Blick in den Flur zwischen den Büroräumen des 1951 fertig gestellten Gebäudes des Instituts für Sozialforschung / dpa

100 Jahre Institut für Sozialforschung - „Sich dieser Wirklichkeit nicht fügen“

Vor 100 Jahren wurde das Frankfurter Institut für Sozialforschung gegründet. Die bewegte Historie des Instituts ist auch die Geschichte einer Weigerung, die kontemporäre Gesellschaftsordnung als die einzig mögliche Realität zu akzeptieren.

Autoreninfo

Marc Ortmann ist Soziologe und Autor. In seiner Dissertation beschäftigt er sich mit dem Verhältnis zwischen Soziologie und Literatur. Zuletzt war er zu Forschungsaufenthalten an der EHESS Paris, der Universität Basel und der University of Cambridge eingeladen. 

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Im Jahr 1923 waren die Schüsse zumindest in den meisten europäischen Ländern verstummt. Doch in Deutschland war eine Gruppe junger Akademiker der Ansicht, dass die sozialen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg das Potenzial hatten, eine neue Katastrophe hervorzurufen. Aufgrund dieser Gefahr gingen sie davon aus, dass ein Institut für Sozialforschung eingerichtet werden musste, welches die gesellschaftlichen Umbrüche einordnen könnte. Bereits zu Beginn des Jahrzehnts hatten Felix Weil, Max Horkheimer und Friedrich Pollock die gemeinsame Idee, eine solche Einrichtung in Frankfurt zu gründen. 

Diesen Freunden schwebte eine Institution vor, die sowohl theoretische als auch empirische Forschung über die Gesellschaft betreiben sollte, um ein humaneres und gerechteres Gesellschaftsmodell zu ermöglichen. Dabei war eine entscheidende Aufgabe, die Frage zu klären, warum die Novemberrevolution und andere jüngste Revolutionsversuche in Deutschland gescheitert waren. Die Idee eines Instituts wurde von Felix Weils Vater unterstützt, der ein Förderer der Universität Frankfurt war und die Vision eines Forschungsinstituts teilte.

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Henri Lassalle | So., 3. Dezember 2023 - 16:47

dass ähnlich wie bei der "Friedensforschung" die Sozialforschung nichts wirklich substantielles bringt; es wird viel geredet, anlaysiert, theoretisiert, publiziert, aber am Ende machen konkrete Machtkonstellationen und sozialpolitische Bewegungen Geschichte und bestimmen die Evolutionen innerhalb der Gesellschaften. Ein Punkt, den der Autor erwähnt ist wahr und verdient einen Akzent: Die Arbeiterschaft in Deutschland war nie wirklich betont links, noch weniger Kommunistisch oder Sozialistisch. Die Angst vor dem Bolschewismus wurde von den Nazis effizient genutzt. Auch danach, eigentlich noch bis heute, ist es noch etwas so. Die SPD war anfänglich, insbesondere während der Wirtschaftswunderjahre, eine Verteilungspartei, heute ist sie eher zu einer gemässigsten Partei des bürgerlich rechten Lagers mutiert, das hat die Politik von Kanzler Schröder, unter anderem, bestätigt.