Wohin führt der Wandel der Welt? / Julia Kluge

Chaotische Gegenwart - Die Irrtümer der Moderne

Die Unübersichtlichkeit der Gegenwart verleitet dazu, in Alarmismus zu verfallen – oder in Nonchalance. Dabei müssen Politik und Gesellschaft aus den Irrtümern der Moderne lernen und sich nicht erneut in falsche Ideologien und Sicherheiten stürzen.

Andreas Rödder

Autoreninfo

Andreas Rödder ist Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz und Mitglied der CDU. Der 52-Jährige ist Vordenker eines modernen Konservatismus und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. 2019 erschien von ihm „Konservativ 21.0“ (C. H. Beck) (Foto: dpa)

So erreichen Sie Andreas Rödder:

Was der Mensch auch tut, es schafft unvorhergesehene Folgen: Marktliberalisierung führt zu Staatshaftung, Gleichstellung erzeugt neue Ungleichheit, Vielfalt weckt Hunger nach Ganzheit. Es gibt keine eindeutigen Lehren. Aus guten Gründen prognostizierte Krisen treten ein oder bleiben aus. There ain’t no such thing as a free lunch – und manchmal ist schierer Zeitgewinn die Rettung, ohne dass die Rechnung präsentiert wird. Aber wann ist es so, und wann ist es anders?

Die Gegenwart hat stupendes Expertenwissen über alles hervorgebracht – und zumeist auch über das jeweilige Gegenteil. Wir wissen so viel wie nie zuvor – und verstehen die Welt dennoch nicht. Neu ist das nicht: „Was will das Schicksal? Aber das Schicksal ist zumeist ganz dumm und unbewusst und verheddert sich in lauter Zufällen. Wer es packt, der hat es. Aber es ist in dieser verflucht verwirrten modernen Welt so vielgestaltig geworden, weder zu berechnen noch zu greifen. Zuviel Faktoren auf einmal“, so schrieb der Privatsekretär des deutschen Reichskanzlers sieben Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in sein Tagebuch.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Wolfgang Borchardt | Do., 23. März 2023 - 08:47

"Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt."

Urban Will | Do., 23. März 2023 - 08:58

zwischen den Zeilen.
Nichts prägt diese Gegenwart – zumindest in D und vielen anderen Länderen – so sehr wie die prognostizierten Folgen des „Klimawandels“, allesamt Ergebnisse von Rechenmodellen.
Neulich in einer Diskussion im ÖR ließ sich einer der „Wissenschaftler“ von „Scientists for future“ sogar zu der Aussage hinreißen, in wenigen Jahren wären Hamburg und Bremen überflutet. Scharlatanerie im Auftrag der Politik, dieser Herr trat nicht als „Wissenschaftler“ auf, sondern als Diener der Grünen.
Das Tempo, das an den Tag zu legen man sich aufgrund der „selbstgewissen Prognosen“ genötigt sieht, ist atemberaubend und selbstmörderisch. Die Gesellschaft, der es letztendlich aufgedrückt wird, wird es weder tragen noch bezahlen können. Das schert nicht in den Kreisen der Berufenen.
Corona war es im Kleinen (zeitlich betrachtet), man irrte in so gewaltiger Weise, dass man sich nicht traut, offen darüber zu reden, die Schwätzer von damals verbleiben in ihren Ämtern.
Jetzt kommt das Große.

Jens Böhme | Do., 23. März 2023 - 09:14

Wenn die Mehrheit der Gesellschaft zu viele Informationen erhält, muss diese, aus Mangel an Sicherheiten, hysterisch reagieren. Es fehlt der sustantielle, verbindende Halt.

Gabriele Bondzio | Do., 23. März 2023 - 09:22

geändert hat sich nichts wirklich was, eher werden Dinge anders ge-und bezeichnet, werter Herr Rödder.

An einem ganz entscheidenden Punkt der Menschheit ist dies festzumachen.

Wenn der Mensch weiter Kriege führt und Waffen braucht.
Passende Ideologien hierzu entwickelt und sie umsetzt, obwohl gerade die geistigen Brandstiftern bestens mit Macht und Geld (um die es immer geht) ausgestattet sind.

Muss frau erkennen, die Gier nach Macht und Geld ist im Menschen angelegt und bestimmt sein Schicksal und das seiner Mitmenschen nach wie vor.

Karl-Heinz Weiß | Do., 23. März 2023 - 09:30

"Was als Kompass hilft, ist Offenheit statt Selbstgewissheit". Die sozialkreditgesteuerte Volksrepublik China hat sich für das Gegenteil entschieden. Und die weltuntergangsgesteuerte Bundesrepublik Deutschland folgt dank der Parteifreundin des Autors seit 2011 diesem Weg.

Christoph Kuhlmann | Do., 23. März 2023 - 09:53

Nehmen wir ein Beispiel: die globale Erderwärmung wird vorhergesagt. Deren Folgen werden uns in homöopathischen Dosen verabreicht, um der Illusion willen, wir könnten durch E-Autos und Wärmepumpen etwas daran ändern. Selbst Verbrennerverbote in Europa werden keine Delle in der Wachstumskurve des CO₂ hervorrufen. Milliarden von Menschen möchten Auto fahren, in Urlaub fliegen und in klimatisierten Räumen leben. Eine globale Wirtschaftskrise ist durchaus geeignet, die CO₂ Kurve abzuflachen. Wie sie sehen, besteht hier eine deutliche Diskrepanz zwischen den Fakten und dem politisch Sagbaren. Treiben wir es auf die Spitze: der Einsatz von nur einem Prozent der atomaren Sprengkraft auf dem Planeten würde Jahre eines atomaren Winters hervorrufen. Jahrelang kein Pflanzenwachstum. Die Dinosaurier sind an so etwas ausgestorben. Wie sie sehen, ist die Erderwärmung und ein untergeordnetes Problem im Anthropozän. Wir müssen das Spektrum des Sagbaren erweitern. Nichts ist zynischer als die Realität.

Helmut Bachmann | Do., 23. März 2023 - 09:57

Die beiden Denktraditionen sinnvoll zu verbinden geht dabei am besten, wenn man sich der Natur des Menschen bewusst wird. Damit ist sowohl die Natur unseres Denkapparates gemeint, seine Begrenztheit, als auch die grundlegenden Motive des Menschen, die nicht "erziehbar" sind, da sie angeboren sind. Sie sind gegeben. Und sie sind der im Artikel fehlende Hauptmotor menschlichen Lebens. Technische Entwicklungen, Ideen und Ereignisse stehen dahinter zurück. Der Mensch ist Natur und kann sich nicht wirklich darüber erheben. Er ist von allein gewachsen, nicht geplant. Das Leben in ihm ist stärker als jede fixierte Idee. Die aus der Lebendigkeit geborene Idee neigt dazu, zu zerfasern, oder zu verhärten. Sie muss immer wieder neu gefunden werden. Schön jedenfalls, dass es gute konservative Denker gibt.

Günter Johannsen | Do., 23. März 2023 - 10:07

Lithium und Umweltauswirkungen:
Die E-Fahrzeuge werden die Klimabelastung nicht reduzieren. Für die Batterieproduktion wird Abbau für Lithium-Produktion drastisch steigen und in den Abbauländern verheerende Umweltkatastrophen auslösen, welche die Bevölkerung vertreiben: "Aus dem Salar de Atacama entnehmen die Lithium-Produzenten 2.400 Liter Wasser pro Sekunde –24 Stunden lang. Dies hat gravierende Folgen für die Menschen vor Ort und die Ökosysteme: Durch den enormen Wasserverbrauch sinkt der Grundwasserspiegel, umliegende Lagunen und Flüsse versiegen. Die ohnehin karge Vegetation vertrocknet, Landwirtschaft und Viehzucht wird erschwert und es kommt zunehmend zu Wasserkonflikten. Es wird, abgesehen von der Kinderarbeit, zu erheblichen sozialen Mehrbelastungen und Umweltzerstörungen in den Abbauländern führen. Da es weit weg von uns passiert, interessiert es die Grünen nicht? Das ist sowas von scheinheilig - wohl nach dem grün-linken Motto: Lasst uns genießen, Genossen!

Hans Süßenguth-Großmann | Do., 23. März 2023 - 11:59

Den Gegensatz zwischen Platon und Aristoteles in allen Ehren, er hat die Geistesgeschichte des Lateinischen Europas geprägt. Aber für die Gegenwart muss man sich schon einfache Fakten anschauen. Wir leben auf der Insel der Seligen deren Leuchtfeuer auf jeden Smartphon der Welt landet. Diese gehören Milliarden von jungen Menschen, die das haben wollen was wir haben und es nicht (sofort) bekommen werden.
Zur Reaktion darauf gehört, dass man erstmal nicht alle nicht Deutschland bittet und sich dann international um die Entwicklung kümmert und zwar nicht nach unseren Vorstellungen allein.
Ich sehe die Feststellung: Was als Kompass hilft, ist Offenheit statt Selbstgewissheit" eher im Gegenteil zutreffend. Man muss schon wissen wo man Grund hat ansonsten gerät man ins Schwimmen.

Markus Michaelis | Do., 23. März 2023 - 14:00

Ich denke, wir denken heute zu wenig über die Kontingenz, Zufälligkeit, Unbestimmtheit des Menschen und der Gesellschaft nach. Gewissheiten erschaffen wir uns.

Mich irritiert die Gewissheit unserer heutigen Gesellschaft (zumindest des Teils, der oft als "Mitte" bezeichnet wird). Wir stehen für Klima als Menschheitsaufgabe, gegen Rechts, für EINE Menschheit und Gerechtigkeit: all das ist so sonnenklar, mit klaren Gefahren gegen die wir zusammenstehen müssen.

Aber mich irritiert das: was ist daran klar? Sobald ich meine Blase verlasse, ist es doch offensichlich, wie verschieden und widersprüchlich Menschen die Dinge sehen, welchen Werten sie folgen. Selbst bei Einigkeit und bestem Willen scheinen viele Dinge nicht ohne große Reibung zusammenzupassen. Ist etwa Demokratie das höchste Ziel oder muss sich die Demokratie im Erreichen der nicht diskutierbaren Ziele (etwa der EINEN Menschheit, gegen Klimawandel etc.) beweisen? Wo kommt diese Sicherheit heute her?

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 23. März 2023 - 15:16

Rödders musiktheologische Komponente.
Nicht immer verbleibt eine Entwicklungslinie in ihrer Gattung.
Die Musik, die Nietzsche in seinem Kopf hatte, war hoffentlich nicht die Wagners, sondern sein eigenes poetisches Schreiben und eventuell stärker beeinflusst von Bach, sowohl dessen musikalischem wie theologischen Schaffen.
Nun bin ich noch gar nicht bis zu Beethoven gekommen, irgendwie hörte ich bei Mozart auf; die Frömmigkeit würde ich bei Bach und Mozart dennoch höher und intensiver vermuten als bei Beethoven, ganz einfach, weil der Schwerpunkt des musikalischen Schaffens nach Mozart zum Schaffen selbst sich verlagert. So weit komme ich noch nicht weg von Gott und wenn ich wegkäme, dann nur ihn* bergend.
Ich fühle mich dennoch nicht ganz verloren und alleine wandernd, weil doch immerhin Professor Sloterdijk die Gabe des Feuers an die Menschen durch Prometheus überdenkt oder sagen wir, bedenkt.
Ich bin keine Freundin eines vorbehaltlosen Lobes des Kommenden, einer Zukunft aber sicher

Günter Johannsen | Fr., 24. März 2023 - 12:25

und gefährdet Deutschlands freiheitlich demokratische Zukunft ("wer nicht so denkt und fühlt wie ich, ist Nazi und Böse!").
Wer mit der "frohen Botschaft" (dem Evangelium) nichts anfangen kann, ersetzt den Glauben an den biblischen Gott durch andere Götter. Einfacher gesagt: wo der Glaube an Gott/Jesus Christus aus dem Haus geworfen wird, kommt er als Aberglaube zur Hintertür wieder herein! Ist das der liberal-rote "Humanitarismus"? Während die einen den "Gottesstaat auf Erden" mit Mord und Totschlag herbeimorden wollen, vergötzen sich ideologische Fanatiker selbst und wollen "die eine linX-humane Welt erzwingen. Wobei die eine Ideologie menschenverachtender ist als die andere!
Wer zur grün-roten "Sozialreligion" bekehrt wurde, opfert ihr willig und untertänig seine eigenen Interessen und Wertevorstellungen.
Die neue Heilsreligion zielt auf vollumfängliche Bewusstseinsänderung. Davor sollte man sich unbedingt in Acht nehmen!