Ein Luftballon mit dem Schriftzug SPD, dem die Luft ausgegangen ist
SPD am Boden: „Ich kann mich nicht an einen solchen Erdrutsch erinnern“ / picture alliance

Christian Ude - „Die SPD muss bereit sein, vermeintlich verbotene Themen anzugehen“

Christian Ude war lange das Gesicht der SPD in Bayern. Mit ihm als Spitzenkandidat erreichte die Partei 2013 noch mehr als 20 Prozent. Nun hat sich das Ergebnis halbiert, und der langjährige Oberbürgermeister von München ist entsetzt über den Zustand der Sozialdemokraten. Gibt es einen Weg weg vom Abgrund?

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So erreichen Sie Constantin Wißmann:

Herr Ude, wie geht es einem bayerischen Sozialdemokraten nach der Bayernwahl?
Das Ergebnis ist nicht enttäuschend, sondern niederschmetternd. Wobei es in München noch schlimmer ist als im restlichen Bayern. Und das will etwas heißen. In München sind der SPD fast zwei Drittel der Wähler davongelaufen. Ich kann mich nicht an einen solchen Erdrutsch erinnern. Das stellt den Bestand einer uralten Partei in Frage. 

Als Sie 2013 als Spitzenkandidat der SPD in Bayern angetreten sind, erreichten Sie immerhin noch 20 Prozent…
20,6 Prozent!

… der Stimmen. Jetzt hat sich die SPD halbiert. Was ist in den fünf Jahren passiert?
In den ersten zwei, drei Jahren nicht besonders viel. Aber dann fingen die Absonderlichkeiten an. Vor allem nach der Bundestagswahl. Vor der Wahl hatte man sich der totalen Illusion hingegeben, dem Schulz-Hype, der aber nur eine Autosuggestion und eine Medienblase war. Das Ergebnis war natürlich eine große Ernüchterung. Aber dann wurde ein Kasperletheater aufgeführt, vor allem ausgerechnet von der Bayern-SPD. Die leidet und verzweifelt seit 60 Jahren an ihrer Oppositionsrolle. Und dann verkündet sie, eine Regierungsbeteiligung im Bund sei das Schlimmste auf der Welt. Als ob die Jahrzehnte in Bayern gezeigt hätten, dass man nur auf der Oppositionsbank wachsen und gedeihen kann, bis man zum Riesen wird. Das war eine unfassbare Verfehlung der Realität. Und danach ist man auch noch umgefallen und hat den Koalitionsvertrag als große Chance verkauft. Das ist ja nicht falsch, aber es war das Gegenteil von dem, was man noch wenige Tage zuvor als Wahrheit verkauft hatte. 

Was hätte die SPD denn machen sollen? Es haben doch zwei Drittel der Mitglieder für eine Regierungsbeteiligung gestimmt.
Eben! Aber danach hat die SPD nie aufgehört, diese Entscheidung selbst ständig in Frage zu stellen. Das Nörgeln war lauter als von den größten Kritikern von außen. Wenn man täglich verkündet, dass es abwärts geht und die SPD ihre Ideale verrate, dann glaubt das auch irgendwann der Wähler. 

Das heißt, die größten Fehler wurden auf Bundesebene gemacht?
Wie gesagt: Die Bayern-SPD war an diesem fatalen Wackelkurs federführend beteiligt. Es ist also nicht so, dass da eine Lawine aus Berlin auf Bayern zugerollt kam, gegen die man níchts machen konnte. 

Christian Ude
Christian Ude / picture alliance

Sie haben München schon angesprochen. Dort waren Sie 20 Jahre Oberbürgermeister der roten Metropole im schwarzen Freistaat. Jetzt haben die Grünen dort der SPD die meisten Stimmen abgejagt. Sind die Grünen die neuen Roten?
Ja, der Verlust an die Grünen ist der Gipfel. Eigentlich berufen sich ja Sozialdemokraten aus ganz Europa, wenn sie Stimmen verlieren, auf einen unabwendbaren Rechtsruck in der Bevölkerung. Aber den gab es in München und Bayern gerade nicht. Der SPD laufen die Menschen in alle Richtungen davon. Aber besonders zu den Grünen. Das kann ich mir in München nur damit erklären, dass die rot-grüne Politik restlos den Grünen überlassen wurde. 

Inwiefern?
Projekte wie das Einfrieren der Bodenpreise (Anm: städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, ESM) wurden komplett den Grünen überlassen. Dafür wurde mit der CSU eine höchst fragwürdige, konzernfreundliche Politik eingeschlagen, am ärgerlichsten im Fall Microsoft gegen Open Source. Dadurch sind ganze Wählergruppen zu den Grünen übergelaufen. 

Ist die SPD nicht mehr die Partei der kleinen Leute in Bayern?
Sie unternimmt jetzt durchaus viele Bemühungen für soziale Verbesserungen. Aber die sind alle nur wenige Monate alt. Und das hat die Bevölkerung als Wahlkampfpanik in letzter Minute wahrgenommen. 

Nun hatte es die SPD immer schwer in Bayern. Aber bei einem Ergebnis von unter zehn Prozent kann man von einer Volkspartei wahrlich nicht mehr sprechen. Ist eine linke Volkspartei nicht mehr möglich?
Die Frage kann ich noch nicht beantworten, weil ich sie mir selbst stelle. Aber eigentlich ist eine sozialdemokratische Politik nach dem Scheitern des Kommunismus und auch des Turbokapitalismus während der Finanzkrise notwendiger denn je. Nach meiner Beobachtung lechzt die Bevölkerung auch geradezu danach. Dass die SPD da nicht der Schrittmacher von grundlegenden Reformen ist, sondern ziemlich orientierunglos in der Landschaft herumsteht und tränenreich zuschaut, wie ihr der Boden wegsackt, ist für mich eigentlich nicht erklärlich. 

Dabei ist Parteichefin Andrea Nahles angetreten mit dem Vorsatz, den Menschen wieder Vertrauen zurückzugeben. Warum klappt das nicht?
Natürlich ist eine Große Koalition mit einem Partner, der sich verhält wie Horst Seehofer, äußerst strapaziös. Aber die SPD schafft es nicht, zu vermitteln, was sie selbst leistet. Sie will pausenlos in eine neue Rolle schlüpfen, und das nehmen ihr die Menschen nicht ab. Der große Fehler wurde gemacht nach der Agenda 2010 unter Gerhard Schröder. Für diese Agenda gab es auf Parteitagen sehr große Mehrheiten. Warum die Reform nötig war, hätte man den Menschen geduldig erklären müssen. Und man hätte sie anpassen können, wo sie in der Tat zu weit ging. Stattdessen spielt man sich permanent als Chefankläger der eigenen Politik auf und prangert sie an, als hätte man nichts damit zu tun. 

Nach der Wahl in Bayern hat Andrea Nahles gesagt, fest stehe, dass sich was ändern müsse. Was wäre das konkret?
Zuallererst muss man offen zugeben, dass man über den erdrutschartigen Totalschaden entsetzt ist. Da darf nichts verharmlost werden. Die SPD muss alles auf den Prüfstand stellen, muss bereit sein, bisher „verbotene“ Themen anzugehen, wo bisher nur Schönfärberei erlaubt war. Stattdessen wird bisher auf offener Bühne ein trickreiches „Weiter so“ versucht. 

Bei welchen Themen sehen Sie denn Potenzial für die SPD?
Es gibt Themen, die auch benannt wurden, aber viel zu spät und ohne Tiefgang. Gebührenfreie Bildung, Ausbau der Kitas, vor allem aber mehr Wohnbau und besseren Mieterschutz. Das war ja alles richtig. Aber es reicht  nicht, im Wahlkampffinale neue Forderungen zu stellen, die man bislang vernachlässigt hatte. Natürlich ist das schwierig, aber über die Probleme muss offen gesprochen werden. Man müsste zum Beispiel ein soziales Bodenrecht entwerfen. 

Aber mit welchen Mehrheiten soll das denn umgesetzt werden?
Momentan ist das nicht möglich, klar. Aber für die Ostpolitik gab es in den frühen sechziger Jahren auch keine Mehrheiten. Doch Willy Brandt hat, übrigens als Vizekanzler einer Großen Koalition und als loyaler Außenminister, offen gesagt, was er anders machen würde, wenn er könnte. Das war eine Aufwertung der Demokratie, denn statt um Parteifragen ging es um echte Sachfragen, die der Bevölkerung vor Augen geführt wurden. Aber jetzt weiß der Bürger kaum, wofür die SPD steht. Es gibt einen rasanten Wechsel von Themen, man probiert mal dieses, mal jenes. Die Probleme der SPD sind in ihr selbst, nicht in der Großen Koalition begründet. 

Die SPD sollte also weiter in der Großen Koalition bleiben und die Seehofer-Kröten weiterhin schlucken, wie im Fall Maaßen?
Das ist gerade das falsche Beispiel. 

Warum? 
Das Problem Maaßen war ein Problem der politischen Klasse, nicht der Bevölkerung. Unbestreitbar war das Verhalten von Horst Seehofer unmöglich. Aber es ist doch nicht die größte Sorge der unteren Einkommensschichten oder der Menschen, die Angst vor Ausgrenzung aus wirtschaftlichen oder kulturellen Gründen haben, ob eine Personalentscheidung richtig oder falsch ist. Dass die SPD nun darüber fast die Große Koalition platzen lässt, ist doch wieder bezeichnend dafür, wie weit sie sich von den wirklichen Problemen der Menschen entfernt hat. 

Trotzdem ist es ein Beispiel dafür, dass die SPD in der Großen Koalition am kürzeren Hebel sitzt. 
Noch einmal: Zwei Drittel der Partei haben für die Große Koalition gestimmt. Ich sehe als alter Basisdemokrat gar keine Möglichkeit, diese Koalition ohne wirklich umwerfenden Grund zu verlassen. 

Ist denn das Spitzenpersonal der SPD derzeit überhaupt in der Lage, den Erneuerungsprozess anzugehen?
Auch da muss sich viel ändern, natürlich. Es ist doch absurd, dass die Partei mit Sigmar Gabriel ihren populärsten Repräsentanten in die Wüste geschickt hat. Jetzt weitere Spitzenkräfte abzusägen, würde auch nicht helfen. Die Situation am Abgrund ist so ernst, dass sich da Personalspielchen verbieten. Es muss der dringende Ruf „zur Sache, bitte!“ erfolgen. Sonst wird die SPD bei den nächsten Bundestagswahlen, die möglichersweise außerplanmäßig schnell stattfinden werden, ähnlich abschneiden wie jetzt in Bayern. 

Sigmar Gabriel hat schon 2009 gesagt, die SPD müsse „auch dorthin gehen, wo es brodelt, wo es gelegentlich auch stinkt“. Hat die SPD Themen vernachlässigt, die für sie ein bisschen „bäh“ waren? Sie haben von „verbotenen“ Themen gesprochen.
Selbstverständlich. Das entscheidende Beispiel ist die Flüchtlingspolitik. Man hat sich in einer Art Trancezustand an der Willkommenskultur geradezu berauscht. Grundsätzlich ist es natürlich richtig, die humanitäre Pflicht zur Hilfe wahrzunehmen. Aber wenn Hunderttausende kommen und der Staat nicht einmal weiß, wer das genau ist, gibt es eben auch Sicherheitsprobleme. Da einfach zu bestreiten, dass es unter den Flüchtlingen auch Islamisten gibt, und die Integrationsprobleme zu leugnen, weil das alles nicht ins Konzept der Verklärung passt, war und bleibt ein Fehler. Das geht gegen das ursozialdemokratische Prinzip von Ferdinand Lassale: „Gute Politik beginnt damit, zu sagen, was ist.“

Nun haben Sozialdemokraten überall in Europa Schwierigkeiten. Es gibt aber durchaus erfolgreiche linke Sammlungsbewegungen. In Deutschland haben Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine eine Bewegung gestartet. Wäre das nicht eine Möglichkeit, wieder in die Erfolgsspur zu kommen?
Also, ich schätze Frau Wagenknecht als Buchautorin. Aber die Idee, dass sich Linke, SPD und Grüne einer Bewegung anschließen sollten, die gegründet wurde von einer, die sogar den kleinsten linken Laden auch noch spaltet, und einem, der die SPD tatsächlich schon gespalten hat, das ist doch absurdes Theater. 

Woher soll denn Hoffnung für die SPD kommen?
Eine Partei, die den sozialen Ausgleich anstrebt ohne haltlose Versprechungen zu machen und die mit ihrer ganzen Erfahrung für die internationale Friedenssicherung eintritt, bleibt unentbehrlich, da bin ich mir sicher. Aber es wird eine Zeit dauern, bis die SPD wieder in eine solche Rolle hineinwächst. 

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Thomas Kuhn | Mi., 17. Oktober 2018 - 11:26

Das gesagte gilt grundsätzlich für alle Parteien. Deren Angst vor den scheinbar unlösbaren Problemen , treibt die Politik diffus in eine Starre in der nur noch "Sachthemen " also unkritische (?) behandelt werden sollen.
Die Angst ist so groß, das die Debatte um unsere Zukunft kollektiv verweigert wird.
Wie wollen wir in 10 Jahren noch in Deutschland leben ?
-Was sind die Ziele?
-Was müssen wir dafür tun?-

Die Antworten und notwendigen Konsequenzen darauf sind nicht alle schön noch telegen , daher traut sich Niemand die Debatte zu führen.
Reste einer Opposition , Intellektuelle , Philosophen sind lästig, oder " nicht hilfreich "

Aber, wir können vor unser Zukunft nicht weglaufen. Dafür reichten pseudoreligiöse Beschwörungsformeln, wie zB. " Wir schaffen Das " noch nie.
Wer zu spät kommt... Also primär gar kein spezielles Problem der SPD, sondern der medialen Debattenkultur, die hetzt, jagt , diffamiert und die Gesellschaft bereits gepalten hat.

Sie haben die Probleme genannt. Insbesondere die Entdemokratisierung unseres Landes unter dem Deckmantel der Demokratie fällt auf. Das Abstellen regierungskritischer Parteien und Bewegungen in Schmuddel-Ecken und die Weigerung, mit solchen “Populisten“ überhaupt zu reden hat den Vorteil, dass man sich mit alternativen Ansichten gar nicht erst auseinander setzen muss. Das wirkt auf jeden selbständig denkenden Menschen frustrieren und vom gewohnten Wahlverhalten abbringen.

Michaela Diederichs | Mi., 17. Oktober 2018 - 11:39

„Gute Politik beginnt damit, zu sagen, was ist.“ Genau das geschieht seit Jahren NICHT. Wer es anspricht, wird verunglimpft - gerade aus den Reihen der SPD. Möglicherweise wird die Katerstimmung nach der Hessen-Wahl noch einmal schlimmer werden. Die Parteien - allen voran die SPD - haben Glaubwürdigkeit und Vertrauen massiv verspielt. Eine Runderneuerung ist unabwendbar. Und die kann nur in der Opposition erfolgen. Jetzt ist die SPD nur getrieben. Aktives Gestalten und Handeln ist aus so einer Position heraus eigentlich kaum noch möglich. Der CDU wird ein ähnliches Schicksal zuteil werden, wenn sie nicht umschwenkt. Vielen Dank für das Interview.

Bernd Lehmann | Mi., 17. Oktober 2018 - 11:44

deren Führung aus Leuten besteht, deren Vita Kreissaal-Hörsaal-Plenarsaal ist, die dann oberlehrerhaft hart arbeitenden Bürgern die Welt erklären wollen mit der sie nichts mehr gemein haben, ist überflüssig. Wie Buschkowski sagte "eine Klugscheißerpartei".Den Malus von Hartz4 kriegen sie auch nie weg, im Gegensatz zu den Grünen, die eine Reichenklientel haben , die das nicht betrifft. Die Sanktionen von H4 hat gerade die hart arbeitende Bevölkerung getroffen, die dann nach langen Jahren noch ihr Erspartes aufbrauchen mußten bis zur Totalpleite. Das hat dann die FDP abgeschafft, bei der SPD war das kein Thema! Sozialaschmarotzer aus der EU oder jetzt der ganzen Welt haben das Problem nicht, denn die Kontenüberwachung gibts da gar nicht, das lassen die Herkunftsländer gar nicht zu. Verkauf der Sozialwohnungen wie hier in Berlin durch Rot/Rot hat ja erst zu den Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt geführt. Wer sollen denn die Wähler der SPD noch sein? Ihre neuen Lieblinge aus sonstwo.

Bernd Wollmann | Mi., 17. Oktober 2018 - 15:27

Antwort auf von Bernd Lehmann

Für ihre neuen Lieblinge aus sonstwo und anderen Randgruppen ist der (neuen) SPD nichts zuviel. Um das zu finanzieren, bezahlt der „normale“ Arbeitnehmer die höchsten Abgaben europaweit (mit Belgien) und bekommt die kleinste Rente. Daß der Bürger sich mit Abscheu von der Bätschi-Tante, Stegner und Klein-Kevin abwendet ist nachvollziehbar. Mit der ehemaligen Dauerstudentin Nahles und dem abgebrochenen Studenten Kühnert ist die Partei aber bestens für die Zukunft (5%Hürde) aufgestellt.

Werner Münchau | Mi., 17. Oktober 2018 - 16:59

Antwort auf von Bernd Lehmann

Wer hat denn die Leistungsträger abgestraft?? Dieses Personal jammert nun sehr laut über Ihren Untergang. Kleine Fehler hatte der Michel den Bonzen verziehen aber als die SPD sich vom Volk abgewand hatte und eine Verarmung und Ausplünderung wohlwollend zugesehen hat, muß sich nicht wunder, wenn es Sie selbst trifft!! Jeder wie Er es verdiehnt! Ich / wir können nur hoffen dass die Aroganz der SPD und andere mal etwas bewirkt! Wer da behauptet es läßt sich gut in Deutschen Stäten und Gemeinden leben muß wohl vom anderen Stern sein! MfG.

Michaela Diederichs | Mi., 17. Oktober 2018 - 23:11

Antwort auf von Bernd Lehmann

Die SPD hat unglaublich viel sozialen Sprengstoff mit geschaffen, obwohl sie soziale Gerechtigkeit propagiert hat. Die afghanische Großfamilie bekommt ein Haus zur Miete, der syrische Mehrfachehemann muss nicht arbeiten gehen, wenn er sich seinen Kindern und weiteren Ehefrauen widmen möchte. Wer soll und kann das begreifen? Warum hat sich die SPD in eine weitere Groko von ihrem BuPrä drängen lassen? Ein klares Nein mit Verweis auf eine Minderheitsregierung der Kanzlerin wäre ehrlich gewesen und die Menschen hätten das durchaus verstanden. Die Kanzlerin hätte sich dann ihre Mehrheiten suchen müssen. Die SPD will es allen bequem machen, offensichtlich aber besonders sich selbst. "Wir konnten nicht anders" ist eine faule Ausrede. Die fällt ihnen tagtäglich mehr auf die Füße. Sie hätten anders gekonnt - sie wollten aber nicht.

Gerdi Franke | Mi., 17. Oktober 2018 - 11:53

Auch in der SPD haben sich die "Eliten" eingerichtet und agieren nicht unbedingt im Interesse der "Basis". Der Basis werden ab und zu ein paar Brocken hingeworfen, aber die SPD-Führung agiert auf Basis von Konzepten aus der Vergangenheit und es fehlt der Blick in die Zukunft.

Udo Dreisörner | Mi., 17. Oktober 2018 - 12:43

Nahles hatte angekündigt, der Union "in die Fresse" hauen zu wollen. Nun gab es selber eine ordentliche Klatsche. Und das ist auch gut so. Das Rumgeeier um Maaßen hat Nahles ja auch sauber hinbekommen. Wer soll die SPD noch wählen?

martin falter | Mi., 17. Oktober 2018 - 13:05

das Sagen in der SPD hätten, würde ich noch immer SPD wählen.
Mittlerweile riecht die SPD nach Angst.
Sie hat Angst das der Wähler ihr ( den Politkern ) die lukrativen Posten weg nimmt. Dabei kann man schon mal die Wähler aus den Augen verlieren.

Yvonne Walden | Mi., 17. Oktober 2018 - 13:09

Sigmar Gabriel hat gesagt, die SPD müsse auch dorthin gehen, wo es gelegentlich bordele und wo es stinkt.
Genau das ist der Punkt. Auch die SPD-Oberen möchten gar nicht mit den wirklichen Problemen der Bevölkerungsmehrheit belästigt werden. Sie wollen "regieren", das bedeutet gute Einkommen für Politikerinnen und Politiker - und vor allem eine optimale Altersversorgung.
Das alles muss zurückgefahren werden, damit wir Wählerinnen und Wähler einer SPD auch wirklich glauben können.
Es gibt unglaublich viele und erkennbare Probleme, die vielen Wählerinnen und Wählern auf den Nägeln brennen.
Warum setzt sich die SPD-Führung nicht für wirkliche Problemlösungen für die Kleinen Leute ein? Warum läßt sich die SPD auch von der Kapitalseite (Arbeitgeberlager) massiv beeinflussen? Warum hat die SPD kein Konzept, um die Automobilindustrie zu verpflichten, ihre Betrügereien zu beenden und die geschädigten Autobesitzer zu entschädigen? Warum stellt sie sich nicht klar gegen den Autominister Scheuer?

"Warum hat die SPD kein Konzept, um die Automobilindustrie zu verpflichten, ihre Betrügereien zu beenden und die geschädigten Autobesitzer zu entschädigen?"

Vielleicht weil der Herr Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen aus der SPD, im Aufsichtsrat von VW sitzt?

Paul J. Meier | Mi., 17. Oktober 2018 - 13:09

Hier haben sich ja gerade die Spitzenleute wie Maas hervorgetan, die Unwahrheit zu propagieren oder Gabriel die Leute zu beschimpfen, wohl wissentlich, dass man an der Empirie nicht vorbeikommt. Kann man so dumm sein oder steckt darin auch die Erinnerung an eine verlorene Wahl gegen Kohl, der blühende Landschaften versprochen hat, als die SPD noch in der Realität verhaftet war?
Vor allem aber fehlen ihr integere Persönlichkeiten wie Schmidt oder Brandt. Ob man mit diesem Personal, denen ja nun ein solcher Makel anhaftet,
dass die Wähler zu den Grünen abdriften, das Schiff wieder auf Kurs bringt scheint mir mehr als fraglich. Die Nominierung von Schulz war m. E. ein Offenbarungseid. Es werden schwere Zeiten auf die Sozialdemokraten zukommen, dazu bedarf es keiner Hellseherei, dieses unverdiente Partizipieren der Grünen am Abstieg dieser altehrwürdigen Partei allerdings, steht auf wackligen Füßen und hat ephemeren Charakter. Als Ex-SPD-Mitglied blutet mir trotzdem noch das Herz...

Norbert Schmidt | Mi., 17. Oktober 2018 - 13:13

Meine Mutter, Kriegswitwe und Fabrikarbeiterin, hatte immer SPD gewählt, weil sie sich in ihr als "kleine Frau" vertreten fühlte. Würde sie heute sehen können, was aus ihrer SPD geworden ist, nämlich ein Haufen ideologisch verbohrter Mittelschichts-Besserwisser, sie würde die Welt nicht mehr verstehen. Insbesondere auch die absurde Haltung der SPD-Ideologen (Zitat Ude: Konzept der Verklärung) trug wesentlich dazu bei, dass die Arbeiterschaft, die sog. kleinen Leute bei sich der SPD nicht mehr aufgehoben fühlen. Menschen aus Absurdistan wählt man halt nicht
mehr. Das ist nur normal.

Norbert Heyer | Mi., 17. Oktober 2018 - 13:46

Altpolitiker reden oft so, dass sie von den Wählern verstanden werden. Die aktiven Politiker -fast alle- reden den üblichen Merkel-Singsang, ohne eine konkrete Aussage zu machen. Das ist schon eine Kunst an sich, aber in Verbindung mit dem Stillstand der Politik für Deutschland sehr gefährlich. Damit hat die SPD so nach und nach alle Wähler verloren. Sie wird im Grunde nur noch ihren Funktionsträgern und Nutznießern gewählt. Als die Studienabbrecher und Weltverbesserer diese Partei übernommen haben, hatten die Realisten und wahren Sozialdemokraten schon lange ihre Partei verlassen. So dümpelt diese Partei von einer Verlegenheit in die nächste und wird im Orkus der Geschichte verschwinden ... leider. Die Union sollte sich darüber nicht zu sehr freuen, ihre Vorsitzende unternimmt alles, auch die CDU/CSU zu entsorgen. Das ist vielen Politikern der Union auch klar, aber wer riskiert schon einen gut bezahlten Job. Nur weitere Wahlverluste könnten hier für Bewegung sorgen.

Gerro Medicus | Mi., 17. Oktober 2018 - 14:03

Zitat: "Christian Ude war lange das Gesicht der SPD in Bayern."

Eigentlich müsste es nun heißen: Christian Ude ist das lange Gesicht der SPD in Bayern.

Mathias Trostdorf | Mi., 17. Oktober 2018 - 14:12

Ich hätte den Herrn Ude als nächstes gefragt, wie die Genossen denn das "verbotene Thema" Flüchtlingspolitk lösen sollten.
Ab da wärs doch erst spannend geworden.
Im übrigen glaube ich nicht, daß die SPD mit dem so wohlklingenden wie unkonkreten Thema "internationale Friedenssicherung" wieder zur Volkspartei aufsteigen kann.
Unsere Volksvertreterinnen sind nämlich zu allerst gewählt worden, um die Probleme im eigenen Land zu lösen.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 18. Oktober 2018 - 10:56

Antwort auf von Mathias Trostdorf

aber das ist einer der Gründe, warum ich in der SPD bin.
Frau Barley hat es gestern noch einmal in den Nachrichten? gesagt.
Eine gute Wahl.
Es wird nicht so schnell wieder aufwärts gehen, aber überlegen Sie mal, ob dann nicht doch im Jahre 2022 Menschen erbleichen, wenn Merkel wieder antreten will und ein z.B. Olaf Scholz vielleicht nicht die optimale Politik für jeden anbietet, aber geordnete politische Verhältnisse...
Merkel verspricht alles mögliche, denkt dann ganz neu darüber nach und entscheidet völlig anders. Kritik nimmt sie zum Anlass, darüber nachzudenken, um es so weiter zu machen.
Was sich die CDU/CSU mit Merkel geleistet hat, war wohl nur dort möglich, denn andere Parteien wären keine Orte der Macht gewesen.
Ich glaube schon, dass ES um diese Macht über und in Deutschland geht und "mit Deutschland die ganze Welt".
Ein wirklich gutes Mittel dagegen ist unsere parlamentarische Demokratie.

Jürgen Keil | Mi., 17. Oktober 2018 - 14:30

Herr Ude leidet selbst am SPD- Syndrom. Er zitiert Lasalle: "Gute Politik beginnt damit, zu sagen, was ist." und wirft S. Wagenknecht vor, auch den kleinsten linken Laden noch zu spalten. Also die Wagenknecht spricht eben manchmal Dinge an wie sie sind, zum Beispiel die Migrationspolitik betreffend, und steht dann gegen die Mehrheit der Linken. Nun stimmt er noch in den Chor ihrer Kritiker ein und bezeichnet sie als Spalterin. Diese Aussage ist schon sehr ambivalent. Eben SPD.

Hans Herzberger | Mi., 17. Oktober 2018 - 14:33

Zunehmend erscheint mir die Basis von CDU und SPD wie eine willfährige Schafherde, die still und gehorsam dem Hammel in den Abgrund folgt. So schwach und ohne Selbstbewustsein, habe ich in all den Jahren noch keine Parteimitglieder erlebt. Es hat sich ein Egalgefühl eingeschlichen, welches seit Jahren die Oberhand hat.

Wolfgang Selig | Mi., 17. Oktober 2018 - 14:53

Sehr geehrter Herr Ude, Ihre Einwürfe kommen zu spät! Wenn Sie als Münchner OB den Umlandgemeinden in Ihren 20 Jahren Amtszeit auf Augenhöhe bei Kooperationen begegnet wären, die Investitionen in die eigene Stadt (z.B. im Schulwesen) nicht sträflich vernachlässigt hätten und der Landes-SPD frühzeitig mit Ihren Kritikpunkten auch öffentlich auf die Zehen getreten wären, wäre Ihre Glaubwürdigkeit heute deutlich größer. Ich muss Ihnen aber zugute halten, dass Sie das SPD-übliche Geschwurbel, an den Problemen vorbei zu reden, immer verabscheut haben und wenigstens verständlich gesprochen haben, auch zum Thema Integration. Nicht einmal das schaffen heutige Parteigranden wie Herr Stegner, Herr Kühnert oder Frau Cohnen noch. Und daher wird die SPD m.E. nirgendwo mehr hinein"wachsen", sondern wie ihre Parteimitglieder gemäß dem dortigen Durchschnittsalter in den nächsten Jahren einfach... sanft entschlummern. Leider.

Bert Keller | Mi., 17. Oktober 2018 - 15:09

2/3 der Wähler in Bayern haben konservativ gewählt (CSU, Freie Wähler, AfD, Bayernpartei), da kann doch überhaupt nicht die Rede davon sein, daß die Bevölkerung nach sozialdemokratischer Politik lechzt. Wieder mal ein echter Ude.

Joachim Wittenbecher | Mi., 17. Oktober 2018 - 15:12

Was ins Auge fällt ist die Diskrepanz zwischen den direkt gewählten OBs der SPD (zuletzt Potsdam) und den sonstigen Funktionsträgern und Kandidaten: erstere stehen mit beiden Füßen auf dem Boden der Tatsachen und sind nahe bei den Problemen der Menschen, so auch Christian Ude; zweitere sind das Musterbeispiel für eine Existenz in der Blase: Ideologie ohne ausreichenden Alltagsbezug; beispielsweise war die SPD-Spitzenkandidatin in Bayern, Natascha Kohnen, bestimmt schlecht beraten, mitten in einem existenziellen Wahlkampf den Konflikt um Herrn Maaßen mit der Berliner SPD-Zentrale so hochzuspielen. Das Ergebnis kennen wir: Ganz Süddeutschland ist jetzt quasi SPD-freie Zone, bis auf - ich wiederhole mich - unzählige wichtige OB-Posten. Was die grünen Gewinne in München anbelangt frage ich mich, ob dieser Zustand nicht schon eine Folge der Gentrifizierung ist.

Inge | Mi., 17. Oktober 2018 - 15:45

Ich zitiere hier einen alten SPD Wähler, Arbeiter, früher die typische Zielgruppe der SPD, der mir seine Gründe, die AFD zu wählen, dargelegt hat: „Für nix war jahrzehntelang Geld da. Für Schulen, Renten und für Straßen. Und nu schieben sie es allen in den A... die nur das Wort Asyl stammeln können und ich muss dafür bis 70 schaffe‘ gehen.“ Genauso wurde es mir gesagt. Genau das ist der Grund. Kostenlose Kitas sind ja auch ganz nett, aber wenn man wegen dem starken Familiennachzug auch noch plötzlich auf der Warteliste auf Platz 60 rutscht und deswegen die Frau nicht arbeiten gehen kann und das zweite Einkommen wegfällt, dann ist auch DAS egal. Das sind reale und keine gefühlten Probleme, die nun nach und nach in das Leben der einstigen SPD Wähler schwappen. Die Entwicklung betrifft mich nicht, ich habe nie SPD gewählt, aber ich kann es verstehen, wenn man sich abwendet, denn sie haben ihr Markenkern verloren.

Holger Stockinger | Mi., 17. Oktober 2018 - 16:51

Das Rot-Grüne-Milieu von Turnschuh-Fischer wurde in Bayern feinste Sahne.

SPD unter 10, Grüne unter 20 % der Wählerstimmen.

Die "Abgehobenheit" der SPD von den Sorgen der Arbeiter und Nicht-Funktionäre dieses Parteiapparates trifft auch auf die CDU zu.

Dass die "GRÜNEN" die Profiteure des Groko-Systems sind, leuchtet jedem Stadt-Bubi ein.

Anders gesagt: Jeder Juso wählt heute statt SPD lieber die "Grünen" ...

Rolf Pohl | Mi., 17. Oktober 2018 - 18:06

.... zu allerst gewählt worden, um die Probleme im eigenen Land zu lösen."

Aber, aber lieber Herr Trostdorf. Diese einst korrekte Annahme dürfte spätestens seit dem Sommer 2015 überholt sein.
Zumindest bei den damals Regierenden mit Frau Dr. Merkel an der Spitze. Und, den Abnickern und Anickerinnen die schlicht um ihren Job fürchteten und heute noch fürchten.

Dimitri Gales | Mi., 17. Oktober 2018 - 20:09

,die ich mit aktiven SPDlern geführt habe, dann fällt ein Kriterium stark ins Gewicht: Der Mangel an Einsicht. Man hat den Eindruck, die gesamte SPD lebt seit langem in einem Elfenbeinturm und sieht nicht die Realität an ihr vorbeiziehen. Zudem fand und findet noch immer ein Prozess statt, den man auch bei den Sozialisten in Frankreich statistisch beobachten kann: Die Arbeiterschaft und "kleinen" Angestellten wandern ab, aber leitende Angestellt und auch Selbstständige finden die Partei attraktiv und wählen sie. Das heisst aber auch, dass die SPD ihre originäre Identität verraten hat, zumindest seit Rot-Grün. Nun ja, wenigstens hat es Ex-Kanzler Schröder geschafft: Er ist jetzt wohl mehrfacher Millionär und geniesst seine Selbstverwirklichung - das alles Dank SPD.

Rolf B. Greven | Do., 18. Oktober 2018 - 00:53

Neben der Sozialpolitik wäre ein mindestens ebenso wichtiges sozialdemokratisches Thema, das vielen Menschen in Deutschland wichtig ist, das Anknüpfen an die Friedenspolitik eines Willi Brandt. Transatlantiker, wie der derzeitige Außenministerdarsteller Maas, sind genau das Gegenteil. Und die neue schwarze Null, Herr Scholz, hat wie Schäuble nicht begriffen, dass bei niedrigen Zinsen für Infrastruktur, Bildung oder Pflegenotstand mehr Geld ausgegeben werden muss.

Jens Hilrich | Do., 18. Oktober 2018 - 06:44

Die SPD kann man dicht machen. Es ist verständlich, dass die Partei aus sich heraus sich das Scheitern nicht eingestehen will.

Aber bei all den Themen mit denen die SPD Punkten könnte, wird sie nicht mehr ernst genommen. Warum sollte man der SPD eine Chance geben, wenn sie es nun auch schon bei der 3. Chane vergeigt?

Gottfried Meier | Do., 18. Oktober 2018 - 09:50

Die richtigen Linken wählen die Linken.

Die Ökolinken und die Schicki-Mickis wählen die Grünen.

Die normalen Bürger, die bisher SPD gewählt haben, kleine Angestellte und Arbeiter, wählen immer mehr die AfD.

Die Konservativen wählen CSU, AfD und Freie Wähler.

Für die SPD bleibt da nicht mehr viel übrig.

Thorsten Rosché | Do., 18. Oktober 2018 - 10:14

Diese Partei, aus grauer Vorzeit, wird nicht mehr gebraucht ! Abgesehen davon brauchen wir neue, junge Gesichter und dynamische "Macher". Noch nicht mal unter Androhung von Folter würde ich aktuell eine Wahlveranstaltung mit Bouffier oder gar Merkel besuchen.

Bernhard Jasper | Do., 18. Oktober 2018 - 10:42

Im freien Westen gelang es der SPD die Einheit der Arbeiterparteien (im Gegensatz zur Weimarer Republik), durch den Weg zur „Volkspartei“ herzustellen. Zudem hatte sie eine kulturelle Mission, nämlich unabhängig von der Lebensstellung das Bewusstsein menschlicher Würde zu geben. Durch die „Hartz IV“-Gesetze und ihre menschenverachtende Umsetzung begann der Abstieg der Sozialdemokratischen Partei. Die historisch junge CDU betonte ebenso einmal den Schutz der Einzelpersönlichkeit, auch die soziale Seite, den Individualismus, das freie Unternehmertum.

In einer sich zunehmend ausdifferenzierten Gesellschaft scheint die Anziehungskraft dieser sogenannten Volks- Parteien nicht mehr auszureichen. Das Problem liegt in den Parteien selbst. Der Souverän (das Volk) wartet nicht auf Parteien die keine Lösungskompetenz angesichts von Globalisierung, Digitalisierung etc. entwickeln. Schreibt man gesellschaftliche „Utopien“ (visionäre Entwürfe) ab, treten die Unterschiede wieder deutlich zutage.