
- Herrschaft der Kindsköpfe
Medien und Politik verklären den gut gemeinten Aktivismus Jugendlicher zur Weltrettungsweisheit, während die Wirtschaft von den Konsumgewohnheiten einer immer infantileren Gesellschaft profitiert. Aber wenn Erwachsene sich wie Kinder behandeln lassen, kennt der Staat bald keine Grenzen mehr
Kindliche Unschuld verkauft sich gut. Hier ein paar aktuelle Beispiele. „Person of the Year 2019“ des Nachrichtenmagazins Time wurde bekanntlich Greta Thunberg, die damals 16-jährige Virtuosin der inszenierten Authentizität, offenbar in Anerkennung ihrer reinen Rhetorik der Empörung: „How dare you!“ – wie könnt ihr es wagen, mich um meine Kindheit zu betrügen! Dass die Oma, die im Hühnerstall Motorrad fährt, als alte Umweltsau entlarvt wurde, verdanken wir dem Kinderchor des WDR – eine Publikumsbeschimpfung, die von vielen beschimpften Erwachsenen masochistisch genossen wird.
Das gilt auch für jene Wutattacken von Greta vor den hohen Häusern der Weltpolitik und für die freitäglichen Spektakel der Schulschwänzer, also die in Deutschland von Luisa Neubauer geschickt vermarktete Jugendbewegung Fridays for Future, die für die Rettung der Welt streikt und hüpft. Lichterketten genügen schon lange nicht mehr. Hier formiert sich ein neuer Kinderkreuzzug gegen die verstockten Erwachsenen, getragen von einer romantischen Fernstenliebe, die sich um die ganze Welt sorgt. Mit großem Erfolg übrigens – zumindest für Luisa. Siemens-Chef Joe Kaeser hat ihr einen Sitz im Aufsichtsgremium einer seiner Firmen angeboten. Die einmalige Gelegenheit, ein solches Angebot um der Authentizität ihres Engagements willen abzulehnen, hat sie sich natürlich nicht entgehen lassen.