
- Vermächtnis eines an sich Gescheiterten
Sigmar Gabriel hätte ein großer Politiker werden und die SPD nach seinem Bilde formen können. Doch zu oft hinderten ihn sein großes Ego und seine fehlende Disziplin daran, seine Pläne konsequent auszuführen. Ein Nachgesang auf einen begabten Politiker, der sich selbst den Weg verbaut hat
Die Begriffe Leitkultur und Heimat sind am Ende nur Chiffren. Sigmar Gabriel möchte in seinem politischen Vermächtnis, das als Spiegel-Essay des Weges kommt, seinen Parteifreunden sagen, dass sie in den vergangenen Jahren auf dem völlig falschen Trip waren. Dass sie Themen hochgezogen haben, die keinen wirklich umtreiben. Und dass sie vorsätzlich an Themen vorbeigucken oder sie ausblenden, die bei vollem Bewusstsein und Verantwortungsgefühl für die eigene Wählerschaft nicht zu übersehen sind: Zeitweilig unkontrollierte Zuwanderung, Innere Sicherheit und neue Verteilungsfragen. Aber einer von ihrer Mission beseelten Heiko-Maas-SPD ist so ein Zeitenwechsel und damit einhergehender Themenwechsel offenbar nicht beizubringen. Sie lebt noch in der Welt vor der Ölkrise 1973, als der Sozialstaat idealtypisch schwedischer und deutscher Prägung noch nicht an seine Grenzen gekommen war und die Globalisierung nicht in Form von Millionen Menschen über die Grenzen drängte.
Der Mann, der bis vor kurzem acht Jahre lang Vorsitzender dieser SPD war, der er jetzt die Leviten liest, hat im Grundsatz recht. Aber warum kommt er damit jetzt? Was hat er vor?