Stephan Weil
Nimmt den Ball auf: der wiedergewählte Ministerpräsident Stephan Weil / dpa

Landtagswahl - Warum die SPD in Niedersachsen sich vom Bundestrend abkoppeln konnte

Die SPD überraschte in Niedersachsen mit einem hervorragenden Wahlergebnis, während die Beliebtheitswerte der Sozialdemokraten auf Bundesebene sinken. Das lag zum Teil an der Schwäche der CDU und der FDP, aber vor allem an der Person des alten und neuen Ministerpräsidenten Stephan Weil, der den Wählern als verlässliche Kraft in der Wirtschaftskrise gilt.

Autoreninfo

Klaus Wallbaum ist Sozialwissenschaftler und Chefredakteur der Zeitschrift Rundblick - Politikjournal für Niedersachsen.

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Die Landtagswahl in Niedersachsen ist mehrfacher Hinsicht überraschend. Die SPD liegt bis zu 15 Prozentpunkte vor ihrer Partei im Bundestrend, die CDU erhält mit 28,1 Prozent eines der schlechtesten Ergebnisse der Landesgeschichte. Die Grünen legen zu, bleiben aber mit Abstand dritte Kraft – und die FDP scheitert an der Fünfprozenthürde. Die AfD legt zu auf 10,9 Prozent. Woran hat es gelegen? Hier fünf Thesen:

Die SPD überdeckte mit Stephan Weil die Krise

Von Anfang an hatten die Sozialdemokraten vor, den Wahlkampf ganz auf den populären Ministerpräsidenten Stephan Weil zuzuschneiden und ihn als sicheren Navigator für das Schiff in unruhiger See zu präsentieren. Daran haben sie sich auch gehalten. Nun war das Bild, das von Weil gezeigt wurde, nicht einheitlich, sondern vielschichtig. Die erste Serie der Wahlplakate, die den freundlichen und aufmerksamen Spitzenkandidaten neben einer Grundschülerin zeigte und neben einer Windkraftanlage, kam erst mit Verzögerung an den Start – denn zuvor entschied sich die SPD kurzfristig, einen ernst dreinblickenden Weil mit dem Spruch „Keine Zeit für Sprüche“ zu plakatieren. Das trug zum Facettenreichtum der Botschaften bei, denn während der SPD-Spitzenmann teilweise staatsmännisch ernst schaute, auch auf einem neuen Plakat mit dem Spruch „Verantwortung in schwierigen Zeiten“, wurden Weil-Zeitungen verteilt, die einen lächelnden, sommerlich entspannten Ministerpräsidenten zeigten – garniert mit einem Kochrezept („Pizza da Stephano“). 

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Manfred Bühring | Di., 11. Oktober 2022 - 11:42

Die Regierungsparteien der GroKo in Niedersachsen haben 3,5% (SPD) und 5,5% (CDU), zusammen also 9% VERLOREN! Dass dieses Ergebnis nun zu einem grandiosen Wahlsieg der SPD hochstilisiert wird, zeigt doch, mit wie wenig Kompetenz Wähler und Medien schon zufrieden sind. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass unsere repräsentative parlamentarische Demokratie zunehmend an ihre Grenzen stößt. Eine Erneuerung aus dem parlamentarischen System heraus scheint mangels echter Alternativen nicht mehr möglich. Was wir erleben, ist eine Hinwendung zu einer grünen Theokratie.

Ingo Frank | Di., 11. Oktober 2022 - 11:44

Erstaunen bringt, ist a) der immer noch relativ hohe Zuspruch von rd.15% u.b) das „Selbstbewusstsein“ mit den gerade mal 15% eine Regierungsbeteiligung zu fordern u. c) das Bewusstsein deren Wähler, die die Grünen als die „Lösung“ der derzeitigen Probleme sehen, und nicht deren Verantwortung als Problemverursacher.
Auch wundert mich die „ akademische Bildung“ beim überwiegenden Teil der Grünwähler. Ok. die in meinem Bekanntenkreis zwar Akademiker sind, aber keine techn. Ausbildung haben, fallen halt auf die Plattitüden der Grünen herein, weil schlicht das technisch. Verständnis fehlt. (Grundlast, was ist das? Speichermöglichkeiten wozu? &&&) Und dabei denke ich, sind die Gehälter so hoch, dass diese Leute sich grüne Spinnereien leisten können. Andererseits sei an die Bilder im TV von der Grünen Wahlparty erinnert. ÜBERWIEGEND sehr junge Leute ich würde behaupten aus gut statuierten Verhältnissen (alter d. Industrieadel ? FfF) die ihre Füße bei Vati & Mutti untern Tisch stellen…..

Hans Jürgen Wienroth | Di., 11. Oktober 2022 - 12:09

Die Stärke Stefan Weils war mehr die Schwäche der anderen Parteien. Mehr gibt es zu seinem Erfolg nicht zu sagen. Die CDU als Hauptkonkurrent hat es nicht geschafft, sich als Gegner zu zeigen. Ob Rot-Grün oder Schwarz-Grün macht keinen Unterschied, warum also den MP wechseln?
Frau Hamburg, in den Medien immer im Vordergrund, hat das (falsche!) Narrativ vom zu niedrigen Ausbau der Erneuerbaren als Ursache für den Gasmangel wiederholt. Trotzdem sei das AKW überflüssig. Weiter griff sie die Vorgängerregierung für die schlechte Schulpolitik (SPD) an.
Die AfD warb mit Argumenten, bezeichnete im Triell mit der FDP eine vollständige Energieversorgung durch Erneuerbare als unrealistisch. Beide waren für einen (FDP: temporär) Weiterbetrieb der AKW. Die AfD hatte wieder mit Werbebehinderung und der VS-Beobachtung zu kämpfen. Das hielt potenzielle Wähler ab, auch von der Wahlurne. Die FDP musste mit ihrer Unzuverlässigkeit, der grün-roten Politik in Berlin und entspr. Aussage für Nds. kämpfen.

Tomas Poth | Di., 11. Oktober 2022 - 12:13

Wenn das eine Wahlanalyse sein soll, dann vermisse ich die Betrachtung der 40% Nichtwähler.
Hier liegt das Potential, sie stellen die größte Fraktion, wie in allen Wahlen in diesem Jahr!
Die jetzt erreichten Prozentzahlen müßten also mit 0,6 multipliziert werden, um sie richtig einzuordnen.
Die 40% schweigende Mehrheit hat vermutlich einfach resigniert. Warum, vielleicht weil egal ist wie sie wählen, doch nur eine RotGrüne-Politik mit den Altparteien dabei heraus kommt.
Unser Land wird durch monochrom-autistische Politik die sich als "Bunt" ausgibt ins politische Koma versetzt und in das Abseits geführt.
Wer die 40% auf seine Seite zieht wird als zukünftiger Sieger in die Parlamente einziehen!
Das versucht der mediale Mainstream mit aller Macht zu verhindern, denn es soll, darf nach seiner Auffassung keine Mehrheit außerhalb des Rotgrün-Monochronismus geben.
Es ist der mediale Mainstream der unser Land in die Grütze fährt!

Brigitte Simon | Di., 11. Oktober 2022 - 12:38

Da die Union unter Merkel alle großen politischen Überzeugungen aufgab für die sie einst stand, besteht kein Bedarf mehr für die Union. Ihr Kern ist die bürgerliche, konservati- ve, wirtschaftliche Politik. Mit ihrer Affinität für die Grünen verliert sie alle Werte für die sie einst stand. Es besteht kein Bedarf mehr an der Union. Sie wird, mit den Grünen - siehe Niedersachsen - mit wem auch immer -an Bedeutung verlieren. Ein Verhängnis für Deutschland. Die Union - unter Aufgabe der bürgerlichen, konservativen und wirtschftsfreundlichen Politik - nur noch das durchsetzen, was Rot und Grün vorschreiben, braucht kein Mensch noch die Union. Ich wähle das Original. Diese These zeigte bereits bei der Bundestagswahl 2021 Scholz. Er zeigte sich vergleichsweise als konservativer Kandidat. Die CDU sollte die Brand-Mauer zur AfD durchbrechen. Stark sein und den radikal rechten Rand beseitigen. Frau Dr. Weidel schätze ich sehr. Sie vertritt klug - wie auch Merz - Deutschland.

Dazu sind noch viel zu viele Altkader = Merkelianer in dieser Partei die der über allen Schwebende ihre Partei- Karriere oder andere wohldotierte Pöstchen zu verdanken haben.
Und ehrlich, der Sauerländer vertritt D gut? Wenn er das täte, hätte er nicht den Rückzieher um die Diskussion der erneuten Flüchtlingsströme gemacht, und den Kniefall vor dem grün roten Zeitgeist vollzogen. Wenn programmatisch die Frauenquote alles an Erneuerung ist, bei der selbst die eigenen CDU Frauen der Sache sehr skeptisch gegenüberstanden, dann gute Nacht. Würden wir nicht von der Ampel „grottenschlecht“ regiert, würde die CDU in der Versenkung verschwinden. Sehen sie sich die Wahlumfragen an. In 3 ostd. BL ist die AfD stärkste Kraft …. In ehemaligen Hochburgen der CDU. So weit dazu.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Dr.Andreas Oltmann | Di., 11. Oktober 2022 - 16:20

Eine nichtssagenden, eigentlich überfüssige, SPD-freundliche Analyse mit einigen schrägen Argumenten. Der Vergleich mit Paul v. Hindenburg trifft für Weil überhaupt nicht, dafür fehlt im jedes Charisma. Und Hindenburg hat die Machtergreifung Hitlers nicht verhindern können.
Dass weniger als 5% der Wähler für die Kernkraft sind, halte ich, unter den derzeitigen Bedingungen, für einen Wunschtraum.
Die Wähler der AfD sind natürlich alles nur Protestwähler - ja, sie protestieren gegen die etablierte Politik. Dass man sie deshalb ignorieren kann, ist eine Fehleinschätzung.
Warum Weil trotzdem gut abgeschnitten hat? Seine Stärken sind die Schwäche der anderen. Nicht Überzeugungskraft.

Gerhard Lenz | Di., 11. Oktober 2022 - 16:59

also hat sie die Wahl gewonnen! Ist doch klar wie Kloßbrühe. Und das, obwohl sie Stimmen verloren hat.

Ich verstehe andererseits überhaupt nicht, wie man behaupten kann, eine Partei habe mit schlappen 10,9% die Wahl gewonnen - so wie das Malermeister Chrupalla jetzt lautstark behauptet.

Die Rechtsextremisten haben ja nicht mal die meisten Stimmenzuwächse zu verzeichnen und stiegen höchstens von "ganz wenig" auf "immer noch wenig". Wahlgewinner? Pustekuchen.

Natürlich war der Wahlsieg vor allen Dingen auch eine Auszeichnung für Herrn Weil - der ja noch in der letzten Woche in diesem Forum fürchterlich "auseinandergenommen" wurde - was, wie man sieht, ohne jede Relevanz ist.

Natürlich schwächelt die SPD im Bund - nur Populisten und Extremisten, die unbrauchbare Lösungen (Hurra Putin!) anbieten, können in diesen Zeiten Punkten - da, wo die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg besonders groß ist - die rechtsextremistische Stammwählerschaft muss man nicht erwähnen.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 12. Oktober 2022 - 08:31

@ Manfred Bühring - das wurde im Artikel bewusst vergessen zu analysieren, typisch SPD geneigter Artikel. Vielleicht bekommt sein Presseorgan Zuwendungen von der SPD oder ist er gar heimlich Mitglied?
@ Ingo Frank - und wenn die nur 10% gehabt hätten, ohne die GRÜNEN kann und will niemand regieren, denn die Groko wurde dort faktisch abgestraft. Und im Fordern sind die schon immer groß gewesen.
@ Brigitte Simon - Zustimmung, die UNION wird nicht mehr gebraucht
@ Dr. Andreas Oltmann - volle Zustimmung. Wo kommen denn die AFD-Wähler plötzlich her? Lt. Darstellung in den ÖRR von den anderen Parteien. Haben sich da seit Jahrzehnten "Rechtsextremisten" versteckt, die jetzt plötzlich ihre "wahre" Gesinnung zeigen? Da hat der Verfassungsschutz aber nicht aufgepasst. Auf den Gedanken zukommen, dass diese Menschen mit der Politik der Ampel nicht einverstanden sein könnten kommen die offenbar nicht. Alles nur Wut, Zorn und von blauen verführt. Wer kritisch ist wird zum Nazi erklärt. Armselig.