
- Der islamische Faktor
Ein Fußballnationalspieler zieht sich zurück. Mesut Özil begründet seinen Schritt auch damit, dass er als Moslem nicht hinreichend wertgeschätzt worden sei. Doch so verschärft er jenen Loyalitätskonflikt, den er beklagt
Der Fall Mesut Özil bewegt die Gemüter, weil Özils Rückzug aus der deutschen Fußballnationalmannschaft und die nachgeschobenen Gründe eine Frage aufwerfen, die in dieser Klarheit bisher nicht gestellt worden ist: Warum muss ein deutscher Staatsbürger, hier geboren und hier aufgewachsen, ein Mann, dessen erste Sprache Deutsch ist, überhaupt integriert werden? Weshalb soll er Objekt einer Integrationsmaßnahme sein? Mesut Özil aus Gelsenkirchen vermutet, es liege daran, dass er Moslem ist.
Damit macht der Einkommensmillionär, der seit 2010 den Lebensmittelpunkt im europäischen Ausland hat, ein tiefes, tiefes Fass auf. Er koppelt in seiner Selbsterklärung vom 22. Juli, die nach Meinung des Journalisten Eren Güvercin überdies in Sprache und Form der Propaganda der Erdogan-Partei AKP ähnelt, das subjektive Empfinden an eine objektive Tatsache, die Religionszugehörigkeit. Achtmal spricht Özil im Statement von Respekt, den er erweisen will oder bitter vermisst, viermal von seinen Wurzeln, sechsmal von seiner Herkunft. Respekt, Wurzeln und Herkunft kreisen um das „Land meiner Familie“, die Türkei, und um die dort vorherrschende, vom derzeitigen Staatspräsidenten Erdogan massiv geförderte Religion, den Islam.