Russischer Panzer
Anwohner stehen auf einem beschädigten russischen Panzer in der Nähe von Kiew / dpa

Krieg in der Ukraine - Offenbar russische Großoffensive geplant

Im Osten hat die Ukraine ihre stärksten und erfahrensten Truppen stationiert. Dort sammelt Russland nach Angaben westlicher Militärs nun seine Verbände zum Angriff. Das Kommando führt ein General mit zweifelhaftem Ruhm aus Syrien. Berichte über russische Giftgasangriffe ließen sich bisher nicht bestätigen.

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Im Osten der Ukraine soll sich nach Erkenntnissen westlicher Militärs eine russische Großoffensive mit Zehntausenden Soldaten und dem massiven Einsatz von Panzern, Artillerie und Luftwaffe abzeichnen. Russland habe seine Truppen dort vergangene Woche von 30.000 auf 40.000 Mann aufgestockt, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Montag. Der österreichische Kanzler Karl Nehammer äußerte sich nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau pessimistisch. Die russische Armee bereite eine Offensive in der Ostukraine vor, sagte er. „Diese Schlacht wird mit Vehemenz geführt werden.“

In der fast zerstörten Stadt Mariupol berichtete das ultranationalistische ukrainische Asow-Regiment von einem angeblichen Angriff der Russen mit einer chemischen Substanz. Eine Bestätigung gab es nicht, die USA und Großbritannien reagierten aber besorgt. Putin will sich heute zum russischen Tag der Raumfahrt am Weltraumbahnhof Wostotschny in der russischen Amur-Region im Fernen Osten mit dem belarussischen Staatschef Lukaschenko treffen. Die russische Armee nutzt Belarus als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine und startet angeblich auch Luftangriffe von dort. Nach dem Präsidententreffen will Putin sich Fragen von Journalisten stellen.

Keine Bestätigung durch offizielle Stellen

Kurz nach einer angeblichen russischen Drohung mit dem Einsatz von Chemiewaffen in Mariupol sei dort eine unbekannte Substanz mit einer Drohne abgeworfen worden, teilte Asow am späten Montagabend mit. Der öffentlich-rechtliche ukrainische TV-Sender Suspilne berichtete aber, es gebe keine Bestätigung durch offizielle Stellen. Den Asow-Angaben zufolge litten die getroffenen Personen unter Atembeschwerden und Bewegungsstörungen. Der rechtsextreme ehemalige Asow-Kommandeur Andryj Bilezkyj berichtete von drei Personen mit Vergiftungserscheinungen.

Die westlichen Staaten haben Moskau vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt, falls es in dem vor fast sieben Wochen begonnenen Krieg Chemiewaffen oder andere Massenvernichtungswaffen einsetzen sollte. Nach den Berichten aus Mariupol schrieb die britische Außenministerin Liz Truss auf Twitter, jeder Einsatz solcher Waffen wäre eine Eskalation, für die man den russischen Präsidenten Putin und seine Führung zur Verantwortung ziehen werde.

Am Montag hatte der Militärsprecher der prorussischen Separatisten von Donezk, Eduard Bassurin, gesagt, die ukrainischen Kämpfer seien in die Stahlfabrik Asowstal abgedrängt worden. Ein Kampf um die Befestigungen auf dem Fabrikgelände wäre zu verlustreich. Deshalb sollte man auf chemisch bewaffnete Truppen setzen, sagte er.

Selenskyj klagt über fehlende Waffen

Der Ukraine fehlen nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj die schweren Waffen, um das fast verlorene Mariupol zu befreien. „Wenn wir Flugzeuge und genug schwere gepanzerte Fahrzeuge und die nötige Artillerie hätten, könnten wir es schaffen“, sagte er in seiner nächtlichen Videoansprache. Er sei zwar sicher, dass die Ukraine irgendwann die Waffen bekommen werde, die sie brauche. „Aber nicht nur Zeit geht verloren, sondern auch das Leben von Ukrainern.“

Durch den Krieg sei die Ukraine das am stärksten minenverseuchte Land der Welt, sagte der Präsident. Über der Großstadt Charkiw warfen russische Einheiten nach Angaben der Gebietsverwaltung sogenannte Verzögerungsminen ab, die erst auf Bewegung reagieren. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen. Durch Artilleriebeschuss wurden in dem Gebiet mindestens acht Zivilisten getötet.

Das Kommando der ukrainischen Armee in der Ostukraine teilte mit, man habe im Gebiet Donezk an sechs Stellen russische Angriffe abgewehrt. Die Ukraine unterhält dort besonders starke Truppen, die seit 2014 die Front gegen die von Moskau gelenkten und ausgerüsteten Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk halten.

Der Nachschub bleibt ein Problem für die russische Armee

Die russische Armee werde voraussichtlich versuchen, diese ukrainischen Verbände „einzukesseln und zu überwältigen“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Die US-Regierung verwies darauf, dass Moskau erstmals einen Befehlshaber für den Feldzug in der Ukraine bestimmt habe, den Armeegeneral Alexander Dwornikow. Er befehligte zeitweise den russischen Einsatz in Syrien, bei dem mit Bombardements aus der Luft die Macht von Präsident Baschar al-Assad wiederhergestellt wurde.

Den westlichen Einschätzungen nach könnte ein russischer Angriff von Norden aus Richtung Charkiw und Isjum erfolgen. Satellitenbilder zeigten vor Isjum einen kilometerlangen Konvoi mit Fahrzeugen zur Unterstützung von Infanterie, Kampfhubschrauber und Kommandostellen, sagte ein Pentagon-Vertreter. Ein zweiter Zangenangriff wird von Süden erwartet. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba fühlte sich bei der kommenden Schlacht bereits an die Panzerschlachten in Südrussland im Zweiten Weltkrieg erinnert.

Bei dem Vormarsch im waldigen Norden der Ukraine nach dem 24. Februar waren die russischen Truppen schnell steckengeblieben, die Ukrainer konnten aus dem Hinterhalt viele Konvois bewegungsunfähig schießen. Im Osten der Ukraine könnten die russischen Truppen kompakter stehen, ihre Nachschublinien seien kürzer, sagten US-Militärexperten. In der offenen Steppenlandschaft ohne Deckung seien die gepanzerten russischen Verbände im Vorteil. Andere Experten sagten voraus, der Nachschub bleibe auch im Osten ein Problem für die russische Armee.

Quelle: dpa

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Bernd Windisch | Di., 12. April 2022 - 14:24

„Wenn wir Flugzeuge und genug schwere gepanzerte Fahrzeuge und die nötige Artillerie hätten, könnten wir es schaffen“

All die o.g. Dinge hat und hatte die Ukraine nicht. Deshalb ist und war es unverantwortlich den Konflikt derart zu eskalieren. Der Westen lässt sich jetzt ohne Wenn und Aber militärisch in den Konflikt hineinziehen oder die Ukraine wird in weiten Teilen auf lange Zeit von Russland besetzt. Das sind aktuell die Fakten.

Die aktuelle Reaktion des Westens ist brandgefährlich vor allem für die Ukraine. Man kann nicht nur ein bisschen schwanger sein.

Die "Es kann nicht sein was nicht sein darf" – Fraktion redet auch in diesem Forum von Feigheit und Angst vor dem „Schlächter aus Moskau“. Denen sei sarkastisch gesagt: „Es muss denn das Schwert nun entscheiden. Mitten im Frieden überfällt uns der Feind. Darum auf! Geht’s noch?

die Ukrainer sind selber Schuld, warum lassen sie sich nicht einfach abschlachten. Jetzt hat der arme Herr Putin soviel Arbeit und Ärger mit Ihnen....

Ihre Kommentare Herr Windisch, kann man nur mit Sarkasmus ertragen.

und das Geschwurbel des Herrn Windisch. Haben Sie eigentlich den Beitrag überhaupt gelesen? Interessiert Sie wahrscheinlich gar nicht.

Russland macht die Ukraine platt, und Sie beschreiben die Reaktion des Westens als "brandgefährlich".

Auch Sie möchten der Ukraine die sofortige und bedingungslose Kapitulation nahelegen. Dem Westen empfehlen, die Ukraine - die Überfallenen - im Stich zu lassen. Soll Putin doch seinen Willen bekommen!

Denn Waffenlieferungen des Westens verschlimmern ja nur die Situation, Sanktionen treffen nur uns selbst (oder die unschuldige russische Zivilbevölkerung - die zu 80% oder so hinter dem Schlächter im Kreml steht). Und überhaupt ist nur der Westen am Ausbruch des Krieges schuld - und nicht etwa jene, die ihre Bomben auf Wohnblocks, Geburtskliniken usw. werfen.

Was Verhandlungen bringen, hat gerade Herr Nehammers Besuch gezeigt. Gar nichts. Putin will keinen Frieden, er will Alles oder Nichts.

Die Reputation Ihres "Super-Putins" ist so oder so dahin.

Maximilian Müller | Do., 14. April 2022 - 08:07

Antwort auf von Bernd Windisch

Im Westen sind die gleichen Dilettanten und ideologischen Schwafler am Werk, denen wir die Energiekrise, unkontrollierte Migration, Minderheitenpolitik und Kampfpanzer mit Babysitzen verdanken. Diese Menschen weder fähig, die Gefahren ihres Handelns zu beurteilen noch einen Krieg zu führen.

Putin wird diesen Krieg nicht verloren geben. Sollte es der Westen tatsächlich schaffen, Russland durch Informations und Waffenlieferungen in eine Verliererposition zu bringen, wird Russland nicht zögern, Atomwaffen einzusetzen. Was der Westen hier macht, ist Öl ins Feuer zu kippen und bereits ein halber Kriegseintritt.

Der Westen muss sich einfach klar sein, wohin das Ganze führen kann. Deutschland wird, zusammen mit Frankreich, zu den ersten Zielen Russlands gehören, sollte sich Putin zu diesem Schritt entschließen. Die Ukraine sowieso.

Ich verstehe, dass man Russland Grenzen setzen will, aber das kann nur ökonomisch geschehen.

Jens Böhme | Di., 12. April 2022 - 14:25

Was sollen uns Bürgern die Glaskugelerklärungen, was die russische Armee für Militäroperationen vielleicht planen, sagen? Sowas wie, mal sehen, wer richtig tippt?

Tomas Poth | Di., 12. April 2022 - 14:45

Wer erinnert nicht die chemischen Waffen die die USA im Vietnamkrieg einsetzte, Agent Orange, oder den Einsatz von Napalmbomben.
Auch schon vergessen?
Das Kriegshandwerk ist ein grausames, es lebt vom Siegeswillen der Kriegstreiber und jedes Mittel ist recht, um die eigenen Ziele zu erreichen.
Wer bringt die Kriegsparteien zur Besinnung und findet den Kompromiss der den Frieden bringt?
Mir scheint die US-Nato wollen die bedingungslose Kapitulation Russlands erzwingen und lassen die Ukrainer das ausfechten.
Danach wird sich der US Petro-Dollar an der Ausbeutung der russischen Öl- und Gasvorkommen beteiligen, die investierten Kosten (US Waffenlieferungen) des Krieges durch Gas- und Öllieferungen über die russischen Pipelines bezahlen lassen.
Nordstream I und II werden voll liefern, Deutschland zahlt, einen höheren Preis als bisher.

Klaus Funke | Di., 12. April 2022 - 15:48

Antwort auf von Tomas Poth

Ich stimme Ihnen völlig zu, nur eine Kapitulation Russlands wird es nicht geben. Eher wird es Ende mit Schrecken, ein Atomkrieg, bei dem es keinen Gewinner gibt, sein. Ein Schrecken, der auch die USA nicht verschonen wird, diesmal nicht. Und wenn es das Letzte ist, was Putin macht, aber er verpasst den USA ein paar mit Atomsprengköpfen bestückte Hyperschallraketen, wahrscheinlich von See aus. Da werden die Amerikaner staunen wie ein zerstörtes Land aussieht. Und uns Trottel hier im impotenten (West)Europa, uns gibt es dann kaum mehr. Ich hätte nicht gedacht, nachdem meine Eltern die Schrecken des 2. Weltkrieges miterleben mussten (mein Vater in Russland, meine Mutter im zerbombten Dresden), dass auch ich noch einen Krieg erleben würde. Aber unsere Politiker haben alles getan, damit es uns erwischt. Mahlzeit!

Kai Hügle | Di., 12. April 2022 - 16:02

Antwort auf von Tomas Poth

Bezug nehmend auf Ihren Kommentar zitiere ich im Folgenden jemanden, der viel besser schreiben kann als ich:

"Dass man mit diesem Gerede nahtlos die nationalistische und imperiale Propaganda des Kremls übernimmt, scheint dabei niemand zu stören. Im Gegenteil, denn für diese selbsternannten Aufklärer ist nichts so vertrauenswürdig und seriös wie das russische Propagandaprogramm RT Deutsch. Die westlichen Medien hingegen sind – Stichwort 'Lügenpresse' – von der CIA manipuliert und von einem düsteren Konglomerat von Geheimdiensten, Banken und Politikern ferngesteuert.
Überhaupt: Die wahren Kriegstreiber, so weiß man in diesen Kreisen, sitzen natürlich nicht in Moskau, sondern in Washington und in Brüssel, die das friedliebende Russland mit ihrer aggressiven Politik bis auf das Blut reizen. Man greift sich an den Kopf.
Nehmen wir an, die Leute glauben wirklich, was sie da so posten: Woher kommt dieser Irrsinn?"

(Dr. Alexander Grau, 2014)

Sie können das sicher beantworten, Herr Poth...

Tomas Poth | Mi., 13. April 2022 - 12:32

Antwort auf von Kai Hügle

... Sie gerne andere, die auch ihren Bedürfnissen nahe kommen, wenn Sie dazu nicht selbst in der Lage sind.
Wie sagte einst Søren Kierkegaard:
"Die Menschen fordern Redefreiheit als Ausgleich für die Gedankenfreiheit, die sie selten Nutzen".
Schöne Ostertage.

Kai Hügle | Mi., 13. April 2022 - 16:47

Antwort auf von Tomas Poth

...dass Sie keine Antwort auf Herrn Dr. Graus Frage anbieten können. Und das, obwohl Sie doch überaus belesen zu sein scheinen.
Naja, ich verlinke mal den ganzen Artikel. Heute morgen machte mir wieder die Zeichenbegrenzung einen Strich durch die Rechnung.

https://www.cicero.de/aussenpolitik/deutsche-psychopathologien-deutschl…

Ob Herrn Dr. Grau bewusst ist, dass seine kommentierende Leserschaft zu 95% aus Menschen besteht, auf die seine Analyse vollumfänglich zutrifft...?

Ihnen auch ein paar schöne Feiertage, Herr Poth

Ernst-Günther Konrad | Di., 12. April 2022 - 15:39

Es ist sehr schwer einschätzen zu können, wer da wann und wie gehandelt hat oder handeln wird. Die Msm berichten, Russland habe Probleme Soldaten nachzuführen. Andere Militärstrategen erklären, dass alles in einem Partisanenkrieg enden würde. Mal hätten Russen etwas erobert und mal wurde was zurück erobert. Ja, man wünscht sich einerseits, die Ukrainer würden standhalten, das geht dann aber nicht ohne Waffenlieferungen aus der EU und eben nicht nur allein aus Deutschland. Andererseits ist man geneigt zu sagen, Waffenlieferungen würden nur den Krieg verlängern, der angeblich am Ende doch die Russen für sich entscheiden würden. Ich bin inzwischen sehr zwiegespalten. Ich kann beide Argumente verstehen. Nur das Frau Baerbock schwere Waffen fordert/ankündigt und Herr Scholz das erst abstimmen will, verwirrt mich doch sehr. Worüber sprechen die denn sonst bei ihren Treffen. Die Zeit wird knapp, wenn man es will. Ansonsten muss eben klar abgesagt werden. Mir fehlt eine klare deutsche Linie.

C. Jahn | Do., 14. April 2022 - 11:16

Zitat: "Die Ukraine unterhält dort besonders starke Truppen, die seit 2014 die Front gegen die von Moskau gelenkten und ausgerüsteten Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk halten."
Die bürgerkriegsgezeichneten pro-russischen Oblaste Donezk und Luhansk sollten mit dem Abkommen von Minsk mehr Autonomie vom 2014 gestürzten, vorher pro-russisch, nunmehr pro-westlich regierten Kiew erhalten. Zudem sollten alle Kampfhandlungen in den beiden Oblasten eingestellt werden. Beides passierte nicht. Wenn man nun so ein Zitat liest, fragt man sich, was da eigentlich los gewesen sein soll im Donbass. Welche Rolle spielten denn diese ukr. Truppenverbände in den Jahren 2014 bis 2022 in Bezug auf die eigentlich geltende Waffenruhe-Vereinbarung von Minsk und welche die Separatisten? Wo und wie verliefen hier Fronten? Von wem und auf wessen Auftrag gingen mil. Aktionen gegen die Minsk-Vereinbarung aus? Solche Fragen stehen im Hintergrund des aktuellen Konflikt, werden aber wenig thematisiert.