Iranische, chinesische und russische Kriegsschiffe bei einer gemeinsamen Übung / picture alliance

Krieg und Welthandel - Das Rote Meer – die geopolitische Dimension

Der Beschuss von internationalen Handelsschiffen im Roten Meer durch schiitische Gruppen, die weite Teile des Jemen kontrollieren, hat gezeigt, wie abhängig der Welthandel von politischen Großwetterlagen ist. Das war schon in der Antike so. Ein historischer Überblick.

Autoreninfo

Alfred Schlicht ist promovierter Orientalist und pensionierter Diplomat. 2008 erschien sein Buch „Die Araber und Europa“. Sein Buch „Das Horn von Afrika“ erschien 2021, beide im Kohlhammer-Verlag.

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Dass das Rote Meer eine herausragende Rolle als strategisch bedeutende Wasserstraße spielt, ist keine Erscheinung der Gegenwart. Bereits die alten Ägypter bezogen Waren aus dem Jemen, Ostafrika und Indien über die Rotmeerroute. Weihrauch und Gold, Elfenbein und Ebenholz, Straußenfedern und Leopardenfelle gehörten zu den wichtigsten Waren, die hier gehandelt wurden.

Ägypten, Rom, Byzanz

Später drangen das Römische und das Byzantinische Reich in diese Region vor. Auch sie waren an der Sicherung von Handelsströmen interessiert. Deshalb lag eine Kooperation mit dem seit dem 4. Jahrhundert christlichen Reich von Aksum, am Westufer des Roten Meeres, nahe, wirkte doch die gemeinsame Ideologie, das Christentum, als einigendes Band. Übergriffe des äthiopischen Reiches auf die Ostküste des Roten Meeres und die Einnahme von Teilen des heutigen Jemen wurden vor diesem Hintergrund von Byzanz unterstützt. 

Die enge Zusammenarbeit zwischen Afrika und der griechisch-lateinischen Welt des Mittelmeerraums wird deutlich sichtbar durch zahlreiche griechische Inschriften in Aksum und auf seinen Münzen, die vor allem im internationalen Handel verwendet wurden. Für Byzanz war die Kooperation mit dem christlichen Aksum auch wichtig im Rahmen der Rivalität mit dem Perserreich. Beide Großmächte konkurrierten nicht nur um die Macht im Nahen Osten, sondern auch um die Kontrolle der Handelsströme. Im 6. Jahrhundert konnte sich dann das Perserreich im Jemen im Süden der Rotmeerregion festsetzen.

Das Rote Meer als muslimischer See

Doch welthistorische Veränderungen standen bevor: Der Aufbruch des Islam veränderte die politische Landkarte des Großraums entscheidend. Das Perserreich und die südlichen Regionen des Byzantinischen Reiches fielen unter die Kontrolle des expandierenden Kalifenreiches. Erstmals waren Persischer Golf und Rotes Meer in einer Hand vereint. Aber auch, als die Einheit des Kalifats in mehrere Reiche zerfiel, waren die wichtigen Handelsrouten und ihre Endpunkte an der südlichen Mittelmeerküste unter muslimischer Kontrolle. Diese Lage kennzeichnete das gesamte Mittelalter. Immer wichtiger wurde der florierende Handel zwischen Afrika, Indien und Ostasien einerseits und dem Nahen Osten und dem Mittelmeerraum andererseits. Eine große Vielfalt an Waren wurde auf diesen Wasserstraßen zwischen den Kontinenten verteilt: Pfeffer und viele andere Gewürze, Porzellan, Seide, Gold, Korallen, Textilien, Sklaven und Weihrauch. 

Die islamischen Staaten, die die Handelswege durch das Rote Meer und den Persischen Golf kontrollierten, hatten ein Handelsmonopol, über das sie eifersüchtig wachten und das ihnen gewaltige Gewinnspannen ermöglichte. Dieser Handel war die Grundlage von Pracht und Blüte des Orients im Mittelalter. Eine spezifische Handelsvereinigung, die Karimi-Kaufleute in Ägypten, hatten den Handel in der Hand, genossen staatliche Protektion und halfen ihrerseits dabei, den Staat zu finanzieren, wirkten aber auch in den internationalen Beziehungen mit.

Portugal im Indischen Ozean – Beginn der Globalisierung

Stadtstaaten wie Venedig und Genua wurden zu Mittlern zwischen den Schätzen des Südens und Ostens sowie Europa. Auch ihre Größe und ihr Reichtum waren Ergebnis des Orienthandels. Wie ein Sperrriegel lag die islamische Welt zwischen den Märkten Asiens und dem christlichen Europa. Der Luxus des Ostens, der nach Genua, Venedig und in andere Häfen Italiens gelangte, regte die Phantasie an und löste Überlegungen aus, wie man direkten Zugang zu „Indien“ – wie die Herkunftsländer hochwertiger Produkte pauschal genannt wurden – finden könne. Es war nicht zufällig, dass ein Sohn Genuas, Christoph Columbus, aufbrach, um auf dem Westweg die märchenhaften Länder des Ostens zu erreichen. Denn der direkte Weg blieb versperrt – das Rote Meer und der Persische Golf blieben muslimische Seen. 

Wenn auch Columbus nicht Asien erreichte, sondern einen neuen Kontinent entdeckte, so gab es einen anderen Vorstoß zur gleichen Zeit, der die Reichtümer des Ostens Europa sichern und das islamische Monopol, da es nicht gebrochen werden konnte, umgehen sollte. Durch seine Entdeckung des Seewegs 1498 von Portugal nach Indien um die Südspitze Afrikas öffnete Vasco da Gama Europa die Weiten Asiens und begründete Portugals führende Rolle im europäischen Asienhandel. 

Wenn auch die Portugiesen in der Auseinandersetzung mit dem Islam im Indischen Ozean erfolgreich waren und sich vor allem gegen die Mamluken (etwa bei Diu 1508), die islamische Vormacht im Asienhandel, behaupteten, wurde ihnen doch bald klar: Entscheidend war, die Engpässe und Nahtstellen des islamischen Handels zu kontrollieren. Deshalb okkupierte Portugal die Insel Hormuz am Zugang zum Persischen Golf sowie vorübergehend die Insel Sokotra im Vorfeld des Bab al-Mandeb, der Meerenge zwischen Indischem Ozean und Rotem Meer. 

 

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Bezeichnend ist auch der portugiesische Vorstoß gegen das strategisch gelegene Aden, der zwar misslang, aber zeigte, wie wichtig der Zugang zum Roten Meer für die Politik der Portugiesen war, deren Hauptziel die Kontrolle des Europahandels mit Asien war. Wer diesen Handel kontrollieren wollte, musste den Rotmeerhandel ausschalten. Auch ins Rote Meer selbst stießen portugiesische Kriegsschiffe deshalb vor und intervenierten in Äthiopien, um dieses christliche Land – ein natürlicher Alliierter – vor der muslimischen Eroberung zu retten. 

1543 gelang einem kleinen portugiesischen Expeditionscorps ein entscheidender Sieg über die muslimische Armee – den Ausschlag gaben wohl die portugiesischen Feuerwaffen. In dieser entscheidenden Zeit eroberten die Osmanen Syrien und Ägypten (1517). Es ist keine Koinzidenz, dass sie sich schnell und energisch dieser neuen Südflanke zuwandten, ins Rote Meer vordrangen, sich dauerhaft im Jemen und in Eritrea festsetzten und in Eritreas Hauptstadt Debarwa ein Fort errichteten. 

Eine dauerhafte Unterwerfung der Region um das Rote Meer gelang den Portugiesen denn auch nicht – aber vom Indischen Ozean bis in die ostindische Inselwelt spielte Portugal von da an eine Hauptrolle. In diesen Jahrzehnten entstand der europäisch dominierte Welthandel, wenn auch weiterhin das Rote Meer und der Persische Golf muslimisch dominierte Handelsstraßen blieben und erst nach und nach ihre Bedeutung für den Europahandel zurückging. Die Niederlassung der niederländischen Handelsgesellschaft VOC im jemenitischen Hafen Mocha im Zeichen des aufblühenden Kaffeehandels im 17. Jahrhundert blieb Episode.

Der Suezkanal

Seine bis heute andauernde historisch-strategische Bedeutung erlangte das Rote Meer im 19. Jahrhundert. Der Suezkanal, der im alten Ägypten Vorgänger hatte durch Kanäle zwischen Nil und Rotem Meer, rückte endgültig in den Mittelpunkt interkontinentalen Interesses. 1869 wurde er mit einer Länge von 164 km eröffnet. Eine neue Ära des Welthandels und der internationalen Beziehungen begann. Europa rückte näher an die asiatischen Märkte, die imperialistischen europäischen Staaten erhielten Verbindungen zu ihren Kolonien. 

Die durch den Suezkanal gewachsene Bedeutung des Roten Meeres reflektierte sich in der Kolonialpolitik: Die Großmächte verschafften sich Positionen am Bab al-Mandeb, dem Zugang zum Roten Meer, und damit zum Suezkanal. Großbritannien sicherte sich Aden und später Somaliland, Italien nahm Eritrea ein und die somalische Südküste. Frankreich schuf sich die Kolonie Djibouti. Russische und deutsche Ambitionen blieben unerfüllt. Zwar hatten sich deutsche Firmen Territorien am der Somaliküste gesichert, doch war Bismarck gegen den „Kolonialjingo“ und wollte auch die Briten nicht brüskieren. 

Auch als Ägypten unabhängig wurde, behielten Großbritannien und Frankreich Kontrolle über den Kanal. Als der ägyptische Präsident Nasser am 26.7.1956 den Suezkanal verstaatlichte, löste dies einen Krieg aus, in dem Israel, Frankreich und Großbritannien Ägypten angriffen. Auch der Sechstagekrieg von 1967 hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Raum des Roten Meeres – von 1967 bis 1975 blieb der Suezkanal gesperrt.

Geopolitik im 21. Jahrhundert

In der Gegenwart ist die Bedeutung dieser Handels- und Verkehrsarterie größer denn je. Zwölf Prozent des Welthandels fließen durch das Rote Meer, und noch viel bedeutender ist es für den Ostasienhandel mit Europa, der zum größten Teil über diese Route läuft, deren Ausfall zu starken Lieferengpässen führt sowie zu weltweiten Preiserhöhungen. Aber auch unmittelbare politische und militärische Relevanz hat die Wasserstraße. Dies zeigte sich deutlich, als 2011 – zum ersten Mal seit Jahrzehnten – iranische Kriegsschiffe durch den Suezkanal fuhren. Auch als sich das Containerschiff „Ever Given“ im März 2021 nur für einige Tage im Suezkanal querstellte, wurde dies als internationale Krise empfunden.

Noch verstörender wirkte der Beschuss von Handelsschiffen im Roten Meer durch die schiitischen Huthi-Milizen aus dem Jemen. Wie ernst die internationale Gemeinschaft diese Bedrohung einer Weltwasserstraße nahm, wurde durch die Schnelligkeit eines militärischen Eingreifens vor Ort sichtbar, an dem sich selbst Deutschland – bekannt für seine nur bedingt einsatzbereiten Streitkräfte – beteiligte. 

Deutlich geworden ist: Die zahlreichen regionalen Krisen am Horn von Afrika und in den Anrainerstaaten des Roten Meeres können in kürzester Zeit direkte Auswirkungen auf diese strategisch und wirtschaftlich hoch brisante Seeroute entfalten. Deshalb ist es kein Zufall, dass so unterschiedliche Mächte wie die USA, China und Frankreich (um nur einige Beispiele zu nennen) Marinestützpunkte in Djibouti an der strategischen Stelle unterhalten, wo das Rote Meer in den Indischen Ozean übergeht.

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Henri Lassalle | Di., 26. März 2024 - 15:02

seine Präsenz in Djibouti ist. Man muss die Angelegenheit dort unten sehr ernst nehmen. Zumal es noch andere sensible maritime Transportwege gibt: Das Meer um China, das dauernd Konfliktthemen liefert, und wer weiss, vielleicht auch irgendwann der Panamakanal..... Man sieht, die Epoche der komfortablen Sorg-und Arglosigkeit ist verwelkt.

Ronald Lehmann | Di., 26. März 2024 - 15:22

Weil ich ein Gegner des

GLOBALEN WELTHANDELS bin

den eine grüne terroristische Sekte
vernichtet den
PRODUKTIONSSTANDORT DEUTSCHLAND

wo dann KLIMA-NEUTRAL (👹) aus
UMWELT-VERACHTENDEN PRODUKTIONS-METHODEN &/oder TOTALITÄREN Regimen

über 1000km durch die Welt nach Europa geschippert wird & das vom einfachsten Nagel beginnend

ABER

Ronald Lehmann | Di., 26. März 2024 - 15:23

Weil ich ein Gegner des

GLOBALEN WELTHANDELS bin

den eine grüne terroristische Sekte
vernichtet den
PRODUKTIONSSTANDORT DEUTSCHLAND

wo dann KLIMA-NEUTRAL (👹) aus
UMWELT-VERACHTENDEN PRODUKTIONS-METHODEN &/oder TOTALITÄREN Regimen

über 1000km durch die Welt nach Europa geschippert wird & das vom einfachsten Nagel beginnend

ABER

Ronald Lehmann | Di., 26. März 2024 - 15:46

Weil ich ein Gegner des

GLOBALEN WELTHANDELS bin

den eine grüne terroristische Sekte
Vernichtet den
PRODUKTIONSSTANDORT DEUTSCHLAND

wo dann KLIMA-NEUTRAL (👹) aus
UMWELT-VERACHTENDEN PRODUKTIONS-METHODEN &/oder TOTALITÄREN Regimen

über 1000km durch die Welt nach Europa geschippert wird & das vom einfachsten Nagel beginnend

über Textilien, wo ohne Achselzucken Mittelständige Unternehmen wie z.B. TRIGEMA von Wolfgang Grupp in die Insolvenz
von dieser STAATS-MAFIA getrieben werden,

weil die BRD die TEUERSTE ENERGIE-BEREITSTELLUNG durch die
Nationale Front & den grünen VORRAN manifestiert hat

wo dann Flüssig-Gas, welche aus RUSS über Umwege wieder nach Deutschland & sicherlich KLIMA-NEUTRAL geschifft wird
ABER

mir/uns erzählen wollen

DAS DEUTSCHLAND DIE WELT & DAS KLIMA RETTEN MUSS

Ihr seit nicht nur Vollidioten, wie es Peter Hahne beschrieb,
euch wurde ganz gewaltig
ins GEHIRN geschi.....

Sorry
was ihr hier VERANTSTALTET
hat sich nicht einmal Facharbeiter Honecker in der DDR erlaubt 🙉🙈

Albert Schultheis | Di., 26. März 2024 - 17:43

Ich muss zugeben, ich hatte einige Sympathien für den schiitischen Kampf der Huthis gegen die arrogante Allianz der Angreifer aus Saudi-Arabien und USA.
Dass sie sich aber geschlossen mit der Hamas, der Hizbollah und dem Iran gegen Israel wandten, macht sie in meinen Augen gleichermaßen zu Terrorbanden, die unbedingt bekämpft werden müssen.
Auch meine eingeschränkten Sympathien gegenüber den Mullahs schwinden zunehmend. Ich hatte es Russland und dem Iran hoch angerechnet, dass sie bereit waren, als einzige die Souveränität Syriens gegen die Diffamierungen und Übergriffe der Türkei und der USA zu verteidigen und entschieden gegen die von diesen unterstützten und ausgerüsteten ISIS- Terroristen vorzugehen - im Gegensatz zu den USA Obamas, die immer nur behaupteten, den "War against terror" anzuführen, aber insgeheim den IS als Vasallen nutzten.
Der herausragende und überaus erfolgreiche Kämpfer gegen den IS-Terror war der iran. General Soleimani, den die Amis zum Dank ermordet haben.

Christoph Kuhlmann | Di., 26. März 2024 - 21:01

Die Huthis sind einer seiner Satelliten, die er mit weitreichenden Raketen zur Bekämpfung von Seezielen ausrüstet. Das Problem ist die Moral der westlichen Länder, die keine rigorosen Maßnahmen zur Entvölkerung der Küste zulassen, oder wenigstens einen Nahrungsmittelboykott. Die Miliz hat zwar Raketen, aber kann das Volk nicht ernähren. Die ganze Region ist voller parasitärer Gruppen, welche die Region einfach nicht zur Ruhe kommen lassen.