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New York Times: Rausschmiss im Namen der Meinung / dpa

Aufräumen mit der Vergangenheit - Meinungsfreiheit ist unteilbar

Denkmäler werden gestürzt, Filme aus dem Verkehr gezogen, abweichende Meinungen mit Jobverlust bestraft. Eine neue Unduldsamkeit bricht sich Bahn. So verkümmert die Demokratie und wird hohl.

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

So erreichen Sie Alexander Kissler:

Alle Heuchelei beginnt im doppelten Maß, alle Unfreiheit in der Ausgrenzung. Theoretisch sind die Zusammenhänge klar. Praktisch werden sie häufig missachtet. Wir sind eingetreten in eine einerseits infantile, andererseits zunehmend intolerante Gesellschaft. Könnte es sein, dass beides zusammenhängt? Dass wir die Zumutung eines fremden Gedankens immer weniger ertragen, weil wir uns nicht erschüttern lassen, uns nicht widersprechen lassen wollen? Weil wir die kindliche Selbstgewissheit brauchen, immer und unbedingt Recht zu haben? Hinzu kommt ein Drittes: Um Menschen und Meinungen wirksam ausgrenzen zu können, braucht man Macht, politische Macht, diskursive Macht. Deshalb, genau deshalb sind die jüngsten Fälle erst praktizierter und dann kassierter Meinungsfreiheit ein Alarmsignal. So fangen illiberale, duckmäuserische Epochen an.

Die Namen James Bennet, Stan Wischnowski und Stu Peter waren mir bisher unbekannt. Nun gerieten alle drei Journalisten in einen rasch aufziehenden Shitstorm und verloren ihre Posten. Sie hatten Sätze zu verantworten oder ausgesprochen, die von der Meinungsfreiheit gedeckt waren, ja nicht einmal in deren Randbereich vordrangen. Wohl aber verstießen die beanstandeten Sätze gegen eine neue Schicklichkeit, die unumschränkt herrschen will. In allen drei Fällen wurden Meinungen geäußert zu den Aufständen in den Vereinigten Staaten nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd. Dreimal wurde der Korridor des Korrekten verlassen, dreimal waren Jobverluste die Folge. Es reicht nicht mehr, Fehler einzugestehen. Es muss personelle Konsequenzen geben, müssen Karrieren beendet oder zumindest schroff unterbrochen werden. Der unverzeihliche Fehltritt, der nur durch das persönliche Opfer gesühnt werden kann, ist zurück. Es gibt sie wieder, die unentschuldbare Tat. Auch so kann man die Errungenschaften des Westens verspielen.

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Helmut Bachmann | Do., 11. Juni 2020 - 09:15

den neuen Symbolfaschisten fehlt die Fähigkeit zu denken und zur Empathie. Sie erleben nur Gut und Böse und wollen alles, was sie ängstigt mit Gewalt ausradieren. Darin ähneln sie ihren Vorgängern. Ein gesundes Kind lernt relativ früh, dass die Welt aus Grautönen besteht, die Pubertät ist sogesehen oft ein kleiner Rückschritt ins ungeduldige Denken. Was hier jetzt erleben ist ein Abgleiten in die Barbarei.

Joachim Kopic | Do., 11. Juni 2020 - 10:25

Antwort auf von Helmut Bachmann

... wehret den Anfängen ... ob links, rechts oder im religiösem Milieu!
Demokratie bedeutet sicherlich etwas anderes als man tagtäglich sehen/hören/lesen kann - hier bildet im letzteren Bereich m.E. Cicero neben NZZ eine der wenigen Ausnahmen - die Entwicklung der Öffentlich-Rechtlichen lässt mich sehr nachdenklich werden! Ich persönlich würde keinen Cent mehr dafür ausgeben, hätte ich die Wahl!

Gerhard Lenz | Do., 11. Juni 2020 - 10:31

Antwort auf von Helmut Bachmann

Sie reden von Grautönen, Herr Bachmann? Dabei sind doch gerade Sie ganz schnell, wenn es darum geht, Meinungen und Menschen links der AfD als rot-grün-kommunistisch versifft zu diffamieren. Und das in der Regel unterschiedslos. Wo ist da Ihre Differenzierung?

Stimmt schon. Denkmäler werden gestürzt, Plätze und Straßen umbenannt. Kulturelles wird neu bewertet. Und oft zu Recht.

Neubewertung erfordert eben oft auch Handeln. Das, was gestern noch gepriesen wurde, wird heute als falsch erkannt. Das ist kein billiger Opportunismus, das ist schon gar nicht, wie der Vorredner so seltsam schliesst, infantil. Das ist Erkenntnis.

Sonst hätten wir noch immer Adolf-Hitler-Plätze und Josepf-Goebbels-Strassen.

Da ist es nur konsequent und überfällig, dass man Denkmäler von Verteidigern der Sklaverei in den USA abräumt.

Folgt man ihrer Sicht, müsste man eigentlich der Stadtverwaltung von Augsburg den Vorwurf machen, das sie, im Hinblick auf den Augustusbrunnen und die Augustusstatue, kulturelles noch nicht neu bewertet, gehandelt und selbiges abgerissen hat. Kaiser Augustus, der Stadtgründer ist mittels spezieller Gesetze gegen die zu seiner Regierungszeit zunehmende Zahl von Sklavenfreilassungen vorgegangen. Warum nur haben die Italiener noch nicht das Kolosseum abgerissen, eine Stätte in welcher Menschen sich am Leid anderer Menschen, auch Farbiger, geweitet haben. So ähnliche Ansichten über kulturelle Neubewertungen müssen wohl auch die Roten Garden in China gehabt haben, als sie unersetzliche Kultur- und Kunstschätze zerstörten, die die Herrscher der alten Dynastien sich ausbeuterisch von ihren Untertanen erschaffen ließen. Ich finde es bedenklich, das berechtigte Anliegen, wie der Kampf gegen Rassismus mit geschichtsmoralisierenden, zerstörerischen Eifer diskreditiert werden.

Denkmäler werden gestürzt, Plätze und Straßen umbenannt. Kulturelles wird neu bewertet. Und oft zu Recht."
Hmm...diejenigen, welche hauptsächlich am Werke sind.
Haben aber oft wenig Bezug zur Geschichte bzw. wollen sie nur unter ihren "Stereotypen" begreifen.
In dieser Welt der Stereotypen gibt es einfach keinerlei Wahrheit.
Man könnte auch beim Neandertaler anfangen, der mit mit der Keule in der Hand loszog, um sich Geltung zu verschaffen.

Herr Lenz, Ihrer Euphorie möchte ich mit einem Auszug aus einer Rede von J. Stalin etwas dämpfen. Denn was sich hier abspielt, kann in der Folge zu den Schrecken eines totalitären Stalinismus führen. Stalins Toast vom 07.11.1937, dem 20. Jahrestag der Revolution, beim Essen im Haus Woroschilows (in „Metropol“ von Eugen Ruge):"... Und wir werden jeden dieser Feinde, auch wenn es ein alter Bolschewik ist, vernichten, einschließlich seiner Angehörigen und seiner Familie. Jeder, der durch seine Handlungen und durch sein Denken, ja auch sein Denken, wider die Einheit des sozialistischen Staates handelt, wird gnadenlos vernichtet. Auf die Vernichtung aller Feinde, bis zum Letzten, auf die Vernichtung der Feinde und der Sippschaft!"

Simone Büchl | Do., 11. Juni 2020 - 11:20

Antwort auf von Helmut Bachmann

Obwohl ich selbst erst Anfang dreißig bin, empfinde ich diese extremen Ansichten der jüngeren Generationen als beängstigend.
Insbesondere, weil gerade extreme Ansichten von Politik und den meisten Medien angeheizt werden.
Eine bodenständige Berichterstattung, wie beim Cicero gegeben, ist heilsam.

Michaela 29 Diederichs | Do., 11. Juni 2020 - 17:08

Antwort auf von Simone Büchl

Langsam habe ich die Befürchtung, dass das alles in bürgerkriegsähnlichen Zuständen enden wird. Ich bin auch dankbar für die Berichterstattung des Cicero.

Kai Hügle | Do., 11. Juni 2020 - 12:05

Antwort auf von Helmut Bachmann

Ein paar Fakten: Bennet, zuständig für die op-ed Section der NYT, hat zugegeben, den fraglichen Kommentar des US-Senators Cotton (in dem der Einsatz des Militärs gegen Demonstranten gefordert wird) NICHT gelesen zu haben! Hier liegt sein Versagen. Mit einer Beschneidung von Meinungsfreiheit hat das also nichts zu tun. Und da es nicht das erste Mal war, dass Bennet hier sehr nachlässig agiert hat, hat er im Einvernehmen mit Sulzberger seine Tätigkeit beendet.

https://www.businessinsider.com/new-york-times-editor-james-bennet-resi…

Der Fall Wischnowski liegt nur unwesentlich anders. Auch hier werden Probleme im editing process geltend gemacht. Wer mag, kann sich hier näher informieren.

https://www.inquirer.com/news/philadelphia-inquirer-black-lives-matter-…

Diese Entschuldigung hat übrigens auch Wischnowski unterzeichnet.

Wilfried Düring | Do., 11. Juni 2020 - 13:31

Antwort auf von Helmut Bachmann

Der streitbare Publzist Götz Aly formulierte schon am 02.02.2010 in der Berliner Zeitung:

'... Geschichte ist kein Selbstbedienungsladen zum aktuellen Gebrauch. Die Straßennamen einer Stadt dokumentieren Denkweisen, Erfahrungshorizonte, Irrtümer und Scheingewissheiten der jeweiligen Epoche. Deshalb sind sie lehrreich.
Zwei Diktaturen vollzogen im 20. Jahrhundert in Berlin en masse leichtfertige Umbenennungen, weil sie sich - jeweils unterschiedlich - als Sieger der Geschichte, als Wohlgesinnte sahen.
Die gedankenlosen, gesinnungsstarken Straßenumbenenner der Gegenwart stehen in dieser Tradition. Selbstgewiss sehen sie sich auf der angeblich guten und sicheren Seite der Geschichte.
Ihnen mangelt es an Demut. Ihnen fehlt die Fähigkeit, sich selbst als Menschen zu begreifen, die irren. Ihnen fehlt der Respekt vor den Nachgeborenen, die über viele Taten und Unterlassungen von uns Heutigen mit unverständigem Kopfschütteln oder mit Entsetzen urteilen werden. ...'

Auch Platon und Aristoteles waren Teil einer Sklavenhalter-
Gesellschaft. Sollen wir ihre Namen tilgen. DAMNATIO MEMORIAE - als Allheilmittel?

Wilfried Düring | Do., 11. Juni 2020 - 13:49

Antwort auf von Helmut Bachmann

Den aktuellen Text von Götz Aly (Februar 2020) zu Umbenennungen und zu Streichungen von Ehrenbürgern finden Sie hier:

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/der-neulinke-totalitae…

Die Anmerkungen zu Hindenburg zeigen wie in einem Brennglas, worum es wirklich geht. Die Umbenenner und Bewältiger wollen NICHT, daß wir uns erinnern. Sie wollen, daß wir VERGESSEN! Sie wollen - im Orwellschen Sinne - Vergangenheit und Geschichte SELEKTIV neu schreiben. Sie wollen darüber ENTSCHEIDEN, an was und wie wir uns erinnern dürfen - und an was und in welcher Form lieber nicht.
Denkmäler heißen 'Denk - Mal', weil sie um Nachdenken und Erinnern einladen - über die Leistungen, Fehler und Widersprüche von Menschen (und oft auch der Epoche in der sie leben mußten und wirkten).
Hindenburg menschliche Haltung gegenüber russischen Kriegsgefangenen des WK I - welch ein Kontrast zur Untermenschentheorie (NS) und zu 'Völkerabfällen' (Engels)!
Warum sollen wir das vergessen?

Romuald Veselic | Do., 11. Juni 2020 - 09:30

Politische Korrektheit (begann unter Carter/Reagan), womit die bisherigen Idiome, Ausdrücke und Sprichwörter, entartet wurden, denn einige Weiße meinen, dies sei the Road to permanent Nirvana. Happiness non stop. Man sieht es in Nordkorea, wo Glücklichkeit-Wettbewerb, als Tagesereignis zelebriert ist.
Für mich ist Polit-Korrektismus, der totalitäre Reflex gegen Andersdenkende und nicht Anpassungswillige. Fortsetzung der Faschomania mit anderen Mitteln.
Übrigens: Ich bin Anti-ACAB eingestellt.
Ich finde einen goldenen Sarg abstrus, dekadent, und dem Pharaonen Kult gleich.
In China, Indien, Japan, Russland wird mit recht, die West-Weiße-Zurechnungsfähigkeit angezweifelt. Der zivilisatorische Suizid ist im Gange, indem die Kultur neu definiert wird.
George Orwell muss sich jetzt glücklich schätzen, dass er den geschilderten Scifi-Wahn in "1984", nicht mehr erleben muss. Falls ich ihn Jenseits begegnen würde, werde ich diesbezüglich, nach seiner Ansicht fragen.

gabriele bondzio | Do., 11. Juni 2020 - 09:40

Ganz Ihrer Meinung, Herr Kissler, mit dem Zusatz: "Wir sind schon länger mittendrin."
Demokratie ist ein hart unkämpftes Gut oder auch als Herrschaft des Volkes ausgepreist.
Ich las aber auch mal: " Liberalismus ist nicht Demokratie; sie sind keine Tautologie, gar keine Synonyme, sondern einander entgegengesetzt. Einer steht mit dem anderen in Konflikt."
Die Gerechtigkeit (Wert der Demokratie) ist im ständigen Konflikt mit der Freiheit (Wert der Liberalität).
Zurück zum wie immer guten Artikel. "Die neuen Tugendbolde sind dauerbeleidigte Spießer."
Dauerbeleidigte Spießer könnte man ja ignorieren. Ich fürchte aber eher, dass Henryk M. Broder`s Meinung „Der Antifaschismus ist der Faschismus des 21. Jahrhunderts“ den Kern des Problems trifft.

Rainer Mrochen | Do., 11. Juni 2020 - 09:55

...ist so ein Meinungsterrorismus eigentlich strafbar ?
Wenn nicht, sollte schnellstens darüber nachgedacht werden. Diejenigen, die glauben sie könnten sich über Andere erhöhen, jedenfalls in der Bewertung dessen, was falsch oder richtig ist, müssten ihre eigene Annahme gründlich hinterfragen. Das tun sie nicht. Sonst würden sie ihre eigene Haltung ja als das begreifen was sie ist, nämlich Meinungsterror.

Klaus Damert | Do., 11. Juni 2020 - 10:00

Schlimm, dass so ein Beitrag nötig ist. Hätte sich der DDR-Bürger nicht träumen lassen, dass sich so etwas wiederholt. Wahrscheinlich muss aber erst eine gigantische wirtschaftliche Krise kommen, ehe sich etwas ändert.

Christa Wallau | Do., 11. Juni 2020 - 10:10

... werde ich mich als erwachsener Mensch, der seiner Sinne u. seines begrenzten Verstandes mächtig ist, dagegen wehren, von äußeren Mächten (Regierung, Kirche, Medien,"Experten"...) erzogen zu werden.
"Betreutes" Denken ist mir zuwider.
Ich habe den Mut, mich meines e i g e n e n Verstandes zu bedienen u. die Ergebnisse meiner
Überlegungen offen kundzutun - mögen sie
gerade gelegen kommen oder ungelegen.

Zugegeben: Das kann ich nur so gut, weil ich in einem Land lebe, in dem dies -noch- möglich ist.
Außerdem bin ich finanziell abgesichert u. muß keinem Chef liebediernern, weil ich bereits im Ruhestand lebe.
Den vielen Mitbürgern, die sich dahingehend geäußert haben, daß man heutzutage besser nicht mehr spontan seine Meinung in Deutschland äußern solle, weil man sonst Sanktionen zu befürchten habe, kann ich nur zurufen:
Solidarisiert Euch!
W e h r t Euch gemeinsam; denn nur Einigkeit macht stark. Demonstrationen gegen die Beschneidung der Grundrechte sind ein guter Anfang.

denn die Demonstrationen, die Sie meinen, allgemein als Hygienedemos bezeichnet - richtiger wäre wohl Pegida 2.0 - sind schon wieder am Aussterben.

Die Koalition aus Verschwörungsfantasten, durchgeknallten Impfgegnern und üblichen Rechtsextremisten brachte beispielsweise hier- einer Stadt mit über 150.000 Einwohnern - gerade mal 12 Teilnehmer auf die Beine, bei über 300 demokratisch gesinnten Gegendemonstranten.

Die Menschen, die ein ernsthaftes Anliegen hatten - wie z.B. Mütter, die ihren Alltag schwerlich organisieren können - bleiben diesen Demonstrationen mittlerweile fern.

Der erhoffte Aufstand des "Volkes", der zur Solidarisierung aller relevanten Kräfte, einschl. Armee und Polizei führt, und der in der anvisierten sozial-patriotischen Revolution die verhasste Demokratie hinwegfegt, wird wohl nicht stattfinden.

Bei den Hygienedemos waren nicht mal annähernd so viele Teilnehmer zu zählen, wie bei den Demos gegen Rassismus.

Ein gutes Zeichen.

alf graef | Do., 11. Juni 2020 - 10:26

...werden jetzt nach rassistisch angehauchten Szenen durchforstet. Mal gespannt wen die mainstreamgesteuerte Moralkeule trifft.

Gute Analyse Herr Dr. Kissler. Capeau!
Im übrigen. "Vom Winde verweht" wurde auch schon von den Nazis verboten! Der Auslöser ist mir jedoch nicht bekannt! Rassismus dürfte keine Rolle gespielt haben!?

MfG

Ernst-Günther Konrad | Do., 11. Juni 2020 - 10:38

wieder ein grundehrlicher und klarer Artikel Herr Dr. Kissler. Wie lange noch, dürfen Sie und ihre Kollegen hier noch so schreiben? Ich hoffe solange sie es selbst wollen. Es reicht nicht Rücktritte einzufordern oder Entlassungen durchsetzen, wie von Ihnen beschrieben. In GB gab es auf Twitter eine Diskussion zum Thema Gender. Die weltbekannte Autorin von Harry Potter u.a. Büchern - J.K. Rowling- mochte sich dem Genderismus nicht beugen und legte sich auf Mann und Frau fest, weil dies ihre Geschlechtereinordnung ist, die sie vertritt. Inzwischen erreicht der Shitsorm dort die Aufforderungen, ihre Bücher zu verbrennen.
Mal sehen wann Cicero verbrannt werden soll.
Ich bin mir sicher, dass der ein oder andere Cicero Leser und Forist bereits jede Wortwahl der Autoren überprüft und mit Sicherheit irgendwann einen abstrusen Vorwurf erhebt. Ja, wir sollen erzogen, umerzogen werden, wie Sie richtig formulieren das "Flussbett des Erwünschten" zu durchschwimmen. Es gibt nur ein linkes Ufer.

Maria Arenz | Do., 11. Juni 2020 - 10:45

Wo wird das enden,was Herr Kissler so treffend beschreibt? Wo es noch immer geendet hat,mit Krach Bumm. Angefangen hat es mit der Verfolgung von "microagresssions" und der Forderung von "safe spaces"an US-Universitäten, die "sensiblen" Naturen jede Konfrontation mit möglicherweise irritierenden Realitäten ersparen sollte. Das Nachgeben der Autoritäten hat dann zu immer öfter gewalttätigen Aktionen zwecks Verhinderung von Vorträgen von Leuten, die mal was gesagt hatten, was inzwischen unter den "woken" Sensibelchen ein NoGo ist. Und inzwischen kontrolliert die neue Inquisition den allgemeinen öffentlichen Diskurs immer rigider. Infantilität i.S. einer immer wütenderen Weigerung, sich mit Realität abzufinden, wie sie für Kinder im Trotzalter typisch ist, scheint mir in der Tat das bestimmende Muster zu sein, das diesen Zeitgeist hervorgebracht hat. Dazu der Kult um Opferidentitäten und eine Denkfaulheit, die den armen Immanuel Kant (Sapere Aude!) im Grab rotieren lassen muß.

Romuald Veselic | Do., 11. Juni 2020 - 21:30

Antwort auf von Maria Arenz

Sie sagen/schreiben es mit dem Kant Vergleich richtig.
Und dennoch kommen mir Zweifel auf, als Kant sagte: "In Ermangelung des Vergleichs, geht die Vernunft verloren..."
Nun erleben u. sehen wir selbst, dass dies noch schlimmer ist. Man kann täglich Realität ab- u. vergleichen, u. dennoch die Blödheit die Oberhand gewann. Ich glaube, dass nach einigen Jahrzehnten, werden auch Begriffe wie Antifa o. Aktivist, ebenso zum No-Way Vokabular erklärt.

Werner Peters | Do., 11. Juni 2020 - 10:59

Natürlich geht daran die Demokratie zugrunde. Ich vermute, dass ist von den Initiatoren dieser Entwicklung auf dem Weg in DDR-2.0 auch genauso beabsichtigt. Mich stört nur das "Wir" in dem Artikel. Ich will das alles nicht, sehe aber, das es der Mehrheit egal ist.

Wolfgang Tröbner | Do., 11. Juni 2020 - 11:15

intolerante Gesellschaft" - genauso ist es, Herr Kissler. Man kann schon seit Jahr und Tag beobachten, dass sich immer größere Teile der Bevölkerung immer kleinkarierter und duckmäuserischer verhalten, dabei immer unwissender werden (trotz der steigenden Zahl von Abschlüssen) und das eigene Denken immer mehr einstellen. Das Problem ist, so zumindest mein Eindruck, dass interessierte Kreise derartige Menschen zunehmend erfolgreich für ihre eigene Agenda benutzen. Gerade, weil sie die Macht haben und mittels willfähriger Medien die Gesellschaft in die Richtung lenken, wo es den eigenen Interessen nutzt. Es scheint, dass die Menschen kaum etwas aus der Geschichte gelernt haben. Eigentlich bin ich ein positiv denkender Mensch. Trotzdem muss ich gestehen, dass meine Überzeugung, dass am Ende alles gut werde, langsam, aber sicher dahinschwindet.

Wolfgang Henning | Do., 11. Juni 2020 - 11:22

Sehr geehrter Herr Kissler,
Sie haben uns wieder einmal die Augen geöffnet und eindringlich geschildert, wie es um unsere Meinungsfreiheit bestellt ist. Die geschilderten drei Beispiele sind symptomatisch auch für unsere Politik und Medienlandschaft. Untertanentum und vorauseilender Gehorsam gegenüber moralisierendem Mainstream sind das Gebot der Stunde. Wir sind damit auf dem besten Weg zur Autokratie und schließlich Diktatur.
Wir, Ihre Leser, hoffen, dass Sie sich Ihre Freiheit zum offenen Wort und Ihre Konter bewahren können.
Wir bedauern insofern Ihren Wechsel zur NZZ, weil uns Ihre freie Stimme im Cicero fehlen wird. Natürlich begleiten Sie für Ihre neue Aufgabe unsere besten Wünsche und die Hoffnung, dass Sie dennoch hin und wieder Ihre Konter als Gastautor im Cicero veröffentlichen können.
Mit besten Grüßen und Wünschen
Ihr Wolfgang Henning

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 12. Juni 2020 - 10:00

Antwort auf von Wolfgang Henning

herumkommen, damit er einmal ein würdiger Herausgeber des Cicero werden kann?
Für viele hier macht das wahrscheinlich keinen Unterschied, ob er im Cicero schreibt oder für die NZZ.
Gutes Gelingen Herr Dr. Kissler, bin mal gespannt, wie der Cicero den "Krater" auffüllen will.

Christa Wallau | Fr., 12. Juni 2020 - 19:15

Antwort auf von Wolfgang Henning

... möchte ich mich anschließen, lieber Herr Henning.

Auch ich bedauere seinen Weggang vom CICERO zur NZZ, wenngleich ich gut
nachvollziehen kann, warum er ihn vornimmt. In der Schweiz herrscht ganz allgemein ein offeneres Diskussionsklima als bei uns, und außerdem verdient man dort wesentlich mehr Geld.
Ich hoffe, daß Alexander Kissler mit Einzelbeiträgen dem CICERO erhalten bleibt und
wünsche ihm von Herzen alles Gute für seine Zukunft - beruflich und privat.

Klaus Decker | Do., 11. Juni 2020 - 11:44

Herr Kissler, haben Sie schon den Gedanken erwogen, dass Ihnen Ähnliches widerfahren kann?
Ich bin sicher, dass dass so ist - und dennoch lassen Sie sich nicht beirren, die dunklen Flecken des Zeitgeistes anzuprangern. Dafür gehört Ihnen meine Hochachtung!

Maja Schneider | Do., 11. Juni 2020 - 12:06

Empörung und Haltung ersetzen inzwischen längst auch bei uns Vernunft, klares Denken und Verstand, und wer nicht im Mainstream mitschwimmt, riskiert Ruf und Existenz, wie wir in letzter Zeit mehrfach im Zusammenhang mit prominenten Kritikern aus Politik und Gesellschaft erfahren mussten. Ein wie immer hervorragender Beitrag, Herr Kissler, dem ich in jeder Hinsicht zustimme.

Dirk Weller | Do., 11. Juni 2020 - 12:22

Vor langer Zeit gab es in der Öffentlichkeit und den Medien Meinungen, die waren RECHTS-MitteRechts-Mitte-MitteLINKS-LINKS .
Heute wird ( wie einst in der amerikanischen McCarthy-Ära ) von einer Gesinnungspolizei , bestehend aus einem Großteil der Journalisten/Leitmedien und links/grünen Politikern Gesinnungsschnüffelei betrieben.
Ein falsches Wort, eine nicht eindeutige Bemerkung, schon ist man abgestempelt, in der Regel als Rechts/AfD-nah/NAZI etc. . .
Echte Diskussionen finden so gut wie nicht mehr statt, nur mediale Hinrichtungen. Denn die Gesinnungspolizei kann keine abweichenden Meinungen ertragen, weil ihre eigene Meinung großteil nicht begründbar ist.
Hyper-Moralische Phrasen und Gefühle haben Verstand und Argumente ersetzt, und diese Phrasen bestehen den Realitätstest häufig nicht.
Es macht mir große Sorgen, wo das noch hinführen soll.

Hans Jürgen Wienroth | Do., 11. Juni 2020 - 12:27

Zitat: „Das Vergangene soll begradigt werden, um die Gegenwart auf Linie zu bringen“. Der Begriff „auf Linie bringen“ ist einer aus den Diktaturen dieser Welt. Aber treten Sie deshalb bitte nicht zurück, denn dieser Begriff wird selbst von regierungskonformen Medien wie der Funke-Gruppe (im Zusammenhang mit der Wahl Kemmerichs) gern verwendet, trotz entsprechendem Hinweis in einem Kommentar. Es kommt nicht mehr nur darauf an was gesagt wird, sondern auch wer es sagt. In einer o. g. Gruppe zugehörenden Zeitung wurde heute auf die Aktivitäten der EU-Kommissionäre gegen „Fake-News“ bei Facebook & Co. hingewiesen. Mehr „Informationsbeschränkung“ geht nicht, auch wenn diese Aussage sicher dem Ressort Fake zugeordnet werden wird.
Die Geschichte muss zerstört werden, um Neues zu schaffen, eine neue „gute Welt“ zu errichten. Damit zerstört man jedoch auch die Werte, die das Zusammenleben regeln. Genau darauf will man hinaus. Bleibt die Frage: Cui Bono? Wer zieht die Fäden?

Ingrid Gathmann | Do., 11. Juni 2020 - 12:43

Vielen Dank, Herr Kissler, dieser Artikel hat mich wieder etwas aufgerichtet. Hoffentlich dürfen Sie noch lange Ihre Meinung äußern.
Ich habe kürzlich das Buch von Eugen Ruge "Metropol" gelesen über die Stalin-Epoche, in die auch seine damals in Moskau (Ende der 30er, Anfang der 40er Jahre)lebenden Großeltern verwickelt waren. Was Sie in Ihrem Artikel beschreiben, ist der Anfang der "großen Säuberung". Nun wird mir leider schon wieder schlecht.
Und unsere Kinder (schon 55 und 54) merken das nicht, obwohl es sie betreffen wird. Wir erleben das ganze Ausmaß hoffentlich nicht mehr.

Markus Michaelis | Do., 11. Juni 2020 - 15:59

Es gibt einen Widerspruch zwischen Demokratie und Wahrheit. Widersprüche treiben die Dinge voran, aber dieser Widerspruch wird immer mehr zugunsten der Wahrheit entschieden. Nur ist Wahrheit sehr relativ und oft/meist nicht von Gefühlen zu trennen.

Es gibt auch Zeiten, da sollen Gefühle den Vorrang haben - etwa das Leid der Schwarzen über die Jahrhunderte. Ich würde da aber hier nicht mitgehen, weil die Sache größer ist: es geht ja auch um Minderheiten, Muslime, Frauen, Werte allgemein, Diskriminierung allgemein. Kurz es geht um die Erneuerung der ganzen Gesellschaft und da darf auch jeder mitreden und nicht eine Gruppe festlegen wer mitreden darf und wie. Das geht einfach gar nicht und das muss man auch so sagen - auch wenn man den Job verliert. Wer für die Wahrheit und die Menschheit spricht, sollte sich auch gut überlegen was und wer das genau sein soll.

Lisa Werle | Do., 11. Juni 2020 - 20:54

Dem Reinigungsfuror der grün-linken Rechthaber ist die Lernfähigkeit von Menschen schiet-egal. Darum geht es nicht. Es geht ausschließlich darum, auf grün-linke Linie gebracht zu werden. Widerlich ist das Ganze und so unglaublich dumm, dass man den Glauben an grün-linke Lernfähigkeit getrost auf ewig entsorgen kann.

Johan Odeson | Do., 11. Juni 2020 - 21:54

"Wer die Gegenwart beherrscht beherrscht die Vergangenheit. Wer die Vergangenheit beherrscht, beherrscht die Zukunft." George Orwell, 1984

Urban Will | Fr., 12. Juni 2020 - 13:22

Eine sehr gute Frage. Man gibt sich zunächst schnell die Antwort und nach einigem Nachdenken findet man eine andere.
Ich glaube, sie hat vielen von uns in der Tat nie viel bedeutet.

Zumindest dann nicht, wenn sie „weh“ tat.

Auch wenn man den Eindruck hat, dass früher mehr diskutiert wurde, so war es doch irgendwie immer das Gleiche mit den Andersdenkenden.
Bei den 68ern („Mach kaputt, was dich kaputt macht“) ebenso wie dem Bürgertum.

Das Netz hat all das noch befeuert. Was in den sozialen Netzwerken los ist, kann jeder einsehen.
Daher kommt es einem heute noch viel schlimmer vor als – was nur noch die „Älteren“ wissen – zu Zeiten ohne Internet. Damals gab es ja kaum „öffentliche“ Diskussionen.

Auch hier im Forum ist man schnell dabei, Andersdenkenden Bauchschläge zu verpassen.
Warum nur?
Sehr schade alles.

W.D. Hohe | Sa., 13. Juni 2020 - 08:58

lese ich weiter oben ?
Dort passen Sie sicher >auch< gut hin.
Die lese ich schon seit Jahren
Ein sehr be"denkens"werter Artikel zur Meinungsfreiheit und Bildung einer eigenen, Herr Kissler.
Beides derzeit weiß Gott keine leichte Übung.

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 13. Juni 2020 - 09:35

Lieber Herr Kissler
Der folgende Link hat einen interessanten Aspekt zum Thema „Rassismus“ für die Diskussion im Presseclub am Sonntag.
https://www.achgut.com/artikel/wenn_eine_bewegung_kulturdenkmaeler_koep…
Sind Taliban und IS nicht schließlich auch „Rassisten“?
Berlins Innensenator Geisel wird auf Cicero für sein Interview wg. seines „Rassismus“ gegen alte weiße Männer angegriffen. Ist Frau Özoguz‘ Aussage, Deutschland hat außer der Sprache keine Kultur, nicht auch Rassismus?
In Seattle soll der Capitol Hill auf Anweisung der Bürgermeisterin nach den Protesten „Polizeifrei“ sein, seither soll dort Anarchie herrschen. Ist es nicht das, was manche Gruppen in Deutschland anstreben? Diese Gruppen wollen scheinbar auch eine andere Republik, die nicht mit dem GG vereinbar ist.