
- „Die Saudis wissen nicht, wie sie diesen Krieg beenden sollen“
Unter Beteiligung Saudi-Arabiens und des Iran herrscht seit sieben Jahren Krieg im Jemen. Die Nothilfe der Vereinten Nationen spricht von der „schlimmsten menschengemachten Katastrophe der Gegenwart“. In Deutschland wird von dem Konflikt aber kaum Notiz genommen. Im Gespräch erklärt der Islamwissenschaftler Guido Steinberg, warum der Iran kein Interesse an Frieden hat, warum große Teile der Bevölkerung hungern und weshalb eine Flucht nach Europa für einen Jemeniten nahezu unmöglich ist.
Guido Steinberg ist promovierter Islamwissenschaftler, Autor und Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Steinberg gilt als einer der führenden Nahost-Forscher in Deutschland. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Krieg am Golf. Wie der Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien die Weltsicherheit bedroht“.
Herr Steinberg, seit 2015 herrscht im Jemen Krieg. Die Nothilfe der Vereinten Nationen spricht gar von der „schlimmsten menschengemachten Katastrophe der Gegenwart“. Warum scheinen wir von diesem Konflikt in unseren Breitengraden kaum Notiz zu nehmen?
Mir scheint, dass in Deutschland die Wahrnehmung all dessen, was im Nahen Osten vor sich geht, sowieso sehr schwach ausgeprägt ist. Das ist etwas anders in Frankreich oder in Großbritannien, weil es dort eine gewachsene Tradition des Interesses für diese Region gibt. Deutschland dagegen hat sich in den letzten Jahrzehnten in der weltpolitischen Provinz eingerichtet. Mich hat zum Beispiel insgesamt erschrocken in den vergangenen zwei Jahren, wie wenig Interesse in Deutschland an der Welt insgesamt geherrscht hat. Es gibt nur bestimmte Länder des Nahen Ostens, die bei uns Interesse wecken. Israel zum Beispiel. Und die Türkei, wenn man sie zum Nahen Osten zählen will, was ich zumindest teilweise tue. Dass der Jemen-Krieg auch noch in der Peripherie des Nahen Ostens stattfindet, scheint es zusätzlich zu erschweren, dass dieser Konflikt in unser Bewusstsein vordringt. Da ist der Jemen in der Wahrnehmung wohl auf einer Stufe mit Somalia.