
- Der aktuelle Stand bei Cicero
Der preisgekrönte „Spiegel“-Reporter Claas Relotius hat in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert, berichtet das Nachrichtenmagazin über den Redakteur, von dem sich die Redaktion umgehend getrennt hat. Auch für viele andere Medien hatte dieser einst geschrieben, darunter auch „Cicero“. Wir überprüfen die Texte
Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel umfangreich auf Spiegel Online berichtet, hat der hauseigene Gesellschaftsreporter Claas Relotius (33) seine eigenen Geschichte manipuliert. Der Redakteur habe das Haus bereits verlassen und Fälschungen zugegeben, schreibt der Spiegel, der offenbar durch interne Hinweise und Recherchen den Betrugsfall nachträglich aufgedeckt hat.
Der Reporter Claas Relotius hat auch für zahlreiche andere Medien geschrieben, etwa in der Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag, der Financial Times Deutschland, der taz, der Welt, im SZ-Magazin, in der Weltwoche, auf Zeit Online, in Zeit Wissen und in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Auch für Cicero hat der Reporter zwischen 2012 und 2016 gelegentlich als freier Autor geschrieben. Es handelt sich hierbei vor allem um Auslandsreportagen und Interviews. Es gab in jener Zeit nie Rückmeldungen von Interviewpartnern und Protagonisten, die einen Betrugsverdacht aufkommen ließen. Gerade bei Reportagen liegt in der Natur der Sache, dass eine Überprüfung von Szenen zumindest jenseits von Plausibilität kaum möglich ist.
Die Redaktion hat sich umgehend mit Claas Relotius in Verbindung gesetzt, um ihn aufzufordern, zu erklären, ob und wenn ja in welchen Cicero-Texten er möglicherweise manipuliert hat. Relotius hat sich bislang nicht zurückgemeldet.
Cicero hat nun einen Mitarbeiter damit beauftragt, zu den jeweils erschienen Texten zu recherchieren und diese zu verfizieren, insbesondere den Text über einen kubanischen Steuerberater von Claas Relotius aus dem Jahr 2013.
Nach bisherigem Erkenntnisstand bei uns und auch bei anderen betroffenen Medien muss davon ausgegangen werden, dass kein Text von Claas Relotius sauber ist. Aus diesem Grund nehmen wir alle Texte von ihm offline. Auch aus unserem E-Paper-Shop werden wir die betroffenen Texte entfernen. Dies wird aus organisatorischen Gründen allerdings erst nach den Feiertagen möglich sein.
Sollten Sie oder betroffene Protagonisten und Interviewpartner außerdem sachdienliche Hinweise zu einzelnen Texten haben, bitten wir darum, uns diese an redaktion@cicero.de zukommen zu lassen. Für die bisher eingegangenen Hinweise bedanken wir uns.
Ihre Cicero-Redaktion
Insgesamt sind bei Cicero zwischen 2012 und 2016 folgende neun Texte von Claas Relotius erschienen:
„Baschar hat keine Zukunft“, ein Gespräch mit Ribal al-Assad, Juni 2012
Eine tödliche Tradition, März 2012
„Lasst mich euer Monster sein“, ein Gespräch mit Emir Kusturica, Dezember 2012
Kubas Ernst & Young, Juli 2013
Seltsam wird’s am Ende, Protokoll mit Aki Kaurismäki, September 2013
Der Rettung des Vaterlandes, März 2014
Mein Texas, mein Scotch und mein Schaukelstuhl, Protokoll mit Ethan Hawke, April 2014
Schreiben, weiterschreiben, bis der Wald um mich schweigt, Protokoll mit T.C. Boyle, September 2014
Meine Dämonen am Strand von Santa Monica im Bananenboot besiegen, Protokoll mit Paul Thomas Anderson, März 2016
Online sind außerdem erschienen:
„Sie durften uns schlagen, sie durften uns töten“, Interview mit Shin Dong-hyuk, Mai 2013
„Ich habe eine Leinwandikone des Feminismus kreiert“, Interview mir Ethan Hawke, Juni 2013
Kokettieren mit „der rechten Scheiße“, Interview mit Leon de Winter, November 2013
„Wir alle stehen in seiner Schuld“, Interview mit Christo Brand, Dezember 2013
„Hollywood ist heuchlerisch“, Interview mit Steve McQueen, Februar 2014
„Viele sind für die Kunst gestorben“, Interview mit Harry Ettlinger, Februar 2014
„Tarantino ist ein Spinner“, Interview mit Paul Thomas Anderson, Februar 2015
„Ich spüre den Verfall“, Interview mit Joaquin Phoenix, April 2015
„Ich kam mir vor wie ein Gespenst“, Interview mit Christian Bale, September 2015