
- Politik der klaren Kante
Die möglichen Ampelkoalitionäre verstehen sich als pro-europäische Parteien, was sie in ihrem Sondierungspapier auch betonen. Damit dürfte sich auch die Politik gegenüber den EU-„Sorgenkindern Polen“ und auch Ungarn ändern. Die Zeit von Merkels Beschwichtigungspolitik wäre vorbei. Dennoch wird man nicht allein auf Konfrontation, sondern auch auf Dialog setzen.
Angela Merkel und Polen, das ist ein schwieriges Thema. Als Merkel 2005 Bundeskanzlerin wurde, führten sie ihre ersten drei Antrittsbesuche neben Paris und Brüssel auch in die polnische Hauptstadt Warschau. Ein klares Zeichen an den östlichen Nachbarn, der von den Bundesregierungen zuvor nicht immer die Beachtung und Anerkennung bekam, die er sich gewünscht hat. Doch mit dem Regierungsantritt der PiS 2015 nahmen die gegenseitigen Sympathiebekundungen merklich ab. Wirtschaftlich florieren die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern zwar prächtig, Polen ist mittlerweile fünftwichtigster Handelspartner Deutschlands, doch politisch hat man sich entfremdet.
Dies zeigten schon die bis heute letzten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen im Februar 2018, die eher von Missstimmung als gegenseitigem Vertrauen geprägt waren. Unübersehbar wurde die Entfremdung Mitte September bei Merkels Abschiedsreise nach Warschau. Ob die heute nur noch geschäftsführende Kanzlerin, deren Großvater Pole war, diesen überhaupt absolvieren würde, war lange unklar. Staatspräsident Andrzej Duda wiederum reiste lieber zu einer Feierlichkeit der Solidarność nach Kattowitz, als sich mit der scheidenden Bundeskanzlerin zu treffen.