
- Wie das Drehbuch für einen Film der Coen-Brüder
Der aufgeregten Medienberichterstattung und den Statements von Politikern und Sicherheitsbehörden zufolge konnte ein bevorstehender Staatsstreich gerade noch verhindert werden. Bei Lichte besehen wirkt der Hype um das Umfeld zweier spinnerter Reichsbürger-Revolutionäre und ihrer Umsturzpläne allerdings reichlich grotesk.
Auch auf die Gefahr hin, als „Verharmloser“ zu gelten: Ich habe mir jetzt sämtliche zur Verfügung stehende Nachrichten über den angeblich bevorstehenden Staatsstreich durchgelesen – und finde die geradezu hysterische Berichterstattung einigermaßen grotesk. In aller Deutlichkeit eines vorweg: Als Reporter bei den beiden großen Berliner Anti-Coronamaßnahmen-Demonstrationen im Sommer 2020 war ich selbst erstaunt über das Mobilisierungspotential der sogenannten Reichsbürger, denn ich hatte bis dahin angenommen, eine derartig spinnerte Glaubensgemeinschaft (deren Ideologie mir bis heute weitgehend unverständlich ist) könne deutschlandweit kaum mehr als ein paar wenige hundert Anhänger bei sich versammeln.
Auf der Straße des 17. Juni waren dann aber doch erschreckend viele, sicherlich ein paar tausend Leute mit Reichskriegsflaggen unterwegs, um gegen die bestehende Ordnung zu demonstrieren. Ich weiß noch genau, dass ich damals auf eine Flaggenträgerin zuging und sie fragte, was für ein Gesellschafts- und Regierungsmodell ihr denn als Alternative vorschwebe. Ihre Antwort war völlig wirr; wahrscheinlich war ihr selbst nicht ganz klar, was sie eigentlich wollte. Ein anderer „Reichsbürger“ hielt ein Plakat mit der Aufschrift „Putin & Trump: Give us free!“ in die Höhe. Tut mir leid, aber auf mich wirkte das alles eher komisch als gefährlich.