
- Eine Koalition wie ein Komposthaufen
Gerade zur Sommerpause sind die Vorgänge in der Großen Koalition vergleichbar mit jenen eines Komposthaufens. Ob in Berlin oder in Brüssel, überall sind die Zerfallsprozesse zu beobachten. Schlimm daran ist vor allem die quälend behäbige Gärungszutat namens SPD. Zeit für schnellere Zersetzung
Das politische Deutschland im Sommer 2019: Eine zitternde Bundeskanzlerin, die Anlass zur Sorge gibt, aber wenig Auskunft über ihre gesundheitliche Lage, ein kopf- und führungsloser Koalitionspartner, bei dem sich gerade Vorsitzenden-Kandidatenpärchen finden wie früher in der Tanzstunde. Ein Koalitionspartner, der zudem bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Schwalbe hinlegt, sich also theatralisch fallen lässt und dabei „Foul!“ ruft. Hinzu kommt eine amtierende Verteidigungsministerin, die von ihrer bisherigen SPD-Kabinettskollegin Katharina Barley im europäischen Parlament für unwählbar erklärt worden ist.
Ursula von der Leyen ist von ihrem Naturell her nicht diejenige, der Herzen einfach so zufliegen. Aber den Grill, auf den sie die SPD gerade legt, hat sie wirklich nicht verdient. Gerechtigkeit für von der Leyen: Sie hat sich nicht wie seinerzeit beim Bundespräsidentenamt in den Vordergrund gedrängelt, sondern ist als „Dea ex machina" in letzter Not auf den Plan gerufen worden, als alle Versuche zu scheitern schienen, noch einen Kandidaten oder eine Kandidatin für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu finden. Innerhalb von 48 Stunden traf sie dann in Brüssel ein, redete in drei Zungen allen nach dem Munde, versuchte, die auseinanderstrebenden Kräfte und Mächte einer bröselnden Union zusammenzuhalten. Es ist ein Schmierentheater sondergleichen, jetzt von ihr aus dem Stand eine Art Masterplan für Europa zu erwarten, den im übrigen vor ihr auch keiner hatte, um ihr dann eventuell, gegebenenfalls, möglicherweise am kommenden Dienstag gnädigerweise doch die Stimme zu geben.