
- Im Unfrieden vereint
Das Ergebnis des Brüsseler EU-Gipfels wird als Rettung Europas gefeiert. Doch bei Lichte besehen zeigt sich in diesem „historischen“ Kompromiss vor allem die strukturelle Schwäche der Gemeinschaft. Von der viel beschworenen Solidarität kann keine Rede sein.
Noch nie wurden die Ergebnisse eines EU-Gipfels so oft und aus so unterschiedlichen Richtungen als „historisch“ gefeiert, selten war so häufig von „Solidarität“ die Rede wie in den Tagen vor, während und nach dem Brüsseler Verhandlungsmarathon. Natürlich sind diese pompösen Begriffe rhetorische Nebelkerzen, denn um Solidarität wegen der Corona-Pandemie geht es ersichtlich nicht. Das ist von Veranstaltungen wie dem Treffen der EU-Staatschefs auch nicht anders zu erwarten, bei denen jedes Land auch und insbesondere seine eigenen Interessen vertritt.
Historisch sind deswegen lediglich der Umfang des Finanzpakets mit einem Gesamtvolumen von 1,8 Billionen Euro sowie die Tatsache, dass die EU zu dessen Finanzierung erstmals gemeinsame Schulden aufnimmt. Frankreichs Staatspräsident sprach denn auch schon freudig davon, die Kommission übernehme damit „die Rolle eines Finanzministeriums“. Diese Rolle war zwar nie vorgesehen, aber immerhin ist Macron ehrlich.