
- Kampf dem Diesel, Kampf dem Wohlstand
In der Debatte um Diesel-Fahrverbote beklagt Volkswagen-Chef Herbert Diess einen „Feldzug“ gegen das Auto. Er handelt aus Eigeninteresse, trotzdem hat er recht. Die Konzernmanager würden unter einem Diesel-Aus nicht einmal besonders leiden, im Gegensatz zu Arbeitnehmern und Otto-Normalfahrern
Der Diesel ist an allem Schuld. Ein Verwaltungsgericht nach dem anderen verhängt Fahrverbote für den Selbstzünder, der einmal als geniale Erfindung deutscher Ingenieurskunst gegolten hat. Letztlich betroffen davon sind 15,2 Millionen Pkw-Besitzer. Denn ein Auto, das bestimmte Ziele nicht mehr anfahren darf, verliert drastisch an Wert und wird letztlich unbrauchbar.
Damit wird das Gebot der Verhältnismäßigkeit, das selbst das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in seiner Verbotsentscheidung angemahnt hat, außer Kraft gesetzt. Betroffen ist auch der Gelegenheitsfahrer, der die Umwelt weit weniger belastet als etwa der Vielfahrer mit Benziner. Doch keine Sorge: Auch ihnen wird es bald an den Kragen gehen. Dafür wird die selbsternannte „Deutsche Umwelthilfe“ (DUH), unterstützt von Grünen, Greenpeace & Co., schon sorgen.
Fakten spielen keine Rolle mehr
Der Mehrheit der EU-Staaten ist die dominante deutsche Automobilindustrie mit ihren PS-starken Fahrzeugen ohnehin ein Dorn im Auge. Ihr können die Grenzwerte nicht streng genug sein. Dabei ist der Verbrennungsmotor das erste Opfer, das erbracht werden muss, um die Welt vor dem Höllenfeuer zu retten. Er ist zwar nur eine Ursache für den CO₂-Ausstoß, der maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich gemacht wird. Aber Fakten spielen in dieser Debatte ohnehin keine Rolle mehr.
Das beginnt schon bei den Grenzwerten. Sie sind einzig von Statistiken abgeleitet und politisch gesetzt. Warum etwa sollen an Straßen nur 40 Mikrogramm Stickoxid (NOx) pro Kubikmeter erlaubt, am Arbeitsplatz aber 950 und in der Schweiz gar 6000? Würde man die strengen Werte von Kohlendioxid oder Stickoxid im Verkehr auf alle Lebensrisiken anwenden, müsste sofort das Rauchen verboten und der Verzehr von Fett und Zucker untersagt werden. Es ist kein einziger Fall nachgewiesen, wo jemand durch CO2, NOx oder Feinstaub direkt zu Tode kam, rechnet Dieter Köhler, der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lungenheilkunde, vor.
Im Gegenteil, die Lebenserwartung der Deutschen steigt beständig, auch und gerade in den Großstädten. Denn dort stehen Notärzte binnen weniger Minuten bereit, um etwa Herzinfarkte – eine der größten Lebensrisiken – umgehend zu behandeln. Hier zählt jede Sekunde. So gesehen nützt dem Landvolk, das weite Wege zur medizinischen Versorgung gehen muss, seine vermeintlich saubere Luft wenig. Zudem: Warum zieht es so viele Menschen, junge wie alte, die die Städte, wenn das Leben dort so hektisch, teuer und gesundheitsschädlich ist? Um dann dort ein Landleben bei voller Infrastruktur zu fordern?
Deutschland ist auf den Diesel angewiesen
Dazu braucht es natürlich viele dienstbare Geister, die täglich von weit entfernt in die Metropolen pendeln – und dabei auf ihr Auto angewiesen sind. Auch viele Transporter und Lkw sind zur Versorgung nötig, allesamt mit Diesel betrieben. Ein Blick auf die morgendlichen Staus und übervollen Busse und Bahnen genügt, um ein realistisches Bild unserer Mobilität zu gewinnen.
Man bedenke: Ein Drittel der Wertschöpfung eines E-Mobils entfällt auf die Batterie. Sie entfällt damit für Deutschland, wo immer noch mehr als 800.000 Menschen gut verdienend in der Automobilbranche beschäftigt sind. Und weitere Millionen als Zulieferer und Dienstleister. Auch hier verhilft ein Blick auf Gewerbe- und Stadtrandgebiete zur Wirklichkeit. Denn hier hieße die „Verkehrswende“ zunächst Verödung. Fahrradgeschäfte werden den prächtig wuchernden Wohlfahrtsstaat jedenfalls nicht nähren können.
Keine gute Öko-Bilanz für E-Mobilität
Wenn heute drei Autos in einer Straße ihr E-Mobil gleichzeitig schnellladen wollen, bricht das örtliche Stromnetz zusammen. Dabei sind bislang gerade mal 5.861 Stromer zugelassen, also ein Bruchteil der angestrebten Millionen E-Pkw. Es fehlt also nicht nur am Strom, sondern an Transformatoren, dicken Kabeln und Ladestationen. Hartnäckig ignoriert werden auch jene Studien, die der E-Mobilität beileibe keine positivere Ökobilanz zusprechen. Allein die Herstellung der Großbatterien verschlingt viel Energie und belastet die Umwelt. Ungeklärt ist auch die Frage: Wohin mit den kleinen Chemiefabriken, wenn sie nach fünf bis sieben Jahren den Geist aufgeben? Jeder Heimwerker kennt die stark begrenzte Lebensdauer von Batterien.
Es verwundert, ja frustriert, wie all diese negativen Aspekte einer „ökologischen Verkehrswende“ ausgeblendet werden und allein dem Diesel-Besitzer die Last durch kalte Enteignung aufgebürdet wird. Haben sie keine Lobby? Dass außer VW-Chef Herbert Diess die meisten Manager der Automobilindustrie schamhaft schweigen, kann man gut nachvollziehen: Sie erwarten zunächst einen Auftragsschub für Benziner – und wenn auch diese nicht mehr geduldet werden, sind sie durch satten Pensionsverträge abgesichert. Aber wo sind die Gewerkschaften, die doch im Automobil- und Motorenbau ihre stärksten Bataillone verorten müssen? Wo die Politiker, die sich in Talkshows um die „arbeitende Mittelschicht“ sorgen?
Die Krisensignale sind bereits unüberhörbar. Brexit, Handelskrieg und die italienische Schuldenkrise sind nur drei Stichworte, die bereits auf die Konjunkturdaten drücken. Doch in Berlin regiert die Sorglosigkeit. Wohlstand macht blind. Auch dafür, dass mit dem Kampf gegen den Diesel für das Weltklima ohnehin wenig gewonnen ist: In Ost- und Südeuropa freut man sich über die vielen gebrauchten Dieselfahrzeuge, die nun günstig wie nie zu haben sein werden.