- „Polizisten zu erschießen, ist doch nur Spaß“
Der Syrer Fayez Kanfash peitscht in seinen Youtube-Videos Emmanuel Macron aus und erschießt Polizisten. Wie gefährlich ist er? Zu Besuch bei einem, der Flüchtlinge gegen den Rechtsstaat aufhetzt, um ein internationaler Star zu werden.
Eine blonde Perücke, ein Strick, eine Maske mit dem Bild von Macron, mehr brauchte Fayez Kanfash nicht, um den Finger in die Wunde der deutschen Integrationspolitik zu legen.
Am letzten Samstag im Oktober werden die Einwohner des Berliner Stadtteils Neukölln Zeuge einer gespenstischen Szene: Selbst als Scheich kostümiert, zieht Kanfash einen als Macron verkleideten Bekannten an einem Strick über die Sonnenallee.
Der echte Emmanuel Macron hatte da gerade nach dem Mord an Samuel Paty verkündet, Frankreich müsse „eine Schlacht“ gegen den Islamismus führen, um „die Barbaren“ zu stoppen. Der Pariser Geschichtslehrer war von einem 18-jährigen Islamisten enthauptet worden, weil er seinen Schülern Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte, um ihnen zu erklären, was Meinungsfreiheit bedeutet. Die Aktion in Neukölln soll eine Quittung dafür sein, dass Macron die Karikaturen verteidigt. An einer Straßenecke zwingt Kanfash den falschen Macron in die Knie und beschimpft ihn als Hund. Angefeuert von jungen Männern, die „Allahu akbar“ rufen, verbrennt er Fotos des französischen Präsidenten.
Allah in deutschen Kinderzimmern
Ein Video, das diese verstörende Szene dokumentiert, verbreitete sich schnell in der arabischen Welt. Empörung über Kanfash? Nein, Empörung über Deutschland. Das Video zeigt, wie Polizisten den Youtuber abführen, um ihn daran zu hindern, Macron ein zweites Mal zu demütigen. In der arabischen Welt haben solche Bilder mehr Sprengkraft als das Bild von der Auspeitschung Macrons. In gespielter Arglosigkeit fragt der Moderator des Fernsehsenders Syria TV: „Seit wann gilt Meinungsfreiheit in Deutschland nicht für Muslime?“
Wer ist dieser 23-jährige Mann, der von sich selber sagt, er würde eigentlich lieber in Saudi-Arabien leben, aber er werde so lange in Deutschland bleiben, bis er den deutschen Pass in der Tasche habe, weil er damit in jedes Land der Welt reisen kann? Ein Islamist, der Youtube nutzt, um die Botschaft „Allah ist mächtig“ in westliche Kinderzimmer zu bringen? Oder nur ein „digital native“, der berühmt werden will, koste es, was es wolle? Und was sagt sein Fall über den Grad der Integration der 4,5 Millionen Muslime aus, die in Deutschland leben?
Berufswunsch: Model oder Schauspieler
Luckenwalde, eine Autostunde südlich von Berlin. Eine herausgeputzte Altstadt, die ausgestorben wirkt. Hier lebt Fayez Kanfash am Stadtrand in der dritten Etage eines Plattenbaus zwischen Ikea-Möbeln und einem Flat-Screen-Fernseher. Auf dem Balkon stehen ein Crosstrainer und eine Hantelbank. Das ist sein Fitnessstudio.
Es ist nicht schwer, sich mit ihm zu verabreden. Die Anfrage ist kaum verschickt, da ruft er zurück: „Wann wollen Sie kommen?“ Kanfash ist durchtrainiert, trägt Jeans und ein pinkfarbenes T-Shirt. Er wirkt wie ein Mann, der genau weiß, was er will und wie weit er gehen darf. Um keinen Ärger mit Youtube zu bekommen, hat er sein Macron-Video mit einer Warnung versehen: „Bitte nehmen Sie es nicht zu ernst und respektieren Sie den deutschen Staat.“ Eine Stelle hat er auch mit einem Piepton unhörbar gemacht. Er sagt: „Da sagt ein Mann: Ich fick deine Tochter.“
Man hat kaum den Mantel ausgezogen, da hat er auch schon eines klargestellt: Er sei Youtuber, kein Terrorist wie Anis Amri, der Lkw-Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz. „Wallah, ich schwör!“ Er ist der älteste Sohn einer strenggläubigen Familie aus Damaskus, ein Scheidungskind, er will Model oder Schauspieler werden. Das verbindet ihn mit seinem jüngeren Halbbruder Youssef Kabani, der in London lebt und mit seinem Youtube-Kanal ähnlich erfolgreich ist. Er sagt: „Solange mich der Produzent von James Bond nicht anruft, muss ich eben meine eigenen Filme produzieren.“
Soziale Experimente
Er mag Action. Und er liebt es zu provozieren. Mal pinkelt er in Neukölln auf eine Palästinenserflagge, um Araber zu provozieren. Mal verteilt er auf dem Alexanderplatz iPhones oder MacBooks an kichernde Jugendliche. Sie müssen ihm dafür nur das muslimische Glaubensbekenntnis auf Arabisch nachsprechen. Er nennt das „soziale Experimente“.