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Sicherheitsdebatte nach dem Anschlag von Halle - „Die Idee der Vorratsdatenspeicherung ist totalitär“

Wegen des Anschlags von Halle hat Innenminister Horst Seehofer Gaming-Plattformen im Visier. Er fordert das Speichern von Vorratsdaten und Kommunikationsüberwachung. Für die Sprecherin des Chaos Computer Clubs, Constanze Kurz, ist das eine politische Bankrotterklärung

Bastian Brauns

Autoreninfo

Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Constanze Kurz ist Informatikerin, Autorin und Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC)

Frau Kurz, nach dem Anschlag von Halle diskutieren Sicherheitspolitiker über stärkere Überwachung im digitalen Raum. Innenminister Horst Seehofer bringt die Vorratsdatenspeicherung wieder ins Gespräch, aber auch Gaming-Plattformen und Messengerdienste sollen stärker überwacht werden. Was halten Sie davon?
Mein erster Gedanke war, was für ein Ausdruck absoluter Hilflosigkeit, politischer Leere und Bankrotterklärung. Wenn der Bundesinnenminister anlässlich einer Tat, die mit Waffengewalt gar nicht im virtuellen Raum, sondern in der normalen Welt stattgefunden hat, solche altbackenen Ideen ventiliert. Als wäre irgendeinem Opfer damit geholfen, wenn man jetzt wieder mit diesen alten Konzepten kommt.

Warum bezeichnen Sie das als altbacken?
Seitdem die Vorratsdatenspeicherung immer wieder gefordert wurde, hat sich Welt gewandelt. Auch der deutsche Bundesinnenminister sollte mitbekommen haben, dass es gerade einen großen Skandal in Dänemark gab. Dort zeigte sich, dass viele von den Daten, die bei der Vorratsdatenspeicherung erhoben und in Gerichtsverfahren verwendet wurden, schlicht falsch waren. Viele Gerichtsverfahren müssen nun wieder neu aufgerollt werden. Aber es geht mir um etwas anderes: Horst Seehofer wiederholt dieses Buzzword, als sei das eine Art Allheilmittel.

Sie sprechen von politischer Leere und Hilflosigkeit. Wenn der Staat es zulässt, dass sich Menschen anonym im Internet bewegen und dort illegale Dinge tun, wirkt das auch hilflos. Sollen wir uns mit rechtsfreien Räumen einfach abfinden?
Das Internet ist mit Sicherheit kein rechtsfreier Raum. Die Netze sind heute hoch reguliert. Aber Vorratsdatenspeicherung bedeutet ja nicht De-Anonymisierung, nur weil jemand Verbindungsdaten staatlich erzwungen aufzeichnet. Man kann natürlich nach wie vor anonym kommunizieren. Das ist relativ leicht. Dieser logische Zusammenhang besteht technisch einfach nicht.

Aber die Chancen, jemanden zu erwischen, der sich nicht sorgsam genug versteckt, könnten steigen.
Man muss aber doch die Frage stellen, ob alle Menschen dieses Landes, vom Kind bis zum Greis, ihre Daten hinterlegen müssen, wegen eines Vorfalls wie in Halle. Das muss man sich immer wieder sagen. Die Idee der Vorratsdatenspeicherung ist totalitär. Alle, jeder, soll aufgezeichnet werden. Das ist ein Gedankensprung, den man mal nachvollziehen muss. Man verfolgt damit ein Ziel, dass so gar nicht erreichbar ist, auf Kosten der Freiheit.

Constanze Kurz
Constanze Kurz, Sprecherin des
Chaos Computer Clubs

Über den Täter ist bekannt, dass er sich in sogenannten Image-Boards herumgetrieben hat, also Internetplattformen, auf denen vor allem Bilder oder Binärdateien ausgetauscht werden. Sehen Sie denn die Verantwortung dann bei den Betreibern solcher Dienste. Müssen die dafür sorgen, dass etwa Waffenbauanleitungen oder ähnliches, dort nicht geteilt werden?
Solche Anleitungen werden ja nicht nur auf 4chan oder 8chan geteilt. Die findet man vor allem deshalb im Netz, weil die in vielen Regionen der Welt legal sind. Für viele ist Waffenbau schlicht ein Sport. Auch der Täter hat zunächst ja nichts verbotenes getan, nur weil er ne Anleitung für eine Waffe besaß oder sein Wissen geteilt hat. Man würde also versuchen müssen, Wissen zu verbieten. Dann müsste man aber auch damit beginnen Wikipedia zu sperren oder Bibliotheken. Ich finde solches Verhalten absolut falsch, aber ich sehe ein, dass Wissen sehr schwer verboten werden kann.

Sehen Sie keine Möglichkeit, solche Taten wie Halle, bereits in einem Stadium, in dem sich jemand informiert und radikalisiert, zu verhindern?
Aber selbstverständlich. Wenn man solche rechtsextremen Netzwerke auf dem Schirm hat, bestehen heute schon alle Möglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden, eine Überwachung einzuleiten. Es ist doch gar nicht so, dass den Polizeien in Deutschland da die Hände gebunden wären. Kommunikation kann überwacht werden, seit langem. Das weiß auch jeder von den Kriminalisten.

Was aber in diesem Fall nicht geschehen ist.
Ja, wenn man jemanden hat, der ein unbeschriebenes Blatt ist, der nie in Erscheinung getreten ist, der nicht mit einschlägig bekannten Neonazis kommuniziert hat, dann wird man es schwer haben. Aber dann kommen wir schnell wieder an einen Punkt, den man als Gedankenverbrechen beschreiben könnte. Es ist einfach schwierig, jemandem ins Gehirn zu schauen. Wie gesagt, wir sollten nicht aus Hilflosigkeit mittels totalitärer Lösungen Leuten versuchen bei der Radikalisierung zuzusehen. Es ist für einen Innenminister natürlich schwierig, nach so einem Anschlag sagen zu müssen, dass man es mit den schon bestehenden Mitteln nicht geschafft hat, ihn zu verhindern.

Das klingt so, als müssten wir einfach akzeptieren, dass es absolute Sicherheit eben nicht geben kann.
Das ist natürlich immer eine Weisheit. Aber das heißt ja nicht, dass keine Fehler gemacht wurden. Wenn sich herausstellen sollte, dass der Täter doch Teil eines Netzwerks war, dann kann man natürlich schon Fragen stellen. Aber möglicherweise ist dieser Mensch eben dieser „einsame Wolf“, vor dem die Strafverfolger Angst haben. Weil er eben schwer zu fassen ist. Wenn sich jemand alleine in seinem Kämmerchen radikalisiert und immer wirrere Gedanken hat, ist es auch tatsächlich schwer. Aber auch im jetzigen Fall gibt es doch einige handfeste Fragen, die man jenseits eines unsinniges Vorschlags der Vorratsdatenspeicherung stellen muss. Warum etwa war die Synagoge an diesem Feiertag nicht ausreichend geschützt? Wir würden darüber ganz anders diskutieren, wenn der Täter sich nicht so unglaublich „tollpatschig“ angestellt hätte. In der nicht-digitalen Welt hätte mehr getan werden müssen.

Aber es wäre ohne das Internet früher nicht möglich gewesen, sich länderübergreifend zu vernetzen und auszutauschen. Müssten wir uns nicht um ein „Netz von morgen“ kümmern, das ohne diese negativen Seiten existiert.
Es ist für alle, die sich im Internet bewegen, furchtbar festzustellen, dass sich auch Wirre, Kriminelle und Verbrecher darin vernetzen. Aber selbstverständlich ist die andere Seite des Netzes ja da. Man muss sich klarmachen, dass die Ermittlungsbehörden heute ganz andere Mittel haben, solche Leute zu verfolgen. Die Vorstellung, die Netze seien in der Hand der Verbrecher, ist unsinnig. Denn so gut wie jede Bewegung im Netz hinterlässt digitale Spuren, denen man nachgehen kann. Das ist ein großer Vorteil und es wurde so auch schon viel verhindert. Wir dürfen uns nicht irre machen lassen davon, dass selbstverständlich auch Verbrecher moderne Kommunikationsformen verwenden.

Aber es geht bei solchen Tätern ja auch um ein sich gegenseitiges Ermuntern und Anstacheln.
Alle Medien tragen in gewisser Weise für solche Nachahmungen Verantwortung. Das wissen wir spätestens seit Anders Breivik und dessen Anschlag in Norwegen von 2011. Solche Effekte kennt man auch aus der Suizidberichterstattung. Es geht um einen verantwortungsvollen Umgang. Aber eine Verbreitung gänzlich zu verhindern, ist kaum möglich.

Entsteht bei Ihnen kein beklemmendes Gefühl, wenn zu lesen ist, dass angeblich niemand diesen Täter so richtig kannte. Dass er schon lange ein Einzelgänger war, der schon immer alleine im Schulbus saß. Müssen wir uns nicht auch mit dem Thema Einsamkeit befassen?
Ich habe Teile dieses sogenannten Manifests durchgelesen und Teile des Videos gesehen. Dieser Typ ist ein ganz armes Würstchen. Gar keine Frage hat der ein soziales Problem. Und man muss definitiv überlegen, wie man so etwas auffangen könnte. Auch diese frauenfeindliche Attitüde, die überall durchscheint, weist darauf hin, dass dieser Mensch offenbar nie eine normale soziale Beziehung zu einer Frau gehabt haben kann. Da braucht es definitiv schon vorher ganz andere Konzepte als jene der Strafverfolgung.

Haben wir es mit einem Muster zu tun, das insbesondere junge Männer betrifft?
Es scheint zumindest so, wenn man sich diesen Fall und die Fälle von Anders Breivik und den Attentäter von Christchurch ansieht. Zum Rechtsradikalismus kommt eine ganz starke Form von Frauenfeindlichkeit. Das halte ich für sehr beunruhigend. Mir scheint, dass diese Menschen abgekoppelt sind, weit weg von einer normalen Welt des freundlichen Miteinanders. Das ist aber eben meiner Meinung nach, keine technische Frage, weswegen ich die technischen Antworten auch so unsinnig finde.

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helmut armbruster | Di., 15. Oktober 2019 - 09:50

in der VRC wird die totale Überwachung offen und ohne jedes Schuldgefühl durchgeführt. Die chinesische Staatsführung weiß alles über jeden und es gibt ein Punktesystem für richtiges bzw. fehlerhaftes Verhalten.
Die chinesische Regierung sagt, seither sei die Kriminalität erheblich zurück gegangen.
Also ein positives Ergebnis.
Bei uns wird so getan als ob der Einzelne Rechte hätte, in welche der Staat nicht eingreifen darf. Gleichzeitig wird immer wieder gefordert - so wie jetzt - die Befugnisse zur Überwachung auszuweiten.
Die Folge ist, dass man als normaler Untertan dieser unserer Demokratie nicht mehr weiß, was eigentlich und wirklich passiert.
Was von mir ist noch geschützt, was nicht?
Erstaunlicherweise reagieren die Menschen hier aber ganz anders, nämlich so:
Ich habe nichts zu verbergen, war nie kriminell oder politisch radikal, also soll der Staat ruhig überwachen.
Wo ist der Unterschied zu China?

Sie können diesbezüglich meine Person auslassen, weil es betrifft mein Leben im Verhältnis zur Sicherheit, und nicht mit Ihnen meine Kontodaten auszutauschen, denn Sie sind für meine Sicherheit irrelevant. Versuchen Sie es in der Datenstelle des Finanzministeriums. Ich glaube, die werden sich freuen über Ihre Anfrage zu meiner Person.

fragen Sie Herr Armbruster! Ganz einfach: China ist eine Diktatur und auf dem Weg zur wirtschaftlichen sowie militärischen Supermacht.
Da ist natürlich Demokratie & Meinungsfreiheit nur hinderlich.

Soll das Ziel denn sein, wirtschaftliche und militärische Supermacht zu werden oder zu sein? Oder durch Überwachung Verbrechen zu verhindern? Was ich im übrigen nicht glaube, dass das so ist. Es ist nicht zuletzt eine Mentalitätsfrage, und Chinesen sind da sicher ganz anders drauf als wir oder Araber oder...
Ich fühle mich jedenfalls ganz persönlich angegriffen und beschuldigt; so muss es in der DDR gewesen sein. Alle sind schlecht, nur die Regierung nicht, nur die weiß, was zu tun ist... ich wende mich ab mit Grausen. Ich möchte selbst denken und entscheiden, merke aber immer mehr, wie hinderlich das ist und wie sehr das bekämpft wird.

Stefan Jurisch | Di., 15. Oktober 2019 - 12:37

Immer wenn hierzulande etwas schlimmes geschieht, schießt dem deutschen Politiker (gern Innen- oder Justizminister) wieder einmal "ein Mehr an Überwachung wird uns alle retten" durch den Kopf. Und so wird fast jede schlimme Tat solchen Ausmaßes als Grund für mehr Überwachung instrumentalisiert. Zuletzt zu sehen bei dem Fall, als der Junge vor den einfahrenden Zug gestoßen wurde. Da wurde nicht darüber diskutiert, ob vielleicht Absperrungen, die das physisch verhindern, am Bahnsteig für Sicherheit sorgen. Nein. Mehr Überwachungskameras sollen Schutz und Segen bringen.
Das Ziel dieses Staates bzw. seiner Mächtigen ist nicht Sicherheit auf Kosten von ein bisschen Freiheit sondern einfach nur in kleinen, "gut" begründeten Schritten ausgebaute, möglichst engmaschige Überwachung seiner Bürger.

...aber nur die aus dem rechten Spektrum?
Mir fällt zudem auf, dass Frau Kurz sowie auch Herr Kuhle (Artikel zu H.G. Maaßen)immer nur von Rechtextremen Netzwerke u.ä. reden.
Sind denn die linksextremen & salafistischen Netzwerke gar nicht mehr präsent? Haben die sich aufgelöst? Was ist mit dem Darknet?

Andreas Zimmermann | Di., 15. Oktober 2019 - 14:24

Drücke ich einem Staat, in dem derartig viel Kontrollverlust stattfindet, ein Instrument in die Hand um damit ein Teil der Kontrolle für einen ganz bestimmten Teil der Probleme zurückzuerlangen aber gleichzeitig muss ich darauf vertrauen das dieses Instrument nicht missbraucht wird?
Ähhm… Augenblick mal Kollege Staat, wie sind denn ihre Referenzen diesbezüglich? … Ach das gab´s bisher noch nie... aus gutem Grund wahrscheinlich!
Und Ihre bisherige Bilanz? … Oh, Sie sind selbst verschuldet in diese Situation gekommen? Wenn Sie sich vorher an Ihre eigenen Richtlinien und Gesetze gehalten hätten, wäre das alles nicht passiert.

Gegenfragen:
Soll ich den Fuchs einfach die Kontrolle über den Hühnerstall übergeben?
Gebe ich meinem mehrfach vorbestraften Nachbarn meinen Wohnungsschlüssel während meines Urlaubs?
Lass ich den drogenabhängigen Junkiefreund meiner Tochter mein Onlinebanking machen?
Wenn ich all das tun würde, dann kann ich auch der Vorratsdatenspeicherung zustimmen! :-)

In jedem Land, das ich als Telefon-Softwareingenieur kennengelernt habe, wurden die Telefon-Verbindungsdaten fuer eine bestimmte Zeit gespeichert, und sei es fuer die Rechnungsstellung. Wie nuetzlich sind sie fuer die Verbrechensbekaempfung/-vorbeugung/-bestrafung?
Vor einiger Zeit wurde in einem berliner Park eine alte Frau ueberfallen. Dank einer Ueberwachungskamera in der U-Bahn wurde das Verbrechen aufgeklaert.
Natuerlich muss genau kontrolliert werden, wer was wie speichert. Manche Diskussion ueber Datenspeicherung wird leider so ideologisch gefuehrt wie die ueber Abtreibung, Stammzellen u. ae. Viele wechseln ganz schnell ihre Meinung, sobald sie selbst betroffen sind.

Heidemarie Heim | Di., 15. Oktober 2019 - 16:39

Überwachungsstaat oder wie gestern bei PlasbergTV nach Befunderhebung einer durch die AfD geförderten Straftat und steigender Internetkriminalität, die von der linken und grünen geäußerte Forderung nach Abschaffung unserer 16 Landesämter für Verfassungsschutz und deren Bundesbehörde?Was darfs denn nun sein an Beobachtung ,Überwachung ,Prävention, Verhinderung, Verfolgung und sonstiger ergreifender Maßnahmen? Einen ähnlichen Dissens kennen wir doch schon von der Videoüberwachung! Wo die Einen doch bitte nicht beim öffentlichen Nasenbohren gefilmt werden möchten, während die Polizei aus "Täterschutzgründen" wochenlang überlegen muss den "U-Bahn-Treppentreter mit Migrationshintergrund" der öffentlichen Fahndung preis zugeben zu Identifizierungszwecken! Ergo braucht`s wohl auch keine längeren Speicherzeiten kritischer Inhalte für die sich die Kinderliebhaber unter uns interessieren.Man kann ja wie Herr E. dessen Parteimitgliedschaft zur Zeit ruht,das Teil gleich ganz entsorgen. Also,was?

Bernhard Jasper | Di., 15. Oktober 2019 - 18:10

Antwort auf von Heidemarie Heim

Wir können leider derartige Verbrechen nicht nach unseren gewöhnlichen Maßstäben vorhersehen, denn der Täter zeigte auch seine „totalitäre“ Allmachtsphantasie. Wir stehen vor einem Dilemma, wenn derartige Ereignisse von unverständlichen Regeln bestimmt werden. Wir können jedoch Muster des faschistischen Antisemitismus erkennen. Zunächst sind es nicht nur die alten Nostalgiker, sondern die neuen jungen Antidemokraten, die ebenso planvoll vorgehen.

Die Vorbereiter: Mit einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ (Höcke), versucht man erneut Geschichte umzudefinieren. Revisionisten reinigen zunächst die Vergangenheit, um sich von dem grauenhaftesten Verbrechen der Geschichte freizusprechen. Sie versuchen die Vergangenheit umzudefinieren, indem sie Belege und Zeugnisse relativieren. Die Erinnerungskultur bzw. das kollektive Speicher-Gedächtnis soll dabei ausgeschaltet werden. Sie wollen tabula rasa machen, damit alles wieder von vorne anfangen kann- mit einem Zivilisationsbruch.

sind ja schön & gut, Herr Jaspers.
Aber sie versuchen wieder irgendwas hinein zu interpretatieren ("faschistischen Antisemitismus, alten Nostalgiker, Antidemokraten") was sich gut anhört aber für mich völlig abgwegig ist.
Der Attentäter ist ein durchgeknallter Einzelgänger der sich da hineingesteigert hat.
Rational ist das nicht zu verstehen.
Ihre Worte erinnern mich irgendwie an Psychoanalytiker (u.ä.), die Versuchen, so eine Tat zu analysieren. Gut, die leben davon also müssen sie dies auch irgendwie begründen. Bringt aber alles Nichts, denn diese Vorgehensweise ist nicht greifbar.
Insperiert wurde er doch durch das Attentat in Neuseeland und hat sich dann in diesen Wahnsinn hingesteigert.

Eine systematische Untersuchung muss natürlich folgen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Aber was ist das für ein Phänomen? Man sollte „Live“ dabei sein. Ein mörderisches Live-Stream-Schauspiel. Täter und Publikum.

Um den Wurzeln des Faschismus näher zu kommen, muss man tief graben. An dieser Stelle kann es natürlich nur darum gehen einen Ausgangspunkt aufzuzeigen.

Welche Maßnahmen gegen rechtsextreme und antidemokratische Organisationen ergriffen werden sollen, die bei der Unterwanderung unserer Gesellschaft aktiv sind werden wir sehen. Konsens ist, dass der Verfolgungsdruck spürbar steigen muss.

Bernhard Jasper | Di., 15. Oktober 2019 - 18:54

Antwort auf von Heidemarie Heim

Damit ich hier "produktiv missverstanden" werde noch ein Punkt. Wenn man sich nicht mit der Massenkultur (Massenindividuen) in der Moderne beschäftigt, kommt man zu keinem Ergebnis.

Es gibt zwei verschiedene Massen- Kulturen. Die eine führt zur Aggressivität und Gewalt in den Gesellschaften. Eine authentische Kultur ist nicht zielgerichtet, sondern Selbstzweck. Sie fördert die Phantasie des Menschen, indem sie Anregungen gibt und versucht Probleme zu lösen. Sie lässt den Freiraum. Sie ist individuell, lässt sich nicht in ein Schema pressen. Sie entfaltet die menschlichen Sinne und taugt für menschliche Emanzipation. In diesem Sinne.

Zunächst einmal vielen Dank für Ihre Ausführungen, lieber Herr Jasper! Da der erste Teil leider nicht frei gegeben wurde, kann ich dahingehend auch nicht darauf eingehen. Wie Sie schreiben leben wir wohl mittlerweile in getrennten Massenkulturen, so verstehe ich es zumindest, die sich zu großen Teilen über die Anonymität des world wide webs definiert. Und da haben wir ALLE es versäumt eine Kultur aufzubauen,die einerseits genug Raum für die (Freiheits-)Fantasien des Individuums lässt, andererseits aber da eingreifen zu wollen oder zu können,wo diese neuen Freiheiten und deren Verbreitung erheblichen Schaden anrichtet im realen Lebensraum. Ich verfasste meinen etwas harschen Kommentar aus Sicht eines sozusagen Ermittlers,der vor der Aufgabe steht sich mit den negativen virtuellen Auswüchsen in der Realität auseinander setzen zu müssen und damit gleichsam zwischen allen Stühlen sitzt. Der politische Versäumnisse oder Defizite sozusagen "ausbaden" muss. Deshalb mein Fragenkatalog. MfG

Ernst-Günther Konrad | Mi., 16. Oktober 2019 - 15:07

Nehmen wir einmal an, die Datenspeicherung gelte für ein Jahr. Die Provider müssten auf richterlichen Anordnung bei bestimmten Straftaten eine Anordnung treffen. Wie sieht das praktisch aus. Ein riesiges Datenvolumen müsste auf Festplatten oder anderen Datenträgern ausgewertet werden. Wer soll das denn machen? Es fehlt an Polizeibeamten, Steuerfahndern oder eben IT-Fachleuten beim Staat an allen Eck und Enden. Schnüffelprogramme hin- oder her, es muss gerichtsverwertbar relevante Passagen von einem Menschen gesichtet und bewertet werden. Das allein kostet soviel Personal und dauert soviel an Zeit, dass eine solche Auswertung tatsächlich nur bei schwersten Straften überhaupt ins Auge gefasst werden kann. Da können Handys und ihre Provider übrigens heute schon einiges mehr als der Staat. Bei Terrorismus und KiPo und ähnlich schweren Straftaten hätte ich kein Problem mit der Vorratsdatenspeicherung. Die Frage ist bei diesem Staat inzwischen nur, hält er sich selbst an die Gesetze? Uffpass

Konrad Näser | Mi., 16. Oktober 2019 - 15:48

Naja, rein praktisch würde eine nicht verdachtsunabhängige Speicherung von Daten auf Vorrat nach kurzer Zeit das System kollabieren lassen.
Die haben es doch bisher noch nicht mal geschafft die Daten einiger Raubkopiererforen, welche im Vergleich zu einer deutschlandweiten Speicherung aller Kommunikationsdaten überschaubare Datenberge hatten, auszuwerten und Verfahren zu eröffnen.
Da sind teilweise inzwischen fast fünf Jahre ins Land gegangen. Bei Vorfällen wie Breitscheidplatz und Co zeigt sich mit großer Regelmäßigkeit das die Daten ohne Ende hatten, die aber nicht anwenden wollen oder das einfach nicht hinbekommen.

Wann will doch nur Exemplarisch sein. Ziel erreicht.
Wie bei Hase & Igel. Wie auch hier & da.
ES GEHT DOCH NICHT UM INHALTE ODER ERFOLGE
zum Wohle des Volkes ;-)
Wie ich schon schrieb:... wer glaubt auch, das ein Zitronenfalter die Zitronen faltet.