
- Die Frontex-Farce
Nach der Flüchtlingskrise hatte die EU angekündigt, bis 2020 eine schlagkräftige Grenz- und Küstenwache aufzubauen. Nun wird es bis 2027 dauern – mindestens. Hintergründe und Folgen eines gebrochenen Versprechens
Die gute Nachricht kam mitten im Brexit-Chaos: Wenige Tage, bevor sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs im März in Brüssel trafen, um den britischen Austritt doch noch in geordnete Bahnen zu lenken, erklärte die EU-Kommission die Flüchtlingskrise für beendet. Vier Jahre nach 2015 seien die Grenzen wieder sicher, die Migration unter Kontrolle. Wer anderes behaupte, verbreite Fake News.
Um ihre Erfolgsmeldung zu untermauern, legte die Presseabteilung von Kommissionschef Jean-Claude Juncker ein „Factsheet“ zu „Mythen über Migration“ vor. „Europa ist nicht mehr im Krisenmodus“, hieß es da. Es sei auch falsch, dass die EU ihre Außengrenzen nicht ausreichend schütze. „Wir unterwandern nicht den nationalen Grenzschutz, sondern wir unterstützen ihn.“ Gleich drei Kommissare durften die frohe Botschaft ausbuchstabieren. „Die Zahl der irregulären Einreisen ist jetzt geringer als vor der Krise“, freute sich Dimitri Avramopoulos, der Migrationskommissar. „Die EU hat den richtigen Weg eingeschlagen: Zusammenarbeit und starke Partnerschaften“, erklärte die Außenbeauftragte Federica Mogherini. „Europa ist nicht mehr von einer Migrationskrise betroffen, wie wir sie 2015 erlebt haben“, betonte Frans Timmermans, der Vizepräsident der Brüsseler Behörde. Es gebe nur noch einige „strukturelle Probleme“.