
- Es fährt ein Boot nach Irgendwo
Gerade berät sich Heiko Maas mit den Außenministern der Nato-Staaten darüber, wie sie ihr Bündnis stärken können. Aber welche politischen Schwerpunkte setzt er an der Spitze des Auswärtigen Amtes? Vermisst werden eine klare Strategie und die Definition deutscher Interessen.
Die bisher wahrscheinlich meistkommentierte Twitter-Meldung des amtierenden deutschen Außenministers stammt vom 1. Oktober 2019. In die Welt gesetzt hatte sie die Social-Media-Abteilung seiner Behörde; der Inhalt war, gelinde gesagt, eher unpolitisch: „Eine Tasse Kaffee kann vieles sein. Auf Auslandsreisen von Heiko Maas & seiner Delegation ist sie oft eine Insel der Ruhe zwischen Terminen, eine Gelegenheit, Gespräche vorzubereiten, oder eine Möglichkeit, die Kaffeekultur eines Landes & so ein Land kennenzulernen“, twitterte das Auswärtige Amt (AA) pünktlich zum „Weltkaffeetag“ des vergangenen Jahres. Garniert wurde das Ganze mit dem Bild eines wohlfrisierten Ministers Maas, der elegant eine Kaffeetasse zum Mund führt.
Der Tweet sollte den als bürokratisch-nüchtern geltenden Politiker ins freundliche Licht eines nahbaren Menschen setzen, der auch die kleinen Freuden des Lebens zu schätzen weiß. Aber wie so oft in den sogenannten sozialen Netzwerken ging der Schuss nach hinten los: „Dieses Foto macht deutlich, was aus dem Amt des Außenministers geworden ist: eine staatlich subventionierte Instagram-Bühne. Dem Bürger suggerierend, Deutschland verfüge über geopolitischen Einfluss, während China und die USA Heiko Maas sicher nicht von Hape Kerkeling unterscheiden können.“ Hämische Kommentare wie dieser sind bis heute auf dem Twitter-Account des Ministeriums nachzulesen. Allgemeiner Tenor: Ein politisches Leichtgewicht macht lieber Werbung für Kaffee, als Deutschlands Interessen in der Welt zu vertreten.
„Slimline“ im Auswärtigen Amt
Was natürlich nicht stimmt. Heiko Maas hat einen der aufreibendsten Jobs im Bundeskabinett – und er äußert sich regelmäßig auch öffentlich zu allen möglichen außenpolitischen Themen. Aber während man etwa vom Finanzminister oder sogar vom Entwicklungsminister ziemlich gut weiß, welche Agenda sie verfolgen, stellt sich beim Chef des Auswärtigen Amtes sogar für Insider die Frage: Wo genau liegen eigentlich die politischen Leitlinien des 54-jährigen Saarländers, dem bis zu seinem überraschenden Wechsel in die Bundespolitik vor sieben Jahren der Ruf eines erfolglosen Oppositionspolitikers im deutschen Südwesten anhing?
Im eher elitären deutschen Außenamt am Werderschen Markt in bester Berliner Mitte-Lage hadern denn auch viele Mitarbeiter mit ihrem wenig weltläufigen Minister: „Slimline“ wird er intern genannt, und das bezieht sich nicht nur auf seine schlanke Figur.