Erdogan (l.) und Putin in Sotschi / dpa

Getreideabkommen - Treffen zwischen Putin und Erdogan

Der türkische Präsident Erdogan will mit Kremlchef Putin über eine Wiederaufnahme des im Juli ausgesetzten Abkommens zum Export von ukrainischem Getreide sprechen. Das ist von Bedeutung für die Welternährung. 

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Der russische Präsident Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen sich an diesem Montag zu Gesprächen in Sotschi am Schwarzen Meer. Dabei geht es um bilaterale und um internationale Fragen, wie der Kreml mitteilte. Ein wichtiges Thema der Gespräche, die am Mittag begonnen haben, ist die von Erdogan geforderte Rückkehr zu dem Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer. Das Abkommen ist wichtig für die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln. 

Die Türkei sorge sich zudem um die Sicherheit in der Schwarzmeer-Region, hieß es aus Ankara. Putin hatte für eine Rückkehr zu dem im vorigen Jahr unter Vermittlung der Erdogan-Regierung und der Vereinten Nationen ausgehandelten Abkommen Bedingungen gestellt. So sollten die vom Westen im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassenen Sanktionen gelockert werden, damit Moskau auch eigenes Getreide und Düngemittel wieder ungehindert exportieren kann. Für die Türkei sind auch die russischen Gaslieferungen durch das Schwarze Meer wichtig. 

Es ist das erste Treffen der beiden Staatschefs seit Erdogans Wiederwahl im Mai. Die Beziehungen beider Länder sind keineswegs unbelastet, nicht nur im Bürgerkriegsland Syrien stehen sie sich als Konfliktparteien gegenüber. In der Konfliktregion Berg-Karabach steht die Türkei auf der Seite von Aserbaidschan, das 2020 einen Krieg um das Gebiet gegen Armenien gewonnen hatte. Armenien hingegen sieht sich von Putin und der Schutzmacht Russland im Stich gelassen. 

Sorge vor einer Hungerkrise

Im Krieg in der Ukraine tritt der türkische Präsident als Vermittler zwischen Moskau und Kiew auf und unterhält zu beiden Konfliktparteien enge Kontakte. Das Nato-Mitglied Türkei beteiligt sich nicht an den Sanktionen des Westens gegen Russland. 

 

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Russland ließ das Getreideabkommen im Juli auslaufen. Die Sicherheitsgarantien für den Schiffsverkehr mit ukrainischen Häfen wurden aufgehoben. Das führte zu einer neuen Seeblockade. Vorher hatte das Agrarland Ukraine trotz der russischen Invasion seit Sommer 2022 auf dem Seeweg etwa 33 Millionen Tonnen Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte ausgeführt. Das vom Krieg gezeichnete Land ist dringend auf die Einnahmen aus dem Export angewiesen. 

Die Ukraine und Russland sind wichtige Lieferanten von Weizen, Gerste, Sonnenblumenöl und anderen Nahrungsmitteln – insbesondere für Länder in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Vor Kriegsbeginn war Russland außerdem der weltweit größte Exporteur von Düngemitteln. Der Ausfall dieser Lieferungen nach der russischen Invasion im Februar 2022 trieb die Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe und schürte die Sorge vor einer Hungerkrise in ärmeren Ländern. 

Keine Vertreter der UN oder der Ukraine dabei

Russland hat im Süden der Ukraine zuletzt die Schwarzmeer- und die Donauhäfen in der Region Odessa mit Raketen- und Drohnenangriffen überzogen und dabei wichtige Infrastruktur für den Getreideexport zerstört. Die Ukraine warf Russland deshalb Terror vor mit dem Ziel, den für die Welternährung wichtigen Transport von Getreide etwa nach Afrika oder Asien verhindern zu wollen. Bei den Gesprächen in Sotschi sind keine Vertreter der UN oder der Ukraine dabei, mit einem nachhaltigen Durchbruch ist deshalb kaum zu rechnen. 

Kurz vor neuen russischen Angriffen am Wochenende hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mitgeteilt, dass zwei weitere Frachtschiffe den von Kiew eingerichteten Getreidekorridor im Schwarzen Meer passiert hätten. Nach dem Ausstieg Russlands aus dem Abkommen versucht Kiew, den Export trotz des Risikos durch Moskauer Angriffe zu organisieren. 

Russland hatte gedroht, Schiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, als Träger militärischer Fracht anzusehen. Selenskyj forderte nun die westlichen Verbündeten erneut auf, noch mehr Flugabwehrsysteme zu liefern, um die Region besser vor den russischen Attacken zu schützen. So will die Ukraine auch die Lufthoheit zurückerlangen. 

Quelle: dpa

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Joachim Baumeister | Mo., 4. September 2023 - 18:57

Ernährung und Hunger als Waffe. Das ist in Russland gute Tradition. Mit diesem Kreml kann man nur mit klarer Kante umgehen.

Albert Schultheis | Mo., 4. September 2023 - 19:11

"Das Abkommen ist wichtig für die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln." - Mmmmh, noch vor kurzem haben sich diverse EU-Länder über den Export ukrainischen Getreides beschwert - die Dumping-Preise würden der eigenen Agrarwirtschaft schaden! Auch aus Afrika hatte man nichts über eine drohende Hungersnot gehört - stattdessen schon eher, dass sich verschiedene afrikanische Länder aus der Westbindung befreien, um die engere Anbindung an Russland zu suchen. Also, da ist offenbar etwas oberfaul mit dem westlichen-ukrainischen Narrativ.
Gleichzeitig wird offenbar in der Region unter den Augen des so besorgten Westens tatsächlich gehungert- und zwar in Armenien. Dort haben die Türken gemeinsam mit dem verbündeten Turkstaat Aserbaidschan ein Gemetzel angerichtet - man hat die Stunde genutzt, da die große regionale Ordnungsmacht Russland durch Krieg in der Ukraine abgelenkt war. Aber das geht dem Biden, dem Scholz und der feministischen Außenministerin Annalena gerade mal am Ar*** vorbei!

Tomas Poth | Mo., 4. September 2023 - 19:53

Laut ZMP ist der Getreidehandel mit 420 mio. Tonnen auf einem Allzeithoch.
Bei Brotgetreiden sollen Russland und die Ukraine die Größten Exporteure sein, mit rund 28% Marktanteil, wobei Russland rund den 5-fachen Anteil im Vergleich zur Ukraine bereitstellt (Landwirtschaft.de)!
Wer also Russland boykottiert, ist Verursacher für den Mangel am Weizenmarkt, für die vorgebliche Hungerkrise!
Warum wird in den Medien mit dem Schweigen über die Fakten so viel gelogen??

Gerhard Lenz | Mo., 4. September 2023 - 19:59

Und das sollte einen Vladimir Putin interessieren? Wer das glaubt, der glaubt wohl auch an den Klapperstorch.
Wer hat denn das Getreideabkommen aufgekündigt? Putin.
Wem hat der russische Kriegsverbrecher Hilfen versprochen? Jenen Staaten, die willig die Position des Kriegsverbechers billigen, möglichst stützen. Alles andere interessiert Putin nicht.

Der nimmt in der Ukraine den massenhaften Tod der Zivilbevölkerung - von Frauen, Kindern, Alten usw. - in Kauf, um seinen wahnhaften Russifizierungs-Imperialismus abzureagieren. Da interessieren ihn doch Hungersnöte anderswo nicht. Im Gegenteil, in typischer Verlogenheit machte Putin den Westen für Engpässe infolge der durch ihn blockierten Transporte verantwortlich.

Denn nach Putins Verständnis ist jeder schuldig, der sich seinem wahnhaften Imperialismus nicht beugt.

Trotzdem: Da kann man Erdogan nur Glück wünschen einen Aggressor zu überzeugen, der jeglicher Vernunft, geschweige denn Humanität, schon lange nicht mehr zugänglich ist.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 4. September 2023 - 21:10

Wenn sich Putin und Erdogan einig werden, braucht es die anderen dann überhaupt? Wenn die UA dringend Geld aus Getreidelieferungen braucht, warum geht das nicht auf dem Landweg? Ja ich weiß komplizierter und teurer, aber gehen tut es doch, oder? Was haben die Sanktionen denn tatsächlich so riesig bewirkt? Gut, Putin hat Exportschwierigkeiten, aber er hat mit anderen Staaten drum herum schon längst Mittel und Wege gefunden, sein Getreide und seinen Dünger loszuwerden. Natürlich ging das vor dem Krieg natürlich wesentlich einfacher. Jedenfalls dreht er jetzt den Spieß um und Erdogan weiß sich geschickt in Szene zu setzen. Warten wir mal ab, was da bei den Verhandlungen konkret herauskommt. Und solange das Ausland und die USA die UA mit Waffen und Geld versorgt, können die doch so arm gar nicht dran sein. Immerhin haben die Geld für die Entwicklung von Drohnen und den Kauf von Waffen. Obwohl, müssen die dieselben überhaupt bezahlen. Lt. Msm gewinnt UA ohnehin den Krieg.