
- Bratwurst und Putin
Die SPD stellt nach langen Krisenjahren überraschend wieder den Kanzler. Doch seit 24. Februar ist Krieg – und die Partei muss sich neu erfinden. Wie gelingt das? Eine Spurensuche in der Heide.
Auf dem Sportplatz in Walsrode-Benefeld duftet es nach Erbsensuppe und Bratwurst. Die roten Fahnen wehen im Wind. Endlich wieder Tag der Arbeit. „Endlich wieder ein echter 1. Mai“, ruft Reinhard Wendt, genannt „Timmy“, in die Menge. „IGBCE“ steht auf den Wimpeln, die roten Banner der Gewerkschaft. Endlich wieder eine Kundgebung, wie früher vor Corona. Kaum zu glauben, dass es so was noch gibt. Für die Kinder rote Luftballons, na klar. Über 300 Leute sind gekommen. Der Getränkewagen ist der Mittelpunkt. „Solidarität“ steht auf den Spruchbändern. „Wir stehen an Eurer Seite.“ Es ist der 77. Tag des brutalen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine. In Berlin gibt es kein anderes Thema mehr. In Walsrode-Benefeld schon.
„Wir stehen zusammen, wenn es um den Erhalt von Arbeitsplätzen geht“, ruft Timmy von dem kleinen Podium herunter auf die Rasenfläche. Das wollen die Leute hören, dafür wird das Bier abgestellt, dafür wird geklatscht. Jubel für Timmy. Seit 55 Jahren ist er in der Gewerkschaft, früher war er Betriebsratsvorsitzender, noch immer ist er der Motor des Ladens. Von der Lüneburger Heide aus gesehen ist an diesem Sonntag die Ukraine weit weg. Es geht um die Wipak, das örtliche Industrieunternehmen, Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Blau-gelbe Flaggen gibt’s heute keine bei der IGBCE-Ortsgruppe Hohe Heide.