Thanksgiving-Gemälde von 1912
So sah 1621 das erste Thanksgiving aus - oder auch ganz anders / dpa

USA - Thanksgiving: Nichts zu danken?

Heute wird in den USA Thanksgiving gefeiert. Beim Truthahn-Essen dürften sich Anhänger der Republikaner und der Demokraten über die Bedeutung des Festes in die Haare kriegen. Indianische Aktivisten sind sogar der Meinung, der Feiertag zelebriere einen Genozid.

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Thanksgiving ist das wichtigste Fest in Amerika; wichtiger als der Nationalfeiertag – der 4. Juli – und sogar wichtiger als Weihnachten. Die ganze Familie kommt zusammen, auch wenn die Hälfte davon quer übers Land einfliegen muss. Deshalb sind vor und nach Thanksgiving die Flughäfen überfüllt und die Interstates im Stau. Am Festtag sitzen – idealerweise – alle zusammen um einen Tisch und freuen sich über gebratenen Truthahn mit Brotfüllung, Süßkartoffeln, Kartoffelbrei mit Sauce und grüne Bohnen. Und zum Nachtisch gibt es Kürbisauflauf, Pumpkin Pie.  

Natürlich läuft das im gespalteten Amerika von heute nicht friedlich ab. Halb Amerika glaubt, Donald Trump sei ein faschistischer, geldgieriger Verräter mit einem Dachschaden. Und die andere Hälfte meint, Joe Biden sei ein altersdementer Kommunist, der sie zwangsimpfen und ihnen die Waffen wegnehmen will. Wenn dann Verwandte mit roten MAGA-Hüten und welche mit Black-Lives-Matter-T-Shirts aufeinandertreffen, womöglich auch noch angetrunken, knallt es. 

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Karl-Heinz Weiß | Do., 24. November 2022 - 15:51

Nach rund 400 Jahren wird über die Wurzeln eines Festrituals gestritten und dieses als Beginn der Kolonisierung eingeordnet. Ziemlich sicher hatten die Pilger keine derartigen Absichten. Sie waren schlicht und einfach froh, dass sie nach ihrer Flucht aus Europa dank der Hilfe der Einheimischen überleben konnten. Gelebte Bibel. Geschichte kann manchmal so einfach sein.

M. Bernstein | Do., 24. November 2022 - 16:28

Die puritanischen Siedler feierten Thangsgiving nach christlicher Art, also ein Erntedankfest, wo Gott gedankt wird, dass es das Jahr über alles gab, was die Menschen brauchten und das eine gute Ernte eingebracht wurde.
Wir sollten vielleicht etwas demütiger sein und uns nicht an einer Vergangenheit abarbeiten, die jeder für seine Zwecke missbraucht sondern in Demut daran arbeiten, dass auch wir genug zu essen und Frieden haben für eine gute Zukunft. Das ist heute genauso wichtig wie damals.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 24. November 2022 - 16:54

persönlich im Hinterkopf für eine Art "Rückwanderung" halte, denn wer wollte dort freiwillig hin - was man aber nachweisen müßte -, sehe ich in Amerika den Genozid an den Indigenen, die gegenüber den übersetzenden Siedlern nicht den Hauch einer Chance hatten. Ich sehe darin auch eine "Grundlage" für die evtl. Idee der USA, das überall machen zu können, nach dem Motto "Was sind schon Ansässige, wir bringen unsere Freiheit und unsere Selbstbestimmung als American Dream überall hin".
Ich habe nunmal über die Anfänge und Auswüchse des sogenannten modernen Amerika nie hinwegsehen können und würde den Kindern der Siedler dringend zu Nachdenklichkeit raten.
Gleiches gilt für Australien.
Ich liebe die ganze weite Welt, aber ich springe nicht auf den Zug der "Everywheres" auf.
In gewisser Weise glaube ich nicht an die Beliebigkeit des Lebens, wohl aber an ein Miteinander/Verständigung.
Ich staune immer, wenn z.B. die USA glauben sollten, um das "Mea Culpa" herumzukommen.
Nicht in meinen Augen

Albert Schultheis | Do., 24. November 2022 - 19:01

Ich habe mal Amerikanistik studiert. Ich mag die Amerikaner und ihre Literatur. Aber heute ist dieses Land sowas von durchgeknallt und fundamental gespalten wie kaum jemals zuvor. Am schlimmsten sind die sich aufgeweckt wähnenden radikalen linken urbanen Halbintellektuellen, die sich den weniger gebildeten, aber bodenständigen und heimatverbundenen Provinzlern überlegen fühlen. Die vermeintlichen anywheres gegen die deplorable somewheres. In der Vergangenheit hatte man vor den Rednecks noch Respekt, zumal jeder noch irgendwo in Idaho, in the heart of the heart of the country Wurzeln hatte. Heute sind viele entwurzelt, die Familien zerfallen, der Mittelstand abgesoffen, viele haben einen Bachelor, aber mit ihrem Lohn können sie gerade mal noch die Miete bezahlen. Dazu kommt die Ungleichheit der Schwarzen, von denen nur wenige über den GI Bill nach ihrem Militärdienst studieren und sich emporarbeiten konnten. Das ist heute vorbei - statt Wohlstand wokeness, aber die kann man nicht essen.

Christoph Kuhlmann | Do., 24. November 2022 - 21:42

Ich meine jetzt den er Rothäute. Denn wie konnte eine indigene Rasse sich in hunderte von Stämmen auf splittern, die sich gegenseitig bekämpften und um Jagdreviere stritten, sich überfielen und beraubten, wenn sie auf dem Kriegspfad waren? Warum wird eigentlich immer nur der weiß Mann am Ideal gemessen und nicht die Angehörigen anderer Ethnien. Wie konnten eigentlich ein paar Dutzend verhungernder Siedler einen ganzen Indianerstamm ausrotten? Hat da schon mal jemand drüber nachgedacht?

Albert Schultheis | Do., 24. November 2022 - 23:24

Die woken Zeloten in USA wollen der Mehrheit der Amerikaner das Feiern des ur-amerikanischen Familienfestes Thanksgiving abspenstisch machen. Die Begründung: Das Fest ist kontaminiert mit dem kolonialen Ungeist des Weißen Mannes, es trieft nach Blut, Massaker und Landnahme! Auch dieser wohlfeile Akt der Verteufelung und der Wegnahme einer einzigartigen US-amerikanischen Familieninstitution überschreitet die Grenzen zum Wahnsinn. Man will dem weißen Mann und seinen Abkömmlingen in die Suppe bzw auf den Truthahn spucken. Wohlfeil - denn es sind mehrheitlich die weißen Epigonen der Siedler der Mayflower, die meinen, sich von ihrer erspürten Erbschuld durch zelotischen Rigorismus reinwaschen zu können. Wäre es nicht konsequenter, sie zögen sich gemeinschaftlich aus dem nordamerik. Kontinent zurück und segelten wieder zurück nach Great Britain. Dass Thanksgiving Lobpreis Gottes sowie Dankbarkeit gegenüber den Indianern war, die sie durch den ersten Winter gefüttert hatten - wohl vergessen!

Ernst-Günther Konrad | Fr., 25. November 2022 - 12:20

Warum auch? Dennoch herzlichen Dank Frau Schweitzer für einen ersten Einblick in eine aufgewärmte Problematik, die offenbar wieder auf der Oberfläche des Rassismus Flusses schwimmt.
Ebenso herzlichen Dank an die Mitforisten, die durch eigenes Wissen zum Verständnis der Hintergründe versuchen beizutragen. Sicherlich ein interessantes Thema, ich weiß darüber fast nichts, weil ich mich hauptsächlich mit unseren Problemen im eigenen Land beschäftige. Dennoch wichtig das Ganze zu beobachten, denn das Meiste schwappt ja von den USA so oder in noch gesteigerter Form zu uns herüber. Besonders die links-grünen Woken sind besonders empfänglich. Nur keiner fragt sich, so wie Herr Bernstein, ob die Indianer nicht selbst auch Rassisten sind, sowohl untereinander als auch gegenüber den Weißen, so wie die gegenüber den Indianern. Aber differenziertes und ehrliches Beschreiben und Analysieren ist bei unseren Msm und den Minderheitsverstehern eh nicht angesagt.

Tomas Poth | Fr., 25. November 2022 - 12:29

Das Bild stimmt nachdenklich.
Werden wir einmal als die Indigenen am Boden Hocken und das Brot der Eroberer entgegennehmen.
Ich kann nur Wehrhaftigkeit empfehlen, um nicht gedemütigt zu werden.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 27. November 2022 - 10:25

Antwort auf von Tomas Poth

Auch deshalb sehe ich gerne südkoreanische Serien, man sitzt da ja doch auch auf dem Boden, schläft auf dem Boden etc.
Ich mag das, wenn Menschen zu ihren "Wurzeln" stehen und sich darin immer weiter entwickeln, also auch zu anderen hin.
Eigentlich sollte man sich dann zu ihnen setzen, aber seien wir ehrlich, runter kämen wir noch, aber nicht wieder hoch?
Ich glaube nicht, dass man zeitweilige Dominanz bestimmter Erdteile, die ja von vielen Faktoren abhängt, ganz verhindern kann, bw. wieso überhaupt?
Nun, vermitteln sollte man, denn die Siedler waren erdrückend überlegen.
Dazu, dachte ich, gibt es die UNO.
Vor allem die Germanen galten über Jahrhunderte als Barbaren; wenn ich mir die Kulturen anderer Länder anschaue, würde ich immerhin meinen, dass dieser "Fehlschluss" möglich war.
Ich werde nicht gedemütigt, wenn sich jemand über mich erhebt und da stehen kann.
Vielleicht ist das eines der besonderen Merkmale germanischer Kultur, die man in unseren Breiten durchaus studieren sollte?