dass im sogenannten hohen Haus keine Kritik mehr akzeptiert wird. Es gilt nur die Alternativlosigkeit und die wird dann abgenickt. Neuerdings werden die noch physisch im Plenum vorhandenen wenigen Abgeordneten nur noch gebeten die im kleinen Kreis ausgekungelten Vorgaben der Kanzlerin und ihrer "Experten" klaglos zu akzeptieren. Die von der einzigen Oppositionspartei AfD gut vorgetragene und berechtigte Kritik wird stets als rechte Hetze bezeichnet und vom Tisch gefegt. Es fällt auch auf, dass die meisten Anwesenden einschlieslich der Kanzlerin und Ihrer Minister ohnehin nur mit ihren Mobiltelefonen spielen.

Hans Jürgen Wienroth | Fr., 20. November 2020 - 19:47

Zitat: „Taumelt die Supermacht USA in die Unregierbarkeit?“ Geht es auch eine Nummer kleiner?
Zitat: „Seit 2015 hat es keine gesellschaftliche Großdebatte mehr gegeben, ….“ Wo gibt es seit 2015 noch rechts der Mitte?
Bei Esken und Weidel wäre es undenkbar, sich am nächsten Tag aber an einen Tisch zu setzen, …. Aus politischen Gegnern sind Feinde geworden.
Zitat: „Die Einschleusung regierungskritischer „Aktivisten“ durch AfD-Parlamentarier in den Deutschen Bundestag ist bewusst gemacht“. Unsere Medien vergessen zu erwähnen, dass auch Umweltaktivisten in das Heiligtum eingedrungen sind, sogar den Plenarsaal quasi okkupiert haben. Da hat sich niemand aufgeregt und die haben auch die Regierung kritisiert.
Am Ende dann Ihre erlösende Erkenntnis, dass die Debattenkultur in diesem Teufelskreis der Rechthaberei auf der Strecke bleibt. „Dass auch die andere Seite gute Gründe haben kann, …. kalkulieren die Streithähne nicht einmal mehr im Potentialis ein“. Ein sehr richtiger Schluss!

Kurt Walther | Fr., 20. November 2020 - 19:53

Zum Freitag noch ein Wohlfühlartikel auf wissenschaftlichem Niveau. Ja, es tut wirklich gut, wenn Prof. Sommer die weltweit zunehmende "Unversöhnlichkeit und abnehmende Bereitschaft, andere Meinungen überhaupt anzuhören" angeht. Das allgemein üblich gewordene Empörungsgehabe gegen die anderen, die nicht meiner Meinung sind, scheint eine neue, diesmal eindeutig von Menschen gemachte Pandemie zu sein, die sich weiter ausbreitet. Ein Impfstoff dagegen wird sich kaum entwickeln lassen.
Es trifft sehr wohl zu, dass eine "alternativlose, im apodiktischen Basta-Ton formulierte Politik den immer radikaleren Widerspruch der anderen Seite provoziert".
Ich jedenfalls fühle mich als Ostler und "alter weißer Mann", noch "Kriegskind", von der Merkel-Regierung spätestens seit 2015 dermaßen provoziert, dass ich seitdem alle (westdeutschen) Altparteien ablehne. Es gab und gibt kaum noch Debatten wie in der Vor-Merkel-Zeit. Es mangelt an Debattenkultur. Aber dies nicht nur in DE ...

Manfred Bühring | Fr., 20. November 2020 - 20:17

Die Kuh ist auf dem Eis; mit dem euphemistisch "Bevölkerungsschutzgesetz" genannten "Ermächtigungsgesetz light" betreten wir den Vorhof einer Exekutiv-Diktatur. Aus dem Morast werden wir so schnell nicht wieder herauskommen, zumindest nicht auf parlametarisch-demokratischem Weg. Und die heute am lautesten zu diesem absurden und historisch einmaligem Theater Hurra schreien und den Einsatz von Wasserwerfern gegen friedliche Demonstranten fordern, werden morgen von den Geistern die sie riefen, in den Orkus der Geschichte verdammt. Denn sie wissen nicht, was sie tun.

gerhard hellriegel | Fr., 20. November 2020 - 20:57

Besonders lustig fand ich, wie der erste Redner (CDU) sich über die AfD-Reaktion lustig machte, aber die GroKo-Reaktion auf Herrn Gauland war genau die gleiche. Genau so lustig finde ich die Idee, dass durch diese Belästigungen die betroffenen Abgeordneten zu irgend einem Abstimmungsverhalten genötigt worden seien. Geht's noch? Nicht weniger lustig war die Auskunft, dass die Abgeordneten im Plenum sich durch Argumente beeinflussen und überzeugen lassen. Weiß doch jedes Kind besser. Hab' dann abgeschaltet, die Heute-Show ist besser. Natürlich muss sich die AfD Gegenpropaganda gefallen lassen, sind ja selbst auch keine Kinder von Traurigkeit. Aber ich gehöre nicht zur AfD.

Karl Napp | Sa., 21. November 2020 - 10:08

Antwort auf von gerhard hellriegel

". . die Heute-Show ist besser."
Ein Urteil, Herr Hellriegel, das ich nicht mehr teile, seit Herr Welke einem - möglicherweise selbstverordnetem - erzieherischen Auftrag nachzukommen scheint und sich im sichtlichen Bemühen kaum mehr von Frau Hayali unterscheidet.

Dr. Michael Vauer | Fr., 20. November 2020 - 21:36

Eine schöne Theorie. Vom Wahlrecht (Listen / Zweitstimmen) und Fraktionszwang ad absurdum geführt!

Ernst-Günther Konrad | Sa., 21. November 2020 - 07:36

Ein guter Artikel, Danke Herr Sommer. Da "ruft" eine Kanzlerin durch alternativlose Griechenlandrettung, Atomausstieg, Migrationspolitik eine "neue" Opposition ins Leben und befeuert mit einer hysterischen Klima- und Viruspolitik und mit Beschimpfungen der Wähler deren Anwachsen. Sie legt Feuer am Fuße des Grundgesetzes und jetzt rufen die Regierungsparteien die Feuerwehr in Form eines Herrn Maier MP Thüringen, der ernsthaft ein Verbot der AFD in die Diskussion wirft. Wer in der WELT das Statement der AFD-Führung hört und sieht - Danke Herr Muhlack- weiß, wie es dazu kam. Ob Absicht oder Versehen? Es wird von Bedrängen, Beleidigungen gesprochen. Sehr ideologische Sichtweise. Altmaier wird vorgehalten von einer Frau: "Sie haben kein Gewissen." Was soll das sein? Natürlich gehören keine "Fremden" in den BT, aber von Parteien eingeladene Gäste? Ist doch völlig normal dort? Es gab schlimmere Anlässe. Der "Eklat" hat nur einen Zweck, die Kritik am IfsG und der Regierung zu verschleiern.

Rainer Hinz | Sa., 21. November 2020 - 10:04

Wenn schon zur Eurorettung eine Polarisierung stattgefundenen hat, dann gab es im September 2015 eine Beschleunigung. Wenn Menschen Ausländer raus rufen, sind solche nicht unbedingt konsensfähig aber das ist nur die Spitze. Wenn Bürger nach den Kosten, der inneren Sicherheit oder der kulturellen Kompatibilität fragen ist das bestimmt kein Grund sie auszugrenzen. Wenn dazu der Bundespräsident eine Gruppe mit linksradikalen Texten bewirbt, ist das auch kein Beitrag um Gräben zu schließen. Für mich muss man von moralisierenden Argumenten endlich wieder zu einer Fakten bezogenen Politik kommen, sprich mehr Verantwortungsethik.

Uwe Schröder | Sa., 21. November 2020 - 10:51

Grundsatz eines Rechtsstaates sollten gleiche Regeln für alle sein. Wenn sich Gäste der AFD danebenbenehmen wird das skandalisiert, benehmen sich die Gäste der anderen politischen Richtungen daneben, wird es allenfalls belächelt oder es erfährt noch Unterstützung, Beispiele gibt es genug. Diese Doppelstandards k.... mich an. Insbesondere weil sie zunehmend Raum greifen im ganzen Land. Andere sehen es sicher ebenso und deshalb wird die Gesellschaft immer mehr gespalten. Schuld sind jene, die solche Standards dulden!

Werner Gottschämmer | Sa., 21. November 2020 - 10:53

„ Die Gewissensfreiheit gewählter Abgeordneter ist ein Eckpfeiler der Demokratie“!
Das ist doch ein Witz Herr Prof. Das können Sie doch nicht gegen besseres Wissen, das muss man Ihnen unterstellen können, behaupten! Möchte da gar nicht weiter drauf eingehen. Pöbeleien passieren doch fast ständig im BT. Sage nur Kahrs, der darf ja nicht mehr mitspielen!

Schlimm ist m.M.n, dass offen und ohne Anstand sehr, sehr unterschiedliche Sichtweisen Einzug gehalten hat, gerade im BT. Völlig abhanden gekommen ist die Fähigkeit mit gleichen Massstäben zu urteilen, auf Einzelheiten kann ich verzichten! ODER? Genau, welche andere Sichtweise gibt es heute?

War es genauso geplant, von wem genau, wer genau wurde, wie bedroht? No clue! Gibt es einen offiziellen Bericht, mit Aussagen?

Will man den Bürger zeigen wie heuchlerisch, und mit welchen unterschiedlichen Masstäben im BT argumentiert/gehandelt wird, ist das durchaus hilfreich! Keiner ist gerne auf Ewigkeit ausgegrenzt! Wie man in den Wald ruft

Werner Kistritz | Sa., 21. November 2020 - 12:54

Der Klassenkampf von oben läßt keine Konsensdemokratie mehr zu. Was haben die Menschen gegen Flüchtlinge? Mögen sie Syrer nicht?
Nein, sie haben Angst um ihre materiellen Grundlagen. "Unten" wird die Luft immer dünner, die Zukunftsaussichten immer unkalkulierbarer. Die Polarisierung entsteht aus nackter Angst. Es sind Verteilungskämpfe, wobei (typisch deutsch?) eher der Nachbar wegen eines Stücks Brot erschlagen wird, als die Paläste zu stürmen.

W.D. Hohe | Sa., 21. November 2020 - 14:35

Die AfD ist Folge
Entstanden & initiiert durch Ökonomen der Kategorie Prof. Lucke & Wirtschaftsgrößen.
Mir ist keine einziges Interview in Erinnerung in welchem er/sie nicht für Ihre Meinung zum € als Europawährung attackiert wurden. Ohnehin zumeist von ÖR Personen die selbst außer Schlagwörtern nur wenig Sinnvolles einbrachten.
Ic erinnere mich sehr gut daran, dass es innerhalb der FDP, von mir deshalb geachtete, Abgeordnete und viele aktive Parteimitglieder gab , die sich vehement gegen das damalige "Rezept" der Griechenlandrettung engagierten. Die wurden danach nie wieder gehört oder gesehen. Die hat man in der Folge alle "politisch verschwinden" lassen.
Nebenbei: Für CDU & SPD besteht die einzige Möglichkeit weiterhin gemeinsam die Regierung zu bilden bzw. an der Macht zu bleiben in der Ausgrenzung/Blockade der, heute AFD benannten, Opposition.
Wollt ihr den totalen Krieg ?
Warum kommt mir in d. Sek diese Rede aus der Hölle in den Kopf ??
Richtig: Rechtsradikal Rassist Blöd

Günther Toussaint | Sa., 21. November 2020 - 16:37

Nur damit nicht in Vergessenheit gerät, was der Bundestag bereits in "der guten, alten Zeit" auszuhalten hatte:
- Besuchergruppe der Linken stört Sitzung des Ältestenrates, lässt Papiergeld von Besuchertribüne regnen, simuliert Unfall, entrollt Transparent…
- Kima-Aktivisten werfen sich während Schäuble-Rede vors Rednerpult und stellen sich tot. Schäuble nachsichtig: „Bleiben Sie ruhig liegen!“
- Aktivisten von Extinction Rebellion werfen während laufender Abstimmung über Nachtragshaushalt Angela Merkel Flugblätter hinterher. Die Kanzlerin, so am nächsten Tag in der Presse, „beobachtete das Geschehen aufmerksam.“
- Unzählige „Aktionen“ von Abgeordneten der Grünen und Linken in Parlamenten, bei denen Plakate, T-Shirts gezeigt und gerügt wurden

Wenn sich "das Klima nicht für die Hausregeln des Bundestags interessiert" (Grüne Jugend), warum sollte sich unsere Verfassung dafür interessieren? Das soll NICHT heißen, dass ich das Bedrängen von Abgeordneten durch wen-auch-immer gutheiße!

Sandra Richter | Sa., 21. November 2020 - 17:45

Der "Konsensbogen der übrigen Parteien" trifft wohl hauptsächlich auf die CDU/CSU zu, die sich den radikalen Positionen der SPD, Grüne und Linken unterordnet und damit die Spaltung der Gesellschaft vorantreibt. Angefangen mit der "Feind"-Rethorik hat dann auch nicht etwa die AfD, sondern die CDU/CSU unter Söder, die spätestens nach der Rückgängigmachung der demokratischen Ministerpräsidentenwahl in Thüringen den antitotalitären Konsens aufgegeben und die radikale Rhetorik von Rot-Grün übernommen hat. Solange sich das nicht ändert, wird Deutschland immer weiter in eine linke "Demokratie" nach dem Vorbild der "Deutschen Demokratischen Republik" abdriften. Das Wünscht sich insbesondere die inoffizielle Regierungpartei der Grünen, die nur in derartig kontrollierten Diktaturen wie in China ihre radikale Gesellschaft-Transformationen mit der Klimapolitik hin zum Sozialismus umsetzen kann.