
- „Das ist völlig abwegig“
Olaf Scholz’ angebliche „Erinnerungslücken“ im Cum-Ex-Skandal haben sich zu einem Running Gag entwickelt. Für Matthias Hauer, CDU-Obmann im Finanzausschuss, steht außer Zweifel, dass der Kanzler die Unwahrheit sagt. Seine Fraktion hat nun eine Sondersitzung des Finanzausschusses beantragt, um Scholz im Bundestag zu befragen. Dort will Hauer auch die Veröffentlichung eines bisher als vertraulich eingestuften Protokolls bewirken, das Scholz in erhebliche Erklärungsnot bringen würde.
Matthias Hauer sitzt seit 2013 für die CDU im Bundestag. Er ist Obmann der Unionsfraktion im Finanzausschuss, mit dem er Olaf Scholz drei Mal zum Cum-Ex-Skandal um die Warburg-Bank hartnäckig befragte. Außerdem war er Teil des Wirecard-Ausschusses, vor den Scholz ebenfalls zitiert wurde.
Herr Hauer, mehr als 50-mal hat Olaf Scholz vergangene Woche im Hamburger Untersuchungsausschuss behauptet, er könne sich an die Vorgänge um den Warburg-Skandal nicht erinnern. Die Erinnerungslücken sind schon eine Art Running Gag in den sozialen Medien mit witzigen Memes und Videos.
Seine angeblichen Erinnerungslücken sind völlig lebensfremd. Er hat sich mehrfach mit den kriminellen Warburg-Bankern getroffen und hat dabei über einen Vorgang gesprochen, bei dem es um die Existenz einer wichtigen Hamburger Bank mit 1000 Arbeitsplätzen ging. 2016 rief er Warburg-Chef Christian Olearius an und empfahl ihm, ein Schreiben mit Argumenten, warum die Bank ergaunerte Cum-Ex-Gelder nicht zurückzahlen müsse, an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher zu schicken – und acht Tage später machte das Finanzamt eine 180-Grad-Wende und ließ die Rückforderung verjähren. 2017 hat das Bundesfinanzministerium sogar mit einer Weisung eingegriffen, um die Hamburger Behörden davon abzuhalten, eine weitere Rückforderung erneut verjähren zu lassen. Und an all das kann Scholz sich nicht mehr erinnern? Das ist völlig abwegig.
Ihre Fraktion hat nach Scholz’ groteskem Auftritt eine Sondersitzung des Finanzausschuss des Bundestags beantragt, in der er erneut aussagen soll. Wie ist der Stand?
Wir haben eine Sondersitzung für den 5. September beantragt, den ersten Tag der nächsten Sitzungswoche. In dieser Woche findet wegen der Haushaltsberatungen keine reguläre Finanzausschusssitzung statt. Die Entscheidung liegt nun in den Händen der Bundestagspräsidentin – angesichts der vielen offenen Fragen, die neue Enthüllungen aufgeworfen haben, und der Dimension der Cum-Ex-Affäre bin ich zuversichtlich, dass die Entscheidung zugunsten einer Sondersitzung ausfallen wird.
Es wäre das vierte Mal, dass Scholz vor den Finanzausschuss zitiert wird. Sie waren bei den ersten drei Befragungen 2020 als CDU-Obmann dabei. Nach der dritten Befragung im September 2020, in der Scholz wie gewohnt den Fragen auswich und sich auf angebliche Erinnerungslücken berief, forderte der damalige FDP-Obmann Florian Toncar entnervt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Hamburg. „Es ist vom Hauptbeteiligten dieses Vorgangs genug gehört worden. Jetzt ist es so weit, dass Hamburg untersuchen muss; dort gehört der Fall hin“, sagte er. Warum sollte eine vierte Befragung mehr ergeben?