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Napoleon-Statue von Charles-Emile Seurre im Ehrenhof des „Hôtel des Invalides“ in Paris/dpa

200. Todestag Napoleons - Warum Cowboys nicht Französisch sprechen

Seit seinem Tod heute vor 200 Jahren wird debattiert: War Napoleon ein rücksichtsloser Despot oder der Vollstrecker der Französischen Revolution? Die neueste Antwort kommt aus Amerika – von einer Bewegung, die sich als Opfer der Napoleonischen Eroberungskriege fühlt: Black Lives Matter.

Stefan Brändle

Autoreninfo

Stefan Brändle ist Frankreich-Korrespondent mit Sitz in Paris. Er berichtet regelmäßig für Cicero.

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Für die neuere deutsche Geschichte gilt das, was der Historiker Thomas Nipperdey 1983 seiner großen Gesamtdarstellung vorangestellt hat – einer der berühmten ersten Sätze der Wissenschaftsliteratur: „Am Anfang war Napoleon.“ Der Umsturz überlebter, morscher Strukturen des Alten Reiches, die Vereinfachung der deutschen Landkarte, die großen Reformen in Preußen und in den Rheinbundstaaten: All das bedeutete die Grundlegung der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert und all das war eine Folge des Drucks der Machtpolitik und der Eroberungen Napoleons. Weil Hegel in dieser politischen und geistigen Neuaufstellung Fortschritte der menschlichen Freiheitsgeschichte erkannte, wurde in seiner Geschichtsphilosophie Napoleon einer der großen „Geschäftsführer des Weltgeistes“.

Diese Geschäftsführer schlagen der Vernunft und der Freiheit Breschen – ohne das freilich exakt so zu wollen. Was Hegel auf den weiteren Gedanken brachte, es gebe offenbar so etwas wie eine „List der Geschichte“, sich großer Individuen mit ihren Leidenschaften zu bedienen, um den Fortschritt zu bewerkstelligen. Heute vor 200 Jahren nun starb diese „Weltseele […] auf einem Pferde sitzend“, wie das berühmte Zitat richtig heißt. Das weniger bekannte Scheitern Napoleons in Haiti und Nordamerika, von dem Stefan Brändle hier erzählt, lässt uns allerdings die Grenzen der Hegelschen Konzepte spüren: Sie liegen im Leid unzähliger Opfer.

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Gerhard Schwedes | Mi., 5. Mai 2021 - 12:37

Wenn Alexander, Cäsar, wenn Napoleon, wenn Hitler ... diese Spekulationen bringen alles nichts. Wenn vor Millionen von Jahren kein Meteorit auf der Erde eingeschlagen hätte, würden wir die Dinos heute als unsere Hofhunde halten. Das sind alles nur Spielereien, die zu nichts führen. Ein klitzekleiner Zufall und jeder von uns hätte niemals das Licht der Welt erblickt. Richtig. Vornehmlich uns Deutschen täte es gut, von solchen Träumereien, seien sie nun auf die Vergangenheit oder wie von den Grünen vornehmlich auf die Zukunft gerichtet, besser die Finger zu lassen. Realitätssinn ist gefragt und sonst gar nichts. Das hieße dann auf die konkrete Realität dieser Gesellschaft übertragen, wenn der Wähler endlich erkennt, dass er mit den Grünen sich selber zum Abschuss freigibt, dann haben wir vielleicht die Chance auf eine bessere Zukunft, wenn nicht, geht viel Positives den Bach hinunter. Wenn jeder von den Kommentatoren im Bekannten- und Freundeskreis nicht den Schwanz einzieht, ja dann ...

Damit man Politik für seine Vorstellung machen kann.

Ich möchte nur erwähnen, dass Napoleon nicht nur das Verwaltungssystem europaweit entstaubt & revolutioniert hat.
Auch die Kartographie, die Gerichtsbarkeit & die Post wurden unter seiner Leitung revolutioniert. Aber sicher gibt es Experten in diesen Forum, die wesentlich präziser werden können. Und auch bei den Grünen wird es Menschen geben, wo man sagt, der kann es. Nur bei diesen Verteilungskämpfen in der Politik & speziell in allen Parteien Fällen leider die nach oben, die am lautesten brüllen & das größte Rad schlagen. Dann noch Beziehung von Moskau bis ins weißes Haus, alles perfekt & paletti. Abgesichert bis zum Himmel.

Maria Arenz | Mi., 5. Mai 2021 - 12:46

wenn BLM nicht auch auf diesem Schiff mit auf große Fahrt gehen wöllte. Wer weiß, vielleicht lassen sich ja auch von Frankreich noch Reparationen einstreichen. Aber zurück zum Thema. Haiti, das seine 1804 errungene Unabhängigkeit in der Tat dem von Napoleons ebenso inhumaner wie strunzdummer Entscheidung von 1802 ausgelösten Sklavenaufstand verdankt, ist seit über 200 Jahren unabhängig. Und bekanntlich das ärmste Land der westlichen Hemisphäre, das leider in jeder Hinsicht all den dysfunktionalen Staaten in Schwarzafrika gleicht, die erst seit 60 Jahren unabhängig sind. Kaum anzunehmen, daß Napoleons -anderswo sicher länger als 2 Jahre wirksamer- Sündenfall i.S. Sklaverei auf den bedauerlichen Verlauf in Haiti den geringsten Einfluß hatte. Es reicht halt nicht "frei" zu sein, man muß dann auch über Führungspersönlichkeiten verfügen, die mit der Freiheit etwas anderes anzufangen wissen, als sich und ihren"Freiheitskämpfern" die Taschen zu füllen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 5. Mai 2021 - 12:54

Vollendet hat Napoleon die bürgerliche Revolution m.E. nicht, eben weil er sich als Führer etablierte und später zum Bürgerkaiser krönen liess.
Leider orientieren sich wohl Frankreichs Parlamentarier nach wie vor an Napoleon.
Das mag daran liegen, dass Napoleon wahrscheinlich die bürgerliche Revolution rettete vor der (europäischen) Restauration, die dann ja auch nach seiner Niederlage folgte.
Das kriegerische Eingreifen europäischer Großmächte gegen die französische Revolution, könnte dann auch Napoleons europäische Kriege erklären.
Vielleichte glaubte er an Unterstützung durch die europäischen Bürgerlichen und Intellektuellen.
Die stellten aber nicht das Militär und waren nicht Franzosen, sondern freiheitsliebend.
Ich will nicht Macron als Vollender der EU, sondern eine avancierte und ausbalancierte parlamentarisch-demokratische EU.
Vielleicht "ist" Macron doch eher Napoleon als Talleyrand.
Als ersterer darf er mit meiner respektvollen aber Kritik rechnen.
Ich kann selbst, wie ALLE

Klaus Funke | Mi., 5. Mai 2021 - 17:30

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

Liebe Frau Sehrt-Irrek, da scheinen Sie sich vergaloppiert zu haben. Wer sich ein wenig mit der Napoleonischen Zeit und seinen Protagonisten beschäftigt, kann in großen Teilen die Euphorie und Begeisterung verstehen, die dem kleinen Korsen und seinen Helden entgegenschlug, trotz der vielen Toten und der Verheerungen der Kriege. Vieles verdanken wir ihm noch heute und nicht nur den Codes civile. Wie viele Schriftsteller und Künstler schufen Werke inspiriert von ihm? Nicht nur Beethoven die Eroica, deren Widmung er später zerriss. Auch Romane wie "Krieg und Frieden" oder "Die Elenden" und Dostojewskis "Schuld und Sühne" wären ohne "Napoleon" nicht entstanden. Und dann erst Monsieur de Talleyrand - ein überragender Diplomat und Politiker. Kann man den kleinen, homophilen Macron mit diesen Großen vergleichen? Nein. Das verbietet sich. Dieser Mann ist nicht mal ein Abziehbild. Er möchte wohl so erscheinen. Aber es bleibt eine Karikatur. Jede Nation zeugt ihre Helden. "N" war einer.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 5. Mai 2021 - 19:39

Antwort auf von Klaus Funke

dass er sich das leisten kann, z.B. seine Frau.
Ich befürchte, dass ich ganz entschieden einen Blick für Größe habe, gleich welcher Sparte.
Angesichts der evtl. extrem hierarchischen und elitenorientierten französischen Politik muss man vielleicht gar nicht nach einem "Talleyrand" Ausschau halten.
Gleichwohl möchte ich mit meinen Einschätzungen nicht hinterm Berge halten, nicht weil sie so gut wären, aber vielleicht dem einen oder anderen positiv oder negativ hilfreich.
Ich habe lange überlegt, was Macron nun sei.
Er hatte ein Auge für Frau von der Leyen und hat sie evtl. "durchgeboxt".
Einen Talleyrand für Frankreich braucht es nur, wenn Macron scheitert.
Zu Napoleons "Rassismus", der hielt doch die Deutschen auch für "bekloppt" und ganz Europa, wenn nicht die Welt als seiner bedürftig?
Veni, vidi, vici...
Geht es auch eine Nummer kleiner?
Sicher, man bringt so auch mehr voran, von dem 90% dann wieder einstürzen oder sie sterben früh.
Kurz hatte ich zu Mozart erklärt. "Eselsbrücken"

Tobias S. | Mi., 5. Mai 2021 - 14:05

Unnötig, darüber zu berichten. Ob heute irgendwelche schlecht informierten Schwarzen und woke Weiße denken, Napoleon war ein Rassist, spielt überhaupt keine Rolle. Was interessiert uns deren emotionalisiertes, ideologisiertes Gequatsche?! Diese Leute sind oft selbst Rassisten, in jedem Fall aber Chauvinisten. Und ihre einzige Waffe ist das immer wiederkehrende Kreieren neuer Feindbilder und Bedrohungen, verbreitet über die Medien. Nichts ist ihnen zu abgedroschen, kein Anlass zu dumm. Es wird Zeit, dass wir das beenden und diese Menschen in ihre Schranken verweisen. Dazu gehört auch, dass wir das Problem offen ansprechen.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 5. Mai 2021 - 14:29

Da kann man nur noch den Kopf schütteln. Demnächst machen die sich auch noch das Thema Neandertaler und Homo sapiens zum eigenen nur anhand der Hautfarbe zu erklärendes auf Rasissmus gründendes Problem. Der Lächerlichkeit sind keine Grenzen gesetzt. Die Sklavenhalterei ist so alt wie die moderne Menschheit. Schon die Völker vor Christus hielten sich Sklaven. Das war eben der Zeitgeist einer jeden Entwicklungsepoche. Nach heutigen Denken sicher nicht in Ordnung. Nur was bringt diese Diskussion den damals lebenden Menschen im Nachhinein? Nichts. Napoleon hat sich nach seinem Verständnis der Sklaverei bedient. Ja, aus heutiger Sicht natürlich nicht in Ordnung. Will man ihn jetzt ausbuddeln und anklagen? Offenbar ist bald kein Thema mehr von den Verrückten des Black Live Matter sicher. Dabei befanden sich gerade in deren Reihen genügend Sklavenhalter, die ihre eigene Spezies wie Haushunde hielten. Aber stimmt, Sklaverei hat eine Schuldfarbe: Nein nicht die Farbe Lila, sondern weiß.

Ein sehr deutlicher sogar. Der Rassismus in diesem Forum ist "well" und "alive".

Die Angehörigen der Bewegung der "Black Lives Matter", nichts als Verrückte. Ach so. Nur ein paar Schwarze.

Sich selbst aber mit ermordeten Juden auf eine Stufe stellen, und von einem "Stern" für Impfgegner schwafeln, wenn es um Corona-Maßnahmen geht.

Eine wirklich feine Moral.

Zur Erinnerung: Georg Floyd wurde von einem weissen, amerikanischen Polizisten ermordet. Der Täter, Chauvin, wurde von einem amerikanischen Gericht des Mordes für schuldig befunden.

Die Feststellung, dass vermehrt Schwarze Opfer polizeilicher Willkür werden, ist weder links-grünes Revoluzzertum, noch SED-Stalinismus, sondern schlicht Tatsache.

In diesem Forum begann man frühzeitig, und durchaus üblich, derweil das Opfer zum gewöhnlichen Kriminellen zu degradieren.

Passt schon.

...wäre nichts ohne das aktive Handeln von arabischen Staaten und Clans der damaligen Zeit. Das ging noch bis Ende 1900.
Aber, psst..nicht drüber reden. Es könnte den falschen in die Hände spielen.
Und ja der Neandertaler. Ist der nicht durch eine einfallende "Bevölkerungsbewegung" aus dem afrikanischen Raum verdrängt worden?
Die BLM sollen mal in den Spiegel schauen. Dann werden auch sie Rassisten erkennen. Man kann den Quatsch nicht mehr hören.
Ansonsten danke für ihre klaren Worte Herr Konrad.

Mir fällt auf, dass die Sklaverei heutzutage immer darauf reduziert wird, dass Weiße schwarze Menschen versklavt haben. Dies entspricht aber keinesfalls den historischen Tatsachen. Vollkommen außer Acht wird beispielsweise gelassen, dass mindestens 1-2 Mio Weiße durch Araber und Nordafrikaner (insbesondere die Korsaren von Algier) versklavt wurden. Bekannt ist, dass z.B. auch der spanische Dichter Cervantes durch nordafrikanische Sklavenhändler in die Sklaverei geriet und erst durch Zahlung eines horrenden Lösegeldes wieder freikam. Dieser Handel mit weißen Sklaven kam erst Mitte des 19. Jahrhundert mit der Einnahme von Algier durch die Franzosen zum Erliegen. BLM sollte das bitte auch zur Kenntnis nehmen.

hatte Sklaverei mindestens 800 Jahre praktiziert - in Abermillionen Höhe an Verschleppten und Malträtierten, worüber nirgends gesprochen/geschrieben wird, obwohl Chroniken dieser Zeit davon überfüllt sind. Man sollte sich die Archive von Balkan bis nach Polen und Russland ansehen. Fast alle Sklaven waren aus der slawischen/ungarischen Ethnie, was dazu führte, dass sich die komplette Physiognomie des zentralasiatischen Menschentypus europäisierte, hin zu heutiger Erscheinung. Wer waren die hunderttausenden von Frauen, die man in den unzähligen Harems zu hunderten einsperrte und dem abartigen Sexismus der damaligen Kaste der Adeligen zur Befriedigung dienten? Wann wird dieses geschichtliche zum Himmel schreiende Unrecht aufarbeitet?
Übrigens: Erst im 1924 wurde die Sklaverei in der Türkei abgeschafft!

BLM ist ein bedeutsames Thema in den USA, und das zu recht. Bei uns erscheint es mir lediglich wie ein bequemer Abklatsch, ein abgekupfertes Thema, das bei uns nahezu ohne reale Bedeutung ist - wenn man von Ausfällen ein paar Irrer absieht (siehe Jens Lehmann heute).

Wir schmücken uns mit Black-Lives-Matter Aufklebern und Plakaten aus Übersee, fühlen uns dabei suuuper menschlich - und trampeln gleichzeitig über die Benachteiligten unserer eigenen europäischen Gesellschaft, vor unserer Haustür: zunehmend drangsalierte jüdische Bürger*, eine verarmende Unterschicht, "weiße Männer", und in noch zu vielen Bereichen (ich meine hier nicht die paar warmen Vorstandsplätze!) noch immer Frauen.

Und was ist mit Afrika, Südamerika, oder wie oben beschrieben Haiti, hier gibt es Probleme ganz anderen Ausmaßes. Für die bleiben wir blind?

Also Augen auf, der "Nächste" wohnt nicht allein in den USA.

Christa Wallau | Mi., 5. Mai 2021 - 15:29

und der Selbständigkeit Haitis setzte im 19. Jahrhundert dort ein ruinöser Niedergang ein, der bis heute anhält.
Ist das alles noch dem Korsen bzw. dem Kolonialismus zu verdanken???
200 Jahre danach???

Frau Arenz schreibt sehr richtig, daß fast a l l e sog.
Entwicklungsländer, die in der Mehrzahl von Farbigen bevölkert sind, offenbar über keine "Führungspersönlichkeiten verfügen, die mit der Freiheit etwas anderes anzufangen wissen, als sich und ihren 'Freiheitskämpfern' die Taschen zu füllen."

Was lehrt uns das?

Karl-Heinz Weiß | Mi., 5. Mai 2021 - 15:33

Es besteht offenbar Bedarf, Politiker von 1821 mit dem Maßstab von 2021 zu messen. Viel interessanter erscheint mir, warum die Franzosen unverändert ein starkes Bedürfnis nach Führungspersönlichkeiten haben. Mit Macron hat das erneut eher nicht geklappt. Seine zunehmend royalen Auftritte wirken beim Lebensgefühl der Franzosen zumindest für einen Deutschen eher peinlich.

Tomas Poth | Mi., 5. Mai 2021 - 15:47

Wir sind alle Opfer des Vorhergegangen. Wie weit wollen wir also Regressansprüche und gegen wen geltend machen?
Ich mache da einen Schnitt und fange bei den alten Griechen und Römern an!
Hier nahm für Europa und speziell für Deutschland alles Übel seinen Anfang. Wir sollten also sorgfältig zurück- und aufrechnen (vielleicht müssen wir auch noch die römisch-katholische Kirche mit einbeziehen) und unsere Forderungen dann gegen Griechenland und Italien, als spätere Nachfolgerstaaten, wohlformuliert begründen und stellen.
Dabei spielt es keine Rolle was zwischenzeitlich alles an Konflikten zwischen den verschiedenen europäischen Staaten gelaufen ist. Es läßt sich alles ursächlich auf das frühere Wirken der Griechen, Römer und der Katholischen Kirche zurückführen. Gegenrechnungen sind daher nicht möglich. Auf gehts!