
- Moralistische Doppelstandards schwächen den Geist der Demokratie
Der Sturm auf das Kapitol war ein Angriff auf eine demokratische Institution der USA. Dass Präsident Trump beim Versuch einen Mythos zu schaffen, Todesopfer in Kauf nimmt, zeigt beispiellose Verantwortungslosigkeit. Wer aber aufgeregt von einem versuchten Staatsstreich spricht, irrt.
Es dürfte wohl jeden demokratisch denkenden Menschen verstört haben, was sich rund um die Finalisierung der Präsidentenwahl im Kapitol der Vereinigten Staaten von Amerika abspielte. Präsident Trump arbeitet seit Jahren an seinem Bild in den Geschichtsbüchern – und seien es Bücher über – nun ja – alternative Geschichte. Diesem narzisstischen Ziel hat er vier Jahre lang vieles untergeordnet, oft auch das Wohl des Landes. Seine Rede vor dem Beginn der Auszählung der Wahlmännerstimmen im nahegelegenen Kapitol kann insofern als Teil seines Versuchs gewertet werden, um jeden Preis einen Mythos zu schaffen.
Er hätte wissen können, dass aufgeheizte Wutbürger anschließend nicht nur vor dem Kapitol demonstrieren, sondern auch Gewalt ausüben könnten. Das hätten auch die Polizeibehörden des District of Columbia wissen können und ebenso die Polizeibehörde des Kapitols. Beispielsweise wurde einer der Anführer der rechtsradikalen Gruppe „Proud Boys“ am vergangenen Montag in Washington, D.C. verhaftet. Er war aus Florida gekommen, um an jener Demonstration teilzunehmen, die schließlich vor und letztlich in das Kapitol führte. Dabei wurde sogar Munition bei ihm gefunden.