
- Märtyrer wider Willen
Der Rauswurf von Alexander Kekulé bei der Uni Halle wird von manchen als Beweis gewertet, dass es in Deutschland keine Meinungsfreiheit mehr gebe. Dabei steht der renommierte Virologe gar nicht wegen seiner Kritik an der Bundesregierung am Pranger. Wie kam es zu diesem verhängnisvollen Missverständnis?
Nach Christian Drosten ist er einer der am meisten gefragten Interviewpartner in der Coronakrise. Ebenso eloquent wie unaufgeregt erklärt Alexander Kekulé die Pandemie. Im MDR hat er einen eigenen Podcast: „Kekulés Corona-Kompass.“ Anne Will, Markus Lanz oder Maybrit Illner laden ihn gern in ihre Sendungen ein. Kekulé äußert sich dort auch regelmäßig kritisch zum Corona-Kurs der Bundesregierung. Früher als andere hat er eine Maskenpflicht gefordert. Früher als andere hat er auch auf die Schwachstellen des 2-G-Konzeptes hingewiesen. Sein Vorwurf: Die Regierung habe die Geimpften in falscher Sicherheit gewähnt.
Im Hauptberuf ist Kekulé aber nicht Pandemie-Erklärer, sondern Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Halle-Wittenberg. Genauer: war. Denn die Hochschule hat den Professor vorläufig von seinem Amt entbunden. Hintergrund ist die Kritik an seiner Lehrtätigkeit. Bei der Hochschule heißt es, der Virologe habe „sein Lehrdeputat nicht erfüllt“. Über Einzelheiten schweigen sich beide Seiten mit Hinweis auf das laufende Disziplinarverfahren aus. Doch noch bevor ein Gericht entschieden hat, ob die Vorwürfe gegen Kekulé einen Rauswurf rechtfertigen, wird er in den sozialen Medien schon als Märtyrer gefeiert. Sein Rauswurf muss als Beleg für die in rechten Kreisen populäre These herhalten, es gebe keine Meinungsfreiheit mehr.
In einer Ecke mit Boris Reitschuster
Der renommierte Wissenschaftler wird in einem Atemzug mit dem Blogger Boris Reitschuster und dem österreichischen Medizin-Professor Andreas Sönnichsen erwähnt. Beide Vergleiche hinken. Reitschuster, der wegen der Verbreitung von Fake News auch schon von YouTube gesperrt wurde, wurde gerade von der Bundespressekonferenz (BPK) ausgeschlossen, weil er, so die Begründung, den Sitz seiner Website nach Montenegro verlegt hatte. Die Satzung schreibt aber vor, dass Mitglieder „für ein in Deutschland ansässiges Medium arbeiten müssen und deren Tätigkeit ausschließlich oder weit überwiegend in Bonn oder Berlin ausgeübt wird.“