Die sogenannte Judensau an der Stadtkirche Wittenberg
"In Stein gemeißelter Antisemitismus": So bezeichnete der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Stephan Seiters, das Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt / dpa

Bevorstehendes Urteil des Bundesgerichtshofs - Die Judensau gehört weg!

Am 14. Juni verkündet der Bundesgerichtshof, ob die als „Judensau“ bezeichnete Schmähplastik an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt entfernt werden muss. Das antijüdische Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert wurde inzwischen um eine Bodenplatte und einen Aufsteller ergänzt, die die Darstellung einordnen sollen. Rafael Seligmann erklärt, warum es trotzdem weg muss.

Autoreninfo

Rafael Seligmann, Jahrgang 1947, ist Historiker, Journalist und Schriftsteller. Er lehrte an der Ludwig-Maximilian-Universität Strategie und Sicherheitspolitik. In Kürze erscheint sein Buch „Brandstifter und Mitläufer. Hitler, Putin, Trump“ im Verlag Herder.

So erreichen Sie Rafael Seligmann:

Ist öffentlich zur Schau gestellte antijüdische Hetze in Deutschland vorstellbar? Nicht als ein durch Neonazis, Paranoiker, Islamisten getarnter „Antizionismus“, sondern als eine auf kirchlichem Podest gehievte Judensau? Undenkbar?

Ab dem 8. Mai 1945 ist Antisemitismus in diesem Land tabu. Seither entwickelte sich Deutschland fortwährend zum Hort der tatkräftigen Judenliebe und Unterstützung. Milliardenteure und protokollarische Bußfertigkeit äußerten sich als Entschädigungsleistungen, Lobpreisungen der einstigen deutsch-jüdischen Symbiose und empörte Verurteilungen von Judenfeindschaft. Dennoch wurde bislang an der genuin feinseligen „Judensau“ festgehalten.

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michael büchner | Fr., 10. Juni 2022 - 08:41

die, wie so viele andere schon zuvor lediglich dazu dient, woke befindlichkeiten zu bedienen...

unsere jüdischen mitbürger haben gerade hier ganz andere probleme und jedem interessierten sei mal empfohlen, sich eine kippa aufzusetzen und durch eine deutsche innenstadt zu schlendern. das könnte eine sehr intensive erfahrung werden, die aber offenischtlich nötig ist, um den blick wieder auf das wesentliche zu richten: nämlich dass es keinen sinn macht, siebenhundert jahre alten antisemitismus als feigenblatt zu benutzen, um sich dem aktuellen (vor allem auch dem importierten) nicht stellen zu müssen...

schönen tag allerseits!

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 10. Juni 2022 - 08:58

führt in diesem Artikel vielleicht Herrn Seligman die Feder.
Ich würde nicht so eine Zusammenschau so präsentieren, aber ich bin auch nicht Opfer, unterstütze aber hin und wieder den "Weissen Ring", denn woanders kann es dann auch mich treffen.
Im Ergebnis stimme ich Herrn Seligman unbedingt zu, das Steinbild sollte entfernt werden oder aber eine moderne Steinskulptur der Grauen von Ausschwitz daneben gesetzt werden.
Ohnehin, wenn das Steinbild in einem dokumentierten Raum gezeigt werden sollte unter dem Motto "Grauen des Antisemitismus".
Jesus lebte und lehrte im für die Christen Heiligen Land, dem Heiligen Land Israels.
Christus würde sich den Kreuzestod evtl. noch einmal überlegen, der sich ja auch durch seine unbedingte Gottesvaterliebe und der zu seinen Jüngern ergab, wenn er die Folgen überschaut hätte.
Vielleicht wollte er dadurch gar ein letztes Mal die unbedingte Liebe Israels zu JAWE heiligen, nur wer versteht diese Geste noch so?
Synagogen, Gotteshäuser steht fest zusammen

in der ja bekanntlich ein hoher Wert einen anderen hohen Wert zu aller Unglück zu Fall bringt.
In der Matthäus Passion von Bach höre ich also besonders auf den Satz "Haltet! Bindet nicht".
Da gerade die Bachfestspiele in Leipzig begonnen haben, möchte ich auf ein zugängliches Streamingerlebnis hinweisen, die Johannespassion aufgeführt von der J.S. Bach-Stiftung St. Gallen unter der Leitung von Herrn Lutz am 14.06.2022 um 20 Uhr.
Mir ist also nicht Bange, dass wir Christen Christus verfehlen, wenn wir vielfältiger in unseren Glaubenssymbolen werden.
"Christus segnet die Kinder" würde ich auch mit mir herumtragen oder die "Fußwaschung", bzw. "Salbung Christi" durch diese Frau, aber auch schöne Symbole anderer Glaubensrichtungen.
Traditionen können mitunter nun mal sehr gefährlich werden, vor allem, wenn man sie nicht mehr versteht oder falsch.
Herr Seligmann beschützt seine Lieben und in der Reflexion eigentlich alle, die es mal irgendwo treffen kann.
Haltet inne!

jene 'Lücke' im Stadtkirchensandstein wieder auffüllen könnte, die Kirche mit ihrem dunklen Jahrtausend sozusagen 'versöhnend': etwa eine Menorah (die jeder Passant auch aus der Ferne sofort erkennen würde), oder ein Relief Moses' mit erhobenen Armen angesichts der Amalekiter (wäre nicht jedem Besucher geläufig, ließe sich jedoch mit einer Texttafel im Kircheneingangsbereich erschließen - wo übrigens auch die Sau deponiert werden könnte, mit einer Texttafel zur irreparabel kaputten Einstellung damaliger Kirchen gegenüber dem Judentum sowie zu deren direkten und indirekten Auswirkungen über Jahrhunderte).
Künstler und Gelehrte könnten hier gemeinsam, in Wort und Sandstein, Sinnvolles schaffen.
Wobei 'Versöhnen' (ähnlich wie 'Erinnerungskultur') eine Art 'Gutmachung' suggeriert, die in Wirklichkeit gar nicht möglich ist. Man strebt jedoch in Gegenwart und Zukunft an, wie im Judentum, 'tikkun olam': Welt in Reparatur.

gabriele bondzio | Fr., 10. Juni 2022 - 09:49

Diese Überschrift assoziiert schon böse Gedanken, eher auf den Mensch bezogen, als auf eine geschichtliche Skulptur.

Schon in der Schule war ich den Fächern Kunst, Literatur und Geschichte sehr zugetan. Und genau dort wurde meine Gedanken zum Judentum, durch „Wolf unter Wölfen, Tagebuch der Anne Frank usw. festgelegt. Es war auch Pflichtliteratur in der DDR. Das was Juden an Unrecht angetan wurde, war tief in mir verankert.

Und genau das ist der Knackpunkt, den ich beanstanden muss. Einerseits lassen die Gedanken der Menschen, die nicht – rückgängig zu machende Geschichte außen vor. Wenn sie nicht in ihr Weltbild passt. Obwohl sie aus Ereignissen lernen bzw. Rückschlüsse ziehen könnten.

Und sind daraus auch bereit geschichtliche Zeugnisse (welche ja einen künstlerischen Wert darstellen) zu vernichten/verbannen.

War schon x-mal vor der Kirche, da meine Oma in der Nähe wohnte. Habe sie aber nie im Sinne, des Artikels betrachtet.

Verbannung ist keine Lösung, sie liegt in den Köpfen

Habe jetzt die Wölfe verwechselt: Nackt unter Wölfen (Bruno Apitz) lt. der Buchtitel

Urban Will | Fr., 10. Juni 2022 - 09:51

deutscher Geschichte und doch wäre es m.M. nach ein falsches Zeichen, es zu entfernen. Ist es doch vielen Bürgern sicherlich mehr ein „Mahnmal“ denn ein anti – Jüdisches Hetzbild.
In einer aufgeklärten, offenen, sich seiner Geschichte wirklich bewussten Gesellschaft wäre so ein Bild kein Problem, doch der Autor scheint zu ahnen, dass in Zeiten betreuten Denkens, „angeordneter“ Gesinnungspflicht, etc. die Fähigkeit unabhängiger Meinungsbildung verloren geht, dass die Gesellschaft sich in eine Richtung entwickelt, die so ein Bild wieder zu einer Gefahr werden lassen kann. Und da hat er wohl nicht ganz Unrecht.
Doch was ist dieses Bild im Vergleich zu bewusst ins Land geholter, von oben herab dauerhaft verharmloster Judenfeindlichkeit?
Seit kurzem hallen wieder „Juden ins Gas“ - Schreie durchs Land, brennen Israel – Fahnen. Und niemand schreitet ein.
Da ist die hier gestellte Forderung doch nicht mehr als ein Hauch im Orkan.
Die wirkliche Gefahr droht von ganz anderer Seite.

Thomas Hechinger | Fr., 10. Juni 2022 - 10:01

Ich verstehe die engagierten Worte von Herrn Seligmann, die Argumente schlagen ein wie Blitze. Dennoch tue ich mich schwer, bei seiner Folgerung mitzugehen. 2014 gab es eine Diskussion um einen Weiler in Frankreich, „La mort aux Juifs“, „Tod den Juden“. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum forderte seine Umbenennung. Obwohl ich sonst gegen Korrekturen der Geschichte im nachhinein bin, habe ich mich damals dafür ausgesprochen, den Ort umzubenennen, und zwar, weil der Ortsname eine direkte Aufforderung zum Töten enthält. Ich weiß nicht, wie die Sache ausgegangen ist.
Grundsätzlich bin ich aber dagegen, historische Namen, Begriffe, Bauten nachträglich einem korrekten Geschichtsbild anzupassen. Die „Wittenberger Judensau“ ist nicht die einzige obszöne Darstellung an historischen Gebäuden. Da fielen mir weitere ein, nicht nur Juden betreffend. Ich weiß, mein Vorschlag zur Güte riecht faulig nach Kompromiß: Pflanzt einen Baum vor der Kirche, dessen Äste alsbald die anstößige Plastik verhängen.

Christa Wallau | Fr., 10. Juni 2022 - 10:01

teile ich: Die Judensau gehört ins Museum.

Von der Kirche sollte man sie nicht nicht deshalb entfernen, weil sie noch irgendeinen Zeitgenossen dazu veranlassen könnte, zum Judenhasser zu werden, sondern einzig und allein aus Rücksicht auf unsere Mitbürger mosaischen Glaubens. Für sie ist diese Darstellung schlicht unzumutbar.

In einem Museum könnte diese Darstellung für immer darauf hinweisen, wie sehr andersdenkende bzw. -gläubige Mitmenschen (heute gern als "Querdenker" abqualifiziert) von einer verblendeten, arroganten Mehrheitsgesellschaft diffamiert und gehaßt werden können - auch und gerade (!) in unserem heutigen Deutschland.

Ihren ersten beiden Absätzen kann ich zustimmen. Gegen Ende wird es gewohnt bodenlos. Wenn man modernen Antisemitismus beobachten will, muss man in der "Querdenker-Szene" nicht lange suchen..

"Maram Stern, der Vizepräsident des Jüdische [sic] Weltkongresses, nannte es 'besonders widerlich', wenn sogenannte Corona-Leugner versuchten, für sich selbst eine Opferrolle in Anspruch zu nehmen, die den Opfern des Holocaust gleichkomme. 'Ich weiß nicht, was schändlicher sein könnte, als sich im Angesicht der hochbetagten Überlebenden von Auschwitz, Majdanek und tausender anderer Konzentrationslager und Ghettos an deren Leidensgeschichte zu vergreifen. Es ist der Inbegriff von Empathielosigkeit, Verblendung und Zynismus'."

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/ns-vergleiche-antisemitismus-103…

Dem ist nichts hinzuzufügen.

michael büchner | So., 12. Juni 2022 - 00:10

Antwort auf von Kai Hügle

lassen sie mich zunächst behaupten, dass mitforisten wie frau wallau & andere ihre absolution nicht brauchen, sie also auch bereits ihren ersten satz mit substanz hätten füllen können...
aber bei ihrem zitat von herrn stern kommt mir der kaffee der letzten zehn jahre hoch, zumal sich herr stern in dieser rolle sehr zu gefallen scheint, was ja mit personenschutz problemlos möglich ist, aber an den alltäglichkeiten jüdischer mitbürger vollkommen vorbei geht. solche leute haben auch kein problem aus - zitat "tausender anderer Konzentrationslager" zitat ende - demnächst "millionen anderer konzentrationslager" zu machen & damit genau jenen recht zu geben, die ihnen unterstellen, mit angst & schuld nur kohle, aber keine ernsthafte debatte führen zu wollen. & als krönung schieben sie den faktenfinder nach, der sich per se schon mal mit frau kahane selbst ins knie schießt. da ist der örr dann doch nix anderes als ein eindeutiges zeugnis des jahrzehntelangen versagens linker bildungspolitik...

Gerhard Hellriegel | Fr., 10. Juni 2022 - 10:10

dann muss sie also weg, die Judensau. Aber warum nur die? Gibt es nicht beliebig viel antisemitische Hetze quer durch die Jahrhunderte? In Wort, Bild und Film? Das muss genau so weg, gleiche Sanktion für alle. Und ist nicht Auschwitz geradezu der Höhepunkt antisemitischen Wahns? Machen wir dem Erdboden gleich, damit nie mehr einer auf die Idee kommt.
Und eines Tages sind dann alle Zeugnisse verschwunden. Und dieser "Fliegenschiss" in unserer glorreichen Geschichte ist getilgt.
Aber nicht genug damit: in der Bibel wie in der Thora finden sich beliebig viele Zeugnisse jüdischer Fremdenfeindlichkeit, jüdischen Chauvinismus? Was ist mit dem? Alles muss raus.
Tja, wenn die Geschichte mit moralischem Anspruch bereinigt werden soll, wird es dann wirklich besser?

Klaus Damert | Fr., 10. Juni 2022 - 10:15

Alle Geschichte regelmäßig überprüfen und Unpassendes aussortieren. Die Taliban haben es vorgemacht - also los!
Wo sind wir nur gelandet? Wann kehrt hier wieder Vernunft ein?

Alexander Brand | Fr., 10. Juni 2022 - 11:23

Wäre das eine "Christensau" so gäbe es diese Diskussion nicht einmal. Das Relief ist 800 Jahre alt, da sah die Welt noch anders aus, es ist Relikt aus einer vergangenen Zeit und sollte dementsprechend auch als Zeitzeugnis bleiben. Wir müssen aufhören alles zu entfernen was irgendeiner nicht-deutsch-christlichen Minderheit nicht paßt.

Leider ist aber zu vermuten, daß die Gerichte nicht zu Gunsten des Verbleibs entscheiden werden, denn die Urteile folgen den politisch-medialen Vorgaben.

dann hätten C h r i s t e n sie gestaltet. Es ist schon ein Unterschied ob man etwas gegen ein anderes Volk, das im Übrigen bestens bei und intergiert war und ist (im Gegensatz zu mach anderen Gruppen) verwendet, oder ob man quasi Selbstkritik übt.

Martin Falter | Fr., 10. Juni 2022 - 11:42

ist gut und ordnet die geschlichen Zusammenhänge ( hoffentlich ) gut ein.

Problematisch finde ich wenn Einzelne, aus welchen Gründen auch immer, Kreuzzüge gegen Bauten oder Denkmäler aus längst vergangenen Zeiten veranstalten.

Die Geschichte verändert sich dadurch leider nicht, sie wird nur verdrängt.

Der Vergleich mit Hackenkreuzfahnen oder dem Gelände in Nürnberg ist Mumpitz, da ja nichts erneut oder aufgebaut werden soll, sonder es muss der richtige geschichtliche Kontext hergestellt werden.

Joachim Kopic | Fr., 10. Juni 2022 - 12:19

... der mischt sich doch auch sonst gerne in "politische" Dinge ein - würd mich (ausnahmsweise) mal interessieren, was dieser Mensch dazu zu sagen hat.

Joachim Kiess | Fr., 10. Juni 2022 - 12:48

Ja genau, in ein Museum damit. Und mit allen anderen solchen "Denkmälern" auch.

Dort kann auch eine sinnvolle Aufklärung über solche Relikte aus vergangenen Zeiten erfolgen.

Helmut Bachmann | Fr., 10. Juni 2022 - 13:03

Der Autor beschreibt richtig, dass die Wirkung einer solchen Plastik begrenzt ist. Sie wird gegen 0 gehen. Lässt der letzte Absatz, mit seiner unverhohlenen Sympathie für die neuen Jakobiner nicht den Schluss zu, dass es bei Zerstörung um eine Art Reinheitsritual geht? Um ungute Reinheit, um das klarzustellen. Eine, die nicht zur Reinheit, sondern zur Selbstverherrlichung, zum Jakobinertum verführt. Die Plastik ist sicher ein Zeugnis bösen Geistes. Damals. Der Unterschied zum Wideraufbau einer "Reichskanzlei" dürfte klar sein, es lohnt nicht darauf weiter einzugehen. Wir schaffen in der Gegenwart keinen guten Geist, wenn wir uns am damals durch Zerstörung abarbeiten, Kommentar ist viel besser. Das als Geschwurbel zu verunglimpfen ist eklig. Wichtiger wäre, mutig heutigen Antisemitismus ansprechen. Es gibt dazu Zahlen. Es gibt Zahlen, von wem Juden in Deutschland bedroht und angegriffen werden. Das Ergebnis dieser Umfragen wird geleugnet. Das ist ein wirklicher Skandal.

Dirk Bangert | Fr., 10. Juni 2022 - 13:36

Herr Seligmann hat eine klare Meinung und das schätze ich sehr.
Er zeigt Haltung, aber ohne diesen schmierigen Haltungsbrei, der so weit verbreitet ist.
Das Ding war vor 800 Jahren schon genauso fehlplatziert, wie heute. Es passt nicht zum christlichen Glauben und passte nie. Denn Jesus war geborener Jude, wie Martin Luhter einst schrieb, Jahrzehnte bevor er als verbitterter alter Mann abdrehte und dümmliche Schmähschriften über die Juden schrieb.
Ich würde das Kunstwerk hängen lassen und mit zeitgenössischer Kunst erweitern. Denn es ist ein großer Segen, dass die Kirche ihre falsche Meinung über die Juden endlich korrigiert hat.

Rebeca Bok | Fr., 10. Juni 2022 - 17:09

gefunden, von der Stadtkirche ins Museum - wäre den Deutschen nicht ihre Shoah dazwischengekommen, welche sie, Deutsche, in ein ewiggrünes Opfer ihres eigenen Stigma verwandelte (cf. auch Th. Schmid: "Wie Deutsche ihr Stigma benutzen" - Die Welt, 17.05.22).
Die Deutschen leiden ewig, denn "die Juden" (wahlweise "Israel") haben sie "auf dem Kieker" und "lassen nicht locker". Der deutsche Opferstatus ist vererbbar, wie bei der UNRWA: eine Art 'Deutsch-Nakba', wie der Psychiater Zvi Rex P. Schönbachs Sekundär-AS-Analyse resümierte: "Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen."

Th. Kaufmanns Studien zeigen: Luthers Judenhass war, sogar für Luthers Zeit, sehr übermäßig heftig ausgeprägt. - Luther, ein ganz besonders Schlimmer? 'Sowas' kann man den Juden fürwahr niemals verzeihen - und nach der Shoah erst recht nicht mehr. Verklärtes Stigma als 'buoyancy force' pusht die Sau extra Etagen nach oben - und wenn sie doch herabsteigt, wird man sie umso mehr beweinen.

J.Mann | Fr., 10. Juni 2022 - 19:16

Das Relief ist weit oben eigentlich unsichtbar für den normalen Besucher an der Fassade der Stadtkirche eingelassen.Die Existenz des Hetzbildes wurde erst durch die Medien public gemacht ,der Großteil der Touristen wird nicht einmal gewußt haben, dass es existiert.
Eine entsprechende Hinweistafel wäre ausreichend ,die Entfernung käme einer Schändung gleich.

Karla Vetter | Fr., 10. Juni 2022 - 20:03

weg? Die Judensau ist ein Relikt ihrer Zeit. Es gibt sie auch an Kirchen in Bayern. Sozusagen in Stein gemeißelter Judenhass. Seit nahezu 2000Jahren werden Juden von uns Christen gehasst , verfolgt und für Alles und Jedes zum Sündenbock gemacht. Dass es von muslimischer Seite nicht besser aussieht exkulpiert uns kein bisschen. Früher war es die schreckliche Judensau an christlichen Kirchen, heute ist es der Glaube an die" jüdische Weltverschwörung". Für mich die andere Seite der selben Medaille. Ich bin für das Verbleiben des Unerträglichen, genau deswegen weil es unerträglich ist .Der Finger muss in der Wunde bleiben. Geschichte wird nicht ungeschehen wenn ihre Zeugnisse entfernt werden.

Dr.Andreas Oltmann | Fr., 10. Juni 2022 - 21:54

Inwiefern, Herr Seligmann, sind die Europäer „ vom Frieden besoffen“? Und Krieg ist weniger Ausdruck von Hass als von Machtanspruch und Überlegenheitsgefühlen. Der Hass wird nur provoziert und geweckt, um Gewalt zu legitimieren.
Man muss die Judensau nicht ins Museum verbannen, nur, weil man sich nach 700 Jahren reinwachsen will. Aber man sollte sie weiterhin nutzen, um die Geschichte im Zusammenhang zu sehen, auch welche Anmaßung sich die Kirche damals herausgenommen hat. Und es sollte der Anlass für kritische, vorurteilsfreie Auseinandersetzungen bleiben. Nicht das Wegschauen ist die Lösung, nicht das Verbieten oder Demontieren. Sapere aude.

Markus Michaelis | Fr., 10. Juni 2022 - 23:31

Zum Grausamsten der Menschheitsgeschichte gehören (zumindest nach Meinung vieler) die Industriehöllen des 19.Jh. Da müsste man einiges entfernen. Dschingis-Khan-Ausstellungen gingen auch nicht mehr - was wiederum die heute lebenden Mongolen diskriminieren würde.

Dass wir auch keine Hakenkreuze hängen lassen stimmt nur bedingt: kaum etwas ist in Deutschland heute so präsent wie die Nazizeit. Immer erklärend, immer distanzierend, aber so in den Köpfen der Menschen wie kaum etwas.

Ich glaube nicht, dass das Abhängen eine bessere Gesellschaft hervorbrächte. Ich glaube auch nicht, dass sich in so einer Gesellschaft am Ende weniger Menschen betroffen und getroffen fühlen würden. Zumindest arbeitet Deutschland seit vielen Jahren daran alles aufzuarbeiten, aber die tiefe Betroffenheit nimmt zu, nicht ab.

Trotzdem ist es ein sehr berechtigtes Anliegen, dass Gruppen sich für ihre Anliegen einsetzen und einen Teil wird und sollte man auch immer umsetzen.

Albert Schultheis | Sa., 11. Juni 2022 - 11:57

Man kann die uralte Skulptur wegmeißeln! Dann isse weg. Keiner sieht sie mehr. So als hätte es sie niemals gegeben. Und alles, was einmal dazu geführt hat, sie zu erschaffen und aufzustellen, ist dann auch weg - so als wär's nie gewesen. Weiße Weste für alle. Bequem. Eine weitere angenehme Lügefür alle. Ich bin dafür sie dazulassen, wo sie ist und wo sie hingehört. Als Stolperstein und Stein des Anstoßes. Als geschichtliches Zeugnis von dem, was war und was sich nicht wegvertuschen lässt. Keine Lügen - Stehen zu dem, was man ist und wie man geworden ist. Wo Licht ist, ist Schatten und ohne Schatten kein Licht. Es sind NUR die Sünden und Fehler der Vergangenheit, die es uns ermöglichen, es besser zu machen. Aber nur, wenn man bereit ist, aus ihnen zu lernen. Das fängt damit an, dass man endlich aufhört, sich selber zu belügen bzw sich selber auf die Seite der Opfer zu schummeln.

Wolfram Fischer | Sa., 11. Juni 2022 - 12:16

Zitat: "Unsere Gesellschaft strotzt vor politisch korrekten Bürgern. Im Internet werden entsprechend Antihassgesetzen und –Vorschriften selbst Zitate gelöscht."
Das finde ich überhaupt nicht - hier herrscht Duckmäusertum und Schönrendnerei in Bezug auf die VERMEINTLICH Korrekten und eine unglaubliche moralische Diskreditierung (Hasser, Spalter, Nazi, Rassist, Islamophobiker u. dgl. Uverschämtheiten) all derer, welche der woken Meinungsdominanz nicht ihren 7/8-Kotau erweisen.
Und - um auf den Antisemitismus zu sprechen zu kommen - es darf (so passiert 2021) ein widerwärtiger "Paläsinenserfreunde"-Mob stundenlang auf den Straßen Drecksparolen skandieren wie "Tod den Juden", "Juden in's Gas" und es passiert: NICHTS!
Und um dem noch die Krone aufzusetzen: Die ARD berichtet von "Bürgern, die Ihrem Protest gegen den Krieg in Palästina Ausdruck verleihen wollten".
Einfach unfassbar!!
So geht (muslimischer) Antisemitismus in D - da ist die ekelhafte Judensau das kleinste Problem!

Wolfram Fischer | Sa., 11. Juni 2022 - 13:22

Und Karl Lagerfeld benannte (bereits 2017!) das Problem - und er hatte so verdammt recht:
„Selbst wenn Jahrzehnte dazwischenliegen, kann man nicht Millionen Juden töten und später dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde (Anm: Muslime) nach Deutschland holen."
Wenn es um Antisemitismus in D geht, ist der - insbesondere seit 2015 - importierte Antisemitismus das zentrale Problem. Rechts ist ein Problem, ja, welches aber durchaus präsent ist.
Linker und muslimischer A. wird dagegen nach wie vor im besseren Fall verharmlost, im schlechteren gleich ganz ignoriert.
Da ist die "Judensau" - gehört in's Musem, da stimme ich zu - bei aller Widerlichkeit zwar ein Problem, aber es ist halt an den dominaten Antisemitismus-Problemen gemessen lediglich ein marginales Randproblem.