Sophie Dannenberg
Über Greta Thunberg kann sich Sophie Dannenberg genauso wenig aufregen wie über Claas Relotius

En Passant - Greta ist Massenbetrug

Die Zeiten des gemütlichen Diskurses in der Bonner Republik sind längst vorüber. Die Leute fürchten, der Gegner würde ihnen das Denken verbieten. Doch nicht der politische Gegner ist es, vor dem wir uns fürchten sollten

Autoreninfo

Sophie Dannenberg, geboren 1971, ist Schriftstellerin und lebt in Berlin. Ihr Debütroman „Das bleiche Herz der Revolution“ setzt sich kritisch mit den 68ern auseinander. Zuletzt erschien ihr Buch „Teufelsberg“

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Neulich war ich nach langer Zeit in Bonn, um einen Vortrag zu halten. Auf der Stadt lag ein Schatten, nicht nur, weil es regnete. Es war dieser ganz bestimmte Schatten, der sich über verlassene Orte legt und mit der Zeit immer dunkler wird.

Ich dachte an die Bonner Republik. Berlin ist ja Wildnis, aber Bonn war damals eine Art politischer Schrebergarten. Man konnte sich darin gemütlich über den politischen Gegner aufregen. Diese Zeiten sind vorbei. Es greift eine Art geistige Vernichtungsangst um sich. Die Leute fürchten, der Gegner würde ihnen das Denken verbieten. Die Veranstaltung handelte von Ethik im Journalismus, aber bald ging es um alles Mögliche, den Kirchentag, den Fernseh-„Tatort“, den Islam. Und schließlich ging es um Greta. Jemand wunderte sich gerade sehr darüber, dass ein Berliner Bischof „diese Schulschwänzerin“ in den Rang eines Propheten erhoben hatte, als ich merkte, dass mit mir was nicht stimmt. Greta regt mich einfach überhaupt nicht auf. Das Gleiche gilt für Claas Relotius. Auf der Rückfahrt in der Bahn hatte ich eine Sinnkrise. Wie, dachte ich, soll es mit mir als Journalistin weitergehen, wenn ich politisch nur noch entspannt in den Bauch atmen kann? So möchte man doch nicht schreiben.

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Clara Schwarze | Di., 25. Juni 2019 - 21:35

Das Problem bei Greta ist aus meiner Sicht v.a. eins - sie ist nicht nur massiv inszeniert, sondern sie ist in gewisser Weise die erste "bunte Revolution" in einer westlichen Demokratie. Erst wird massivsten Marketing-Tricks eine Bewegung geschaffen, auf die man dann scheinbar "reagiert".
Und das eigentliche Problem ist auch nicht mal das. Sondern das man unehrlich mit der Sache ist.
Es ist eine "bunte Revolution" und das wird der Demokratie auch mit Sicherheit schaden. Denn wenn sich das durchsetzt fängt sie wirklich an, wackelig zu werden.
Dann könnte Demokratie irgendwann heißen, dass sich finanzkräftige, vernetzte Gruppen sich vor Wahlen jeweils die gewünschte "Bewegung" aufbauen, um das Ergebnis in der eigenen Richtung zu beeinflussen. Und der entsprechende Journalismus ist dann Class Relotius...

Gerhard Lenz | Mi., 26. Juni 2019 - 11:41

Antwort auf von Clara Schwarze

Von wem bitte? Die ganzen Demonstrationen nicht mehr als ein "unehrlicher" Marketing-Trick? Und wessen Trick bitte?

Was das mit Class Relotius zu tun hat, erschließt sich mir nicht. Im Übrigen empfehle ich Ihnen, mal nachzulesen, in welchen Medien Herr Relotious publiziert hat. Das war bei weitem nicht nur der Spiegel. Jedes Medienorgan kann auf solche "Journalisten" hereinfallen. Und wie sehr beispielsweise in den sogenannten "neutralen" Medien gelogen wird, ist nun wirklich nicht schwer zu durchschauen. Je nach Richtung bekommt da jeder Leser die "alternative Wahrheit" ganz nach eigenem Geschmack serviert.

Daniel Wetzler | Do., 27. Juni 2019 - 08:32

Antwort auf von Gerhard Lenz

Ich glaube, Sie verkennen die Dimension des Falls Relotius. Es ist ja inzwischen bekannt, daß innerhalb der Spiegel-Redaktion Vorgaben des Rechercheergebnisses formuliert wurden nach dem Motto : Man müsste herausfinden, daß .... und der Zeuge müsste folgende Eigenschaften besitzen : .....

Da geht es nicht um das Aufsitzen auf einen raffinierten Betrüger, sondern um eine unjournalistische oder besser haltungsjournalistische Atmosphäre in der Redaktion.

Martin Hansen | Do., 27. Juni 2019 - 10:00

Antwort auf von Gerhard Lenz

Das explizit Greta Thunberg in Zeiten der medialen Hysterie nach amerikanischem Vorbild in den Olymp gehoben wurde, ist wohl reiner Zufall. Es hätte auch jeden anderen treffen können. Letztlich werden immer wieder Themen auf äußerste aufgebauscht (Vogelgrippe, Schweinepest, Rinderwahn, Feinstaub, etc.), um dann wieder leise in der Versenkung zu verschwinden. Dieser Zyklus folgt aus meiner Sicht keiner gezielten Verschwörung, sondern eher Eigendynamiken der Medien. Katastrophen verkaufen sich einfach gut. Der Fall Relotius hat dem ganzen noch das Sahnehäubchen aufgesetzt, weil dieser im Sinne der journalistischen Filterblase gelogen hat. Relotius ist ein weiterer konsequenter Schritt auf die nächste Stufe der sich selbst hysterisierenden Medien. Wenn die Wahrheit nicht schön genug ins Weltbild passt, wird etwas dazugedichtet. Eines ist sicher, Relotius ist nicht alleine.

Wahre Worte geöassen geschrieben. Danke Herr Hansen. Ich sehe das wie Sie, das Relotios eben nicht der "Einzelfall" ist. Wie wäre es zu erklären, dass in fast allen führenden Medien keinerlei kritisches Hinterfragen mehr stattfindet, die kleinste Äußerungen des politischen Gegners skandalisiert wird und die unwichtigste Aussage einer Frau Merkel "gehypt" wird.
"Schulz fragt Merkel gestern im BT, ob ihr die Frage eben unangenehm war." Antwort Merkel: Nö.
Headline Focus: "Schulz will Merkel im BT vorführen - die wehrt Angriff mit einem Wort ab". Quelle Focus online.
Dieser Haltungsjournalismus ist es, den die Bürger nicht mehr haben wollen.