Ein im syrischen Bürgerkrieg zerstörtes Gebäudefenster in Homs, Dezember 2015 / Imago Images

Titelgeschichte im Dezember - Welt in Flammen

Wohin man blickt auf dem Planeten: überall Krisen, Kriege und Konflikte. Warum häufen sie sich gerade jetzt? Und gibt es eine Chance auf friedlichere Zeiten?

Autoreninfo

Stephan Bierling lehrt Internationale Politik an der Universität Regensburg. Soeben erschien von ihm „America First – Donald Trump im Weißen Haus“ (C. H. Beck).

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Wir durchleben heute eine Achsenzeit der Weltpolitik, die Historiker einmal in ein Davor und ein Danach unterteilen werden. In ihr verdichten sich Ereignisse und beschleunigen sich Entwicklungen auf wenige Monate und Jahre, die sich normalerweise über Jahrzehnte oder Generationen erstrecken. Wie sich tektonische Spannungen zwischen Erdplatten plötzlich in heftigen Beben entladen, so brechen angestaute politische Machtverschiebungen gleichzeitig in schweren Erschütterungen auf. In Achsenzeiten steigen Staaten auf oder sacken ab, werden internationale Ordnungen geschaffen, verteidigt oder ersetzt. 

Eine Achsenzeit war etwa die zweite Hälfte der 1940er Jahre. Die Aggressoren Deutschland und Japan mit ihren barbarischen Ideologien waren besiegt, auf ihrer Asche formte der alle überragende Sieger USA mit etwas Hilfe seiner europäischen Alliierten eine liberale, regelgeleitete internationale Ordnung. Die schöne neue Welt gründete auf gemeinsamen Normen und Werten, allen voran Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Marktwirtschaft. 

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Mario Felizzi | Sa., 9. Dezember 2023 - 16:53

"Wohin man blickt auf dem Planeten: überall Krisen, Kriege und Konflikte. Warum häufen sie sich gerade jetzt?"

Ja, warum wohl gerade jetzt?
Donald Trump hat keine Kriege geführt.

Und der Friedenspreisnobelträger Obama ist bislang der einzige Präsident, der zwei volle Amtszeiten jeden einzelnen Tag Krieg geführt hat.

Django Reinhardt | So., 10. Dezember 2023 - 16:41

Antwort auf von Uli

Richtig die Herren. Was kann man daraus ableiten?
Vielleicht die orwellsche Verdrehung des Diskurses, wer Kriege führt ist ein Friedensgeist!
Insofern müßte man Adolf einer Neubetrachtung unterziehen? Ein bißchen sprachlicher Zynismus sollte möglich sein, bei soviel realen Zynismus in der Welt.

Markus Michaelis | Sa., 9. Dezember 2023 - 16:57

In vielem eine gute Zusammenfassung. Was ich nicht so teile, ist die Auffassung bei den Herausforderern China und Russland ginge es nur um zwei Diktatoren. Ich denke es gibt in der Welt nicht nur das westliche Modell und Gedankengebäude, es gibt einige andere. Durch die neuen ökonomischen Verhältnisse werden die anderen Weltsichten und Räume stärker und werden ihren Teil haben. Nicht nur Russland und China, auch afrikanische Räume, Indien und andere Regionen.

Ich denke Europa sollte weniger versuchen universelle Werte anzustreben (wollen wir andere dazu zwingen - was soll die Erklärung der Universalität?) und Weltkontrolle. Wir sollten mehr uns selber definieren und das in unseren Grenzen verteidigen, die wir mit anderen aushandeln. Das scheint mir realistischer.

Maria Arenz | So., 10. Dezember 2023 - 10:13

Antwort auf von Markus Michaelis

Die weit verbreitete Vorstellung, unser westliches Modell sei so toll, daß der Rest der Welt garnicht umhin könne, als es auch zu wollen, habe ich noch nie geteilt. Wer sich mit der Geschichte Russlands und Chinas intenisver beschäftigt hat als das in einem zweisemestrigen "Studium" des Völkerrechts möglich ist, weiß, daß beide Länder so grundverschiedene, so tief reichende kulturelle Wurzeln haben, daß darauf mit Sicherheit nie unsere Bäume von Demokratie, Menschenrechten und Marktwirtschaft gedeihen werden. Bäume zudem, die ja auch im Westen nicht mehr in den Himmel wachsen, wie man an den sich häufenden innenpolitischen Krisen sieht. Eine Ursache unseres Niedergangs kommt mir aber zu kurz bzw. ist garnicht erwähnt: die Menschen, die in der Politik bestimmend sind. Diesbezüglich sei an diese Schulweisheit erinnert: Schlechte Zeiten machen starke Menschen, starke Menschen machen gute Zeiten, gute Zeiten machen schwache Menschen, schwache Menschen machen schlechte Zeiten

Ingofrank | Sa., 9. Dezember 2023 - 17:06

Warum hat der Westen verloren ? Weil es sich ohne Verantwortung und Leistungswillen auch gut und gerne (z.B. im Buntland Germany) leben läßt. Früher war man Stolz als Unternehmers- Tochter oder Sohn das vom Großvater aufgebaute, vom Vater weiterentwickelte Unternehmen fortführen zu können. Und heute eine übermäßige Bürokratie und Lustlosigkeit überall i d Gesellschaft.

Mal ein Beispielzur Bürokratie: meine Mutter hat seit 1 1/2 Wochen ein Pflegebett. Gestern Abend rief mich ein Pfleger an und fragte nach, ob ich denn eine Richterliche Verfügung oder eine Bestätigte Erlaubnis für den Pflegedienst gemach habe damit er das Absturzgitter hochzuziehen kann? Dies sei ein Eingriff in die persönliche Freiheit meiner 96 Jährigen jetzt Bett lägerich, & Demenz erkrankten Mutter wäre. Sie, die sich so etwas ausdenken haben weder mit Pflegenden oder Pflegebedürftigen jemals gesprochen noch gesehen.
Einfach nur noch bescheuert, diese Land !
MIT freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Ronald Lehmann | Sa., 9. Dezember 2023 - 17:40

Wieviel Zeitungen gab es vor hundert Jahren, wieviel gibt es heutzutage

Wieviel Online-Medien sind dazugekommen

Wieviel Fernseh-Sender gab es vor 50 Jahren, wieviel heutzutage

Wieviel Informationen waren früher aus dem Bundesland, National & International
& dies im Vergleich zu heute

Wie schnell waren noch Nachrichten bei einen Ulfkotte Anfang der 90-iger im Vergleich nur 20 Jahre später

Wieviel Menschen gab es vor 100 Jahren im Vergleich heutzutage

Einziges Haupt-Problem für denkende Menschen

Quantitätszunahme hat sich die Qualität nicht verbessert ==> die WAHRHEITSZUNAHME

im Gegenteil
Nebelbomben, falsche Fährtenlegung, Illusions-Show & Theater, Ablenkungs-Manöver haben
eklatant zugenommen

so das es für den Laien immer schwieriger wird & zukünftig noch wesentlich noch verschleierter wird wegen eben der Entwicklung von KI & Nano-Technik

wo dann der Mensch gar nicht mehr orten kann, was wahr ist & was nicht wahr ist 🤔

Ich stimme Ihnen völlig zu Herr Lehmann. Es sind nicht unbedingt mehr Konflikte, heftigere Kriege. Aufgrund der Medienvielfalt und er Möglichkeiten, die Menschen auf verschiedenste Arten zu informieren und natürlich auch durch Fake News zu lenken und instrumentalisieren, haben wir nur den Eindruck, das alles schlimmer und größer sei. Viele Konflikte bekommen wir oft nicht mit, weil bestimmte Staaten nicht wollen, das man erkennt, ob und inwieweit sie dort verstrickt sind. Andere Konflikte werden bewusst und gewollt aufgebauscht, damit wir "mitmachen". Und ja, das ist das größte Problem. Wir haben alle Schwierigkeiten, aus der Flut an Informationen herauszufiltern, was wahr und was unwahr ist, was Propaganda und was schlichtweg Lüge. Wir alle sind deshalb nicht davor gefeit, uns in die irre treiben zu lassen. Die KI, Bildbearbeitungsprogramme, gekaufte Zeugen und Medien sind inzwischen in der Lage uns täglich bewusst falsch zu informieren. Hören wir deshalb in uns hinein. Alle Gute.

Philippe L. | Sa., 9. Dezember 2023 - 19:04

Ein hervorragender Artikel! In Kürze alles gesagt – besser kann man es nicht zusammenfassen.

Der Hauptgrund für die tektonischen Verschiebungen ist indes die interne Schwäche des Westens. Diese wiederum beruht darauf, dass er seine eigene Herkunft vergisst. Vor lauter Selbstkritik (die grundsätzlich hilfreich ist), hat er aus dem Blick verloren, dass eine westlich dominierte Welt die beste war, die jemals existierte. Der Westen hat auch seine kulturellen Wurzeln vergessen. Demokratie, Menschenrechte, Völkerrecht: all das kam nicht zufällig aus dem Westen. Es ist eine folge seines kulturellen Erbes.

Mit Blick auf die Zukunft sollte der Westen - dringend - zu mehr Einigkeit gelangen und seine kulturellen Wurzeln pflegen, damit er weiterhin der Welt seinen Stempel aufdrücken kann. Dieser Stempel war freilich nicht immer perfekt (ganz im Gegenteil), aber ein besserer ist nicht zu erkennen!

Christoph Kuhlmann | Sa., 9. Dezember 2023 - 20:42

Man kann Hunderttausende von Soldaten verheizen, ohne ernsthafte Widerstände befürchten zu müssen, jedenfalls wenn man bevorzugt Kriminelle und ethnische Minderheiten rekrutiert. Man kann ein ganzes Volk wegen Korona bei schlechter Versorgung in die Wohnungen einsperren. Mann kann sogar Hungersnöte aussitzen, wie in Nordkorea. Nur eines kann man nicht, aus dem Widerspruch lernen, den man zuvor unterdrückt hat. Zudem kann man schlecht verhindern, dass große Teile der Menschheit nicht unter solchen Bedingungen leben wollen. Es ist halt die überlieferte Regierungsform, die seit den frühen Hochkulturen üblich ist. Anders ließen sich große Reiche nun mal nicht erobern und zusammenhalten. Doch schon die Griechen haben die Perser besiegt. Man muss nur akzeptieren, dass Macht im Endeffekt immer auf Gewalt basiert. Eine Kultur, die das vergisst, ist dem Untergang geweiht. Die USA haben das nicht vergessen, große Teile Europas offenbar schon.

Johannes | Sa., 9. Dezember 2023 - 21:23

und ich persönlich lerne viel aus dieser so strukturierten Zusammenfassung.
Aber einiges scheint mir sehr einseitig. Bestimmt wird der Westen deshalb auch bedrängt, weil er weniger durch sein Militär als vielmehr durch seine raffinierte Aggression und Provokation (Nato und EU-Osterweiterung bis zur Umzingelung Russlands (vor Moskau) und Chinas) und faule Doppelmoral (Menschenrechtskriege anstatt wahre Absichten zu benennen) und Arroganz sich auf der Weltbühne als Supermann verkauft, was er mit Waffen schon seit über 500 Jahren macht mit Terror und allem drum und dran. Besonders Spanien, Frankreich und England. Davor Rom danach USA und 3. Reich etc
Vielleicht ist unsere Motivation nicht mehr aufzubieten gegen die Motivation der anderen?
Ich finde es nach wie vor erwähnenswert das die Demokratie ein beschissenes Herrschaftssystem ist. Aber es ist das Beste, das wir haben. Aber das ist nur meine Meinung. Ich kann gerade
momentan sehr gut verstehen, wenn ganze Nationen das anders sehen

Uli | Sa., 9. Dezember 2023 - 23:33

Nicht, wenn, wie derzeit in Deutschland, jeder der für Frieden und Gespräch ist, zum Feind abgestempelt wird. Allein im Ukraine Krieg sind über 500000 Menschen gestorben. Wie kann man auch nur einen weiteren Tag Krieg rechtfertigen?

Gerhard Lenz | So., 10. Dezember 2023 - 08:41

Ist der Westen nicht eher dabei, sich selbst zu Grunde zu richten? Man muss sich doch nichts vormachen: Im Vergleich zu anderen Regionen dieses Planeten lebt man in den sogenannten "westlichen" Gesellschaften doch wie die Made im Speck. Trotzdem ist die Unzufriedenheit groß, blühen Neid, Mißgunst usw. Der Wutbürger ist ein typisches Produkt einer sich selbst ständig bemitleidenden - weil angeblich permanent benachteiligten und bevormundeten - Gesellschaftsgruppe. "Die da oben" sind Schuld, und der "Migrant", der hier herkommt, sich in die soziale Hängematte legt und auch noch das neuste Smartphone geschenkt bekommt - so tönte es z.B. einst bei Pegida! Nur so kann man verstehen, wie Asoziale vom Schlage eines Trumps gewählt wurden. Da werden, so wie das auch bei uns die AfD macht, Emotionen geschürt, da geht es nicht wirklich um Politik. Und selbstverständlich ist es nur ein Schritt vom inneren zum äußeren Konflikt. Der Feind ist immer schuld, egal, ob drinnen, im Land, oder draußen.

Urban Will | So., 10. Dezember 2023 - 10:06

Analyse des dekadenten Westens angeht, der seine einstige Stellung leichtfertig, naiv und dumm selbst aufgegeben hat. Vor allem Europa. Voran Deutschland, ein Trauerspiel der Weltgeschichte, durch seine unter Merkel begonnenen Sonderwege zum Trottel mutiert und sich der Lächerlichkeit preisgebend.

Was im Artikel fehlt: Putin vor dem Bundestag 2001, das Angebot an den Westen zur Zusammenarbeit und die Folgen. Vor allem in Bezug auf die Nato – Osterweiterung, die man nicht aus unserer, sondern aus Sicht der Russen bewerten muss.
Das passt halt nicht in des Autors hier beschriebene Entwicklung und lag lange vor den hier „Versuchsballon“ genannten Ereignissen von 2008.
Die Rolle der USA als „Garant“ für was weiß ich alles, mag in Teilen stimmen. Aber einen Großteil des Elends der Gegenwart schulden wir auch ihr. Bushs verlogener Irakkrieg war das Fanal zu vielem, was wir heute haben. Warum wird der hier nicht erwähnt?
Etwas mehr Demut und Realitätssinn im Westen täte gut.

Jens Böhme | So., 10. Dezember 2023 - 11:44

Immer wieder ein Lächeln wert, wenn wer Evolution, Entwicklung, Veränderung und Wandel vom Kopf her durchdekliniert. Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte ewiger Veränderung. Die westliche Welt, das demokratische System ist nicht in Stein gemeißelt (alt schon garnicht). Das "Nie wieder Krieg" ist ein kopfgesteuerter Wunsch, ein aus der Menschheit entwickelter Begriff namens Vernunft, der die Natur, die Gefühle bekämpft, siehe z.B. Gefühle, wie Hass, Neid, Zufriedenheit bzw. dem Bedürfnis der Sicherheit, den jedes Individuum anders formuliert. Das ist nur die individuelle Schiene. Hinzukommt die gesellschaftliche Schiene der Sicherheiten der Staaten, die u.a. seit Ewigkeiten in den Handelsbilanzen zwischen Im- und Export nie stimmen (können). So entfaltet sich neben den verschiedenen, existentiellen Sicherheiten die Utopie des Gleichseins, der Gleichmacherei, der Gleichberechtigung (Vernunft). Dann schließt sich der Kreis, dass Mensch immer noch Natur ist und bleibt.