
- Merkels rote Socken
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther schließt Landesbündnisse der CDU mit der Linkspartei nicht mehr aus. Inzwischen ist er nach Protesten von Parteifreunden zwar wieder zurückgerudert. Doch der Streit offenbart den bigotten Umgang der CDU mit dem politischen Erbe der DDR
Vor ein paar Tagen war ich bei Volker Bouffier, dem hessischen Ministerpräsidenten. Wir sprachen über die anstehende Landtagswahl Ende Oktober in Hessen, der Routinier war in aufgeräumter Gemütsverfassung. Nur an einer Stelle wurde er etwas ungehalten, als die Rede auf die Wehrpflichtdebatte in der CDU kam. Er konnte nicht verstehen, warum der CDU da nun Hopplahopp-Politik unterstellt wird. Er erinnerte sich sehr genau an einen Parteitag vor sieben Jahren, auf dem die Aussetzung der Wehrpflicht beschlossen wurde. Es redete die treibende Kraft der Angelegenheit, der CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, und von 1001 Delegierten meldete sich nur einer, der dagegen redete. Bouffier erinnerte sich genau, er war der Tagungsleiter auf dem Podium.
Abschied vom nächsten Tabu
Während ich beim Verlassen der Staatskanzlei in Wiesbaden noch darüber nachsann, warum diese Episode nun ein Beleg dafür sein sollte, wie gewissenhaft und durchdacht die CDU sich von der Wehrpflicht seinerzeit verabschiedet hatte, meldete das Handy Neuigkeiten aus Schleswig-Holstein. Bouffiers Kieler Kollege, CDU-Ministerpräsident Daniel Günther, hatte sich zu Wort gemeldet. Im Anschluss an eine Einlassung des brandenburgischen CDU-Chefs Ingo Senftleben erklärte Günther Landesbündnisse der CDU mit der Linkspartei für denkbar, jedenfalls im Osten der Republik. Von besonderer politischer Zartfühligkeit kündet der Umstand, dass Günther diese Wortmeldung ins zeitliche Umfeld des Jahrestages des Mauerbaus platzierte. Weshalb er auch umgehend versuchte, seine Worte zu fressen und in ihr Gegenteil umzuinterpretieren.