Etwas ganz Feines: Russische Eier / picture alliance

Untote aus der Kulinargeschichte - Russische Eier

Als unser Genusskolumnist neulich beiläufig mitbekam, dass es bei dem Weihnachtsbüfett eines Berliner Turnvereins auch „Russische Eier“ geben soll, war er ziemlich erstaunt. Denn er hatte sich nicht vorstellen können, dass es das überhaupt noch gibt.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Natürlich gibt es auch in der kulinarischen Welt ständig irgendwelche Retro-Wellen. Aber manche Speisen scheinen dermaßen aus der Zeit gefallen zu sein, dass einen ihr Auftauchen dann doch in Erstaunen versetzt. So erzählte mir neulich eine gute Freundin, dass ihre Sportgruppe sie gebeten habe, für das Büfett einer Weihnachtsfeier „Russische Eier“ zuzubereiten. Und das in einer Zeit, in der vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine etliche Lebensmittelproduzenten, Supermärkte und Gastronomen alles, was irgendwie nach Russland klingt, aus dem Sortiment genommen haben. Und bei der Sportgruppe handelt es sich keineswegs um einen Kreis eingefleischter Putinistinnen, sondern um gesetzte Damen aus der Mitte der Gesellschaft.

Zudem sind „Russische Eier“, die vor einigen Jahrzehnten noch zum kulinarischen Alltag bei häuslichen abendlichen Platten und auch bei Büfetts gehörten – zumindest nach meiner Wahrnehmung – schon lange in der Versenkung verschwunden. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, wann mir diese Variante gefüllter, hartgekochter Eier das letzte Mal begegnet ist.

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Ernst-Günther Konrad | Sa., 14. Dezember 2024 - 12:42

Russische Eier, das kenne ich noch aus meiner Kindheits- Jugendzeit. Nein, ich weiß nicht mehr, was in den Eiern gemeinsam mit dem Eigelb vermischt eingefüllt wurde. Neben dem leckeren hess. Kartoffelsalat gab es auch noch irgendwie Schinkenröllchen mit Spargel und auch mit Fleischsalat gefüllt und natürlich Würstchen und/oder Frikadellen. Das war ein ausgesuchtes Essen für Gäste am Samstagabend. Wenn Besuch kam war das u.a. ein häufig gereichtes Abendessen und wir durften mitessen. Für uns allein waren die Extras zum Kartoffelsalat zu teuer. Und nein, mir ist es egal, wo solche Gerichte herkommen. Wenn es schmeckt und mir bekommt kann es auch aus dem Kongo kommen. Ich mache das jedenfalls nicht mit, nur weil ein Essen "russisch" benannt wird oder dort zu Hause scheint, es deshalb abzulehnen. Danke für die Erinnerung Herr Balcerowiak und allen noch ein schönes Wochenende.

Brigitte Miller | Sa., 14. Dezember 2024 - 15:39

kenne ich nur als die Variante mit dem Mischgemüse aus der Dose und Mayonnaise. Russisch hin oder her, ein kulinarisches Highlight war das nicht.

Sabine Lehmann | Sa., 14. Dezember 2024 - 16:11

Genüssliches Essen ist eben nicht nur "Notwehr", sondern in erster Linie Emotion. Der Klassiker ist eben die Kindheitserinnerung, die mit manchem Gericht einhergeht. Da reicht manchmal schon die bloße Erwähnung gewisser Speisen u. man sitzt wieder als kleiner Steppke bei Oma auf der Küchenbank, auf dem Herd dampfen auf allen Platten irgendwelche Töpfe, es riecht nach Zwiebeln u. Gurke und vor dir steht der Teller mit dem Blümchenmuster, an der Ecke etwas abgeplatzt, und du isst den besten Kartoffelsalat aller Zeiten dazu Omas selbst gedrehte Spargelröllchen. Auf dem Tisch steht die Flasche Tritop u. Oma mit ihrer Küchenschürze wurschtelt zwischen Herd und Küchenschrank hin u. her. "Iss mein Kind. Gleich noch in die Wanne u. dann schauen wir Daktari."
Meine Güte, ist das schon hundert Jahre her? Habe ich nicht noch irgendwo ein Glas Spargel? Und wie wär's mal wieder mit einem "Strammen Max"? Dafür braucht's aber rohen Schinken u. das Ei als Spiegelei ist mir sympathischer als gefüllt;)