Der konservative Reformer: Papst Franziskus blickt aus dem Apostolischen Palast auf den Petersplatz. /dpa

Papst erlaubt Segnung von homosexuellen Paaren - Katholische Trickserei

Der Vatikan macht Schlagzeilen, weil er die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt. Doch ein Blick ins Kleingedruckte dürfte bei vielen für Enttäuschung sorgen.

Autoreninfo

Benjamin Leven, promovierter Theologe und Journalist, ist Vatikan-Experte und war Redakteur der Zeitschrift Herder Korrespondenz in Berlin und Rom.

So erreichen Sie Benjamin Leven:

Mit der Erklärung „Fiducia supplicans“ („Das flehende Vertrauen“) hat der Vatikan gestern – ja, was hat er eigentlich? „Katholische Kirche erlaubt Segnung für homosexuelle Paare“ titelte die „Katholische Nachrichten-Agentur“ sogleich. Die Überschrift hätte allerdings auch lauten können: „Papst verbietet Segensfeiern für homosexuelle Paare und schärft traditionelles Eheverständnis ein“. Im Vatikan-Papier steht nämlich beides. 

Die Methode ist im Franziskus-Pontifikat inzwischen bekannt: Bei innerkirchlich heiklen und umstrittenen Fragen stößt der Argentinier vorsichtige Änderungen an und betont gleichzeitig, dass sich nichts, aber auch rein gar nichts an den bisherigen kirchlichen Grundsätzen ändere. 

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Christa Wallau | Di., 19. Dezember 2023 - 16:13

dieses Kommentars mit "Trickserei" meint.

Jesus hat auch nicht "trickreich" gehandelt, als er die Ehebrecherin vor einer Strafe bewahrte, sie also mit seinem Segen bedachte, aber gleichzeitig sagte: "Geh hin und sündige in Zukunft nicht mehr."
Wenn der Papst es den Priestern jetzt erlaubt, homosexuellen Paare zu segnen, ist dies m. E. das Äußerste, was man von ihm erwarten darf.

Nach kath. - bibl. Verständnis der menschlichen Würde und Sexualität ist die Ehe eines Mannes mit einer Frau, die beide den Willen haben, Kinder zu bekommen, die einzig gültige Form der Ehe als S a k r a m e n t.

Alles Mögliche gibt es natürlich daneben, aber diejenigen, die es praktizieren, dürfen nicht verlangen, auf dieselbe Ebene in der kirchlichen Lehre gestellt zu werden wie lebenslang treue
hetero-sexuelle Ehepaare.

Gott allein kann u. wird nach dem Tode aller Menschen letztlich entscheiden, ob ihm deren Lebensweise gefallen hat oder nicht. So lange müssen sie eben warten.

Werte Frau Wallau, auch ich habe mit dem Begriff "Trickserei" und der Darstellung der Sachverhalte als ebensolche ein Problem.
Dazu fällt mir Franziskus' Aussage ein, welche mir eine gute Erklärung des restriktiven Vorgehens der katholischen Kirche an den verschiedenen aktuellen "Fronten" zu sein scheint - sinngemöß:
"Es gibt eine gute evangelische Kirche - wir brauchen nicht zwei davon."
Man muss die Katholische Kirche je nach Sichtweise in (zu) vielen Bereichen nun wirklich nicht toll finden - aufweichen im Zeitgeist löste allerding keines ihrer Probleme.
Da muss schon was anderes kommen!

Helmut Bachmann | Di., 19. Dezember 2023 - 17:35

Ich kann die Kirche,verstehen, warum sollte man sich vor jeden grünlinken Karren spannen lassen? Die Ehe ist die Grundlage für die Familie und die wird weiterhin aus Männern und Frauen bestehen. Alles andere ist etwas anderes. Das Mimimi der Grünen Katholen kann ich hingegen überhaupt nicht verstehen. Werdet erwachsen ihr Jammerlappen.

Thorwald Franke | Di., 19. Dezember 2023 - 18:20

Ein sehr guter Kommentar, danke dafür! Die Verlautbarung des Vatikans ist ein klassischer Formelkompromiss. Man tut so, als habe man einen Weg gefunden, dem beide Seiten zustimmen können, aber in Wahrheit ist es doch nicht so.

Alle Kritiker der katholischen Kirche sollten bedenken, dass auch sie noch nicht alle Fragen beantwortet haben: "Ehe für alle", gilt das auch für Polyamore? Also für eine Ehe zu dritt? Oder für die vier Ehefrauen eines traditionalistisch orientierten Muslims?

Was kümmert sich der Staat überhaupt um das Thema? Gehört die Definition von Ehe nicht in den religiös-weltanschaulichen Bereich, in dem der säkulare Staat nichts zu suchen hat? Worum sich der Staat kümmern sollte, ist gesellschaftlich nützliches Verhalten: Fürsorge füreinander ist förderungswürdig, ja. Kinder großziehen ist förderungswürdig, ja. Aber beides muss nicht kombiniert stattfinden. Und die Fürsorge sollte bitteschön stabil sein. Vor allem: Ob man es dann "Ehe" nennt, sollte dem Staat egal sein.

Gerhard Fiedler | Di., 19. Dezember 2023 - 18:50

mit der Erklärung des Papstes „Fiducia supplicans“ zur Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sehe ich keine Trickserei, sondern eine salomonische Entscheidung. Auch als ehemaliger Katholik und heutiger ev. Christ hätte ich mir von meiner Kirche, in der leider alles beliebig geworden ist, auch eine solche Entscheidung gewünscht, bei der eine Eheschließung nur von Frau und Mann möglich ist. Einerseits diskriminiert diese Erklärung nicht, andererseits redet sie zur Ehe Klartext, indem sie die Segnung von Gemeinschaften nicht mit der kirchlichen Eheschließung gleichsetzt. Dass die kath. Kirche nun auch offiziell geschiedenen Paaren den Empfang der Kommunion erlauben will, die ihr einstiges Eheversprechen aus guten Gründen nicht einhalten konnten, halte ich für gnädig und richtig, sind wir doch alle zu Irrtum fähig. Auch sollte die Kommunion ev. Christen in kath. Gottesdiensten erteilt werden, dient dies schließlich dem Frieden in Mischehen und dem Zusammenwachsen beider Kirchen.

Karla Vetter | Di., 19. Dezember 2023 - 20:27

Wenn ich auch nicht katholisch bin, liebe Frau Wallau, sehe ich es genau so wie Sie.Die Bibel ist in dieser Sache eindeutig.Sowohl im Alten, als auch im Neuen Testament. Segnen,gerne, aber nur den einzelnen Menschen,nicht die Beziehung.Diese ist nun mal "Gott ein Gräuel". Trickserei sehe ich da keine. Die Kirche geht da schon sehr weit.

Gerhard Lenz | Mi., 20. Dezember 2023 - 09:03

Noch dazu schlecht gemacht. Denn wirklich geändert hat sich kaum etwas. Heiraten dürfen sie nicht, und Sünder sind sie noch immer.

Auch wenn die bekannten erzkatholischen Fundamentalisten in diesem Forum ihre moralinsauere Verdammnis der Sünder, wie zu erwarten, nicht zurückhalten können.

Da denkt man wohl: Ach Russland, wie hast Du es gut! Da könnnen schwule Paare schon mal nach Sibirien entsorgt werden.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 20. Dezember 2023 - 09:57

Papst Franziskus ist mit Papst Benedikt zu vergleichen, wenn man deren evtl. unterschiedlichen Ausgangspunkte beachtet.
Benedikt war ein philosophisch bewanderter theologischer Mann der Kirche.
Ihm mangelte evtl. der Pragmatismus seines Nachfolgers, der evtl. aber nicht in der Lage wäre, die Katholische Kirche auch spirituell hinüberzubringen, zu transformieren. Das ist aber gerade für Neuerungen zu beachten und sollte auch erarbeitet werden.
Doch ja, er erinnert mich an Frau Merkel et vice versa, seine großen Visionen kann und sollte man nicht einfach vom Tisch wischen, seine Fähigkeiten zur Umsetzung könnten begrenzt sein?
Unterm Strich bleiben aber die Erneuerungen und deshalb möchte ich den Papst loben, wie ich Frau Merkel nun mal auch nicht vom Tisch wischen wollte.
Einen Unfehlbarkeitsanspruch sollten aber beide nicht für sich in Anspruch nehmen!
Möge auf lange Sicht die Katholische Kirche ihren Weg finden.
Sie ist bei allen Fehlern für Hunderte Millionen Gläubige eine Heimstatt.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 20. Dezember 2023 - 11:47

Papst Franziskus "gestattet" wird, eine Brücke zur Erden/Allmutter? seiner Heimatgegend zu bauen.
Die Katholische Kirche sollte nicht nur fordern, sondern auch fördern, nicht nur das Christentum predigen, sondern auch sprechen mit allen vernehmbaren Stimmen dieser Welt.
Die Wohnung des Herrn hat viele Zimmer, sagte doch Christus?
Es gibt auch andere Wohnungen; wenn die christlichen Kirchen dort zu Gast sein dürfen...
Papst Franziskus ist nicht meine Generation, dennoch könnte auch er, mindestens aber Nachfolger, eine Brücke bauen zu z.B. der Sängerin Madonna.
Ich wollte vor dem Hinter(Ab)-grund des Christentums et al keine neuerliche Heilsgeschichte der Frau schreiben.
Ich deute immer nur an und jetzt hin auf das Dreigestirn Lyrik/Kunst, Philosophie und Thee(o/a)logie, in das Michelangelo, Nietzsche, Rilke und viele Frauen passen.
In dem Zusammenhang verweise ich auf den wunderbaren Film "A Quiet Passion", Emily Dickinson überhaupt, die ich mir jetzt schenken lasse:)
Wunder dieser Welt