Die Royal Navy feuert im Roten Meer eine Rakete ab, um eine Drohne der Huthi abzufangen / dpa

Welthandel und sicherer Warenverkehr - Wunschdenken trifft Wirklichkeit

Die Angriffe der Huthi-Milizen auf Frachtschiffe im Roten Meer haben weitreichende Folgen für den Welthandel und damit auch für Deutschland. Die Ampel-Regierung scheint darauf bislang keine Antwort zu haben. Zeit, sich an die Worte des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler zu erinnern.

Autoreninfo

Roland Wöller ist Abgeordneter (CDU) im sächsischen Landtag und Professor für Volkswirtschaftslehre. Von 2017 bis 2022 war er Staatsminister des Innern in Sachsen.

So erreichen Sie Roland Wöller:

„Horst wer?“, titelte die Bild-Zeitung, als Horst Köhler für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen wurde. Der damals noch weitgehend unbekannte, aber anerkannte Ökonom hatte sich als Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium als Finanzfachmann einen Namen gemacht. Im Amt des deutschen Staatsoberhaupts wuchs er schnell in die Rolle eines beliebten Bürgerpräsidenten hinein. Mehr noch: Durch seine internationale Erfahrung entwickelte er strategische Weitsicht.
Enge Partnerschaft mit Afrika, Entschuldung ärmerer Länder und Regulierung und „Bändigung“ von Finanzmärkten waren nur einige Themen, die er während seiner Amtszeit setzte und vorantrieb. Bis zu seinem überraschenden Rücktritt 2010. 

Was war passiert? Auf dem Rückflug von einem Besuch der Bundeswehr aus Afghanistan gab er ein Interview, in dem er unter anderem ausführte, dass „ein Land unserer Größe und dieser Außenhandelsorientierung und damit Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“. Nach viel medialer Kritik und wenig Unterstützung aus dem damals regierenden Unionslager trat er zurück.  

Internationaler Handel ist nicht nur durch Pandemien und Kriege gefährdet 

Heute wissen auch die damaligen Kritiker, dass internationaler Handel nicht nur durch Pandemien und Kriege gefährdet ist, sondern zunehmend auch durch Piraterie, wie etwa die Seeräuber vor Somalia. Jüngst nehmen die Huthi-Rebellen im Jemen nicht nur das 1500 Kilometer entfernte Israel ins Visier, sondern greifen mit kleinen Booten und bombenbestückten Drohnen mit Unterstützung aus dem Iran wirksam den Schiffsverkehr im Roten Meer an. Das maritime Nadelör Bab al-Mandab zwischen der arabischen Halbinsel und dem afrikanischen Dschibuti misst an der engsten Stelle nur 27 Kilometer. Durch sie muss der Schiffsverkehr Richtung Suez-Kanal und Europa, der 15 Prozent des weltweiten Güterverkehrs ausmacht. 

 

Das könnte Sie auch interessieren:

Die wiederholten Angriffe auch auf große Containerschiffe haben weitreichende Folgen für den Welthandel. Der Erdölpreis hat in Reaktion auf die Angriffe angezogen, und der 14 Tage längere Umweg um das Kap hat die Frachtraten von Shanghai nach Rotterdam für Container verdoppelt. Auch der Inflationsdruck nimmt zu. Die NZZ zitiert eine Studie des Internationalen Währungsfonds, derzufolge eine Verdoppelung der Frachtraten (wie im vorliegenden Fall) zu einer Erhöhung der Kerninflation (ohne Energie- und Lebensmittelpreise) um 0,7 Prozentpunkte führen kann. 

Die Arbeit überlässt man Amerikanern und Briten

Dies hat Folgen nicht nur für die Weltwirtschaft, sondern auch für uns alle. Eine verantwortungsbewusste und vorrausschauende Politik müsste das im Blick haben. Stattdessen überlässt man es den Amerikanern und Briten, mit den Angriffen auf Huthi-Einrichtungen den freien Schiffsverkehr auch für die deutsche Wirtschaft zu schützen. Der weitsichtige Horst Köhler hatte und hat Recht. Warum dann sein Rücktritt? Anders einer seiner Nachfolger: Frank-Walter Steinmeier hat als Außenminister die Russlandgefahr heruntergespielt und die Nato-Manöver im Baltikum als „Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ verurteilt. Verantwortungsübernahme: Fehlanzeige. Diese krasse Fehleinschätzung der deutschen Politik, für die Steinmeier nicht alleine Verantwortung trägt, kommt uns bis heute teuer zu stehen. 

Wir sind „umzingelt von Wirklichkeit“, stellte jüngst Vizekanzler Habeck fest. Dies scheint aber noch kein entsprechendes Regierungshandeln auszulösen. Selbst beim geplanten Sicherheitsrat, der eine Gesamtlagefeststellung und einheitliche Strategie für Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln sollte, ist die Ampel an kleinlichen Ressortegoismen gescheitert. Es regiert weiter Wunschdenken statt Wirklichkeitssinn. Mit schlechten Zukunftsaussichten, nicht nur beim Welthandel. 

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Tomas Poth | Di., 16. Januar 2024 - 16:13

Das gehört dazu, da hatte der ehemalige Bundespräsident vollkommen recht.
Die Frage ist wie dieser Schutz ausgestaltet wird ohne Völkerrecht zu verletzen.
Sollte das Völkerrecht hier nicht eindeutig sein, so muß man es entsprechend formulieren.
Es könnet auch eine multinationaler Schutz sein der von der UN mit einem Mandat versehen wird.

Es ist erfreulich, dass Sie das Völkerrecht für sich entdeckt haben. Dieser Aspekt spielt bei Ihren Beiträgen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ja eine wie soll ich sagen: eher untergeordnete Rolle.
Womit die Brücke zu dem vorliegenden Artikel geschlagen ist:
Es ist eigentlich hinlänglich bekannt, dass es sich bei der Huthi-Miliz um eine radikal-islamische Terrorgruppe handelt, die vom Iran unterstützt wird. Der Iran ist ein enger Verbündeter Russlands, und damit dürfte klar sein, warum russische (und chinesische Schiffe) nicht angegriffen werden und wie weltfremd Ihre Forderung nach einem Mandat des UN-Sicherheitsrates ist.

Tomas Poth | Mi., 17. Januar 2024 - 11:12

Antwort auf von Kai Hügle

Es sind waren aus Fernost und Indien die auf dem Seeweg bedroht sind!
Davon sind auch, neben China, Japan, Indien und die Tigerstaaten betroffen!
Wie kann man nur so geistig kurzsichtig sein wie Sie?

Kai Hügle | Mi., 17. Januar 2024 - 14:22

Antwort auf von Tomas Poth

Wie gesagt, russische Schiffe werden nicht von den Huthi angegriffen. Das ist nicht nur in den sog. MSM nachzulesen, sondern auch im Cicero:

„Keiner der Anschläge im Dezember galt russischen Lieferungen, und Russland wird von den gestiegenen Ölpreisen profitieren, die sich wahrscheinlich aus den höheren Transportkosten ergeben werden.“

https://www.cicero.de/aussenpolitik/huthi-attacken-im-roten-meer-eine-g…

Und grundsätzlich sollte man sollte schon wissen, dass gegen das Veto eines ständigen Mitglieds des UN-Sicherheitsrates, in diesem Fall Russland, kein Mandat zustande kommt. Die Frage, die Sie mir stellen, sollten Sie also an sich selbst richten.

Armin Latell | Mi., 17. Januar 2024 - 16:52

Antwort auf von Kai Hügle

ist es, den Ukraine Krieg mit den Angriffen von Huthi Rebellen, besser ausgedrückt, Terroristen" zu vergleichen. Davon abgesehen, haben auch "spezielle iranische Streitkräfte" die Handelsschifffahrt dort schon angegriffen. Weltfremd ist es, Israel einen "Genozid" vorzuwerfen und darüber in der un abstimmen lassen zu wollen, wie es Südafrika tut. So oder so, die un sind nichts anderes als eine Interessenvertretung von nichtdemokratischen Staaten, zu denen ich auch den einen oder anderen offiziell demokratischen Staat zähle. Ähnlich wie damals die unselige ddr.

Christoph Kuhlmann | Di., 16. Januar 2024 - 16:52

Wie kam es zum fahren auf Sicht? Die Plünderung des Staatshaushaltes in der Schuldenkrise durch die Übernahme von Haftungsrisiken, die Einseitige Abhängigkeit bei der Energie von Russland, die Entwaffnung der Bundeswehr, die fortgesetzte Untätigkeit bei illegaler Migration? Durch wertegeleitetes Denken und selektive Wahrnehmung. Zensur im ÖRR und Qualitätsmedien, wenn es um die Herkunft von Attentätern geht. Ganze Themenfelder werden bewusst ignoriert. Die Berichterstattung wird zum Beispiel bei der Flüchtlings und Asylpolitik bewusst auf Deutschland fokussiert, wo das Kartell der Medienzensur noch halbwegs funktioniert, während rings um uns erhebliche Fortschritte bei der Begrenzung des Asylmissbrauchs erzielt werden. Zum ersten Mal erfahren wir nun, dass den Bund ca. 50 Milliarden im Jahr kostet. Die Hälfte davon braucht die Bundeswehr um Frieden in Freiheit zu sichern. Die andere Hälfte ist für eine Familienpolitik notwendig, so dass Mütter keine Probleme beim Berufseinstieg haben.

Henri Lassalle | Di., 16. Januar 2024 - 19:48

Realismus in der Aussenpolitik. Traditionell sind sie in aussenpolitischen Fragen oft unbedarft, naiv, sorglos, gutgläubig, sie projiezieren deutsche Verhältnisse auf Auswärtiges. Vieles erinnert auch an den Spruch "es ist nicht wahr, was nicht wahr sein darf".
Mangelnder Realismus, naive Wunschwelten sind in der Politik gefährlich.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 17. Januar 2024 - 10:30

Deshalb waren und sind wir nicht in der Lage, eine eigene selbstbewusste Außenpolitik zu betreiben und schicken stattdessen "Weiber" wie Schnatterinchen zur Belustigung anderer Nationen ins Rennen. Diese Nation ist und war immer nur schuldig, hat sich alles mit teils Schmiergelder erkauft und sich damit auch in die Hand der USA und GB begeben und läßt die, das stimmt in dem Artikel ausdrücklich, die "Schmutzarbeit" machen. Wir selbst könnten das logistisch auch gar nicht dauerhaft leisten. So überlassen wir es anderen auch unseren Handel zu schützen und "zahlen" im Hintergrund lieber. Und natürlich vertreten die USA und GB zu aller erst ihre eigenen Interessen und dann kommen die anderen. Verständlich und auch nachvollziehbar. Das bedeutet aber auch, dass wir uns deren Handlungen ergeben müssen und derer Informationen bedienen müssen, ob sie stimmen oder nicht. Nein, ich werfe der USA da wenig bis gar nichts vor, die machen ihr Ding schon immer und wir schauen zu und zahlen nur.

Heidemarie Heim | Mi., 17. Januar 2024 - 13:33

Huthi-Art und noch auf chinesisch. Noch deshalb, weil auch nicht ins Visier genommene chinesische Frachter und die chinesischen Anteilseigner/Pächter von Container-Umschlagplätzen wie . Cosco in Häfen wie Piräus der Boss, mittlerweile massive Nachteile erleiden durch diverse "befreundete" Terrororganisationen/Nationen. Vom staatlichen Eigner des Suezkanals Ägypten erst gar nicht zu sprechen. Pro Passage/Durchfahrt gehen denen im Schnitt aktuell 300.000$ oder ca. 5 Milliarden US-Dollars im Jahr flöten! Und alles was Amazon an Container-Ware aus China nicht auf Lager in Europa hat kommt nicht, verspätet an oder geht wie mir vor Tagen ein Händler schrieb leider "verloren";)
Und wie sich "Umwege" und verdoppelte Frachtkosten für Öl wie es Shell gestern ankündigte auf die hiesigen Preise auswirken bzw. sich prima als Grund für Erhöhungen eignen, kann sich ja jeder an 5 Fingern abzählen. Aber unsere Fregatte "Hessen" soll im Februar ja den Welthandel mithelfen zu retten;-) Alles gut! MfG

Albert Schultheis | Mi., 17. Januar 2024 - 14:00

Die Verletzung der Wegerechte durch militärisch aggressive Angriffe auf Schiffe ist eigentlich Sache der UN - sie sollte hier klare Kante zeigen und die Huthis (den Iran) in die Schranken weisen. Das tut sie aber nicht, weil die UN längst zu einem von RotGrünen und muslimischen Gottesstaaten unterwanderter Kampagnen-Club verkommen ist. Also fallen wir wieder zurück auf das Recht des Stärkeren!

Es ist richtig und lobenswert, dass die USA und die Briten dort massiv einschreiten! Umso beklagenswerter ist es, dass natürlich die deutsche infantilisierte und heuchlerische Außenpolitik sich davor drückt, sich eindeutig zu positionieren!

Mit jedem Tag wird uns drückend deutlicher, wie sehr wir alle unter der Diffamierung, Rufmordung und Verdrängung der alten weisen Männer von der Statur eines Horst Köhler leiden.
Aber Dummheit hat immer den höchsten Preis.