
- Rettet das Kino!
Die Kinosäle sind menschenleer. Da wirkt es beinahe zynisch, dass jetzt mit Jean-Luc Godard einer der größten Revolutionäre des Kinos 90 Jahre alt wird. Ein guter Moment, um an den Wert des Bewegtbildes zu erinnern.
Verwaiste Kinosäle, ausgestorbene Multiplex-Center, auf unbestimmte Zeit verschobene Blockbuster: Das Kino erlebt im Moment die schwerste Krise seiner Geschichte. Dass in diesen Tagen Jean-Luc Godard, Mitbegründer der Nouvelle Vague, Revolutionär und zugleich Altmeister des französischen Kinos, seinen 90. Geburtstag feierte, wirkt wie ein böser Scherz – ausgedacht vom Rachegott des Kinos.
Denn die Säle, in denen man Filme Godards zeigt – falls man sie überhaupt noch aufführt – sind schon seit Jahrzehnten leer. Zu sperrig seien sie geworden heißt es, zu experimentell, zu intellektuell verspielt. Strömten in die frühen Meisterwerke Godards, in „À bout de souffle“ („Außer Atmen“) oder in „Bande à part“ („Die Außenseiterbande“) noch die Massen, so wurde das Spätwerk des Kinorebells von dem Publikum ebenso gemieden wie von den großen Filmverleihern. Eine Ignoranz, die nun wie ein Menetekel wirkt.
Beginn eines Rebellen
Als Godard Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre zusammen mit seinem Freund und späteren Widersacher François Truffaut begann, den Film zu revolutionieren, steckte das Kino in seiner ersten großen Krise. Technisch begann ihm zunehmend das Fernsehen Konkurrenz zu machen, und ästhetisch war es in einer Bildsprache und Dramaturgie festgefahren, die der Wahrnehmung der Nachkriegsmoderne nicht mehr entsprach.
Godard und Truffaut brachen deshalb radikal mit den Gesetzen der Traumfabrik Hollywoods und Papas Kino, dem von der damaligen französischen Kulturpolitik geförderten „cinéma de qualité“. Da den Rebellen der Zugang zu den großen Studios ohnehin verwehrt war, drehte man auf der Straße mit der Handkamera, verzichtete auf künstliches Licht, engagierte neue, unverbrauchte Schauspieler (Jean Seberg, Jean-Paul Belmondo, Jeanne Moreau oder Fanny Ardent) und etablierte neue, ungewohnte, teils verwirrende Einstellungen und Schnitttechniken.