Gerhard Trabert
Chancenlos, aber wenigstens keine Einheitskandidatur: Linken-Präsidentschaftskandidat Gerhard Trabert / dpa

Die CDU und die Bundespräsidentenwahl - Ein politisches Trauerspiel

Die CDU/CSU nimmt ihre Aufgabe als Oppositionspartei nicht ernst, indem sie für die Bundespräsidentenwahl keinen Gegenkandidaten zu Frank-Walter Steinmeier aufstellt. Einzig die Linke hält diese demokratische Gepflogenheit aufrecht.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

So erreichen Sie Hugo Müller-Vogg:

Von der Linken lernen, heißt nicht zwangsläufig siegen lernen. Aber die CDU/CSU könnte bei der Linkspartei durchaus Anschauungsunterricht nehmen, wie man das Beste aus einer aussichtslosen Situation macht. Die Linke verfügt in der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt,  lediglich über 71 der 1472 Stimmen. Aber sie geht mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen: dem parteilosen Arzt und Hochschullehrer Gerhardt Trabert. Der hat sich in seiner Heimatstadt Mainz und weit darüber hinaus einen Namen gemacht als selbstloser Helfer von Obdachlosen und Flüchtlingen.
Natürlich handelt die Linke mit dieser Nominierung nicht selbstlos. Der Kandidat will seine Kandidatur nutzen, „um auf die Armut und soziale Ungerechtigkeit in diesem Land hinzuweisen“. Das ist ganz im Sinne der um ihr Profil als Anwalt der „Mühseligen und Beladenen“ bangenden Linkspartei, die es nur dank dreier Direktmandate wieder in den Bundestag geschafft hat.

Die Wahl des Bundespräsidenten wird durch eine solche aussichtslose Kandidatur keineswegs entwertet. Im Gegenteil. Die Linke verhindert sogar, dass dem Einheitskandidaten von SPD/Grünen/FDP/CDU/CSU lediglich ein mehr oder weniger rechtsradikaler Bewerber der AfD entgegentritt. Zu einer echten Wahl wird die Veranstaltung am 13. Februar dadurch nicht. Immerhin wird so dem in der Bevölkerung weitverbreiteten Eindruck entgegengewirkt, „die da oben“ steckten ohnehin alle unter einer Decke.

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Yvonne Stange | Di., 11. Januar 2022 - 11:14

Also ein linksradikaler Streiter für Flüchtlinge und Obdachlose ist auf jeden Fall besser als ein "rechtsradikaler" Kandidat der AfD. Auf sowas muß man erst einmal kommen.....
Und wenn ich mir um eine Menschengruppe in diesem Land KEINE Sorgen mache wegen gestiegenen Energiepreisen und Inflation, dann um "Flüchtlinge". Die zahlen das nicht selber, die Allgemeinheit springt ein. So wird es jedenfalls in den großen Wohnungsgesellschaften gehandhabt. Aber natürlich zu Stillschweigen verpflichtet. Wer Mitarbeiter in diesen Gesellschaften kennt oder in der "Flüchtlingshilfe", der weiß das.
Ich muß mich doch fragen, ob es ein Soll für das Wort "rechtsradikal" im Zusammenhang mit der AfD gibt? Scheint noch nicht erfüllt zu sein im mainstream. Immer weiter, immer drauf.... Ich lese schon immer weniger hier, bald bin ich ganz weg. Kommentare gehen nicht durch, 1:100.... was solls also?

Wolfgang Z. Keller | Di., 11. Januar 2022 - 20:09

Antwort auf von Yvonne Stange

Verehrte Frau Stange, wie kommen Sie denn auf "linksradikal", wenn sich ein Arzt auch um Obdachlose und Flüchtlinge kümmert? Habe zufällig aufgrund eines künstlerischen Projektes vor Jahren näheren Kontakt zum Innenstadtkloster St. Bonifaz in München, wo sich seit Jahrzehnten in besonderem Maße um solche Menschen gekümmert wird, weswegen u. a. auch zu seinen Lebzeiten vom Modezaren Rudolph Mooshammer immer wieder großzügige Spenden flossen.
Lauter Linksradikale? Nix für ungut, aber ich glaube, da hat´s wem die Optik etwas verzogen ...

Nun, der Begriff rechtsradikal wird genauso inflationär verwendet - ohne Sinn und Verstand und vor allem unberechtigt. Wieso sollte ich es dann nicht tun? Ein Rechter ist SOFORT rechtsradikal, dann ist es doch nur gerecht, daß ein Linker auch sofort linksradikal ist? Oder nicht? Wenn ich da so an manche Teile der Antifa denke.... Bei wem es "die Optik verzogen hat" wäre noch zu klären! Nix für ungut....
:-P

Gerhard Lenz | Di., 11. Januar 2022 - 11:23

aus Prinzip einen Gegenkandidaten aufstellen?

Um den demokratischen Schein zu wahren? Selbst wenn man mit Herrn Steinmeier einverstanden ist?

Wohl kaum. Das wäre nicht mehr als Scheindemokratie.

Bei den Linken dürfte die Sache eine andere sein. Dort sind die politischen Differenzen zur Ampel, und damit deren Repräsentanten, doch erheblich. Auch wenn das bei der Wahl des Bundespräsidenten, der ja nur repräsentative Aufgaben hat, eigentlich unerheblich ist.

Insofern dürfte das Aufstellen eines eigenen Kandidaten primär Symbolcharakter haben und dazu dienen, die Linke ein wenig in die Öffentlichkeit zu bringen

Deren Kandidat ist absolut akzeptabel - und jeglicher DDR-Konspiration unverdächtig. Vorstellbar, dass ihm ein paar linke Sozis oder Grüne bzw. deren Vertreter die Stimme geben wird.

Was am Ergebnis wohl wenig ändern dürften.

Glücklicherweise hat es die AfD bislang versäumt, irgendeinen "besonders guten Patrioten" als Kandidaten zu präsentieren.

<<.....Was am Ergebnis wohl wenig ändern dürften.....>>

Das Ergebnis steht in unserer Scheindemokratie in der Tat bereits vor der Wahl statt. Es werden durch die Zusammenkunft der BV nur Steuergelder verbraten, die anderweitig, z.B. in der Ahr-Region, zweckvoller eingesetzt werden könnten.
Schlau, diese AfD`ler! ihre Mitglieder verfügen ja auch überwiegend über "anerkannte" Studienabschlüsse u. gute Ausbildungen, dass sie sich nicht an der Symbolcharakter-Wahl, des zur Ramschware verkommenen "Verfassungsorgan-Posten" beteiligen!

Am Rande erwähnt, persönlich wäre mir der Kandidat der Linken als BP -die Partei-Mitgliedschaft des BP „soll“ ja ruhen- lieber als der jetzige Parteien-Abnick-onkel, dessen Parteimitgliedschaft,
allem Anschein nach, nicht ruht.

Tomas Poth | Di., 11. Januar 2022 - 11:47

Die CDU steckt noch tief in der Merkel-Links-Narkose. Ob überhaupt und wenn ja wann Sie daraus aufwacht ist momentan nicht abzusehen. Vielleicht nach den Landtagswahlen die in diesem Jahr abgehalten werden?
Mit einer einer Abkehr von der alten Corona-Politik könnte sie sich etwas befreien, aber sie reitet ja gerade im Galopp in die entgegen gesetzte Richtung.

Martin Falter | Di., 11. Januar 2022 - 11:59

es ehrenwert, wenn ein Kandidat durch sein Tun ( soziales Engagement ) als Bundespräsident nominiert wird. Auch wenn er von Links kommt.

Der Bundesuhu ( heute Show ) ist das Aushängeschild der Klüngelrepublik ala' Merkel.

Die CDU wird noch ewig brauchen um überhaupt eine Vorstellung von einer Strategie zu haben.

Merz als Sortierer und Oppositionsführer ist lachhaft, weil er immer wenn es spannend wird nicht da ist. Liegt vielleicht auch daran, daß er es nicht kann.

Ernst-Günther Konrad | Di., 11. Januar 2022 - 12:18

Sie machen ja auch keinen personellen Vorschlag für einen Gegenkandidaten. Es geht der CDU wie Ihnen auch Herr Dr. M.-Vogg. Die haben niemanden. Außerdem ist es schon schwer vermittelbar, zu Zeiten der Groko diesen Mann ins Amt zu wählen und plötzlich bei der Wiederwahl nicht. Man war doch mit diesem BP offenbar sehr einverstanden. Jetzt müsste man natürlich Gründe liefern, warum er das plötzlich nicht mehr sein soll. Ich bin und war bei Laschet immer der Meinung, dass er ein eingefleischter Merkelianer ist und war, so verhält er sich auch jetzt. So wie er argumentiert liegt er doch voll auf Merkels Linie. Ja, sie ist weg, wissen wir schon. Doch ihr Ungeist schwebt noch immer in der CDU. Auch Merz hat bislang nichts unternommen, die Geisteraustreibung endlich zu beginnen. Sie sprechen gerne der AFD die Demokratiefähigkeit ab und dennoch macht sie das, was sie Ihrer Partei vorwerfen. Sie benennt Ende Januar einen eigenen Kandidaten. Vielleicht fehlt es der CDU an demokratischem Geist?

lieber Herr Konrad, möchte ich folgendes hinzufügen:

Zum Tatbestand, daß sich die CDU immer noch im Merkel-Zustand befindet, gehört auch die fehlende Taktik z u g u n s t e n der eigenen Partei.
Merkel war das Schicksal der CDU ja total egal, so lange sie von ihr auf den Schild gehoben u. unterstützt wurde. Aber daß dies Merz u. allen anderen auch nicht wirklich wichtig zu sein scheint, das läßt nichts Gutes ahnen für die Zukunft dieser heruntergewirtschafteten Truppe.
Wenn die CDU nur ein bißchen mehr vom politischen "Geschäft" verstünde, dann hätte sie eine starke Frau, am besten eine partei-unabhängige, als Kandidatin gegen den schläfrigen Steinmeier aufgestellt, allein um damit den Grünen eins auszuwischen, die stets auf Frauenpower pochen. Besser kann man doch keinen Keil in deren Reihen eintreiben!
Aber nein! Wie schon bei der Wahl des Kand. für die BT-Wahl
versagt die CDU auch hier.
Ich frage mich, wieviel polit. Sachverstand überhaupt noch in dieser Partei vorhanden ist.

Liebe Frau Wallau,
Wir alle haben eine Gefahr übersehen, die den CDU-Granden gefährlich erschien:
Man stellt z. B. Frau Prien aus SH als Kandidatin auf. Die ist links genug, um auch die Stimmen der Grünen zu bekommen, dazu noch die von CDU/CSU. Man stelle sich jetzt noch vor, auch die AfD gäbe ihr, trotz eigenem Kandidaten, alle Stimmen und sie würde gewählt.
Prien müsste umgehend zurücktreten und die Wahl wiederholt werden. Was für eine Blamage für unser Land!

Ingo frank | Di., 11. Januar 2022 - 13:26

meine ungeteilte Zustimmung.
Und noch eins, Sie haben vollkommen recht, dass sich die CDU noch in der GROKO wähnt.. nach mehr als 1 1/2 Jahrzehnten ist es schwierig, die eigene Niederlage od. doch schon Untergang?, zu begreifen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Gerhard Fiedler | Di., 11. Januar 2022 - 13:39

Ich bedaure es auch, Herr Müller-Vogg, dass CDU und CSU keinen eigenen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten benannt haben. Eigentlich ein Trauerspiel in einer Demokratie, zumal der jetzige Bundespräsident Steinmeier seiner Aufgabe, für das ganze Volk da zu sein, nicht gerecht geworden ist. Und nur so könnten die Konservativen wieder punkten. Die Linke hat dies erkannt und die AfD wird auch noch einen Zählkandidaten benennen. Doch möglicherweise handeln CDU und CSU aus taktischen Gründen so, glauben angesichts der vielen Probleme und Differenzen innerhalb der Ampel an ein baldiges Scheitern dieser und möchten daher für eine rot-schwarz-gelbe Koalition die SPD nicht verprellen. Wenn sie sich da nicht täuschen.

Hans Jürgen Wienroth | Di., 11. Januar 2022 - 13:51

Der Kandidat der Linken zeigt, wie weit die Politik vom GG entfernt ist, das den BP zum „Notar der Verfassung“ macht. Hoffentlich gelingt es, hier noch eine/n kompetentere/n Vertreter/-in aufzubieten.
Der BP hat politisch neutral zu sein. Wo war diese Neutralität, als er bei jedem Gedenken an Opfer „rechter“ Täter dies groß thematisierte, beim Gedenken an den Anschlag auf dem Breitscheidplatz (immerhin 5-jähriges!) den oder die Täter bzw. dessen Gesinnung mit keinem Wort erwähnte, sondern hier die Schuld beim Versagen des Staates sah, also der Vertretung der Bürger mit dt. Pass.
Der Autor hat vollkommen recht, wenn er die CDU/CSU-Führung kritisiert. Auch wenn kein geeigneter Kandidat zur Verfügung steht (oder man keinen „verbrennen“ will), hätte man auf die Unterstützung Steinmeiers verzichten, sich neutral verhalten können.

Ihre Kritik bzgl. Breitscheidplatz nehme ich gerne auf und mache sie zu meiner.
Das Desinteresse der Regierung, die Opfer zu ehren, die Angehörigen zu unter-
stützen, mußten die Angehörigen der Ermordeten in einem offenen Brief an
Kanzlerin Angela Merkel beklagen. Bei dem Täter handelte es sich um den isla-
mistischen Terrorist Amri. Die Opfer waren Deutsche. Nicht auszudenken, wäre
die Staatsangehörigkei des Attentaters Deutscher, die Opfer islamistischer Her-
kunft.

Besonders beschämend zeigte sich BP Steinmeier. Als Bundespräsident für Deutschland und seine Bürger ein unentschuldbarer Affront. Auch er mußte
aufgefordert, Betroffenheit zu zeigen.

Für mich ein Skandal, seine Vergangenheit als Student. Unter Beobachtung des
Verfassungsschutzes stehend, forderte er als Redakteur der linken Zeitschrift De-
mokratie und Recht, eine Diskussion über eine linke Verfassungsinterpretation.
Daß die SPD seine Wiederwahl begrüßt, läßt tief blicken.

Bernd Windisch | Di., 11. Januar 2022 - 19:26

kennt den AFD Kandidaten bereits bevor die AFD überhaupt einen Kandidaten aufgestellt hat. Respekt!

Dr. Hugo Müller-Vogg müsste eigentlich auch wissen, dass Friedrich Merz in der CDU nach wie vor ohne Amt ist. Den aktuellen Zustand der CDU verantworten Angela Merkel und ihre Vasallen ganz allein.

Steinmeier markiert in der Pöstchen Schieberei aktuell erfolgreich seine letzte Stufe innerhalb des Peter Prinzips (In a hierarchy every employee tends to rise to his level of incompetence.)

Der Bundespräsident sollte von den Bürgern gewählt werden. Dann bestünde zumindest die Chance das diese Position nicht länger mit einem Apparatschik besetzt wird.

Helmut Sandmann | Mi., 12. Januar 2022 - 08:52

Die CDU hat nach 16 Jahren Regierung noch garnicht kapiert dass sie jetzt in der Opposition sind. Wenn die CDU so weitermacht, dann wird die Partei noch viele Jahre in der Opposition zubringen, vermutlich mit immer weniger Gewicht.

Hanno Woitek | Mi., 12. Januar 2022 - 16:33

die CDU nicht HerrnSteinmeier, der ein durchaus honoriger und allseits in der Bevölkerung gut anerkannter Präsident ist, nicht für diesen stimmen. Das ist kein Armutszeugnis, sondern Partei übergreifende kluge Politik.
Aber man muß ja irgendwie was schreiben