Anne Spiegel
Die ehemalige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel stolperte über die Jahrhundertflut im Ahrtal / picture alliance

Verantwortungsbewusstsein unter Politikern - Exklusiv für Xing-Leser: Willkommen in der Seifenoper!

Jahrhundertflut im Ahrtal, Berliner Wahldesaster, Cum-Ex-Skandal: Große Seifenopern im Sinne der frivolen Selbstüberhöhung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Kritik am politischen System steigert sich immer mehr und wird immer umfassender. Es besteht allerdings die Gefahr, dass durch den anhaltenden Krisenmodus und die politische Reizüberflutung die Fähigkeit zur differenzierten politischen Kritik verlorengeht.

Autoreninfo

Professor Dr. med. Matthias Schrappe ist Internist und war Vorstandvorsitzender der Universitäts-Klinik Marburg, Dekan und wiss. Geschäftsführer der Univ. Witten/Herdecke, Generalbevollmächtigter der Frankfurter Universitäts-Klinik, Dir. Institut Patientensicherheit Universität Bonn (in den Jahren 2002 bis 2011).

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Politische Verantwortung und deren Negation kennt viele Spielarten. Wie die Spektralfarben: Wenn man sie übereinander legt, ist alles schwarz; wenn man sie als Lichtwellen bündelt, erscheint ein klares Weiß – in keinem der beiden Fällen lassen sich Details erkennen. Ähnlich führt das unkommentierte Nebeneinander von politischen Inszenierungen à la Großbritannien, der Verantwortungsübernahme bei Katastrophen wie in Rheinland-Pfalz (Ahrtal) und von provokanter Schnöseligkeit à la Autobahnmaut zu einer derartigen Unzugänglichkeit des Begriffs „Politik“, dass kaum noch ein Weg aus der Misere erkennbar bleibt.

Das gegenwärtige politische Spektrum löst also nicht nur Irritation aus, sondern führt zu einer Überreizung, die keine Unterscheidung mehr zulässt. Es besteht erheblicher Analysebedarf, will man nicht in ein allgemeines Politikbashing verfallen. Wie wäre aber ein differenzierteres Bild zu zeichnen, was wäre zu entdecken hinter dem Dunkel der generellen Politiker-Verurteilung – und im gleißenden Licht mancher Politiker-Verherrlichung?

Die Person: Politiker

Starten sollte man auf jeden Fall, ganz unumwunden, bei der Rolle des Politikers selbst. Wird der heutige Politiker seiner Aufgabe, seiner Verantwortung gerecht? Ist es vielleicht so, dass man hier viel schärfer durchgreifen müsste, auch wenn es die Person betrifft? Müsste der ehemalige Verkehrsminister Andy Scheuer also gezwungen werden, die 500 Millionen Euro, die seine völlig indiskutable Administrierung der Autobahnmaut gekostet hat, selbst zu bezahlen? Schwer vorstellbar, nicht zuletzt auch deswegen, weil man für diese Kostenübernahme kaum eine Grenze zur Geringfügigkeit identifizieren könnte, geschweige denn jemanden finden würde, der unter dieser Bedingung ein politisches Amt bekleidet. Also ein „heißer Punkt“.

Es lohnt sich daher, gut 100 Jahre zurückzugehen und sich den Klassiker von Max Weber zum Thema „Politik als Beruf“ vorzunehmen. Es handelt sich um einen verschriftlichten Vortrag, den er kurz nach dem Ersten Weltkrieg gehalten hat und der in seiner Geradlinigkeit, Ruhe und gleichzeitig Leichtigkeit beeindruckend ist, gerade angesichts des umstrittenen Gegenstandes in einer stürmischen Zeit. „Entweder: man lebt „für“ die Politik – oder aber: „von“ der Politik“, lautet einer der Kernsätze. Geht man also idealistisch in der Politik auf, oder ist man „Berufspolitiker“? Vorschnell soll man nicht urteilen. Listig weist Weber darauf hin, dass der idealistische Ansatz, man solle „für“ die Politik leben, damit man nicht durch das „von“ korrumpiert werde, leicht bedeuten könne, dass sich nur Leute bewerben, die es sich leisten könnten.

Mandat als Austauschbeziehung

Und diese „Plutokratisierung der Politik“ lehnt er ab – also doch „von“ der Politik leben. Klare Sache, sollte man meinen, man bekommt eine Art Gehalt, und dafür macht man seinen Job. Jeder kann mitwirken, weil es sich jeder leisten kann. Wenn man gewählt ist, ist man „Mandatsträger“. Es soll hier gar nicht die Nagelprobe gemacht werden, ob im Deutschen Bundestag die unteren Gehaltsgruppen wirklich ausreichend vertreten sind (sie sind es nicht), oder ob es trotz allem die Beamten und anderweitig Abgesicherten sind, die die Bänke füllen (sie sind es).

Herauszuheben ist vielmehr die Frage: Wer gibt denn dem Mandatsträger sein Mandat, wer ist also der Auftraggeber für diese Tätigkeit? Derjenige, der bezahlt – also der Steuerzahler? Oder besser: die Wahlberechtigten? Oder, weniger beliebt vielleicht, die Interessengruppen, die die Wahlkampagnen bezahlen und zwischen denen Kompromisse ausgehandelt werden müssen, die Verbände, gar die Parteien, die die Kandidaten aufstellen (und ja für ihre Rolle auch ganz gut alimentiert werden)? Letztlich kann man sich auch auf den Standpunkt stellen, die Politiker handelten im Auftrag der Gesellschaft, denn es ist ja letztlich der Staat, der ihnen Diäten bezahlt und Arbeitsmittel zur Verfügung stellt. Auch stellt die Gesellschaft die Normen, nach denen das Mandat wahrzunehmen ist.

Letztlich ist es gar nicht so entscheidend, welche Antwort man im Einzelnen wählt, wichtig ist aber der Tatbestand, dass es sich – bei dieser Sichtweise – um ein Auftrags- und damit um ein Austauschverhältnis handelt. Du bekommst deine Diäten, und ich erwarte eine Leistung. Dies führt allerdings zwangsläufig zur nächsten Frage: Wie ist diese Leistung denn zu beschreiben? Drei Antworten haben hier Gewicht: Sie sollen sachgerecht die aktuellen Probleme lösen (Funktionalität), sie sollen in der Lage sein, Kompromisse auszuhandeln, und sie sollen „da“ sein (Verantwortung zeigen). So leitet Max Weber die Frage der Funktionalität von „seiner“ unmittelbaren Vergangenheit ab; die feudalen Größen waren nicht mehr in der Lage, die Vielschichtigkeit der Probleme zu durchdringen, und brauchten hierzu Bedienstete, die – so die damalige Vorstellung – auch das Parlament dominieren sollten.

Politik als Betrieb

„Die Entwicklung der Politik zu einem ,Betrieb‘, der eine Schulung im Kampf um die Macht und in dessen Methoden erforderte ...“, so fährt Weber fort. Politiker müssen also geschult werden, sie müssen die Methoden der Macht kennenlernen. Hierzu gehören die bereits genannte Sachkunde und die Fähigkeit zur Verständigung. Bezüglich der Sachkunde können sich Politiker eines mehr oder weniger großen Beamtenapparates bedienen, für dessen Besetzung das Expertenprinzip gilt, und zwar in einem höheren Maße als für die Besetzung der politischen Ämter (wer heute Verteidigungsminister ist, kann morgen schon als Innenminister wirken).

Was weitaus weniger geschätzt wird, ist die Fähigkeit zur Kompromissbildung, man meint, dies sei keine ernstzunehmende Aufgabe. Es wäre allerdings genauso, als würde man sagen, jeder könne gleichermaßen ein Fußballteam führen, als Coach arbeiten oder eine große Firma durch die Unwägbarkeiten der Zeit leiten. Für Kompromisse braucht man einen hohen Grad an Professionalität, Ich-Stärke, Kommunikation und Führungsqualität, und es bedarf der Fähigkeit der Netzwerkbildung, nichts für Einsiedler also.

Verantwortung als Kern

Ob zu den Qualitäten allerdings auch die Twitter-Kompetenz gehört, muss kritisch gesehen werden, gerade im Hinblick auf das „Da-Sein“. Denn schnell mal eben einen Tweet absetzen insinuiert zwar Präsenz, ist aber wohlfeil. Was die Wähler jedoch gerne sehen würden, ist eine Form der Präsenz, die sich Verantwortung nennt.

In Verantwortung gehen, Verantwortungsbewusstsein, Verantwortung tragen, Verantwortung übernehmen oder ablehnen, sich der Verantwortung stellen. Ein Begriff, der stark die persönliche Ebene anspricht, passt gut in die Zeit, in der gesellschaftliche Fragen immer stärker auf der individuellen Ebene ausgehandelt werden: Man soll bitte authentisch und wahrhaftig wirken, „Achtsamkeit“ ausstrahlen, natürlich nachhaltig denken, gekrönt durch die allgegenwärtige Forderung nach Resilienz. Die kritische Analyse der Systemrisiken hat sich mancherorts aufgelöst im systemischen Wechselspiel einzelner Individuen, deren Schwarmverhalten mittels der modernen Nudging-Ansätze möglichst unbemerkten Regeln und idealtypischen Verhaltensformen unterworfen wird.

 

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Trotzdem, ohne Verantwortung kann man keine persönliche Beziehung eingehen, findet sich nicht in der Arbeitswelt zurecht, und natürlich kann die politische Ebene nicht ohne Verantwortung gestaltet werden. Verantwortung bedeutet, sich für eine Sache, eine Person oder eine soziale Struktur einzusetzen, in Vorleistung zu gehen, eine ideelle Verpflichtung einzugehen, um mit ideellen oder materiellen Leistungen dafür entlohnt zu werden. Da nun aber durch die immer stärkere Bedeutung identitärer, gruppenspezifischer Ziele das politische Handeln einem immer stärker werdenden Konformitätsdruck ausgesetzt ist und die Moralisierung des Handelns praktisch keine Grenzen mehr kennt (Hypermoralisierung), lasten immer größere Erwartungen auf den Verantwortung tragenden Personen – einerseits. Andererseits steigt die Versuchung, Verantwortung nur zu simulieren und sich um so dreister aus der Affäre zu ziehen, hierzu später mehr.

Funktionalität, Kompromissfähigkeit und Verantwortung sind also zentrale Kriterien, will man das Handeln von Politikern beschreiben und sich einen Eindruck verschaffen, ob die Austauschbeziehung zwischen den Wählern und den politischen Mandatsträgern „stimmt“. Aber das ist natürlich nicht alles, denn es gibt noch das „Drumrum“. Jede Beziehung, jeder Austausch findet in einem Kontext statt, in einer Umgebung, und ist damit vielfältigen Einwirkungen ausgesetzt. Es ist wie im Leben: Es gibt Dinge, die unangenehm oder sogar schlimm sind, aber nicht verhindert werden können (nennen wir sie „Unheil“), und es gibt negative Entwicklungen, die auf Fehler zurückgehen, also auf die Verletzung von Regeln durch Personen, die dafür verantwortlich waren. Und dann gibt es Personen, die Fehler mit Absicht begehen, sie nicht eingestehen und sie sogar bewusst wiederholen.

Unheil: der Meteoriteneinschlag

Das klassische Beispiel für schicksalhaftes Unheil ist der Meteoriteneinschlag, sozusagen der „Don’t Look Up“-Moment. In diesem Film von 2021 mit absoluter Starbesetzung rast ein neu entdeckter Himmelskörper auf die Erde zu und droht sie zu zerstören (am Ende erfolgreich). Dabei hat der Regisseur Adam McKay in diesem Film eine lehrreiche Finte gelegt, denn was auf den ersten Blick als „Follow the Science“-Aktivismus aufscheint (in Analogie zur Klima- und Coronaproblematik), ist im Grunde eine Studie zur Reaktion des Menschen und der Gesellschaft auf eine nicht (mehr) vermeidbare Gefahr.

So wie es nicht gänzlich zu vermeiden ist, auf offener See von einem Blitz getroffen zu werden oder an einem floatenden Container zu zerschellen (Robert Redford in „All Is Lost“, 2014), so ist ein Ahrtal-Unglück im Einzelnen nicht vorherzusehen und nicht zu verhindern. Man kann vielleicht die Häufigkeit vermindern (Klimapolitik), und man kann zur Folgenminimierung Rückhaltebecken bauen oder die Baupläne anpassen (was alles jetzt nicht thematisiert werden muss, denn wir haben ja die Klimakatastrophe als Generalabsolution), aber über diese Maßnahmen hinaus bleibt nichts.

Kaum jemand wird einen Politiker für einen Meteoriteneinschlag verantwortlich machen und seinen Rücktritt fordern – vorausgesetzt, er handelt sachkundig und macht keine Fehler. Letztlich waren jedoch die Taschenlampen im Polizeivideo aus den bedrohten Häusern im überfluteten Ahrtal zu viel, Roger Lewentz (SPD), der rheinland-pfälzische Innenminister, musste zurücktreten. Es mag also Fehler gegeben haben, aber es drängt sich hier doch der Verdacht auf, dass die Politiker mit ihrem Rücktritt eher einen Preis für den Zorn der Öffentlichkeit auf die Endlichkeit der menschlichen Bedingung zahlen mussten.

Verantwortung im politischen Prozess

In der gegenwärtigen Diskussion zur Krise der Demokratie wird immer wieder betont, das demokratische System würde keine guten Ergebnisse mehr liefern (Legitimation durch Ergebnisse). Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Bürger durchaus wissen, dass politische Entscheidungen nicht immer punktuell getroffen werden, sondern im typischen Fall Bestandteil politischer Prozesse darstellen (Legitimation durch Prozesse).

Eine zu starke Betonung der Verantwortung einzelner Politiker kann dazu verführen, die individuelle Verantwortung zu überschätzen und sie fehlerhaft zu adressieren: Man schlägt den Nächstbesten, statt den Prozess in Frage zu stellen. So wie bei der derzeitigen Energieproblematik: Die Wurzeln liegen in der Vergangenheit (AKW- plus Kohleausstieg, Gas als Brücke), die aktuellen Schwierigkeiten der Gasversorgung treten hinzu (Ukrainekrieg und Sanktionen), die „Gewalt“ der Entscheidungen der Vergangenheit bleibt aber bestehen, die Konsequenzen sind katastrophal.

Zwei Fragen sind zu diskutieren: Sind die Entscheidungen mit Sachverstand getroffen worden (punktuelle Verantwortung), und sind unter Berücksichtigung der Vorbedingungen die jetzigen Entscheidungen so gefällt worden, dass der Schaden minimal ausfällt (Prozessverantwortung). Ähnlich in Großbritannien: Ist die Entscheidung der zurückgetretenen Premierministerin Liz Truss zur Steuersenkung mit Sachverstand getroffen worden, oder ist diese Fehlentscheidung eingebettet in einen politischen Prozess, der im Brexit seinen Ausgang (oder, je nach Sichtweise, seinen Höhepunkt) gefunden hat? Allein die Ex-Premierministerin zur Verantwortung zu ziehen, mag verständlich sein, dieses Vorgehen löst aber das Problem nicht.

Die Hidden-Agenda-Problematik

In den beiden vorgenannten Szenarien sind externe Faktoren (der Meteorit) und die Handlungsverantwortung gut erkennbar. In einem dritten Szenario ist dies anders, und dies stößt beim Publikum (den Wählern) regelmäßig besonders auf: Es wird gehandelt, aber im entscheidenden Augenblick erscheint plötzlich ein anderes Handlungsmotiv (der Propeller scheint stillzustehen). Die Kollegin des zurückgetretenen Innenministers Lewentz, die damalige Landesumweltministerin Anne Spiegel, hatte die Lage (ebenfalls) falsch eingeschätzt und musste später als Bundesfamilienministerin zurücktreten, nachdem klar geworden war, dass sie wegen einer angespannten familiären Situation keine Zeit hatte, sich mit der Ahrtal-Katastrophe zu beschäftigen (dies muss man eindeutig als mangelnde Funktionalität bezeichnen).

Allerdings kochte die Sache erst dann hoch (und war letztendlich ausschlaggebend für den Rücktritt), als klar wurde, dass sie schon noch Muße genug gefunden hatte, um anzuweisen, in der zu verfassenden Presseerklärung doch bitte das Wort „Campingplatzbetreiber“ zu gendern. Was stand im Vordergrund: die Lebensgefahr der Betroffenen – oder war etwa das Gendern wichtiger?

Im Management gibt es die sogenannte Principal-Agent-Thematik. Hiermit ist gemeint, dass die Manager (die Agents) durch ihre intime Sachkenntnis in der Lage sind, die Geschäfte stärker in ihrem eigenen Interesse zu steuern als im Interesse der Eigentümer (Principals) (man versucht dies dann vertraglich oder durch Leistungsanreize zu verhindern). Übertragen auf den politischen Betrieb kann dies bedeuten, dass Politiker zwar Verantwortung zeigen, aber im Hintergrund eine ganz andere Agenda verfolgen. So ist der eigentliche politische Sprengsatz der Gas- und Ukrainekrise nicht etwa im Energiemangel und den wirtschaftlichen Folgen zu sehen (ohne diese kleinreden zu wollen), sondern in dem ungeheuren Verdacht, dass es einer Partei (den Grünen) bei allem Bedauern alles ganz recht kommt, dass sie also eigentlich eine ganz andere, versteckte Agenda verfolgen.

Seifenoper als Zukunft?

Allerdings wird auch die Hidden-Agenda-Thematik noch durch eine vierte Eskalationsstufe getoppt, die in den letzten Jahren erschreckend en vogue geworden ist. Es handelt sich um die Tendenz, Politik nur noch als Inszenierung, ja nur noch als Theater anzusehen. In der Aufführung der Possen wird regelrecht damit geprahlt, dass die Unwahrheit der Wahrheit vorzieht, dass eine Komödie aufgeführt wird, dass ein Vertrauen in ein nachvollziehbares politisches Handeln nichts als pure Einbildung darstellt. Trump war ein gutes Beispiel (und wird es eventuell wieder sein), UK mit der allen Ernstes wieder diskutierten Wiederwahl Boris Johnsons ein anderes, aber die Historie geht weit zurück, schon Berlusconi in Italien zeigte Ansätze.

Hier ist die politische Verantwortung zur reinen Seifenoper verkommen, und es muss verwundern, wie unterhaltsam das Publikum – und hier ist dieser Begriff wirklich zutreffender als der des Wählers – dieses Schauspiel findet. Um so mehr Capitol-Sturm, um so besser! Um so mehr Lüge, um so glaubwürdiger!

Wird ein solches Theater zur Grundform zukünftiger Politikgestaltung? Fehler nicht nur nicht zugeben, sondern sie stolz präsentieren und die Wiederholung ankündigen? Verantwortung nicht tragen, sondern Verantwortunglosigkeit predigen? Es ist nicht auszuschließen. Gewisse Elemente haben wir heute auch bei uns schon, wenn man daran denkt, mit welchem Lächeln sich Scheuer aus der Verantwortung gestohlen hat. Wenn man daran denkt, wie frivol der Gesundheitsminister eine vom Steuerzahler finanzierte Werbekampagne für seine Corona-Maßnahmen dazu nutzt, über sein zum Piktogramm stilisierten Haarschopf persönliche Wahlwerbung zu machen. Nicht dass die Haartolle sich noch gelb einfärbt.

Die Bürger wissen, dass jedermann Fehler macht – auch Politiker. Aber nicht daraus zu lernen, eigentlich etwas ganz anderes vorzuhaben (die Austauschbeziehung missbrauchen oder nur vorzutäuschen) oder gar frivol mit dem Fehlverhalten zu prahlen, das werden und sollten sie nie verzeihen. Eigentlich haben die Bürger für diese Unterscheidung eine „gute Antenne“. Allerdings gibt es Zeiten, in denen die Antenne sehr stark ausgelastet ist, in denen es an Klarheit über die Anforderungen und Erwartungen mangelt. Wenn alles irre ist, wenn alles verständlich erscheint, dann kann die Differenzierung versagen. Das Spektrum schließt sich, die Farben überlagern sich wieder, alles wird weiß, und ganz und gar dunkel.

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