- Tschüss, Hartz IV
Eine Klage beim Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Hartz IV-Sanktionen entfachte eine neue Diskussion über diese Art der Sozialhilfe. Die damalige SPD-Chefin Andrea Nahles wollte sie ganz abschaffen. Dabei verbucht die Wirtschaft sie als Erfolg. Aber sind die Hartz IV-Reformen das wirklich? Ein Text aus der Januar-Ausgabe.
Er hat es geschafft. Dabei hatte Jürgen Weber die Hoffnung schon aufgegeben, dass ihm das Jobcenter je einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln würde. So, wie er von Hartz IV spricht, klingt es, als rede er nicht von Arbeitslosigkeit, sondern von einer heimtückischen Krankheit, die sich schleichend ausbreitet und nach und nach den ganzen Körper lähmt. Aber seit einem Monat hat er es schwarz auf weiß: Jürgen Weber, 59, gelernter Tischler, zuletzt als Müllmann beschäftigt und seit 2002 arbeitslos, ausgemustert mit einer kaputten Schulter, ist jetzt als Wachmann angestellt bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Weber lächelt. Auf dem Tisch in seiner Stube liegt noch der Ordner mit dem Wissen, das er sich für die Prüfung eingebimst hat: Waffenrecht. Sicherheitsbestimmungen. Objektschutz. Es ist nicht der Job, von dem er geträumt hat. Nachts arbeiten. Streife laufen in Schloss Sanssouci. Der Job, sagt er, sei für ein Jahr befristet, „die Bezahlung scheiße“. Er verdient 10,10 Euro brutto die Stunde, etwas mehr als der Mindestlohn. Aber nach etwa 1000 Bewerbungen in 16 Jahren und sieben Vorstellungsgesprächen ist dieser Job für ihn der Jackpot. Was Jobcenter nicht vermochten, hat er selbst gefunden. Und das macht ihn besonders stolz. Es ist sein Sieg über das System. Raus aus Hartz IV.