Linken-Politiker Bartsch / dpa

Die Linke in der Krise - Auch Fraktionschef Dietmar Bartsch gibt sein Amt ab

Mitten in der tiefen Krise der Linken gibt der langjährige Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch sein Amt ab. Er werde bei der Vorstandswahl am 4. September nicht erneut kandidieren, erklärte der 65-Jährige am Mittwoch in einem Schreiben an die Fraktion.

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Den Entschluss habe er vor langer Zeit gefasst, betonte Bartsch. Vor einigen Tagen hatte bereits seine Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali ihren Rückzug angekündigt. Hintergrund ist der Richtungsstreit um die Abgeordnete Sahra Wagenknecht.
Wagenknecht trägt die politische Linie der Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan nicht mit und will bis zum Jahresende entscheiden, ob sie eine eigene Partei gründet.

Falls es dazu kommt, droht der Linken und ihrer Bundestagsfraktion die Spaltung. Es wird erwartet, dass dann mehrere der 39 Abgeordneten die Linke zusammen mit Wagenknecht verlassen würden. Mit weniger als 37 Mandaten würde der Fraktionsstatus verloren gehen und damit Geld, Posten und Einfluss der kleinen Oppositionspartei.

Bedauern über Bartschs Rückzug

Bartsch begründete seinen geplanten Rückzug aber nicht mit der aktuellen Krise, sondern schrieb an die Abgeordneten, die Entscheidung „sei lange vor der letzten Bundestagswahl gefallen“ und seiner Familie und engen politischen Freunden bekannt gewesen. Er fügte hinzu: „Ja, viele haben mich in den vergangenen Tagen und Wochen heftig gedrängt, in dieser für die Partei nicht leichten Situation, noch einmal zu kandidieren. Letztlich bin ich bei meiner Entscheidung geblieben.“

Die beiden Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan äußerten Bedauern über Bartschs Rückzug, zollten ihm Respekt und dankten ihm. Zugleich zählten sie ihn zu ihren Verbündeten „im Kampf um eine starke und geeinte Linke“. Der Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich, ein Unterstützer Wagenknechts, meinte hingegen, auch Bartsch verlasse das sinkende Schiff. „Die Linke befindet sich ganz offensichtlich in Auflösungserscheinungen“, kommentierte Ulrich. Die Parteiführung zerlege Partei und Fraktion und mache sie „immer unwählbarer“.

Wer nachfolgt, ist noch offen

Bartsch ist seit 2015 Co-Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion, zuerst zusammen mit Wagenknecht, zuletzt mit Mohamed Ali. Diese hatte ihren Rückzug mit Protest gegen den Umgang der Parteispitze mit Wagenknecht begründet. Bartsch hatte daraufhin seine Zukunft zunächst offen gelassen. Nun hat auch er sich festgelegt. Wer den beiden nachfolgen könnte, ist offen.

Mit Bartsch zieht sich einer der prominentesten Linken aus der ersten Reihe zurück. Der 65-Jährige stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und bekleidet seit Jahrzehnten hohe Parteiämter. Lange war er Bundesgeschäftsführer der Vorgängerpartei PDS und der 2007 aus der PDS und der WASG hervorgegangenen Die Linke. 2009 managte er den Bundestagswahlkampf. 2012 kandidierte er als Parteichef, verfehlte aber die nötige Mehrheit. 2017 war Bartsch neben Wagenknecht Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, 2021 trat er mit Parteichefin Wissler an.

 

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In seinem Schreiben an die Abgeordneten appellierte er an seine Partei: „Viele schwadronieren aktuell wieder über das Ende der Linken. Sie werden sich ein weiteres Mal irren, wenn die Werte, um die wir in der Gesellschaft kämpfen wie Menschlichkeit, Solidarität, Herzlichkeit und viel Lächeln wieder unser Handeln bestimmen und wir zugleich aus der Geschichte linker Parteien die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.“

Spaltung der Linken

Bartsch hat immer wieder vor einer Spaltung der Linken gewarnt und Wagenknechts Liebäugeln mit einer Parteigründung kritisiert. Als Wissler und Schirdewan sich im Juni gemeinsam mit dem übrigen Parteivorstand von Wagenknecht lossagten, ließ Bartsch Unterstützung für die Parteispitze erkennen.

Insgesamt dreht sich der Streit in der Linken nicht nur um die Person Wagenknecht, sondern um die Frage, was moderne „linke“ Politik ist. Die Parteispitze umwirbt die Klimabewegung und will radikalen Klimaschutz verbunden mit sozialem Ausgleich. Wagenknecht und ihre Unterstützer warnen vor zu großen Belastungen durch Klimaschutz. Sie wollen Migration begrenzen und trotz des Ukraine-Kriegs weiter billige Energieimporte aus Russland.

Auf dem jüngsten Bundesparteitag der Linken 2022 konnten Wagenknechts Anhänger sich nicht durchsetzen. Wissler und Schirdewan sicherten sich hingegen die Unterstützung einer Mehrheit der Delegierten.

Quelle: dpa

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Ingofrank | Mi., 16. August 2023 - 15:27

Carola Rakete u.a. übernommene SED Altkaderpartei. Das ist erst einmal gut so!
Stellt sich für mich allerdings die zwingende Frage, was wird mit dem Parteivermögen der Nachfoleparteien welches noch aus SED Vermögen stammt einschl. der Liegenschaften?
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik