
- „Nicht wir stimmen mit der AfD – die AfD stimmt mit uns“
Im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags in Sachsen-Anhalt kocht der alte Ost-West-Konflikt wieder hoch. Die CDU-Fraktion sieht sich als Opfer einer rot-grünen Moraldebatte. Aber geht es ihr wirklich nur um die 86 Cent im Monat oder um die Macht?
Markus Kurze ist parlamentarischer Geschäftsführer und medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Herr Kurze, die CDU in Sachsen-Anhalt will die geplante Beitragserhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mittragen. Es geht um 86 Cent. Der Streit darüber zieht sich jetzt schon über ein halbes Jahr hin. Nervt Sie das nicht langsam?
In erster Linie geht es nicht um 86 Cent, sondern um insgesamt 1,5 Milliarden Euro, die in vier Jahren zusätzlich eingenommen werden sollen. Momentan sind es jedes Jahr 8 Milliarden Euro, die sich mit Beiträgen finanzieren. Es ist richtig und wichtig, dass es den ÖR als zentrale Informationsquelle gibt. Auf der anderen Seite ist es aber auch wichtig, dass die gewählten Abgeordneten die Beitragszahler, bzw. die Bürgerinnen und Bürger im Blick haben. Und wenn wir uns anschauen, in welcher wirtschaftlichen Krise wir uns momentan befinden, sagen wir, eine Beitragserhöhung ist momentan nicht angebracht.
Eine Bild-Zeitung kostet einen Euro – also 14 Cent mehr als die monatliche Erhöhung. Fühlen Sie sich durch das Boulevardblatt besser informiert als durch die Tagesschau, Tagesthemen oder das heute-journal?
Nein, ich lese gerne Bild, Cicero und viele andere Printmedien, und ich schaue auch gern Tagesschau oder heute-journal. Der Mix macht es, daher finde ich es ja auch gut, dass wir das duale Rundfunksystem haben – und eine Säule davon ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der beitragsfinanziert ist und eben auch neutral und unabhängig berichtet. Auf der anderen Seite gibt es auch private Anbieter. Wir müssen einfach nur darauf achten, dass alles im Lot bleibt. Der Bürger soll selbst entscheiden, wie er sich informiert. Aber beim ÖR kann der Bürger das gar nicht entscheiden. Er ist dazu verpflichtet. Deshalb müssen wir im Blick behalten, wohin sich der Beitrag entwickelt.
Der wurde seit elf Jahre nicht erhöht. Jetzt soll er um 86 Cent auf 18,36 Euro steigen. Ist dieser Anstieg nicht vertretbar?
Vom monatlichen Rundfunkbeitrag könnte ich mir auch eine Haftpflicht-, Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung leisten. Das sind Dinge, die braucht jeder Mensch. Aber die Frage stellt sich ja nicht, weil wir davon den Rundfunkbeitrag bezahlen.
Als sich der Ministerpräsident Reiner Haseloff bei der Abstimmung über die Änderung des Rundfunkstaatsvertrages im März als einziger MP enthalten hat, hieß es, „das Öffentlich-Rechtliche ist Westfernsehen geblieben.“ Sie sind ein Kind der DDR. Was verbinden Sie mit Westfernsehen?
Damit verbinde ich die Mainzelmännchen. Mit denen bin ich als Kind groß geworden. Später haben wir auch „Dalli Dalli“ geguckt oder „Disko“ mit Ilja Richter. „Licht aus – Spot an!“ Gottseidank konnten wir das mit empfangen und hatten nicht nur die zwei DDR-Sender. Aber bis zur Einführung des privaten Fernsehens hatten die alten Bundesländer ja auch bloß drei Sender. Aber die Ausgangssituation war ja auch eine andere.
Und heute?
Wenn ich mir ansehe, wohin sich der öffentliche Rundfunk seither entwickelt hat, sind wir schon bei der Krux: Brauchen wir für eine Grundversorgung wirklich über 70 Radio- und über 20 TV-Sender? Die Debatte darüber hätte natürlich schon früher angefangen werden können. Jetzt hat sie aber an Fahrt aufgenommen.